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  1. #11
    Ni no Kuni II (PS4)


    Ni no Kuni ist ein Spiel, das mit seiner Mischung aus netter Märchenhandlung und (sinnvolleren) Nebenmissionen gut unterhält, zudem sticht der schöne Graphikstil ins Auge. Es ist definitiv kein Meisterwerk und hat z.B. manche dramaturgischen Macken, ist aber unterhaltsam und mal was anderes. Meine Erwartungen bzgl. des Nachfolgers waren deshalb relativ hoch … es konnte ja nur schiefgehen.

    Handlung
    Ja, es gibt sie. Die Frage ist nur, in welchem Ausmaß dieser Hauch von einer Handlung vorhanden ist. Was man bekommt: Die Geschichte um Evan, der aus seinem Königreich vertrieben wird und daraufhin ein neues aufbauen will, indem er mit allen anderen Ländern ein Bündnis schließt.
    Was man nicht bekommt: Überzeugende Dramaturgie, Charaktere mit Persönlichkeit, Spannung oder sonstige Tiefe. Die Geschichte wird extrem oberflächlich erzählt, die Charaktere reagieren dumm oder nicht nachvollziehbar und alles könnte man wahrscheinlich innerhalb von fünf Stunden erzählen, würde durch Handlung nicht mittels unzähliger, uninteressanter Nebenmissionen gestreckt werden.

    Und wieso wird dieses Land eigentlich „Ni no Kuni“ genannt, wenn die andere Welt keinerlei Rolle spielt?

    An manchen Stellen konnte ich gute Ansätze erkennen, nur wurde nichts daraus gemacht (z.B. die Szenen mit Cecilius). Was mich aber besonders gestört hat, ist, dass die Charaktere nicht vernünftig miteinander reden: Man reist in der Gruppe durch die Gegend und es wird über das, was man gerade machen soll, gesprochen, aber das war es auch schon. Nichts Zwischenmenschliches, nichts, was wenigstens für ein bisschen Charakterisierung sorgen würde.
    Die Charaktere sind dabei eigentlich sympathisch, nur haben sie keinerlei Ecken und Kanten oder irgendetwas, das sie interessant machen würde.


    Das Königsmotiv wird hier mal wieder so dumm umgesetzt, wie eh und je, nachdem wir ja vor gar nicht langer Zeit Noctis und sein Königreich aus Ruinen hatte. König sein, um des Königsein willens und ohne Sinn und Verstand. Wenn Evan sich schon nicht rächen will (das wäre ja zu gewalttätig, wäre aber ein Motiv gewesen), hätte er sich auch irgendwo als Farmjunge niederlassen können.
    Andere Motive sind vorhanden und werden nach dem Schema „Hilf allen, sei zu allen nett und alle sind nett zu dir“ gelöst werden. Ich empfand das als sehr simpel gestrickt.

    Und dann gibt es noch weitere Stellen, die einfach nur naiv und dumm wirken:

    Roland taucht in einer ihm unbekannten Welt auf. Na, und? Dann bleibt man einfach mal da und niemanden juckt es.
    Evan muss unbedingt König sein, egal wo, egal wie, nur darauf kommt es an. Dass man aus seinem Land vertrieben wurde, ist egal, König zu sein reicht.
    Evan: „Du hast zwar meinen Vater umgebracht, aber lass uns trotzdem Freunde sein.“
    „Niemand darf unsere Insel verlassen, sonst geht sie unter. Hier ist euer neues Gruppenmitglied.“


    Usw.

    Bei der Übersetzung war ich mir nicht ganz sicher. Habe mir zuerst sowohl die deutsche, als auch die englische Übersetzung angesehen und die Deutsche für besser befunden. Manches wurde hier recht kindlich übersetzt, aber es wurde nicht alles in komisches Zeug geändert, wie es anscheinend in der englischen Übersetzung geschehen ist. Na gut, spätestens als die Szene kam, in der ein Charakter einen „Krähdit“ (den Charakter verfolgende Krähe) aufnehmen musste, war die Entscheidung eigentlich gefallen. Wobei ich Namensänderungen von z.B. Shallia zu Suzie sehr einfallslos fand. Cecilius' Namensänderung zu Leander (in der englischen Version) fand ich auch irgendwie zuviel und zu sinnlos.




    Gameplay usw.
    Ni no Kuni II macht ungefähr das, was auch schon Mass Effect Andromeda, Dragon Age Origins, Assassin’s Creed und Final Fantasy XV gemacht haben – es verbindet eine spärliche Geschichte mit unzähligen Nebenmissionen. Diese Nebenmissionen haben die Eigenschaft, dass sie nichts als ein dummer Botengang sind und die Handlung ansonsten nicht voranbringen – Zeitstrecker eben.

    Ni no Kuni II treibt das so weit, dass man z.B. in Kapitel 3 Nebenaufgaben erledigen muss, um die eigentliche Handlung vorantreiben zu können, was für mich fast der Moment gewesen wäre, an dem ich das Spiel abgebrochen hätte (ich fand die ersten ca. 6 Std. furchtbar). Die Dialoge zu den Aufgaben waren auch jedes Mal toll: „Ja, ich helfe dir, aber bring mir zuerst … ein Gebüsch!“
    Wer die Anspielung erkennt, bekommt von mir hiermit offiziell Allgemeinbildung bescheinigt.

    Außerdem muss man das Königreich aufbauen, sonst kommt man irgendwann auch nicht mehr weiter. Da der Bau auf Zeit geht, dauert es ewig, bis dort irgendetwas passiert, wenn man kein zusätzliches Geld mehr hineinsteckt. Die Idee fand ich an sich in Ordnung, aber die Umsetzung langweilig und billig. Wenn man die aufgebaute Stadt wenigstens richtig hätte betreten können, wäre es schon viel interessanter gewesen, oder auch nur die Gebäude platzieren, wie man willl...
    Dito für die „Weltkarte“: Guter Versuch, aber komplett langweilig und trist.


    Ansonsten besteht ein großer Teil des Spiels aus Kämpfen. Diese laufen über ein recht primitives Action-KS ab, das für ein Actionsystem solide ist, nur leider total anspruchslos. Gegen Ende war ich ziemlich unterlevelt (wieso auch immer) und fand gerade mal den letzten Endgegner etwas fordernd. Dies lag aber auch eher daran, dass der soviele HP hat und dass die KI-Gruppenmitglieder gerne mal in Angriffe von dem reinliefen. Gut im Zweifelsfall denke ich mir: Lieber etwas leichter, als zu schwer, nur leider bietet das KS sonst auch nicht viel.

    Ganz langweilig fand ich das, was hier unter „Schlachten“ läuft. Es erinnert erst etwas an Suikoden (da waren die Dinger toll), läuft aber darauf hinaus, dass man seine Truppen in Gegner hineinlenkt und darauf wartet, was passiert.

    Zugegeben:
    Die einzelnen Spielelemente funktionieren zusammen irgendwie, wie auch schon o.g. Spiele funktioniert haben. Man macht eine Portion Nebenaufgaben, bis die Luft raus ist und dann geht es weiter. Ich würde jetzt auch nicht sagen, dass ich alles furchtbar schlecht fand – nach den ersten 6 Stunden habe ich ca. 3 relativ lange Sitzungen eingelegt. Das Problem ist nur, dass dieses Spiel nichts wirklich gut macht. Alles hat man schon irgendwo mal gesehen, alles ist oberflächlich und überall stecken dieselben Fehler, die auch in anderen modernen Spielen immer wieder gemacht werden. Qualität statt Quantität, Geschichten ohne Dramatik und Seele, Missionen, Missionen, Missionen…
    Für einen Durchgang hat es mich unterhalten, aber ich habe mir von diesem Spiel soviel mehr erhofft und habe Stangenware erhalten.

    Das kann man spielen, muss man aber nicht.


    Graphik und Musik
    Graphisch gibt es hier zweierlei: Den Anime-Stil aus dem ersten Teil, der sich auf die Charaktere erstreckt und sehr gut und individuell aussieht. Der Rest wurde leider durch computergeneriertes Zeug ersetzt und diesen Unterschied sieht man. Neben den Städten, die gelungen sind, bekommt man so häßliche Umgebungen, die komplett langweilig sind und leider auch immer wieder dieselben Gegner. Der Tiefpunkt ist hier wohl die Weltkarte.

    Und ganz schlecht: Die winzige Schrift. Welche Vollidioten haben denn daran gesessen? Ich bin gehöre nun eher zu der Kategorie an Menschen, die vom Augenarzt gefragt werden, was sie eigentlich dort wollen, sitze aber auch nicht einen Meter vom (nicht unbedingt zu kleinen) Fernseher entfernt. Wenn Schrift dann immer noch zu klein ist, ist es einerseits eine Zumutung und andererseits schlampige Arbeit.


    Musikalisch ist das Spiel in Ordnung. Ein paar Stücke sind ganz nett, wozu v.a. die Titelmusik gehört, nur leider wird Musik oft unpassend eingesetzt. Man denke nur an dieses Klippen-Dungeon - man läuft friedlich durch die Gegend, nichts ist irgendwie aufregend und die Musik: "Drööööhn!" Diese Orchestermusik war generell meist zu aufdringlich oder wurde da genutzt, wo sie nicht passte.

    Danebengegangen ist die Synchronisierung. Sie ist mehr oder weniger nichtexistent und ansonsten sprechen die Charaktere vereinzelte Wörter, die sich ständig wiederholen. Das ist erstmals für die Dramaturgie nicht gut und nervt auch nur.

    Fazit
    Ni no Kuni II ist ein gutes Beispiel für alles, was in der Spieleindustrie falsch läuft: Die Spielelemente sind primitiv und anspruchslos, man bekommt Masse vor Klasse und die sowieso schon knappe Handlung wird mit unzähligen Nebenmissionen von der Stange zugeknallt. Dass man dann auch noch manche davon erledigen muss, um die Handlung weiter voranzutreiben, macht es auch nicht besser, im Gegenteil.
    Letztendlich bleibt Ni no Kuni II spielbar und in Teilen funktionieren die Spielelemente zusammen sogar, motivierten mich zu etwas längeren Spielsitzungen. Ich beende das hier dennoch mit dem Gedanken, dass es wahrscheinlich meine Enttäuschung des Jahres bleiben wird und hoffe, dass sich dieser Trend zu dümmlichen Zeugbeschaffungsspielen nicht noch weiter fortsetzt. Irgendwann reicht es.
    So sticht es leider nicht aus der Masse anderer Spiele heraus, die genau dieselbe Formel abliefern.

    Insgesamt: 6/10
    Spielzeit: ca. 26 Stunden
    Geändert von Winyett Grayanus (11.04.2018 um 19:00 Uhr)

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