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Thema: Eine Unterscheidung treffen

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  1. #14
    Danke, das ist lieb von Euch. Ich wollte evtl. zu einem Psychotherapeuten schauen - wobei ich doch sehr hoffe, dass es mir wieder besser geht, wenn es bergauf gehen sollte. Hausarzt kann zu meinem Zustand gar nix sagen - alle anderen Ärzte haben Wartezeiten von vier bis sechs Monaten. An meiner Situation bin ich jedoch wohl selbst schuld. Ich meine, was mach ich auch so etwas exotisches... Das Problem: Vor 15-20 Jahren waren solche Leute wie ich tatsächlich händeringend gesucht. Aber ich hab den Anschluss verpasst, weil ich einfach - wie bei allem - zu spät komme. Ich hatte vor Jahren auch die herbe Enttäuschung als ich mich umschulen wollte und dann nach zwei Jahren Ausbildung rausgeworfen wurde mit dem Tenor "Du passt hier nicht rein!". Genau so etwas ähnliches mach ich jetzt auch wieder durch, wobei ich in meinem neuen Leben in NRW sehr viel Wertschätzung für mein Tun erfahren durfte. Umso härter erwischt mich nun die Realität des mittlerweile menschenverachtenden Arbeitsmarktes.

    Eine Bekannte ist Personalerin: Sie hat mir das so erklärt. Heutzutage bewerben sich die Leute auf viel zu viele Stellen. Viele Menschen, auch wenn sie keine Qualifikation haben, dafür aber super Lebensläufe, bewerben sich als Quereinsteiger und machen sich interessanter. Mir hingegen ist noch nie etwas wirklich zugeflogen - alles was ich erreicht habe, ging immer nur durch harte Arbeit und hohen finanziellen Einsatz meinerseits. Auf jeden Fall sind es immer die, denen alles zufliegt, die auch hier glänzen. Auch wenn diese Menschen weder ein Mischpult bedienen, noch Noten lesen können - bei mir wird immer schon der extravagante Lebenslauf ein Hindernis darstellen. Ich kann zwar fachlich sehr viel, aber wenn man sich bewirbt, dann sind das eh nur 10% der Stellen in dem kreativen Bereich, die überhaupt ausgeschrieben werden. Ergo: 2000+ Bewerbungen auf eine solche Stelle (davon 9 von 10 von Quereinsteigern). Daher werden erst einmal Bewerbungen sortiert und dabei landet meine Bewerbung immer im Papierkorb wenn - O-Ton meine Bekannte - der Personaler nicht vollkommen bekloppt sei. Und dass obwohl ich eine tolle extravagante Aufmachung und auf die Stellenanzeige geschneiderte Anschreiben ausfertige.

    In NRW wurde mir das wenigstens ehrlich kommuniziert. In Bayern kriegt man hingegen so etwas bestenfalls hintenrum mit böswilligen Unterstellungen mit, da die dortige Bevölkerung alles in Schubladen steckt. Zum Beispiel "Musiker OHNE absolutes Gehör - geht doch gar nicht!" oder "Du bist seltsam, weil Du selbst kreative Dinge machst". Auch die Sache mit den Videospielen ist so. In Nürnberg wird man schief angeschaut wenn man mit der Switch rumläuft. Man wird gleich als sonderbarer Nerd abgehandelt. Super Mario, Zelda - oh meine Güte was für ein Kind. Das kriegt man von Leuten zu hören, die Pokemon Go gespielt haben als es noch cool war. Das habe ich nie angerührt, weil ich das sogar richtig peinlich finde.
    In Regensburg wurde ich mal wegen meines angeblich leicht südländischen Aussehens nicht in eine Diskothek hineingelassen. Außerdem laufen in Bayern alle Leute sehr gestylt rum - Undercut und teuere Klamotten sind in Regensburg Pflicht - nicht nur bei BWL-Studenten. In Würzburg ist man hingegen sehr hipster - Leute tragen Jutebeutel und Hornbrillen, auch wenn sie gar keine brauchen. Jedes zweite Lokal ist komplett vegan.
    In NRW ist es mir bisher noch nie so ergangen. Hier sehen die Leute recht "normal" aus - mit Ausnahme natürlich Düsseldorf. Man kann sogar seine Switch offen in der S-Bahn oder im RE mitnehmen - mit dem Ergebnis, dass man in zwei von drei Fällen sogar jemanden findet, dem man den anderen Joycon in die Hand drücken kann.

    Jetzt weiß ich zumindest woran es hakt: Ich soll den "verdeckten" Stellenmarkt verstärkt ins Visier nehmen. "Verdeckter" Stellenmarkt ist ein Euphemismus für "Vitamin B" sowie "informeller Rechtsweg" für "Erpressung". Leider ist genau das das Problem. Ich habe zwar ziemlich viele coole Leute kennengelernt, aber kaum jemand, der mir etwas "bringt" - vielleicht frühestens in 10 Jahren. Und die Hochschule ist eher ein hermetisch abgeriegelter Bereich für Spinner, die zwar allesamt richtig was drauf haben, aber es außerhalb wohl nicht zeigen können.

    EDIT: Ach ja. Ich merke zusehends: Ich werde reizbarer und fühle mich bei Kleinigkeiten schon gestört. Wenn jemand schmatzt, wenn ich angerempelt werde reagiere ich mittlerweile aggressiver und fluche jetzt beim Autofahren wie ein schottischer Werftarbeiter. Das habe ich alles vorher nicht gemacht.

    Geändert von Cuzco (08.11.2018 um 10:23 Uhr)

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