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  1. #19
    Radiant Historia - Perfect Chronology


    Nintendo 3DS - erschienen am 16.02.2018
    Begonnen am: 18.02.2018
    Beendet am: 23.02.2018



    Warum dieses Spiel?

    Weil es interessant aussah und ich, nach Ankündigung dieser Version, ziemlich positive Dinge über die Vanilla-Version für den Nintendo DS gehört habe. Auch von der groben Beschriebung der Handlung her klang es genau nach meinem Geschmack. Außerdem ist meine RPG-Bibliothek für den 3DS beschämend klein.


    Story

    Die Geschichte spielt auf einem Kontinent namens Vainqueur, der immer mehr zu einer Wüste verkommt. Die beiden Länder Alistel und Granorg stehen im Krieg um die immer knapper werdenden Resourcen miteinander.
    Im Rahmen der Handlung schlüpft man in die Rolle von Stocke, eines jungen Mannes, der für die Special Intelligence Force von Alistel arbeitet. Zu Beginn der Handlung wird ihm - scheinbar zufällig - ein Buch, die sog. White Chronicle anvertraut. Als Stockes neu gewonnene Freunde kurze Zeit später durch eine falsche Entscheidung ums Leben kommen, verleiht die White Chronicle Stocke die Macht, in der Zeit zurückzureisen und seinen Fehler rückgängig zu machen.
    Wenig später muss Stocke sich entscheiden, ob er lieber der Einheit seines besten Freundes Rosch beitreten oder in der Special Intelligence Force bleiben möchte. Die White Chronicle ermöglicht es ihm, auf zwei voneinander getrennten Zeitlinien beide Entscheidungen zu verfolgen. Die beiden Zeitlinien beeinflussen sich gegenseitig und durch das das Durchleben zweier quasi paralleler Abenteuer kommt Stocke dem Geheimnis um seine sterbende Heimat immer näher...


    Zeitreisen sind ein heikles Thema. Man kann damit richtig fesselnde, vielschichtige Geschichten erzählen oder ein Zugwrack an Schwachsinn erschaffen. Radiant Historia ist für mich definitiv Ersteres. Dadurch, dass die Geschichte Stocke sehr stark darin einschränkt, zu welchen Punkten genau er zurückreisen kann, werden die allergröbsten Logiklücken gut umschifft.
    Die beiden Zeitlinien greifen gut ineinander und ergänzen sich toll. Wenn man in einer nicht weiterkommt, muss man in die andere reisen und dort spezielles Wissen oder Fahigkeiten erwerben oder etwas Bestimmtes tun, was wiederum die andere Zeitlinie beeinflusst. Das kannte ich so noch nicht, wurde aber gut umgesetzt. Es kam auch nicht zu Wiederholungen und ich bin auch nicht durcheinander gekommen, wie ich zuerst befürchtet hatte.

    Ansonsten hat man hier ein ziemlich klassiches Szenario: Zwei Länder, die sich bekriegen. Eine aus dem Gleichgewicht geratene Welt. Einige neutrale Kräfte. Nichtmenschen, die Menschen aus ziemlich guten Gründen nicht ganz so toll finden. Politik. Prinzessinnen. Korrupte Priester. Ich hab für Szenarien dieser Art eine unheimliche Schwäche, das ist haargenau mein Zeug.

    Das Ganze ist spannend und durch die Zeitreisen unkonventionell erzählt, ich wollte einfach immer wissen, wie es weitergeht und das Spiel kam auch immer rechtzeitig mit neuen Enthüllungen um die Ecke, die mich am Ball bleiben ließen. Man hat meiner Meinung nach auch eine gute Balance zwischen vorhersehbaren und unvorhersehbaren Wendungen gefunden und außerdem - auch wenn es durch den ganzen optionalen Kram, den man erledigen muss, dauert, bis man das neue wahre Ende erreicht hat - war das Ende sehr zufriedenstellend für mich.

    Das neue Szenario sticht etwas hervor, aber es war auch nicht unangenehm und man hat die Wahl, ob man den neuen Kram erstmal links liegen lassen will.

    Es gibt ein-zwei Dinge, die für mich nicht unbedingt Sinn ergeben (zB dass, wenn ein Charakter in Zeitlinie 1 seine Gesinnung ändert, das auch in Zeitlinie 2 passiert, obwohl dort der Grund für diese Gesinnungsänderung nicht passiert ist). Aber da will ich mich nicht drauf versteifen, sondern habe es einfach so hingenommen, wie es nun mal war.

    Themenmäßig trifft die Geschichte bei mir ziemlich ins Schwarze. Kriege, Könige, Intrigen. Haaaaah, dies ist mein Stoff. Ich mochte insbesondere, wie der Konflikt "Einer muss sich für alle opfern." präsentiert wurde - also man wirklich auch mal jemanden gezeigt hat, der das eben nicht so bereitwillig tun möchte und er es am Ende trotzdem freiwillig tut - ohne dass die Helden mit dem moralischen Zeigerfinger auf ihn einprügeln. Mich hat die Geschichte so manches Mal berührt und ich fand es auch nie oberkitschig.


    Charaktere

    Ein weiterer Punkt, der mir an Radiant Historia ziemlich gut gefallen hat. Erstmal reist man mit einer ziemlich bunt gemischten Truppe, die nicht nur aus Teenagern besteht. Und dann hatte ich sie auch noch alle irgendwie lieb. Selbst Aht, mit deren Anhänglichkeit ich zeitweise ringen musste (es gibt aber einen nachvollziehbaren Grund dafür, deshalb: Schwamm drüber!).

    Jeder Charakter hat seine eigene Hintergrundgeschichte und glaubwürdige Beweggründe, bei der Reise mitzumachen. Es ist auch nicht jeder immer dabei.

    Stocke als Hauptcharakter hat mir besonders gefallen. Ja, er ist ein sehr klassischer Held, aber nicht JRPG-klassisch im Sinne von bauernschlauer Dorftrottel mit mehr Glück als Verstand sondern eher märchenhaft-klassisch, also nobel, heroisch, intelligent, charismatisch. Er hat mich die ganze Zeit an Prinz Phillip aus Disney's Dornröschen erinnert. Mein Kindheitstraumprinz, vielleicht catert Stocke also einfach an meine niederen Instinkte. D-don't judge me, okay? :< Trotzdem reißt er nicht bei jeder Gelegenheit die Führungsposition an sich, sondern spielt auch mal die zweite Geige, wenn es sinnvoll ist. Ich habe jedenfalls die Geschichte jedenfalls sehr gerne mit seinem Augen verfolgt und hatte keinen einzigen "What the hell, hero?"-Moment.

    Im Grunde genommen wird mit keinem der Charaktere das Rad neu erfunden, aber sie wirken lebendig und beschränken sich nicht nur auf ihre Klischees. Manche können sogar noch ganz am Schluss mit neuen Enthüllungen aufwarten.

    Es gibt auch einige NPCs, die ähnlich gründlich ausgearbeitet sind wie meine spielbaren Kameraden.

    Die Bösewichte fand großteils gut und nachvollziehbar ( vA Heiss' Geschichte hat mich irgendwie berührt), mit anderen konnte ich weniger was anfangen - allen voran Hugo. Und Protea fehlt es deutlich an Hintergrund.

    Ich hätte sehr gerne noch das eine oder andere zusätzlich über meine Mitstreiter erfahren, selbst über die Nebenaufgaben hinaus noch.


    Gameplay l Spielablauf l Umfang l New Game +

    Wie bereits gesagt bewegt man sich immer zwischen zwei Zeitlinien hin und her. Man kann dabei nur zu ganz bestimmten Knotenpunkten der Geschichte reisen (idR zu einem Moment, wo Stocke eine ganz wichtige Entscheidung getroffen hat).
    Was mir daran besonders gefallen hat, ist, dass das Spiel dabei nicht in irgendeinen vorhersehbaren Trott verfällt, sondern es bis zum Schluss recht unvorhersehbar bleibt, wie lange man sich nun auf dieser Zeitlinie bewegen kann, bis die nächste Sackgasse kommt. Teilweise spielt man stundenlang Zeitlinie 1, kehrt nur für eine kurze Szene in Zeitlinie 2 zurück, und kann dann Zeitlinie 1 weiterspielen und andererseits gab es auch wieder Zeiten, wo beide Linien gleichmäßig voranschritten.

    Es gibt Städte und ein paar Verbindungsgebiete, die alle eher übersichtlich ausfallen. Richtige Dungeons gibt es fast gar nicht. Ich muss aber sagen, dass ich darauf hier jetzt auch keinen Wert gelegt habe. Stundenlang zwischen Storyevents durch die Gegend zu irren hätte mich eher gestört.

    Die Gegner sind auf der Karte sichtbar und der Kampf findet nach Berührung in einem separaten Kampfbildschirm statt.

    Das Kampfsystem ist sehr standardmäßig, hat man alles schonmal gesehen. Man kann aber durch Angriffe die Gegner umher- und teilweise übereinander schieben (dann nehmen beide Gegner Schaden), wodurch man seine Angriffe vorher gut planen sollte, um das maximale aus einer Angriffsserie rauszuholen. Außerdem kann man die Reihenfolge, in der angegriffen wird, verändern. Das war ein ganz nettes Feature, wo ich auch mal ein bisschen rumprobiert und überlegt habe.

    Mir dauerten die normalen Kämpfe aber etwas zu lange, sodass ich nicht so supergerne gegrindet habe. Problematisch ist auch, dass Charaktere, die gar nicht in der Party sind, gar keine und Charaktere, die im Gefolge sind, nur teilweise Erfahrungspunkte erhalten. Da man einige Charaktere auf einer Zeitlinie teils gar nicht dabei hat, bleiben diese dann viel stärker zurück (Rosch...), was gezieltes Training erfordert,... was aber wiederum langwierig und stumpf ist - insbesondere wenn diese Charaktere kurze Zeit später eh wieder zurückfallen.

    Ich musste aber nicht grinden, weils schwer war oder so. Das Spiel ist nicht schwer. Ich habe einfach nur gerne meine Lieblinge in der Party.

    Nervig fand ich auch, dass, egal wie oft ich meine Party umstelle, nach dem Wechsel der Zeitlinie doch wieder standardmäßig Marco und Raynie in meiner Kampfparty sind. Hab das ziemlich oft vergessen, Bosskampf gestartet und ja... Ist aber auch nur ne Kleinigkeit.

    Optionales: Es gibt einiges an Nebenaufgaben, die bis auf ganz ganz ganz wenige Ausnahmen immer etwas zur Gesamtgeschichte betragen und deshalb auch für das wahre Ende nötig sind. Neben der Handlung kann man sich mit einer Reihe an Zusatzszenarien beschäftigen, die dann das neue wahre Finale freischalten. Meist muss man für das Lösen der Aufgaben in eine andere Zeit reisen und etwas bestimmtes tun/finden. Manchmal musste ich da etwas rumprobieren, wo ich nun hin muss, denn das ist nicht immer ganz deutlich.

    Es gibt außerdem einen optionalen Dungeon, wo man all seine Charaktere trainieren kann und durch das Besiegen von Feinden Punkte sammelt, die man gegen Items eintauschen kann. Hab aber nicht wirklich benutzt...

    New Game + habe ich nicht begonnen, aber neue Features gibt es da glaube ich nicht. Aber man kann seine Level mit rüber nehmen, sagt zumindest das Spiel.


    Grafik I Gestaltung I Design

    Die Welt ist auch eher... klassisch geraten. Es gibt ein paar Städte und echt nur 4-5 mehrteilige Verbindungsgebiete. Und sehr wenige echte Dungeons. Nichts davon hat wirklich Wiedererkennungswert, ist aber auch nicht hässlich oder frustig. Nett war aber, dass es teilweise Blockaden gibt, die man erst im Laufe der Handlung überwinden kann.

    Die Charaktere wurden ja bekanntlich für die 3DS-Version neu gestaltet, was insbesondere bei Spielern verständlicherweise der DS-Version auf wenig Gegenliebe stieß. Mir gefallen die neuen Designs aber tatsächlich deutlich besser. Die alten Designs hätte man trotzdem anbieten sollen - und zwar nicht als kostenpflichtigen DLC.

    Die Sprites fand ich aber ganz hübsch gestaltet, ebenso wie das Gegnerdesign - auch wenn es nicht so viele verschiedene Monster gibt.


    Sound

    Hach, Yoko Shimomura. <3 Ich kenne (und liebe) ihre Soundtracks der Kingdom-Hearts-Serie. Radiant Historia geht ja in eine andere Richtung, aber gerade in dramatischeren Stücken hört man sie deutlich raus. Hat mir jedenfalls gut gefallen. Lieblingsstück war dieser Track hier.

    Unterm Strich hätten es vielleicht gern einzwei Variationen mehr sein dürfen.


    Lokalisation

    Es gibt nur englische Vertonung und nur englische Bildschirmtexte.
    Die englischen Texte sind in Ordnung, sind mir an keiner Stelle großartig negativ aufgefallen.

    Die englische Vertonung war für mich die größte Überraschung des Spiels. Die englischen JRPG-Dubs, die ich mag, kann ich an einer Hand abzählen. Der Rest schwankt zwischen "Oh Gott, wo kann ich den Ton ausschalten?" und gerade noch so erträglich.
    Aber diese Vertonung hat mir total gut gefallen. Ich bin so begeistert von den Stimmen, ich kann das selbst kaum glauben. Liegt vielleicht daran, dass es hier kaum quietschige Animemädchen und bratzige Gören gibt (woran es mMn bei vielen englischen Dubs scheitert) und dafür viele erwachsene Männerstimmen (wo mMn meist die Stärken der englischen Dubs liegen).


    Wie durchgespielt

    Ein Spieldurchlauf. Wahres Ende und Neues Wahres Ende erspielt. Alle Nebenaufgaben erledigt. Alle Timelines komplett.
    Schwierigkeitsgrad: Normal.
    Spielzeit: Ca. 36 Stunden.


    Fazit

    Das Spiel hat mich total umgehauen und meine Erwartungen weit übertroffen. Ich hab es am Stück durchgesuchtet. Die Geschichte trifft nicht nur genau meinen Geschmack, sie hat mich berührt, zum Nachdenken angeregt, war spannend und interessant und ich konnte meinen 3DS kaum aus der Hand legen. Die Charaktere waren sympathisch, der Soundtrack war klein aber schön, die Vertonung war toll.

    Selbst die zweckmäßigeren Aspekte der Spiels haben mich nicht abgestoßen oder werden mir in negativer Erinnerung bleiben - und liegen ohnehin in Bereichen, auf die ich wenig Wert lege.

    Ich habe jede einzelne Sekunde genossen und es ist Jahre her, dass ich das letzte Mal so begeistert von einem Spiel war. Bin froh, dieses Spiel gespielt zu haben und total traurig, dass es nun vorbei ist. Am liebsten würde ich die Zeit zurückdrehen und es nochmal ganz unvoreingenommen genießen.


    10/10

    _____________________
    Bilder: amazon.com
    Geändert von Yuno (24.02.2018 um 01:44 Uhr)

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