Spielzeit: ~69 Stunden | Level: 21 | Gruppe: Fane, Lohse, Ifan, Beast
Story:
Original Sin 2 beginnt mehr als tausend Jahre nach dem ersten Teil und hat bis auf ein paar Konzepte und dem generellen Gameplay so gut wie nichts mit dem Vorgänger zu tun. Stattdessen spielt es in der Zeit von Divine Divinity und Beyond Divinity, weswegen unter anderem Lucian, der Protagonist von Divine Divinity eine nicht unbedeutende Rolle in der Hintergrundgeschichte spielt. Seit dessen Tod wird die Welt nämlich von sogenannte Voidwoken heimgesucht, dämonischen Kreaturen die angeblichen von den Kräften der Sourcerer angezogen werden. Um diese zu stoppen wurden Sourcerer zu Kriminellen deklariert die allesamt nach Fort Joy verschifft werden, wo ihre Fähigkeiten zuerst gehemmt und später ausgelöscht werden sollen. Im Gegensazu zu Original Sin jagt man diese Sourcerer aber nicht, sondern spielt diese selber, entweder alleine oder in einer Gruppe aus bis zu vier Leuten. Und da diese nicht vorhaben ihre Kräfte aufzugeben, muss man es irgendwie schaffen Fort Joy zu entkommen und sich des Halsbands zu entledigen das die eigenen Source Kräfte hemmt. Das ist allerdings nur der Anfang einer Reise in der das Schicksal ganz Rivellons auf dem Spiel steht.
An der Stelle sei aber noch gesagt, dass Divinity 2, was ja irgendwann danach spielen soll, sich storytechnisch scheinbar mit keinem der Endings so wirklich verträgt. Und Charaktere wie Alexandar, der Sohn von Lucian, wurden bisher nie mit irgendeinem Wort erwähnt, genausowenig wie die Voidwoken. Von daher scheinen sie es mit der Kontinuität nicht ganz so genau zu nehmen. Kann also sein, dass sie einiges geretconned haben, oder dass es sich hierbei sogar um ein Soft Reboot der Reihe handelt. Ist mir persönlich allerdings egal, da Divinity 2 eh nicht die beste Story hatte und ich die ersten Teile der Reihe (noch) nicht gespielt habe. Letzteres steht aber auf jeden Fall noch auf dem Plan, auch wenn die eher wie Diablo zu sein scheinen.
Gameplay:
Das Gameplay ist dem des ersten Teils sehr ähnlich, nur dass man keine sechs Stunden in der ersten Stadt rumrennen muss sondern bereits innerhalb weniger Minuten die Insel erkunden und ein bisschen kämpfen kann. Und im Gegensatz zum Vorgänger kann man dabei auch recht unbeschwert durch die Gegend laufen ohne befürchten zu müssen, dass man direkt in einen Meute aus übermächtigen Gegnern rennt. Das rundenbasierte Kampfsystem wurde allerdings größtenteils übernommen, nur dass man diesmal weniger Aktionspunkte hat und außerdem ein zweigeteiltes Rüstungs-System zum Einsatz kommt. Sprich jeder Ausrüstungsgegenstand hat einen magischen und einen physischen Rüstungswert, welcher seinen Träger komplett vor entsprechenden Statusveränderungen beschützt. Sprich man kann zum Beispiel kein Feuer fangen solange noch magische Rüstung übrig ist. Aber dafür kann man so gut wie jeden Gegner zu Boden schleudern sobald die physiche Rüstung weg ist, selbst die meisten Bosse. Man muss taktisch also etwas anders vorgehen als im ersten Teil, wo man direkt am Anfang mit Statuseffekten um sich werfen konnte. Es bringt aber zum Beispiel nur sehr wenig Gegner auf die eigene Seite zerren zu wollen, weil die machen meist so gut wie nichts. Wenn die eigenen Charaktere übernommen werden, dann werfen sie allerdings mit Buffs um sich oder essen sich erstmal durch das ganze Inventar. Ist also ein bisschen schlecht gemacht. Die KI ist aber sowieso ein bisschen wankelmütig, zumindest im klassischen Modus. Mal ist sie richtig klug und fokussiert sich auf die schwächsten Charaktere, und in anderen Fällen hat man Fernkämpfer die ihre sichere Deckung aufgeben und sich direkt in die Gruppe teleportieren.
Neben den Kämpfen gibt es außerdem eine Menge zu erforschen, vor allem wenn man später in der Lage ist sich durch die Gegend zu teleportieren, mit Tieren zu reden (was man idealerweise direkt am Anfang mitnehmen sollte), oder Geister sichtbar zu machen. Letzteres hätte ich als passive Fähigkeit aber besser gefunden, weil sie dauert nur 10 Züge und ich habe immer wieder vergessen sie von neuem zu aktivieren. Dafür bin ich froh, dass ein nerviger Aspekt des Vorgängers stark abeschwächt wurde, nämlich die Haltbarkeit von Waffen. In Original Sin sind sie mir manchmal an den wichtigsten Stellen kaputt gegangen, aber diesmal habe ich von diesem System so gut wie nichts bemerkt. Scheint eh nur zum Einsatz zu kommen wenn man irgendwelche Objekte aufschlagen will, was später aber irrelevant ist weil man Truhen mit der Diebesfähigkeit aufbrechen oder größere Objekte kurzzeitig in sein Inventar verfrachten kann. Das Crafting System kann man glücklicherweise ebenfalls so gut wie ignorieren. Ich hab das eigentlich nur benutzt um mir bessere Tränke zu schmieden, aber das wars auch eigentlich.
Eins der besten Features des Spiels ist aber eindeutig die Tatsache, dass jeder Charaktere jede Rolle einnehmen kann. So wird man beim Rekrutieren gefragt welche Klasse man am ehesten benötigen würde, und ab dem zweiten Kapitel kann man sich jederzeit kostenlos umskillen um die Builds noch zu verfeinern. Man kann also nur im ersten Kapitel wirklich gravierende Fehler mit der Skillung machen. Persönlich kam ich aber gut zurecht und musste nur hier und da ein paar Punkte und Fähigkeiten rumschieben. Nur mit Fane, dem Untoten, hatte ich anfangs arge Probleme da man diesen nicht auf normale Art und Weise heilen kann sondern Gift braucht, an das Anfangs nicht so leicht ranzukommen ist.
Zu den Fähigkeiten muss ich außerdem sagen, dass das Balancing teilweise zu wünschen übrig lässt, vor allem bei den Source Fähigkeiten. Die sind anfangs zwar so gut wie nutzlos, da jeder Charakter nur einen Punkt besitzt und es nicht so einfach ist diesen wieder aufzufüllen, aber sobald man drei Punkte besitzt und Source von Gegnern absorbieren kann, werden die schon wesentlich nützlicher. Und Fähigkeiten wie Arrow Storm, die drei Punkte verschlingen, können selbst die stärksten Bosse mit einer Anwendung in die Knie zwingen. Und dazu auch noch jeden Gegner der sich in unmittelbarer Reichweite befindet. Wer eine gewisse Herausforderung sucht, das Spiel aber nicht auf dem höchstens Schwierigkeitsgrad spielen will, der sollte auf solche Fähigkeiten also eventuell verzichten. Oder sie zumindest für absolute Notfälle aufsparen.
Pro:
- Gute Sprachausgabe
- Ein Schnellreise-System das komplett ohne Ladezeiten daherkommt.
- Interessante Begleiter mit eigenen Quests die außerdem jegliche Rolle einnehmen können.
- Im Gegensatz zum Vorgänger kann man die Haltbarkeit von Waffen fast komplett ignorieren.
- Es gibt eigentlich immer irgendwo was zu entdecken, auch wenn manche Geheimnisse eher kryptischer Natur sind.
- Ein spaßiges Kampfsystem mit vielen taktischen Möglichkeiten, vor allem da man seine Charaktere ab Kapitel 2 kostenlos umskillen und so ein bisschen rumprobieren kann. Und im Gegensatz zum Vorgänger ist es nicht mehr so leicht ausversehen neben sein Ziel zu klicken.
- Die Story mag zwar kein Meisterwerk sein, im Gegensatz zum ersten Teil hat sie mein Interesse bis zum Ende halten können. Und sie wurde durchaus gut in Szene gesetzt, auch wenn die entsprechenden Sequenzen dank der Masse an Sidequests viele Stunden voneinander getrennt sind.
Contra:
- Das letzte Dungeon fand ich Design-technisch eher nervig als spaßig
- Die Highlight-Taste zeigt wie schon im Vorgänger nicht alle interagierbaren Objekte an.
- Das Balancing lässt zumindest was die Source Fähigkeiten angeht etwas zu wünschen übrig.
- Ab und zu hängt das Kampfsystem für ein paar Sekunden, was schon im ersten Teil ein Problem war.
- Das Setting lässt ein bisschen an Abwechslung vermissen, mit viel zu vielen Wäldern und Feldern und zu wenig fantastischen Orten.
- Mit aktivierten Cloud Saves kann es passieren, dass das Spiel später für längere Zeit einfriert, was vor allem bei Quicksaves nervig ist.
- Ein paar Aspekte wurden scheinbar nicht zuende gedacht, wie Eskort-Missionen die man einfach per Schnellreise umgehen kann, oder eine Höhle in der die Gruppe getrennt wird und sich einzeln durchschlagen müsste, in der einen aber nichts daran hindert seine Teleport-Pyramiden rumzuschieben um sich innerhalb von Sekunden wieder zu sammeln
Fazit:
Ich mochte zwar bereits den ersten Teil, da zumindest das Gameplay genau so süchtig gemacht hat, aber Original Sin 2 hat diesen auf jeden Fall noch etwas übertrumpft. Die Story mag zwar nicht fantastisch sein, sie ist aber trotzdem interessant genug um einen bis zum Ende bei Laune zu halten. Und wenn nicht, dann gibt es zumindest tausende Sidequests mit denen man sich viele Stunden die Zeit vertreiben kann. Und mit den Kämpfen sowieso, welche immer noch genauso spaßig sind wie bereits im Vorgänger, auch wenn es diesmal ein paar Änderungen gab die ein etwas anderes Vorgehen verlangen. Wer ein gutes und vor allem umfangreiches West RPG sucht, der kann also mit Divinity: Original Sin 2 nicht viel falsch machen. Und wer den ersten Teil nicht mochte, der sollte diesem trotzdem eine Chance geben. Im Gegensatz zum Vorgänger geht es nämlich wesentlich schneller zur Sache, sprich man muss nicht stundenlang in einer Stadt rumrennen bis man endlich kämpfen kann.
Insgesamt würde ich dem Spiel also 4,5 / 5 Punkten geben.