Vorwort
Eternal Sonata habe ich vor über sieben Jahren bereits auf der Xbox 360 angefangen, musste es aber unterbrechen als mir mein Monitor kaputt gegangen ist. Die schöne HD-Xbox wollte ich auch nicht gerade an einem CRT-TV laufen lassen.
Um die Zeit bis zum Eintreffen des Austauschmonitors zu überbrücken habe ich mir die Zeit mit Playstation 2 Spielen vertrieben. "Vertrieben" ist auch das richtige Stichwort, denn diese haben Eternal Sonata komplett verdrängt und ich habe es immer weiter vor mir hergeschoben. So verging Jahr um Jahr, aber nun sollte endlich Schluss mit diesem Trauerspiel sein!
Das Spiel
Paris 1849. Auf der Schwelle zwischen Leben und Tod träumt der Pianist Frédéric François Chopin von einer fiktiven Welt. In dieser malerischen Welt scheint auf den ersten Blick alles wunderbar zu sein, doch dem ist nicht so. Menschen, die kurz vor ihrem Tod stehen, erhalten hier magische Kräfte und werden von anderen aus Angst vor Ansteckung ausgestoßen.
Zudem werden in der Grafschaft Forte hohe Steuern erhoben, so dass selbst Brot für viele fast unbezahlbar wird. Ausgenommen davon ist ein Wundermittel namens Mineralpulver, welches jedwede Krankheit zu heilen vermag. Allerdings führt es die Leute in eine Spirale der Abhängigkeit und birgt noch ein weit schlimmeres Geheimnis.
In dieser Welt wird die Geschichte zunächst aus der Sicht der vierzehnjährigen Polka und des Jungen Allegretto gezeigt. Da ihr Dorf, welches sich durch den Verkauf von Blütenpulver finanziert, unter den hohen Steuern leidet, möchte Polka beim Grafen Walzer von Forte vorsprechen, um eine Senkung dieser zu erreichen. Allegretto hat dasselbe Ziel und möchte für die Waisenkinder, um die er sich kümmert, dass die Steuern auf Lebensmittel gesenkt werden. Ihre Reise führt sie schlussendlich zusammen und Chopin selbst schließt sich ebenfalls als Gefährte an. Dieser wird nicht müde darin allen immer wieder mitzuteilen dass es sich hierbei um seinen Traum handelt, doch schenkt ihm keiner so recht Glauben. Nach einiger Zeit trifft man ebenfalls auf die Rebellengruppe Andantino, die Graf Walzer mit etwas "drastischeren" Mitteln überzeugen will und mit der man schließlich ein Bündnis eingeht.
Die Geschichte wird auf drei Ebenen erzählt. Da wäre einerseits Chopins Traumwelt, in welcher sich die im vorherigen Absatz beschriebene Handlung abspielt. Zum anderen blendet das Spiel immer wieder in die Realität über, in der Chopin, behütet von seinen engsten Angehörigen, im Krankenbett im Fiebertraum liegt. Und dann gibt es immer wieder, einmal pro Kapitel, Einspieler die das bewegte Leben Chopins nacherzählen, untermalt von einem seiner Stücke am Piano.
Die hier behandelten Themen werden dann in seiner Traumwelt, in abstrakter Form und mit einer gehörigen Prise Anime Kitsch vermischt, aufgegriffen. Die gesamte Geschichte ist als eine Art Selbstfindungsmetapher von Chopin anzusehen. Daher sind die Einspieler essentiell um Chopin und damit auch die eigentliche Handlung zu verstehen, denn viel wird am Ende nicht aufgeklärt und es bleiben zahlreiche offene Fragen der eigenen Interpretation überlassen.
Leider ist die Handlung in der Traumwelt äußerst kitschig geraten und schrammt oft am Rande des Erträglichen vorbei. Die Protagonisten sind alles Weltverbesserer und die Antagonisten das abgrundtief Böse. Einige der Charaktere treffen dabei haarsträubend dumme Entscheidungen. In der Playstation 3 Version wurden einige Szenen erweitert, ergänzt oder komplett verändert, was inhaltlich allerdings zweifelhafter Natur ist und das Niveau der Geschichte, aufgrund übelstem Fanfiction Charakter, gegenüber der Xbox 360 Fassung sogar senkt.
Die Welt ist stark von der Musik geprägt, so entstammen sämtliche Namen und Bezeichnungen aus Musik und Tanz und die Architektur ist mit Noten und ähnlichen Symbolen verziert.
Das spiel erinnert teilweise an Final Fantasy 10. So kann Chopins Standardspruch "This is my dream" als Analogie zu Tidus' "This is my story" angesehen werden. Die Welt ist ähnlich linear auf gebaut. Man befindet sich die ganze Zeit über auf einem einzigen Pfad und Städte sind direkt über Dungeons miteinander verbunden. Zudem vermittelt die in den Oberwelt-Dungeons eingesetzte Pianomusik oftmals einen Hauch von Final Fantasy 10 Flair.
Backtracking ist teilweise möglich, erfordert aber, aufgrund fehlender Teleporter oder einer richtigen Oberwelt, langwieriges Zurücklaufen durch bereits besuchte Dungeons. Irgendwann werden einem aber auch die letzten Rückwege abgeschnitten und eine Rückkehr zu früheren Orten ist nicht mehr möglich. Naja fast, denn es gibt durchaus eine Möglichkeit sich zurückzuteleportieren, diese ist aber merkwürdigerweise hinter einem New Game Plus versteckt. Eine äußerst fragwürdige Entscheidung.
Die Dungeons sind gespickt mit vielen Abzweigungen und um an Schätze zu gelangen muss man teilweise Umwege in Kauf nehmen, die es erfordern, dass man bestimmte Abschnitte wiederholen muss. Teilweise findet man sogar Gegenstände für Quests, aufgrund derer es notwendig ist, einen bereits zu dreiviertel beendeten Dungeon zu verlassen. Man verbringt wirklich viel Zeit in den Dungeons. Meiner Meinung nach sind sie zu groß geraten und man verbringt nicht selten zwei Stunden und mehr darin, es sei denn man läuft an den Gegnern vorbei. Diese sind sichtbar und lassen sich daher ignorieren, sind teilweise aber auch an Engstellen platziert, so dass man um einen Kampf nicht herum kommt. Zu dem dass ich sie zu groß finde kommt hinzu, dass es einige Dungeons gibt die wie reine Filler wirken und das Spiel so noch weiter unnötig aufblähen.
Die Kämpfe sind ein interessanter Aspekt des Spiels. Sie basieren auf dem Prinzip von Licht und Schatten. So hat jeder Charakter zwei licht- und zwei schattenbasierte Skills die er je nachdem, ob er im Hellen oder im Dunklen steht, einsetzen kann. Dabei variieren die Lichtverhältnisse von Kampf zu Kampf. So können am Tag die Schatten von Bäumen, Gegnern oder sogar herüberziehenden Wolken für Dunkelheit sorgen, in der Nacht spenden Fackeln und Leuchtsteine das benötigte Licht. Mittels Ausrüstung und Gegenständen lassen sich diese Umstände allerdings auch erzwingen. Die Gegner können sogar, abhängig von den Lichtverhältnissen, ihre Form ändern. So wird ein kleiner, im Licht unscheinbarer Widersacher, im Dunkeln plötzlich zu einer ernstzunehmenden Bedrohung. Dieses System sorgt dafür dass die Positionierung in der Kampfarena eine wichtige Rolle einnimmt.
Charaktere und Gegner sind der Reihe nach, je nach Geschwindigkeitswert, am Zug. Man muss zuerst zum Gegner laufen um in Angriffsreichweite zu gelangen. Ausgenommen davon sind natürlich Fernkämpfer. Während der Aktionen des Laufens und des Angriffs läuft ein Timer herunter der den Zug beschränkt. Greift man einen Gegner nun an, erhält man alle vier Treffer - und später alle acht - so genannte Echos. Diese erhöhen die Angriffskraft von Skills, werden bei deren Einsatz allerdings vollständig verbraucht. Später lassen sich ab bestimmten Schwellwerten auch Harmonieketten erzeugen, bei denen man nach Einsatz eines Skills weitere Skills, von in Angriffsreichweite stehenden Charakteren, einsetzen kann.
Die Angriffe von Gegnern kann man, wenn der Charakter mit dem Gesicht zu diesen steht, mit dem richtigen Timing entweder abwehren oder parieren. Gerade dort wo es wichtig ist, bei Bosskämpfen, sind die Zeitfenster dafür allerdings so knapp bemessen, dass es eher wie ein Feature für reaktionsschnelle Starcraft Asiaten wirkt. Werden die Angriffe geblockt trivialisieren sie den Schaden zumeist, gehen sie durch so kann es sein das ein Gegner mit nur einer Angriffswelle den halben HP Balken eines Charakters leert oder, im Fall von Bossen, der Charakter sofort stirbt. Greift ein Gegner einen Charakter von hinten an, ist keine Verteidigung möglich und man ist ihm gnadenlos ausgeliefert.
Gegen Ende gibt es einen Bosskampf in dem die KI von dieser Mechanik regen gebrauch macht und der damit, im Vergleich zu den anderen Kämpfen, einen massiven Anstieg des Schwierigkeitsgrads darstellt. Dieser Kampf hat mich vor enorme Probleme gestellt und ich musste ihn ein gutes Dutzend mal, mit verschiedenen Charakterkonstellationen, wiederholen. Und weil es so toll war findet dieser Kampf in der Playstation 3 Fassung später sogar noch eine Fortsetzung.
Mit Beat lassen sich im Kampf Fotos von Gegnern schießen, die in Läden, je nach Qualität, für unterschiedliche Goldsummen verkauft werden können. Mir hat das Geld, welches man durch das Besiegen von Feinden erhält, aber immer ausgereicht und ich habe dieses Feature daher nie benötigt.
Neue Skills werden beim Erreichen bestimmter Level für die Charaktere freigeschaltet. Mit fortschreitender Progression der Geschichte wird ebenfalls das Gruppenlevel erhöht. Hierbei handelt es sich um eine Ansammlung von Bonus und Malus für den Kampf. So verringert sich zu Beginn die Aktionszeit nur dann, wenn man sich wirklich bewegt, während diese später ab der ersten Aktion automatisch abläuft. Die Taktikzeit - die Zeitdauer wenn ein Charakter am Zug ist, in der man überlegen kann welche Aktionen man durchführen will - wird sogar ganz gestrichen. Dafür werden die bereits erwähnten Harmonieketten freigeschaltet oder die Laufgeschwindigkeit der Charaktere erhöht. In gewisser Weise machen die Gruppenlevel die Kämpfe stressiger aber auch belohnender. Mit der sechsten Stufe, welche man vor dem letzten Boss in einem geheimen Dungeon freischalten kann, werden Harmonieketten mit sechs aufeinander folgenden Skills freigeschaltet, was alle folgenden Kämpfe gegen optionale Gegner, Bosse und auch den Endboss, trivialisiert, da sich innerhalb dieser Ketten bereits genügend Echos für weitere Ketten sammeln lassen.
Die Playstation 3 Version unterscheidet sich teils deutlich von der Xbox 360 Fassung. Der geänderte Titelbildschirm macht hier nur den Anfang. Deutlichster Unterschied sind die Storyanpassungen, welche sich in neuen oder geänderten Abschnitten bemerkbar machen. Leider nicht immer zum Positiven, wie ich zuvor bereits verdeutlicht habe.
Die Reise wird zu Beginn des letzten Spieledrittels durch einen neuen Dungeon unterbrochen. In diesem sind auch das Prinzenpaar um Crescendo und Serenade spielbar. Für den letzten Spielabschnitt schließen sich die beiden ebenfalls der Party an.
Über die Bilder, die in den Chopin Einspielern gezeigt werden, wurde eine art Comicfilter gelegt und es wurden zusätzliche Bilder eingefügt. Am Ende des Bonusdungeons gibt es einen weiteren Einspieler.
Trotz intern verbauter Festplatte wurde die Anzahl an Slots für Spielstände von zehn auf fünf reduziert und der Zugriff darauf dauert deutlich länger. Speichern macht so nicht wirklich Spaß.^^
Im Kampf sind die Skills in den zweiten Slots nun nicht mehr durch langes gedrückt halten der Skilltaste auszulösen, sondern unter Zuhilfenahme der Skilltaste mit der R2 taste, was die ganze Angelegenheit etwas weniger fummelig gestaltet.
Die Levelmodifier haben sich geändert, man benötigt nun länger für ein Level Up, bekommt aber auch höhere Statuswerte, wodurch sich bei gleicher Spielzeit praktisch, außer der Levelhöhe, keine Unterschiede ergeben.
Und zu guter Letzt gibt es noch alternative Kleider für die drei Hauptcharaktere Allegretto, Polka und Beat.
Fazit
Eternal Sonata bietet eine schöne Atmosphäre mit leichtherziger, naiver Handlung, die oberflächlich eher fürs Herz als den Verstand gedacht scheint, inhaltlich aber Raum für Interpretation lässt. Leider fällt sie gegen Ende, aufgrund einiger fragwürdiger Storyänderungen in der Playstation 3 Version, teilweise in sich zusammen.
Grafisch ist es eine Augenweide und strotzt vor Detailverliebtheit, wenn auch die Technik Alterserscheinungen aufweist. Das Kampfsystem punktet durch sein Licht- und Schatten-System, kann mit seinem Fokus auf Reaktionstests für Starcraft Asiaten aber auch recht unausgegoren wirken und macht manche Bosskämpfe schwerer als sie eigentlich sein müssten. Erst mit dem versteckten Dungeon und damit dem sechsten Gruppenlevel kommt es richtig in Fahrt, dann zerstört man aber auch regelrecht alles was sich einem in den Weg stellt.
Aufgrund viel zu langer Dungeons, der langen Zwischensequenzen, von denen oftmals mehrere direkt aufeinander folgen, dem Backtracking ohne Teleporter für optionale Quests und den Trial and Error Minispielen, geht das Spiel recht unverantwortlich mit der Zeit des Spieler um. Hinzu kommt dass das es, ähnlich zu Final Fantasy 10, höchst linear ist und die Möglichkeit, frühere Orte wieder zu besuchen, um so weitere Quests und Dungeons freizuschalten, hinter einem New Game Plus versperrt.
Alles in allem ist Eternal Sonata ein nettes Spiel, konnte mich aber in keinem Punkt wirklich überzeugen.