Ich spiele ja echt viele Spiele, man könnte eigentlich schon sagen zu viele, wodurch sich die wenigsten Spiele wirklich einzigartig oder besonders anfühlen. Aber dann habe ich Pyre gespielt und irgendwie will es mir nicht aus dem Kopf gehen. Ich mochte Bastion und Transistor, letzteres vermutlich etwas mehr als ersteres, und war dementsprechend mit großen Erwartungen an Pyre rangegangen. Pyre ist ein richtig geiles Spiel. Es ist ein faszinierendes Spiel, aus gameplaytechnischer und artistischer Sicht. Zunächst hat es mich überrascht, dass das Spiel quasi ein 3 vs. 3 Basketballspiel ist, gepaart mit einer Visual Novel und einer Prise RPG-Charakter. Man kann sich auf der Weltkarte mit Leuten unterhalten und folgt einem linearen Pfad. Zwischenzeitlich kann man sich entscheiden, welchen Weg man einschlagen möchte, aber dies ändert letzten Endes nur ein paar Kleinigkeiten. Beispielsweise kann man sich Freizeit nehmen, um seine Charaktere zu trainieren, oder Charaktere auf die Suche nach Relikten und Gegenständen schicken. Allerdings ist diese Suche nicht immer erfolgreich, weswegen man abwägen muss, was man denn nun machen möchte.
Das Basketballspiel, im Spiel Rites genannt, hat mich zunächst etwas unsicher gemacht, ob es mir denn wirklich gefallen will. Je mehr man sich mit dem Spiel aber auseinandersetzt, desto besser wird es. Es hat genau die richtige Menge an "Leicht zu lernen, schwer zu meistern", um einen bei der Stange zu halten. Je mehr Charaktere man bekommt, desto interessanter wird das Spiel. Normalerweise bin ich überhaupt kein Fan von großen Teamgruppen, wo man oft gezwungen wird, sich auf ein paar wenige zu spezialisieren und die anderen ignoriert. Pyre schafft es aber, dass genau das nicht passiert. Und zwar aus einem Grund, der mir aus gameplaytechnischer Sicht immer wichtig ist (und den ich auch im Post zu CrossCode erwähnen werde. Aber an dem Text sitze ich noch, der wird etwas länger.): Feedback Loops. Oh Gott, das Spiel ist so gut darin, dieses Designelement zu nutzen. Zunächst mal zu den positiven Feedback Loops: Man kann drei Charaktere immer in die Rites mitnehmen. Die haben alle ihre Stärken und Schwächen, aber nur die drei Charaktere, die auch wirklich teilnehmen erhalten Erfahrungspunkte. Das ist ein klassischer positiver Feedback Loop. Je mehr man diese Charaktere nutzt, desto besser werden sie, richtig? Und genau da komme ich wieder zu dem Punkt, den ich vorhin angesprochen habe, mit der Tatsache, dass man so die restlichen Charaktere vernachlässigt. Pyre hat nämlich zwei Systeme, die da entgegensteuern. Zunächst wäre da die Inspiration. Charaktere, die nicht aktiv an den Rites teilnehmen, sehen von der Seite zu und lassen sich so von ihren Mitstreitern inspirieren. Ihre Erfahrungsleiste füllt sich statt gelb nun grün. Das nächste Mal, wenn sie wirklich Erfahrungspunkte erhalten, wird auf die Inspiration ein Bonus gutgeschrieben, wodurch diese Charaktere nicht zu sehr hinterher hinken. Man wird also nicht dafür bestraft, gewisse Präferenzen zu haben und das Spiel motiviert einen dadurch, dennoch auch andere Charaktere einzusetzen. Hier kommt aber noch ein zweiter Feedback Loop hinzu: Banishment Sickness. Die Rites sind für die Charaktere körperlich anstrengend. Wenn sie zu oft in Folge in Rites eingesetzt werden, dann werden sie krank und müssen gezwungenermaßen aussetzen. Ich weiß gerade nicht ganz genau, WIE oft man sie hintereinander einsetzen muss, aber es ist bei mir ein paar Mal vorgekommen. Das fühlte sich aber nie als Bestrafung an, sondern nur als Zeichen des Spiels, welches mir sagt "Schau mal, da sind andere tolle Charaktere, die du auch nutzen kannst und sollst." Diese Charaktere haben dann wiederum durch Inspiration schnellere Levels erhalten. Ein toller Kreislauf, der einen motiviert, viel rumzuprobieren.
Artistisch ist das Spiel auch einfach fantastisch. Die Charaktere sind sehr gut designed. Sowohl visuell, als auch im Writing. Und hier kommt wieder ein neuer Feedback Loop, der aber die Story etwas spoilert:
Das Ziel des Spiels ist es, seine Charaktere, die alle im Exil sind, zu befreien und sie zurück ins Commonwealth zu schicken. Die Rites sind die Möglichkeit, um an dieses Ziel zu gelangen. Es gibt nämlich eine Art "Turnier" (das wird im Spiel nie so genannt, sondern hat eine weitaus schönere und interessantere Storybeschreibung, aber letzten Endes ist es genau das) wo die gegnerischen Teams sich mit dem eigenen messen müssen. Das eigene Team ist nämlich der Gatekeeper, um die Freiheit zu erlangen. Nach mehreren Rites kommt es zum sogenannten Liberation Rite, quasi das Grand Final des Turniers. Man kann hier nun einen Charakter aus dem eigenen Kader wählen und diesen dadurch befreien, sofern man das Liberation Rite gewinnt. Verliert man, wird vom gegnerischen Team ein Charakter befreit. Das geile hieran: Nur die drei stärksten/besten Charaktere sind tauglich genug, um befreit zu werden. Es werden also immer die drei Charaktere mit dem höchsten Enlightenment (quasi EXP) ausgewählt und einen von diesen muss man dann auswählen. Dieses System ist so unfassbar gut durchdacht, weil es in mir gemischte Gefühle auslöst. Einerseits fühlt es sich so an, als würde ich bestraft werden, weil ich permanent einen meiner besten Charaktere verliere, andererseits sind die Charaktere dermaßen gut geschrieben, dass es sich wie eine Belohnung anfühlt, dass man einen der eigenen zurück ins Commonwealth schicken konnte. Interessant hierbei ist auch die Tatsache, wie dieses System den Spieler vor Entscheidungen stellt. Schicke ich Charaktere weg, die ich mag? Oder die, mit denen ich schlecht spielen kann? Da es viele verschiedene Charaktere gibt, mit unterschiedlichen Fähigkeiten, habe ich darauf geachtet, dass ich immer mindestens einen "Blaster", einen "Sprinter" und einen "Tank" (Das sind jetzt Bezeichnungen von mir. Die Charaktere im Spiel haben andere Rollennamen) hatte. Hedwyn habe ich aber bis zum Ende behalten. Einfach, weil er mein Bro war. :D
Und die Musik in dem Spiel ist auch wunderschön. Hier mag ich es auch, wie Pyre es schafft den Soundtrack in die Welt einzubinden. Mir kam während eines Liberation Rites nämlich die Erkenntnis, dass das Theme, welches gespielt wird, von Celeste und Tariq gesungen wird. Dadurch fühlt sich alles sehr immersiv an.
Außerdem ist das der beste Song, den ich seit Langem in einem Spiel gehört habe:
H. Manley Tinderstauf, at your service! Perhaps you've heard of me?