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Thema: Ein neues Konzept des Horrors

  1. #1

    Ein neues Konzept des Horrors

    Hallo,

    länger habe ich mich gefragt, ob ich dieses topic ins film, videospiel oder makerforum erstelle, weil es sich für mich eigentlich auf alle visuellen medien bezieht, aber hier ist es wohl doch am besten aufgehoben auch wenn viele es dann nicht sehen.

    Bitte denkt kurz alle an den Begriff 'Horror', und was ihr damit verbindet.
    ...
    Ich glaube die meisten von uns hatten gerade mindestens einen dieser begriffe im kopf:
    Blut, dunkelheit, isolation, nacht, monster, hilflosigkeit, gewalt, schockeffekte, stille, überleben, panische musik, ...

    Ob nun film, spiel oder makerspiel: Horror geht mit klaren tropes oder rahmenbedingungen einher, eigentlich immer. Und annähernd jeder horror überhaupt macht vom ersten moment oder offensichtlich klar: "ICH BIN HORROR." Jedem horror-filmplakat sieht man das an. Jedem horrorspiel auch. Und eigentlich auch jedem horrormakerspiel. In der regel natürlich nur. Wir sehen immer das selbe: Dunkelheit, blut, isolation, ein unbekanntes grauen. Fällt euch nur ein einziges medium ein, das nicht von anfang an klassisch horror war, sondern dies erst nach einer weile geworden ist? Mir fällt nur ein einziges beispiel ein, auf das ich später eingehen möchte.
    Aber ich frage mich oft, warum es dem Horror so an innovativen konzepten fehlt. Es gibt tolle horrorfilme und viele tolle horrorspiele, aber sie teilen sich alle ausnahmslos die gleiche stimmung und die gleichen schlagbegriffe. Wenn wir horror konsummieren, machen wir das bewusst.

    Jetzt stellt euch bitte folgendes setting vor, als beispiel hier als spiel:
    Ihr spielt eine life-simulation eines ganz normalen büroangestellten in einer großstadt. Ihr steht morgens auf, sucht euch die kleidung aus, geht zur arbeit, müsst aufgaben erledigen, habt ein, zwei freizeitaktivitäten und dann geht es wieder nach hause. alles ist wie es in einem seichten casualspiel sein sollte. Aber dann, nach ein paar tagen, bemerkt ihr irgendetwas. Es geht ganz langsam los und nur ganz subtil. Irgendetwas... stimmt nicht. Der passende englische begriff wäre 'Something's slightly... off.' Das verhalten der leute um euch herum wird seltsamer, hier und da wirft euch ein npc im hintergrund einen grotesken blick zu, hier und da ändert sich das fröhliche gedudel in wenigen noten, ihr könnt es nicht festmachen und glaubt vielleicht, ihr habt es euch nur eingebildet (weil es vielleicht zufallsbasiert läuft) aber dieses gefühl bleibt. Und plötzlich steht ihr an der hauptkreuzung, und von einem moment auf den anderen ist es totenstill und ausnashmslos jeder mensch in sichtweite ob fußgänger oder autofahrer steht still und starrt euch an. Ich persönlich finde das ist eine viel angsteinflößerende vorstellung als ein monster, das mich durch einen dunklen keller jagt. So etwas würde natürlich auch für einen film funktionieren, der zum beispiel als romantische komödie oder als familienfilm beginnt.

    Warum gibt es sowas nicht? Warum gibt es das genre des horrors nicht als twist, sondern nur als eigenständigen riesen? Warum können horrorspiele nicht mal tagsüber in einer belebten großstadt mit eigentlich ganz normalen menschen spielen, ohne dass jemand umgebracht wird? Ich glaube weil es zu schwierig wäre und zu sehr mit dem genre brechen würde. Und weil es horrorfans vielleicht nicht erkennen würden und man dafür unwissende käufer reinzieht. Aber ein horrormedium, das mich überrascht, weil ich es nicht habe kommen sehen und das es schafft mir ohne seine üblichen begleiter wie dunkelheit und gewalt angst zu machen, werde ich glaube ich immer furchteinflößender finden. Aber das gibt es nicht. Das einzige beispiel das mir einfällt, das in etwa in die richtung geht die ich hier meine und das auf ganz fantastische weise ist ein vor einiger zeit sehr erfolgreich gewesenes steamspiel. Ich kann aus spoilergründen nicht sagen welches, aber die meisten werden wissen welches ich meine. Dieses spiel war nur so erfolgreich und verstörend weil es eigentlich in seiner präsentation das genaue gegenteil davon ist und niemand es kommen sieht. Ich glaube das zumindest. Aber leider machen das nicht mehr leute. Und das finde ich sehr schade.

    Was denkt ihr woran das liegt? Was wären eure neuen konzepte für den horror an sich? Ich bin ein fan des horrors und erschöpft, immer wieder die gleich aussehenden spiele zu spielen und geisterhausfilme zu gucken. macht mal ein spiel das nur tagsüber spielt haha. Danke für eure beteiligung dann.

    Noch einen schönen feiertag euch

  2. #2
    Salut,
    ich finde deine Idee schon ziemlich interessant als Konzept. In den meisten Makerhorrorgames (eigentlich so ziemlich allen) hat die eigentliche "Bedrohung" ja eine feste Gestalt wie etwa die eines übermächtigen Monsters, vor dem man fliehen muss.
    Der Gedanke einer gestaltlosen Bedrohung ist daher schon recht innovativ und unverbraucht, zumal die Aussicht auf beispielsweise gesellschaftliche Probleme auch eines der Urängste des Menschen ist, da dieser ja eine an sich Soziale Lebensform ist.
    Generell mehr Arbeit mit Ängsten währe im Horrorgenre wünschenswert, da es so viel mehr gibt, als nur die Aussicht auf ein gewaltsames Ableben.

  3. #3
    Hallo,

    Horror ist einer meiner Lieblings Genre und ich finde ein gewöhnlicher Unterschied der meist nicht gemacht wird ist der zwischen Horror - Thriller - Splatter. Diesen Unterschied finde ich sehr wichtig um die Hauptelemente eines Films/Spiels/Buch zu verankern. Natürlich kann ein Medium alle diese drei Genre innehalten, doch fokussiert es sich meist auf eines.

    Splatter wird meist mit Horror vermischt, wobei ich dies nicht unterschreiben würde. Das Ziel eines Splatter - Medium ist es, den Konsumer zu eckeln. Ihn wegschauen zu lassen, weil die Szenen so brutal sind, so ecklig, so grausam. Einige Punkte hast du genannt, welche ich als Splatter Punkte sehe: Gewalt, Monster, Blut, (Dunkelheit).

    Thriller sollen den Konsument unter Spannung setzten, er soll voller Erwartungen auf die nächste Szene warten, auf die Auflösung eines Rätsel oder die unerwartete Wendung. Es geht dem Thriller darum, den Konsument an das Medium zu fesseln, so unter Spannung zu setzen, dass er das Ende kaum erwarten kann und eigentlich direkt zum Ende springen möchte.

    Horror wollen Ängste schnüren, sie wollen den Konsument Angst vor etwas geben. Und der Mensch kann vor allem Angst haben, vor Clowns, vor Spinnen, oder vor Armut, kein Geld zu haben und auf der Straße zu leben. Ein Horror kann hell sein (in Form des Lichtes) und kann trotzdem den Konsument Angst vor etwas geben (was ich jedoch als Start herausforderung sehe). Am Ende eines Horror-Mediums soll ich mich vor etwas fürchten, vor der Dunkelheit (was wohl das bekannteste ist) oder vor den Verlust meines besten Freundes (was ich als sehr schwierig zu bewältigen finde).

    Das Hauptthema eines Horrors ist also Angst, aber was ist Angst eigentlich?
    Angst ist es vor etwas oder jemanden zu fürchten. Der Designer eines Horror-Mediums sollte sich überlegen wovor sich der Konsument fürchten sollte und wie er dies schafft. Spiele wie Slenderman sind gute Beispiele. Ein einfaches Wesen vor dem sich der Spieler fürchtet. Physische Gegenstände sind natürlich einfacher dem Konsumer darzu legen, jedoch empfinde ich psychische Gegenstände wirkungsvoller, wie zum Beispiel Isolation. Wurde ein Gegenstand gefunden vor dem sich der Spieler fürchten soll, ist nun die Umsetzung die eigentlich künstlerische Arbeit. Wie schaffe ich, als Designer eines Horror-Genre, dass sich der Konsument davor fürchtet?

    Da wir in einem RPG-Forum sind, werde ich meine Meinung auf Spiele mit RPG-Style einschränken, da ansonsten der Text länger wird, als er vermutlich schon ist.

    Eine Gefahr, die ich sehe, bei der erschaffen eines Horror-Spiels ist die Empathie zum Charakter. Wird dem Protagonist der Gegenstand der Angst zu fürchten gelehrt, wird es nicht unbedingt dem Spieler die wahre Angst gezeigt, sondern nur eine "Empathie-Angst". Deswegen sind viele Horror-Spiele in der Ego-Perspektive. Im RPG-Maker gibt es die Ego-Perspektive nicht, deswegen würde ich den spielenden Charakter so wenig "Person" geben wie möglich.

    Um den Spieler das Fürchten zu lehren, sind, meiner Ansicht nach, folgende zwei Punkte ausschlaggebend:

    1) Unvorstellbar / Unvorhersehbar.
    Der Gegenstand der Angst darf nicht vorhersehbar oder Vorstellbar sein. Ist dem Spieler klar, dass im nächsten Moment Slanderman auftauchen wird, dann hat nicht wirklich Angst davor, zumindest auf langer Sicht gesehen. Der Gegenstand der Angst sollte in unvorstellbaren Momenten auftreten, zum Beispiel die Isolation in einer Masse voller Menschen. Um dies zu erreichen, muss es genügend Momente geben, inder die Angst nicht auftritt! Wenn jedes mal, wenn der Spieler eine Tür öffnet er für eine Sekunde das Monster sieht, verliert er die Furcht davor, Türen zu öffnen. Es muss genug Momente, wenn nicht sogar mehr Momente, geben, indem er die Tür öffnet und nichts passiert (aber die Musik und die Grafik suggeriert, dass etwas passieren sollte). Das bringt mich zu Punkt 2.

    2)Das Spiel kontrolliert nicht den Gegenstand der Angst.
    Die Angst ist außerhalb des Spiels. Wenn das Spiel mir zeigt, dass die Angst kommt, dass ich mich fürchten soll, dann habe ich nicht wirklich Angst, sondern das Spiel. Wenn die Musik und Grafik mir die Angst auf den Teller präsentiert, dann wird es schwierig die Angst zu bekommen. Es sollte das Gegenteil sein, das Spiel sollte sich ebenfalls fürchten. Wie im vorherigen Beispiel erwähnt, ändert sich der Musik und die Grafik unabhängig ob der Gegenstand der Angst in der Nähe ist oder nicht, denn selbst das Spiel weiß nicht, ob hinter der nächsten Tür das Monster lauert, doch es fürchtet sich und zeigt es mittels Musik und Grafik.

    Dies ist alles natürlich nur meine Meinung, doch ich hoffe sie hilft dir etwas.

    LG

  4. #4
    Ganz so eintönig ist das Genre Horror dann aber doch nicht. Solche Geschichten gibt es bestimmt. Ich hab sogar selbst schon mal über ein Spiel nachgedacht, in dem die Welt zuerst normal erscheint und dann nach und nach das "Böse" in sie schleicht (mit Gameplay, das in Richtung Interactive Fiction geht, der Spieler "sammelt" Wörter, die er dann bei Personen oder Gegenständen einsetzen muss). Ich würde das Spiel aber schon als Horror bewerben und selbst wenn ich es nicht täte, würde der erste, der es gespielt hat, es wohl verraten. Ich glaub nicht, dass man aus der Stimmung bzw. dem Szenario lange ein Geheimnis machen kann.

    Ich bleib mal bei den Spielen. Das Gameplay ist der Knackpunkt. Ich denke, dass viele Spieler das "herkömmliche" Gameplay am liebsten mögen. Action und Adventure werden höchstwahrscheinlich immer viel beliebter sein, als Interactive Fiction oder das von dir angesprochene Gameplay. Das wissen Unternehmen wie Hobby-Entwickler. Wir sind zwar von unseren Spielen nicht finanziell abhängig, aber auch wir wären enttäuscht, wenn kaum einer unsere Spiele spielt.

    Ich nehme mal unsere Community als Beispiel:

    - Zuerst muss sich ein Entwickler überhaupt für Horrorspiele interessieren. Ich meine, dass die Spiele weder bei Entwicklern noch bei Spielern so beliebt sind, wie es vielleicht zunächst scheint.
    - Der Entwickler muss sich für das Spielprinzip interessieren.
    - Der Entwickler muss glauben, dass genug Spieler am Spielprinzip Interesse haben.

    Das sind schon einige Hindernisse, die Wahrscheinlichkeit, dass so ein Spiel entwickelt wird, ist wohl ziemlich gering.

    Was passiert bei deiner Geschichte eigentlich nach der Szene, als alle die Spielfigur anstarren?

  5. #5
    Horror ist eine Spielart der Phantastik und gliedert sich selbst in Spielarten. Dein beschriebenes Szenario ist strukturell vergleichbar mit "Halloween" und anderen Home-Invasion-Filmen, in denen die Alltagsidylle plötzlich oder nach und nach gestört wird. "Halloween" setzt auf das Trauma der Unmittelbarkeit, "Funny Games" (eigentlich kein Horror, sondern Thriller) auf den Kontrast des Erzählten mit dem Nicht-Erzählten, "Get Out" auf eine zunehmende Falschheit. Andere, mit deiner Idee vergleichbare Titel, stehen in der Tradition von "An Occurence at Owl Creek Bridge", darunter fallen so diverse Geschichten wie "Carnival of Souls", "Jacob's Ladder", "Silent Hill", "Dead End", "The Machinist", "Langoliers", "Zwischen neun und neun" - nicht alles davon ist Horror, aber alles Phantastik. Ein jüngeres Beispiel ist "Channel Zero" (insbesondere Staffel 2, aber auch 1). In der zweiten Staffel landen Figuren in einer Parallelwelt und müssen das erstmal begreifen. Nonsens- und Traumdichtung hat manchmal auch solche Anleihen, dass Phantastisches unbemerkt in den Alltag dringt. Horror und horrorähnliche Genres sind also bereits reich an Geschichten, die sich als etwas anderes tarnen.

    Was Angst anbetrifft: Die ist nicht konstitutiv für Horror. Ich empfinde selten Angst bei Horrorfilmen (bei Spielen schon) und selbst wenn man mir die Amygdala entfernen würde, hätte ich weiter Spaß an ihnen. Sie sind unheimlich oder eklig oder kathartisch oder absurd oder lassen mich etwas unsagbar Fremdes erfahren. Dabei kann ich Angst empfinden, muss ich aber nicht.

    Ich meine übrigens, dass es vor Jahren auf rpgmaker.net mal ein Spiel gab, dass in deine Richtung ging. Das fing als High-Fantasy-RPG an und endete als horroreske Absurdität. Leider finde ich es nicht.

  6. #6
    An Jacob's Ladder hab ich auch sofort gedacht. Apropos Film, selbst innerhalb der Geschichte kann man wohl nicht zu lange warten, bis etwas deutlich Mysteriöses passiert. Ein Film, der zur Hälfte aus Alltagsleben besteht, wäre - egal was dann noch für ein Twist kommt - ziemlich langweilig.

    Und dann ist mir noch ein Gedanke gekommen. Pacebook sprach ja eine Romcom an. Ich glaube, ich wäre ziemlich enttäuscht, wenn aus einer Romcom überraschend Horror wird. Man muss ja auch in der Stimmung dafür sein. Ich mag es z. B. überhaupt nicht, wenn eine leichtherzige Geschichte plötzlich dark and edgy wird (ich kann auf dark and edgy komplett verzichten, aber das ist ein anderes Thema). Man könnte den Zuschauern mit solchen Twists also vielleicht sogar vor den Kopf stoßen. Es ist sinnvoll, aus dem Genre kein Geheimnis zu machen.

    Zitat Zitat
    Was Angst anbetrifft: Die ist nicht konstitutiv für Horror.
    Das seh ich auch so. Horror ist heutzutage sehr divers und nicht jedes Subgenre zieht seinen Unterhaltungswert aus dem Grusel (ich finde das Wort passt eigentlich besser als Angst).

  7. #7
    Ich würe sagen, dass die Charaktere der Story in Angst leben - nicht aber der Zuschauer/Spieler/Leser von irgendwas, das Horror ist. Das sind am Ende genau die Sachen Horror die mir weniger gefallen (ich mag eigentlich auch kaum Horror, weil wohl vieles so gestaltet ist): Wenn die Macher versuchen dem Zuschauer quasi nen "Schrecken" einzujagen. (Aber wenn man sich erschreckt ist das noch keine Angst.) Lieber es "düster" gestalten, so dass es glaubwürdig rüberkommt - dass man merkt, dass die Charaktere auch Angst haben und total fertig sich fühlen. Aber eben nich unbedingt mit "Schreckensmomenten" für den Zuschauer - sowas muss ja nicht sein.

  8. #8
    Zitat Zitat von Owly Beitrag anzeigen
    Was Angst anbetrifft: Die ist nicht konstitutiv für Horror. Ich empfinde selten Angst bei Horrorfilmen (bei Spielen schon) und selbst wenn man mir die Amygdala entfernen würde, hätte ich weiter Spaß an ihnen. Sie sind unheimlich oder eklig oder kathartisch oder absurd oder lassen mich etwas unsagbar Fremdes erfahren. Dabei kann ich Angst empfinden, muss ich aber nicht.
    Dem kann ich nicht zustimmen. Angst ist eines der Hauptinhalte des Horrors. Bei Horror-Filme ist die "Übertragung" der Angst sehr schwierig, da meist der Protagonist die Angst empfindet als der Konsument. Das höchsten Gut in diesem Falle ist dann eine Empathische-Angst. Dennoch kann bei fast all deinen genannten Beispielen (so weit ich sie kenne) den Gegenstand der Angst klar erkannt werden. Ohne diesen Gegenstand wären die Filme nicht erfolgreich.
    Du nennst den Film u.a. "Get Out" als Beispiel und der Gegenstand der Angst ist hier das "Schwarz sein". Zwar hat "Get Out" ein großen Anteil ein Thriller, weswegen ich es als Horror-Thriller bezeichnen würde, doch der Aspekt der Angst sticht eindeutig heraus. Das du persönlich nicht die Angst empfindest bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Angst nicht im Fokus steht. Steht die Angst nicht im Fokus, kann man leicht von einem anderem Genre reden (Spaß = Komödie...).

    Bei Spielen ist es einfacher den Konsument den Gegenstand der Angst fürchten zu lassen, da er mehr mit dem Medium verbunden ist. Betrachtet man die "erfolgreichen" Horror Games, steht doch ganz klar ein oder mehrere Gegenstände der Angst im Vordergrund, und meist sind es Monster. Das Spiel Slanderman ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass Blut, eckel usw. nicht unbedingt notwendig sind um ein Horror-Game zu erschaffen.

  9. #9
    Zitat Zitat von Kelven
    Ganz so eintönig ist das Genre Horror dann aber doch nicht. Solche Geschichten gibt es bestimmt. Ich hab sogar selbst schon mal über ein Spiel nachgedacht, in dem die Welt zuerst normal erscheint und dann nach und nach das "Böse" in sie schleicht (mit Gameplay, das in Richtung Interactive Fiction geht, der Spieler "sammelt" Wörter, die er dann bei Personen oder Gegenständen einsetzen muss). Ich würde das Spiel aber schon als Horror bewerben und selbst wenn ich es nicht täte, würde der erste, der es gespielt hat, es wohl verraten. Ich glaub nicht, dass man aus der Stimmung bzw. dem Szenario lange ein Geheimnis machen kann.
    Das glaube ich nicht so. das genannte spiel von mir etwa das zum beispiel auf steam so erfolgreich war, konnte einen auch überraschen, weil einem jeder gesagt hat "informier dich nicht". Das erlebe ich auch oft bei filmen und sage es oft selbst "nicht informieren. Je weniger man weiß desto besser."

    Tatsächlich hast du es ja schon mal andersrum gemacht. Also etwas als horror ausgegeben, was es nicht war. ich kann den titel nicht nennen, aber wer es gespielt hat weiß es. Ich fand das damals und heute einen geniestreich und lache immer noch darüber.

    Zitat Zitat von Kelven
    Was passiert bei deiner Geschichte eigentlich nach der Szene, als alle die Spielfigur anstarren?
    Ich weiß nicht, ich habe mir darüber keine festen gedanken gemacht. Es war nur ein beispiel wie horror anders funktionieren kann, und würde. Aber trotzdem ist es immer nacht, man ist isoliert, überall ist blut und etwas jagt einen...

    Zitat Zitat von owly
    Dein beschriebenes Szenario ist strukturell vergleichbar mit "Halloween" und anderen Home-Invasion-Filmen, in denen die Alltagsidylle plötzlich oder nach und nach gestört wird.
    Also, diesen vergleich sehe ich nicht. Halloween ist in meiner wahrnehmung schon ein klassischer thriller. Von den anderen beispielen habe ich ein paar gesehen, aber oft ist das problem beim vergleich wie bei jakobs ladder, dass die grundstimmung von anfang an mindestens bedrückend aber auch irgendwie düster ist wenn ich mich recht erinnere. Und das fimplakat schreit förmlich "Horror". (Was es dann nicht mal ist...)

    Zitat Zitat von owly
    Was Angst anbetrifft: Die ist nicht konstitutiv für Horror. Ich empfinde selten Angst bei Horrorfilmen (bei Spielen schon) und selbst wenn man mir die Amygdala entfernen würde, hätte ich weiter Spaß an ihnen. Sie sind unheimlich oder eklig oder kathartisch oder absurd oder lassen mich etwas unsagbar Fremdes erfahren. Dabei kann ich Angst empfinden, muss ich aber nicht.
    Angst in diesem sinne habe ich meistens auch nur vor jump scares, und die sind oft billig. Ein großes unwohlsein oder irritation weil man nicht weiß was los ist oder was passiert ist da doch viel erstrebenswerter. Oder am besten ist es, wenn ein horrorspiel seine eigenen regeln bricht oder gar keine etabliert. Dann weiß man als spieler nicht, welche regeln herrschen, was wann passieren kann und was nicht. Auch hier ziehe ich das besagte steamspiel heran, bei dem das genutzt wird. Bei einem outlast zum beispiel weiß ich genau, wie die welt funktioniert, vor was ich mich fürchten muss und wann ich ruhig durchatmen kann. Genau so bei einem haunted house horrorfilm bei dem es knallt wenn zwei sekunden stille waren. Der Horror wird hier zur erwartbaren gewohnheit.
    Erst wenn ein zuschauer oder spieler, vor allem spieler sich hilflos fühlt und zu viel angst hat noch irgendeinen knopf zu drücken weil er nicht weiß was passieren könnte ist das ziel von horror erreicht. Aber wie oft schafft man das? Ein anderes beispiel für mich jüngst wäre sara is missing. Ich habe dieses spiel kürzlich gespielt und hatte nach nur wenigen minuten panik, noch irgendetwas zu drücken, weil es keine regeln für das gibt, was passieren kann. Das spiel war dann doch nicht so gut, aber der nachfolger Simulacra ist dem trailer zufolge sicher ein sehr gutes beispiel für ein neues konzept des horrors, weil der spieler keine regeln und keine sicherheit hat. Der absatz ging jetzt etwas von meiner ursprünglichen idee des versteckten horrors weg, aber es gibt ja viele wege, das genre neu zu beleben.

    Zitat Zitat von owly
    Ich meine übrigens, dass es vor Jahren auf rpgmaker.net mal ein Spiel gab, dass in deine Richtung ging. Das fing als High-Fantasy-RPG an und endete als horroreske Absurdität. Leider finde ich es nicht.
    Oh, wie schade... das ist auch etwas, was ich so toll fände. Man stelle sich ein klassisches alex-fantasy-rpg vor, in dem der held die prinzessin vom dämon retten muss, und nach ein paar stunden wird ganz plötzlich alles düster und verstörend und grausig.

    Zitat Zitat von Kelven
    Apropos Film, selbst innerhalb der Geschichte kann man wohl nicht zu lange warten, bis etwas deutlich Mysteriöses passiert. Ein Film, der zur Hälfte aus Alltagsleben besteht, wäre - egal was dann noch für ein Twist kommt - ziemlich langweilig.
    Ich dachte eher an eine art wiederschauwert, also dass die hinweise von anfang an da sind, nur sehr subtil, und dass man dann beim zweiten mal merkt "oooh, DAS hab ich gar nicht bemerkt". so könnte das bei filmen gehen, und natürlich auch spielen.

    Zitat Zitat von Kelven
    Ich mag es z. B. überhaupt nicht, wenn eine leichtherzige Geschichte plötzlich dark and edgy wird
    Ich auch nicht haha. Aber wenn ein konservativer amerikanischer trendfilm plötzlich verstörend und düster wird würde mich das wegblasen. Aber ich verstehe, dass das ein zu großes finanzielles risiko ist. Ich muss dieser tage meine filmliste durchgehen ob es doch horrorfilme gab, die sich dem anders annäherten. aber mir fällt spontan keiner ein.

    Euch noch einen schönen tag.

  10. #10
    @maniglo93
    Es ist aber nicht notwendig, dass der Zuschauer sich (über die Figuren) vor dem Gegenstand der Angst fürchtet. Als Beispiel mal Gewalthorrorfilme: Ich geh davon aus, dass viele Zuschauer von den Filmen nicht deswegen unterhalten werden, weil sie sich vor der Gewalt ekeln, sondern weil Gewalt den Menschen schon immer fasziniert hat. Die Filme sind zwar wirklich wegen der Gewalt erfolgreich, aber nicht, weil die Zuschauer sich vor ihr gruseln.

    @Pacebook
    "Informier dich nicht" verrät aber manchmal mehr als das Genre. Die wahre Natur meines Horrorspiels ist glaube ich nur ein paar Stunden verborgen geblieben. Wie gesagt, es gibt immer jemanden, der es sagt. Man muss nicht mal aktiv nach Informationen suchen. Heutzutage machen die Leute aus den Twists von Filmen und Spielen Memes, denen kann man nicht entgehen.

    Zitat Zitat
    Ein großes unwohlsein oder irritation weil man nicht weiß was los ist oder was passiert ist da doch viel erstrebenswerter.
    Zitat Zitat
    Erst wenn ein zuschauer oder spieler, vor allem spieler sich hilflos fühlt und zu viel angst hat noch irgendeinen knopf zu drücken weil er nicht weiß was passieren könnte ist das ziel von horror erreicht.
    Aber das wäre ja schrecklich. Ich möchte ja nicht von einem Spiel traumatisiert werden. Angst ist ein sehr unangenehmes Gefühl, wer möchte die schon freiwillig empfinden? Wenn Horror reale Ängste triggert, dann ist er über sein Ziel hinausgeschossen. Grusel sollte nicht mehr als ein Spiel mit den Ängsten sein, etwas, was man spontan empfindet, und was einem danach nicht mehr beschäftigt. Ich hab mich als Kind noch bei Horrorgeschichten gegruselt und kann sagen: Das ist keine Angst.

    Zitat Zitat
    Ich dachte eher an eine art wiederschauwert, also dass die hinweise von anfang an da sind, nur sehr subtil, und dass man dann beim zweiten mal merkt "oooh, DAS hab ich gar nicht bemerkt". so könnte das bei filmen gehen, und natürlich auch spielen.
    Wären der Film oder das Spiel dann nicht ziemlich langweilig?

  11. #11
    Da ich weiß, dass eine Empfehlung in dieser Art von Thread eigentlich schon ein ziemlich großer Spoiler ist, sag ich außer einem Link mal gar nichts zu folgendem Spiel:


    Geändert von Liferipper (11.05.2018 um 18:05 Uhr)

  12. #12
    @maniglo93:
    Genres konventionalisieren sich nicht über Gefühle, die sie vermitteln oder vermitteln wollen. Sondern über ihre Struktur, über Themen, Stoffe, Motive, über Perspektiven. Deshalb gibt es so viele Krimis ohne Kriminalfälle. Die Angst, die ich bei Horrorfilmen nicht empfinde, sollte kein Beweis sein. Ich wollte lediglich bezeugen, dass ein Horrorfilm nicht ängstigen muss, um als Horrorfilm unterhalten zu können.

    Angst ist ein ganz gut erforschter Mechanismus. Man kann ihn von Ekel, morbider Neugier und anderen düsteren Gefühlen abgrenzen - all diese Gefühle kann Horror auslösen und ja, was mich ekelt oder entsetzt, kann andere ängstigen. Aber dadurch und weil Angst provoziert werden muss, kann sie kein Definitionskriterium von Horror sein. Sie kann sein Ziel sein, daran lassen sich Wirkung und Qualität eines Werks bewerten.

    Sucht man nach den Wurzeln des Horrors, wird man vielerorts fündig. Alpträume, Religion und Mythen - alles kann Angst machen. Aber konkretere Wurzeln des Horrors liegen bei Horace Walpole, der mit "Das Schloss von Otranto" den ersten Schauerroman geschrieben hat. Ähnlich wie später Edgar Allen Poe, stand der in einer anderen Denktradition als seine Nachfolger. Auf Walpole folgten die dunklen Romantiker, "Dracula", "Frankenstein", "Jekyll and Hyde". Mit ihnen hat sich die Schauerliteratur zu einem Genre konventionalisiert. Angst ist in all diesen Werken ein Thema, aber Angst als Thema und Angst als Ziel beim Leser, das ist zu unterscheiden. Da bin ich bei PeteS. Insbesondere, wenn es um zeitgenössische Ängste geht, die heute nicht mehr akut sind. Filmemacher, Spieleentwickler und Autoren modernisieren deshalb Mythen, um das Phantastische wieder zeitgenössisch zu machen. Das klassische Monster Frankensteins ängstigt nicht mehr viele Erwachsene, weil die Fragen, die es ursprünglich aufgeworfen hat, weitestgehend beantwortet sind. Abgestoßen fühlt man sich von dieser Kreatur trotzdem und Abscheu ist ein ähnlich wirksames/wirkendes Mittel wie Angst.

    Ich glaube nicht, dass wir weit auseinanderliegen. Während du sagst, dass Angst Teil der Struktur von Horror ist, sage ich, dass die Struktur von Horror das ist, was ihren Inhalt beängstigend machen kann.

    @Pacebook:
    Halloween wäre wahrscheinlich ein Thriller, wenn Michael Myers nicht übermenschlich stark und unkaputtbar wäre und sich nicht praktisch teleportieren könnte. Diese phantastischen Elemente machen es zu Horror. Wenn die Figuren sich nicht wundern würden, warum er all das kann, dann wäre es wohl ein Fantasy-Thriller.
    Aber stimmt, das Beispiel ist nicht so gelungen, weil es sich, glaube ich, in der Natur des Phantastischen von deiner Idee unterscheidet. "An Occurence at Owl Creek Bridge" (stellvertretend für "Silent Hill" und Co.) ist passgenauer, weil das Phantastische darin den Alltag transformiert. Bleiben wir mal bei "Silent Hill" - Teil 4 hat die Transformation am konsequentesten gezeigt. Der titelgebende Raum scheint ganz normal - die Hauptfigur kann ihn anfangs nur nicht verlassen. Graduell transformiert der Raum sich in die phantastische Parallelwelt. Aus dem Restspiel herausgetrennt, könnte ein Werbefachmann das als ein Drama verkaufen, vielleicht als Neuinterpretation von Hitchcocks "Das Fenster zum Hof".

    "Silent Hill" wird häufig mit den Werken David Lynchs verglichen. Die haben alle eine horrorähnliche Stimmung, weil sie sich an den Surrealismus anlehnen, der in maniristischen Alptraumbildern einen Vorläufer hat. Bei David Lynch ist es schwierig, den Alltag vom Phantastischen zu trennen. Horrorfilme sind das trotzdem nicht, sondern Kunstfilme, weil sie keinen Konventionen folgen.
    Man müsste, wie Kelven andeutete, tatsächlich fragen, ob dein Spiel noch Horror wäre. Als Genre muss Horror Konventionen einhalten, sonst wäre er kein Genre mehr. Jedes Genre ist eine Schablone und wenn Cineasten oder Literaturliebhaber auf die Überlegenheit nicht-trivialer Werke hinweisen, dann eigentlich immer mit dem Anspruch, dass sie unkonventionell sind. Nur dadurch unterscheiden sie sich von Genrewerken. Dein Spiel wäre wahrscheinlich eher ein Kunstspiel mit Horrormotiven.

    Das Spiel finde ich bestimmt noch.

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