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Thema: Eine Unterscheidung treffen

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  1. #35
    Zitat Zitat von Ken der Kot
    Was wenn negatives und destrkutives Denken einfach eine Folge der persönlichen Erfahrungen ist? Ich meine, man fängt damit nicht an, wenn alles reibungslos funktioniert, sondern höchstwahrscheinlich erst dann, wenn man sich nach langer Zeit darin bestätigt sieht, dass absolut alles, was man anfasst, auf irgendeine Art scheitert. Besonders deutlich ist es doch, wenn man eine Sache macht und sich denkt "halt mal! Dies und jenes könnte schiefgehen. Ich sollte hier gut aufpassen, damit dies und jenes nicht passiert." und am Ende passiert genau das -- entsprechend Murphys Law. Wie soll man eine positive Denkweise entwickeln, wenn man sich beispielsweise durchaus bewusst ist, dass man ein Wasserglas in der Hand hat und nichts verschütten sollte und genau das im nächsten Moment einfach passiert, obwohl man einkalkuliert hat, dass dies passieren könnte und deswegen eigentlich darauf Acht gegeben hat? Für manche mag das lächerlich klingen; für andere ist diese Spirale des Scheiterns vermutlich ein echtes Problem. Anfangs versucht man vielleicht noch, irgendwie logisch und rational herauszuarbeiten, wieso nun wieder genau das schiefgegangen ist, mit dem man im Vorfeld sowieso gerechnet hat, dass es schiefgehen wird. Und irgendwann erscheint die einzig logisch-rationale Lösung einfach nur noch diejenige zu sein, kein Wasserglas mehr in die Hand zu nehmen. Übertragen wir das auf alle möglichen Tätigkeiten, dann endet man irgendwann damit, dass man am Ende gar nichts mehr macht, weil man restlos davon überzeugt ist, dass es ohnehin schiefgehen würde. Man kapselt sich also von allem ab, verliert das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, weil man davon überzeugt ist, dass diese komplett nicht vorhanden sind, weil die Vergangenheit dies ja deutlich gezeigt hat. Theoretisch müsste einfach etwas passieren, das reibungslos funktioniert und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wiederherstellt. Wenn man allerdings mit der Einstellung an Dinge dran geht, dass alles, was man macht, ohnehin nichts wird und nichts dabei herauskommt, wie soll es dann funktionieren? Ich frage mich, wie man aus dieser Denke wieder raus kommt, wenn man einmal drin ist. Und außerdem: Hat das dann überhaupt noch etwas mit Depression zu tun oder ist das einfach eine gewisse Form der Selbstaufgabe, die hiervon abzugrenzen ist?
    Mein Therapeut hat auch das angesprochen. So ist es bei mir ja schon exemplarisch, dass im Moment noch alles scheitert. Es ging wirklich so alles schief in dem Bereich. Natürlich überlege ich, was mit mir nicht stimmt. Wieso nichts funktioniert. Ich gebe dabei nicht automatisch den Fehler Anderen, aber ich suche ihn auch nicht ausschließlich bei mir. Das ist wahrscheinlich der wichtigste Beweis dafür, dass ich keine Depression habe. Wieso ich dann immer scheitere?

    Auch das ist wohl sehr subjektiv. Ich habe etwas erreicht, dass viele Menschen nie erreichen würden. Ich stand mit meiner Musik schon vor Orchestern, die dann den vermeintlichen Blödsinn den ich dann im Notensatzprogramm zusammengeschoben habe, in beeindruckender Weise abgefeuert habe. Ich habe die meisten dieser "Sessions" selbst organisiert, dabei ziemlich viele Leute von meiner Musik überzeugt und auch noch einen Abschluss mit Bestnote an der Uni hingelegt. Alleine mein Organisationstalent und die Begeisterungsfähigkeit sowie der Umgang mit anderen Leuten (andere Leute dazu zu bringen, mit Dir zusammenzuarbeiten) seien meine wichtigsten Softskills. Und diese seien im aktuellen Arbeitsmarkt äußerst selten.

    Warum schaffe ich es dann nicht, einfach ins Berufsleben einzusteigen? Es gibt viele Komponisten, die im Business finanziell erfolgreicher sind, aber deren Musik nicht die "Verspieltheit" und "Ideenvielfalt" hätten, denen aber Beziehungen und ein besseres Verkaufen mehr nutzten.
    Mein Therapeut hat gemeint, dass ich nur das Kämpfen aufgegeben habe. Ich bewerbe mich ja sehr breit auf eine Vielzahl verschiedenster Jobs, da ich kein Vertrauen in meine Fähigkeiten, Musik zu schreiben oder zu produzieren, hätte. Er meint, dass ich weiter kämpfen müsste. Und mich nicht als Totalversager sehen sollte, der ja nix kann.

    Da mich das Jobcenter ja nicht nimmt (ich müsste erst mal meine private Rentenversicherung von meinen Großeltern verlustbringend auflösen und dann von dem Geld leben) und ich keine Sozialhilfe bekomme, stehe ich damit aber unter einem Druck endlich einfach IRGENDWAS zu finden. Mein Therapeut hat gemeint, ich solle kämpfen. Ich würde in meinem Bereich mit Sicherheit irgendwann einmal unterkommen. Der Grund, warum so gar nix geht, sind meine Mutlosigkeit aufgrund der ganzen negativen Erfahrungen (an denen ich nicht komplett Schuld bin, sondern die sich eher durch ungünstige Konstellationen ergeben haben) und absolut mangelndes Selbstbewusstsein. Allerdings eine Depression sei etwas ganz was anderes.

    Und so bliebe mir nur der höchst unbequeme Weg, mich aufzuraffen und - da mir ja die Beziehungen in die Branche komplett fehlen - die entsprechenden Personen so lange zu nerven, bis mir endlich mal jemand die Chance gibt. Denn in meinem Alter ist es schwer einen Mentor zu finden. Aber den Weg, den ich bisher gegangen bin - mit Bewerben und dem ständigen Scheitern - das sorgte für eine Enttäuschung bei mir, die auch bei anderen spürbar war. Und von daher sei es wohl so, dass mir auch keiner eine Chance geben würde - weil zu viel negatives Karma.

    Die Quintessenz: Würde ich mich nicht auf meinen Problemen ausruhen und in Selbstmitleid ertränken, sonder kämpfen, dann würde sich meine Wirkung nach Außen massiv steigern - mit zwei Effekten: Einerseits würde es mir persönlich besser gehen, andererseits ist die Wahrscheinlichkeit etwas zu finden, wesentlich höher.

    Genau deswegen mache ich eine Gesprächstherapie (Psychoanalyse), um da überhaupt hinter zu kommen. Und um eine Methode zu entwickeln, wie ich wieder zu Kräften komme, um zu kämpfen und nicht um mich zu bemitleiden.

    Daher fühle ich mich im Moment auch besser, auch wenn ich noch keine Ideen habe, wie ich diese Herkulesaufgabe angehen soll.

    Es war also keine Depression, aber eine Psychoanalyse kann auch bei anderen Problemen sehr sehr hilfreich sein. Ich suche mir auf jeden Fall neben meiner Freiberuflichkeit noch einen Kellner-Job, bis ich dann endlich was Vernünftiges finde. Ja, so viel dazu.

    EDIT:
    Übrigens trägt unser System und der Umgang in der Bundesrepublik Deutschland auch gerade dazu bei, dass es hierzulande vielen Menschen schlecht ginge. Ein höherer Hartz IV-Satz wie ihn die SPD vorschlägt, bringt da nicht viel.

    @Mordechaj:
    Ich darf mich eben nicht in meiner Hilflosigkeit ausruhen. Ich habe jetzt eingesehen, das ich bei vielen Sachen meine Einstellung ändern muss. Man sieht ja immer nur das Negative. Die ganzen Sachen, die ich dann tatsächlich doch erreicht habe, wirken bei weitem nicht so stark, wie das ständige Scheitern. Daher muss man sich selbst einfach aufraffen. Ein Depressiver schafft das wohl nur mit einer aufwendiger Therapie. In meinem Fall muss ich die Bequemheit dieser Hilflosigkeit abstreifen und mich aufraffen.

    Geändert von Cuzco (27.02.2019 um 13:13 Uhr)

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