Das Spiel
Noch vor einigen Jahrzehnten herrschte im Zevanii-System ein Krieg der es an den Rand der Vernichtung führte. Heute ist das System befriedet und die auf dem Planeten Araenu stationierte Agency for Peace and Intelligence, kurz API, sorgt dafür, dass dieser auch eingehalten wird, indem potentielle Gefahren frühzeitig eingedämmt werden. Als eines Tages eine Terrororganisation kurz davor steht, in einer wiederentdeckten Waffenfabrik auf dem Nachbarplaneten Rhomu eine Superwaffe zu bergen, schickt die API ihre beste Agentin - Alyssa L'Salle und ihr Team - los, um dieser zuvorzukommen.
Nachdem der Truppe um Alyssa klar wird, dass die Superwaffe eine Maschine zur Gedankenkontrolle ist und die API diese zur Unterjochung des gesamten Systems missbrauchen will, setzen sie sich mit dem Gerät ab und verschwinden in den Untergrund. Doch ist dies nur der Prototyp und die API ist durchaus in der Lage, mit genügend Zeit eine eigene Version herzustellen. Die Agency auf ihren Fersen, verbünden sie sich schließlich mit eben jener vermeintlichen Terrororganisation, Astrea, um gemeinsam eine Gegenmaßnahme zu finden.
Ihre Suche führt Alyssa und Konsorten auf die drei Planeten des Systems. Araenu ist ein Planet der von mächtigen Konzernen geführt wird und praktisch aus einer großen, hochtechnologisierten Stadt besteht. Rhomus Ökosystem wurde durch einem Atomkrieg völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. Obwohl die Radioaktivität verschwunden ist, ziehen es die Bewohner vor, weiterhin in Städten im Untergrund zu leben. Nuluup schließlich ist ein tropisches Paradies und die Bewohner haben es fertig gebracht, nach dem Ableben ihren Geist einzufangen und in einen mechanischen Körper zu transferieren.
Das Spiel gibt sich viel Mühe, etwas Abwechslung in den RPG-Alltag zu bringen. So darf man z.B. relativ früh in einem Mech gegen ein riesiges Kaiju-Monster kämpfen. Auf einem Jahrmarkt vergnügt man sich, Chrono Trigger-artig, mit diversen Minispielen. Man schmuggelt sich in eine Villa um die Gäste aus doppelten Wänden heraus zu beschatten und später gilt es sogar, einen Mordfall aufzuklären. Die Handlung wird immer wieder durch leicht animierte Zwischensequenzen aufgelockert, was etwas an Ys 4: The Dawn of Ys erinnert.
Recht oberflächlich präsentiert sich hingegen die gesamte Geschichte, die Ereignisse relativ schnell abhandelt ohne dabei in die Tiefe zu gehen. So lässt sich Alyssa z.B. ohne großartig darüber nachzudenken oder die Fakten zu prüfen, nach einem kurzen Dialog davon überzeugen, ihr bisheriges Leben aufzugeben und sich auf der Flucht vor der API in den Untergrund zu begeben. An dieser Stelle entwickelt sich die Handlung einfach zu schnell und unglaubwürdig und das bleibt leider nicht der einzige Moment in dem alles überhastet wirkt.
Auf Charaktere wird dabei fast überhaupt nicht eingegangen. Sie schließen sich eben einfach der Party an, manchmal ohne einen besonderen Grund dafür zu haben. Wirkliche Persönlichkeit besitzt dabei kaum einer. Alle haben kecke Sprüche parat, legen dasselbe Verhalten an den Tag und nehmen ihre Umstände nicht sonderlich ernst. Wenn sie nicht unterschiedliche Grafiken hätten könnte man meinen, dass alle dieselbe Person wären. Sie unterscheiden sich praktisch nur in ihren Fähigkeiten. Der Hacker kann hacken, die Sängerin singen und der Detektiv löst Fälle etc. Gegen Ende gibt es optionale Charakter-Quests, in denen man bei einigen zumindest ein absolutes Minimum an Hintergrundgeschichte erfahren kann. Der Antagonist ist das totale Proto-Abziehbild eines Bösewichts der einfach nur den gewöhnlichen Weltherrschafts-/Befriedungsgelüsten frönt. Es gibt am Ende zwar noch einen Twist, dieser tröstet aber über die anderen Unzulänglichkeiten kaum hinweg.
Viel interessanter präsentiert sich da schon eher das Kampfsystem, welches mit einigen ungewöhnlichen Mechaniken daherkommt. So können die meisten Fähigkeiten z.B. nur einmal eingesetzt werden und sind danach gesperrt. Um sie wiederherzustellen muss eine Runde lang verteidigt werden. Da man natürlich nicht jeden zweiten Zug dafür verschwenden möchte führt dies dazu, dass man versucht, alle sieben Fähigkeiten pro Charakter möglichst effektiv einsetzen bevor man diese gebündelt in einem Rutsch wiederherstellt. Dadurch spammt man nicht immer dieselben Attacken sondern setzt auch mal etwas weniger effektive Attacken ein oder achtet mehr auf die damit verknüpften Buffs bzw. Debuffs die diese auslösen.
Gegenstände werden nicht verbraucht, sind im Kampf aber nur einmal einsetzbar, es sei denn man setzt bestimmte Fähigkeiten ein die den Verbrauch verhindern. Ebenfalls nur einmal einsetzbar, zumindest in den meisten Fällen, sind die so genannten Programme. Das sind zusätzliche Fähigkeiten die Charaktere durch die angelegte Ausrüstung erhalten.
Die meisten Fähigkeiten verleihen dem Charakter eine bestimmte Menge an Style. Je mehr er sammelt, desto höher wird seine Kampfkraft. Doch Vorsicht, auch Gegner sammeln Style und je länger der Kampf dauert, desto gefährlicher werden sie. Gerade Bosse können so extrem haarig werden wenn man sie nicht schnell genug erledigt. Der Clou am Style ist, dass wenn dieser über 50 liegt, der Charakter einen eigentlich tödlichen Treffer überlebt. Ist er wieder am Zug hat er nun in diesem Desperation Mode die Möglichkeit, entweder eine verstärkte, letzte Attacke auszuführen, bevor er schlussendlich stirbt, oder sich zu heilen und normal weiterzukämpfen. Der Style kann aber auch auf einen Schlag dazu verwendet werden besonders starke Burst-Attacken auszuführen die mit der Menge skalieren.
Zu dieser Mechanik gesellt sich eine weitere namens Hyper-Modus. Alle paar Runden werden die Charaktere in diesen versetzt, was ihre Stärke und die Möglichkeit, Statuskrankheiten zu verursachen, erhöht. Das Geheimnis eines erfolgreichen Kampfes liegt darin, darauf hinzuarbeiten, die Charaktere für eben diesen Moment zu stärken und die Gegner zuvor so zu schwächen, dass man mit den besten Angriffen enormen Schaden anrichten kann.
Daneben soll es noch irgendwelche Team-Attacken geben, allerdings habe ich keine Ahnung wie diese funktionieren.^^'
Das Kampfsystem hat mir wirklich viel Spaß gemacht und wenn ich etwas zu kritisieren habe dann nur, dass Buffs - im Gegensatz zu Debuffs - nicht angezeigt werden. So muss man sich immer merken wie lange ein Buff noch anhält und kann sich auch nie sicher sein, ob sich die Effekte gleicher Buffs addieren oder im Nichts verpuffen.
Im Gegensatz zu ihren Persönlichkeiten unterscheiden sich die Charaktere in ihren Kampffertigkeiten stark voneinander. So nutzt Arete z.B. ihre Drohne als fünftes Partymitglied, während sie sich selbst um den Support kümmert, durchaus aber auch angreifen kann. Clarke setzt suizidale Fähigkeiten ein um mächtige Angriffe zu starten und die Party sogar nach seinem Tod zu buffen und Z'xorv vergiftet sich selbst und kann im Nahtodzustand mächtige Angriffe einsetzen und dem Tod ein Schnippchen schlagen. Obwohl man nach einer Weile die Möglichkeit erhält, sich sein Team frei zusammenzustellen, gibt es immer wieder Stellen in denen die Partyzusammenstellung von der Handlung diktiert wird - teilweise ist man sogar mit mehreren Gruppen parallel unterwegs - weswegen im Endeffekt kein Charakter zu kurz kommt, immer schön viel Varianz im Gameplay besteht und man zu neuen Strategien ermutigt wird.
Zusätzlich zu den aktiven Partymitgliedern lassen sich auch weitere Charaktere rekrutieren, von denen einer als passives Partymitglied eingestellt werden kann und zusätzliche Effekte verleiht. Z.B. ein höherer Angriff, Resistenzen gegen Statuskrankheiten, mehr Erfahrung von Gegnern und vieles mehr. Die meisten schließen sich an indem man mit ihnen redet, manche erfordern aber die Durchführung einer Nebenquest.
In den wunderschön gestalteten Arealen, die qualitativ irgendwo zwischen Neo Geo und Playstation 1 liegen, laufen die Gegnerparties sichtbar, ähnlich wie bei Chrono Trigger, umher. So weiß man immer, mit was man es zu tun bekommt. Manche können sogar umgangen werden. Besiegte Gegner erscheinen dabei nicht wieder, was nachträgliches Erkunden der Dungeons recht angenehm gestaltet, da man sich nicht mehr mit Low-Level-Gegnern auseinandersetzen muss. Falls man sich doch mal zu schwach fühlen- oder das Bedürfnis nach Grinden haben sollte, können so genannte VR-Kämpfe gestartet werden, sobald man eine Karte komplett von Gegnern befreit hat. Die Gegner hier sind etwas stärker und geben weniger Erfahrung sowie Geld, doch das lässt sich mit den entsprechenden passiven Partymitgliedern relativieren.
Nett ist auch dass die Planeten jeweils eine kleine Miniaturweltkarte haben auf der die Charaktere durch kleinere Modelle, ähnlich zu Chrono Trigger, dargestellt werden. Diese Karten sind zwar nicht sonderlich groß, aber wie gesagt eine nette Ergänzung. Nach einiger Zeit erhält man ein Raumschiff welches als Basis und Rückzugsort fungiert. Die Besatzung und auch nachträglich rekrutierte Charaktere reagieren in jedem Kapitel auf die aktuelle Situation, wodurch eine gewisse Bindung zum Spieler aufgebaut wird. Ein Wermutstropfen ist aber, dass manche Charaktere bereits von Dingen sprechen, die erst in einem späteren Kapitel stattfinden.
Das Spiel liefert eine ganze Reihe an Referenzen zu diversen Filmen und auch zu anderen Spielen wie z.B. Resident Evil 1 und 2 - letzterem wird sogar ein gesamter optionaler Dungeon gewidmet - Phantasy Star 2, Chrono Trigger und den hauseigenen Zeboyd-Titeln Cthulhu Saves the World und Breath of Death VII. Außerdem gibt es einige Sidequests die man ganz am Anfang des Spiels starten kann und erst ganz am Ende eine Wirkung zeigen, wie z.B. ein freigeschalteter Schwarzmarkt für die "ultimativen" Waffen.
Obwohl die von mir gespielte Fassung bereits auf Version 1.06 gepatcht wurde, finden sich im Spiel noch eine Menge Bugs. So bin ich mehrfach in der Levelarchitektur stecken geblieben, wodurch ich neu laden musste. Bei einer Sequenz blieb das Spiel plötzlich stehen und ich musste sie überspringen, woraufhin ich natürlich noch mal den vorherigen Spielstand geladen habe um sie mir anzusehen - diesmal funktionierte sie dann auch. Dann gibt es noch eine Vielzahl kleinerer Dinge, die zwar nicht kritisch, aber zumindest unangenehm sind. So poppen im Bild immer wieder kleine horizontale und vertikale Striche auf, in animierten Zwischensequenzen wabert das Bild bei horizontalem Scrolling, Musik wird nicht abgespielt, einige Soundeffekte im Kampfsystem sind viel zu laut, das gesamte Level scrollt bei Übergängen mit und offenbart die Hintergrundgrafik, in den Menüs kommt es zu Anzeigefehlern und generell haben sich doch einige Rechtschreibfehler eingeschlichen.
Der Soundtrack hat mich nicht sonderlich umgehauen. Manche Stücke sind noch einigermaßen nett, viele aber völlig generisches Gedudel.
Fazit
Neben der tollen Grafik hat mich das ungewöhnliche Kampfsystem am meisten an der Stange gehalten. Außerdem ist es immer wieder eine tolle Abwechslung wenn man ein Spiel bekommt welches sich komplett der Space-Opera-Schiene verschreibt und nicht mit Fantasy-Elementen verwässert wird, wie z.B. Star Ocean das regelmäßig macht. Die Geschichte hingegen wird recht oberflächlich abgewickelt, auch wenn es zumindest von der Idee her einige nette Momente gibt und die Charaktere besitzen keinerlei Persönlichkeit. Ein kurzes und nettes Spiel welches man sich durchaus mal für das spaßige Gameplay anschauen kann, man sollte inhaltlich aber nichts Großartiges erwarten.