Final Fantasy XV - Windows Edition
Knapp 1 ½ Jahre habe ich gewartet, bis ich Final Fantasy XV auf dem PC spielen konnte. Was habe ich mich gefreut endlich ein Final Fantasy mit aktueller Technik spielen zu können, da mich die Grafik bei den früheren Serienteilen doch abgeschreckt hat (den Nostalgie-Faktor habe ich leider nicht). Leider war meine Vorfreude umsonst, am Ende war ich nur mehr froh es durchzuhaben. Warum ich es so schlecht finde und woher meine kurze Spielzeit von nur 20h herführt, erfahrt ihr im Review. Nur ein Spoiler übrigens im gesamten Text, dieser aber entsprechend getagged, also keine Angst. 
Story
Jeder hatte schon mal einen Bierdeckel in der Hand. Dieses kleine Ding was uns von etwas Göttlichem trennt. Ein Ding, welches die Entwickler bei Square Enix wohl zu lange in der Hand hielten. Denn anders kann ich mir es nicht erklären, warum die Story von FFXV zur Gänze auf einem Bierdeckel Platz hat. Hätte man beide Seiten oder gar die Flasche selbst benutzt, wäre mehr Platz gewesen. Ne ernsthaft, eine solch schlechte und uninteressante Story ist mir zu Lebtagen noch nicht untergekommen. Man weiß schon in den ersten Minuten des Spiels (also eher nach dem Prolog) was das Ziel des Spiels ist, ohne dass diese sich je merklich verändert. Hier und da gibts kleine Ereignisse, diese reißen aber niemanden vom Hocker, da sie 1. sehr unspektakulär dem Spieler vermittelt werden und 2. nicht wirklich Auswirkungen auf die Geschichte haben.
Das Spiel macht bekanntlich ab Kapitel 8 (es gibt insgesamt 14 + Epilog) einen Schnitt im Spieldesign. Die Openworld weicht der linearen Erzählstruktur. Wer glaubt, dass dadurch die Geschichte mehr in Fahrt kommt oder gar besser wird, hat sich geschnitten. Zwar wird mehr Storyinhalt geboten, auch die Inszenierung legt einen Zahn zu, aber sonst stagniert alles dort, wo es immer war. Die Story in FFXV ist und bleibt über die komplette Strecke scheiße. Einen sehr großen Beitrag dazu leisten die Charaktere, ganz vorne an der Spitze geführt von meinem "Liebling" Noctis. Ehrlich Leute, aber ich habe selten so einen uninteressanten und arroganten Hauptchar in einem Spiel gesehen. Am liebsten hätte ich jeden x-beliebigen NPC im Spiel gesteuert, als diesen Großkotz von Prinzen. Den Mund bringt er kaum auf und wenn er etwas sagt, ist es nur ein Satz bestehend aus drei Wörtern die zu 90% die gleichen sind. Am liebsten hätte ich ihm jedes Mal wenn er lästert, mürrisch wird oder was weiß ich, eine reingehauen. So fällt es extrem schwer sich als Spieler mit seinem alten Ego zu identifizieren. Zumal ich diese Japano-Boyband überhaupt nicht mochte, also das Prinzip dahinter (die Gefährten waren charakterlich okay). Man steuert gleich von Beginn an eine fixe Gruppe, der Spannungsfaktor neue Chars ins Team zu bekommen fällt somit weg. Und schon gar keine Frau, von wegen Quote und so. Ok, für kurze Zeit wird man hin und wieder von NPCs begleitet, mehr auch nicht (insgesamt drei sind es). In 10 Minuten ist der Spaß vorbei.
Auch die wichtigsten NPCs sind inhaltlich schwach. Noctis bricht ja bekanntlich zu seiner eigenen Hochzeit auf, die durch den Angriff des Imperiums auf seine Heimatstadt vorzeitig verhindert wird. Wie sollte ich nun eine Bindung zu seiner Verlobten Luna aufbauen, die nur in kurzen Rückblenden näher beleuchtet wird? Alles was sie sagt sind die typischen Hoffnung-Sätze, mehr nicht. Über sie selbst erfährt man nichts. Wenn schon Rückblenden der Vergangenheit des königlichen Paares, dann auch spielerische Abschnitte wie ein Uncharted 4 oder ein Horizon New Dawn es vorzeigen. Über die Gruppe selbst erfährt man auch nichts (die Gefährten-Episoden habe ich nicht gespielt). Über Prompto erfährt man am Schluss ein wichtiges Detail, aber das wars. Dieses "das wars" kommt sowieso sehr oft im Spiel vor, als hätten sich die Entwickler alle den Spruch auf die Stirn tätowiert. Achtung Spoiler: Als Noctis nach satten 10 Jahren zurückkommt und seine Gruppe seine Rückkehr mit 2-3 (!!!) Sätzen kommentiert. Das wars. Mehr ist nicht. Bitte?! Auch das Imperium ist als Feindbild überhaupt nicht gut gelungen. Man kämpft gegen die Soldaten, aber erfährt null über ihre wirklichen Ziele. Man sieht im ganzen Spiel eine einzige Szene wo die wichtigsten NPCs des Imperiums in einem Haufen stehen, aber das wars auch schon. Keine politischen Machenschaften, keine Intrigen, keine verräterischen Handlungen, absolut gar nichts. So oder so, in Sachen Story und Charaktere ist FFXV pures 08/15, wenn nicht sogar darunter. Was bleibt also da noch übrig...
Gameplay
Dass viele Jungs und Mädels bei Square Enix gerne Biertrinker sind haben wir ja schon im oberen Absatz erfahren. Dass aber einer unter diesen Leuten kein Bier mag und lieber gerne Cola aus der Dose schlürft wussten wir noch nicht. Und dass eben dieser besagte Mann (oder Frau) fürs Gameplay verantwortlich war, auch nicht, denn anders kann ich es mir nicht erklären, dass das komplette Gameplay auf den Verschluss einer Getränkedose passt. Beginnen wir mit dem Kampfsystem: Auf dem ersten Blick siehst es recht dynamisch aus und actionreich, doch nach einigen Spielstunden merkt man, dass es nur actionreich ist (Überraschung!). Es gibt nur eine Angriffstaste, man kann ausweichen und warpen (zu bestimmten Punkten, zu Gegnern oder einfach nur vorwärts). Blocken ist auch möglich, entweder automatisch indem man die Taste gedrückt hält oder selbstständig zum richtigen Zeitpunkt. Magie gibt es auch, ist aber nebensächlich. Hab es im ganzen Spiel nicht benutzt, weil das System dahinter komplett für'n Arsch ist. Man kann zudem zwischen 4 Waffen wechseln, das wars auch. Mit den Königswaffen lassen sich spezielle Techniken einsetzen und mit den Gefährten Kombinationen. Klingt vielleicht auf dem ersten Blick nach viel, ist es nicht. Einfache Mobs besiegt man durch reines Draufgekloppe und Bosse mit Kombinationen und den Königswaffen. Das Kampfsystem ist sehr oberflächlich, es spielt sich halt flott und macht auch etwas Laune. Es bietet lediglich kaum an Spieltiefe.
Abgesehen vom Kämpfen erkundigt man die Welt, zumindest in den ersten Kapiteln. Die Openworld ist schön, aber irgendwie auch spielerisch leer. Hier hat man es sehr verbockt eine interaktive Spielwelt zu kreieren, zumal die Nebenquests schlichtweg uninteressant sind. Ich habe bis zur 10. Spielstunde alle absolviert, aber es dann gelassen, weil es nur mehr öde und träge wurde. Man wird als königlicher Botenjunge missbraucht und zu kilometerweiten Orte geschickt, um etwas zu töten oder zu besorgen. In der Stadt Lestallum ist mir dann der Kragen geplatzt: Stehen vier Questgeber an den Marktständen, alles Hol-und-Bring-Aufgaben. Hab sie alle natürlich gemacht und nach dem Beenden hatten alle wieder eine Quest. Und siehe da, es war bei jedem der gleiche Auftrag. Statt Bohnen, wollte der Kerl halt ne Zwiebel haben. Wieder alle erledigt und siehe da, wieder bei jedem eine Quest. Natürlich wieder das gleiche Spiel. Nach dem Abgeben hatten alle plötzlich wieder eine Quest in petto, nur da ist der Zeitpunkt bereits gekommen, wo mich das Spiel am Arsch lecken konnte. Seitdem keine einzige Quest mehr angerührt.
Mit dem Regalia, dem Königsauto, kann man sich in der Spielwelt fortbewegen, aber immer nur auf der Straße und außer Gas geben, bremsen und wenden kann man nicht viel tun. Es reicht also einfach nur die Gas-Taste zu drücken und abzuwarten. Bin dann schnell auf das automatische Fahren umgestiegen bzw. die Schnellreisefunktion (beides funktioniert nicht in der Nacht, was für ein Bullshit). Vom Angeln habe ich ferngehalten, wie ich das mittlerweile hasse, wenn fast jedes zweite Spiel dieses Minispiel einbaut. Ist das Tradition in Japan, keine Ahnung? Die Chocobos waren dafür wieder ein Geschenk des Himmels.
Die linearen Kapitel sind spielerisch auch nicht wirklich besser, immerhin legt die Story einen Zahn zu und die Inszenierung auch. Das Gelbe vom Ei sind diese Kapitel auch nicht, erstens sind sie recht kurz und zweitens schleichen sich ein paar Design-Schnitzer ein, die nicht in das Konzept eines Final Fantasy's passen. Ein Beispiel ist das zu Recht stark umstrittene 13. Kapitel. Ich könnte nun den dritten Teil zu meiner Bierdeckel-Fortsetzung schreiben, aber ich belasse es dabei. Dieses Kapitel ist das personifizierte Sinnbild, wie man ein Kapitel nicht gestalten sollte. Es ist so unglaublich träge und spielerisch so mau, dass man sogar fast Mitleid mit Noctis bekommt. Aber nur fast. Die Alternativversion dieses Kapitels habe ich nicht angerührt, wozu auch?
Was mir etwas gefehlt hat, ist der RPG-Aspekt in FFXV. Ich kenne zwar bis auf FF13 kein einziges anderes Final Fantasy, aber hier in XV wird vieles auf das Nötigste reduziert. So kann man bspw. nur Waffen und Accessoires ausrüsten, von Rüstungen usw. fehlt jede Spur. Die Party ist sehr klein, die Nebenquests nur 08/15 und die Orte langweilig. Zumindest spielerisch, optisch machen sie schon etwas her. Aber was bringt mir bspw. die schöne Venedigstadt Altissia, in der ich nur durch die Gassen laufen kann, aber nichts passiert? Man kann keine Hauser betreten, es laufen lediglich die NPCs durch die Gassen und spulen ihre langweiligen Sätze ab. Bis auf die Händler ist hier kaum bis wenig Interaktion möglich. Ich habe direkt die Hauptquest weiterverfolgt, nach einer halben Stunde war die Stadt bereits Geschichte. Dörfer gibt es gar keine, lediglich Raststätten und Tankstellen. Ich werd das Gefühl nicht los, ein rein mittelalterliches Fantasy-Szenario hätte dem Spiel besser getan. FFXV ist vielmehr ein Action-Adventure, als ein reines Rollenspiel.
Technik
Die Grafik ist das Beste an dem Spiel, denn diese ist wirklich gut gelungen. Ich konnte zwar nur in Full HD und ohne die Nvidia-Grafikfeatures spielen, trotzdem bekommt man sehr viel an grafischer Pracht geboten. Hier und da sind trotzdem noch verwaschene Texturen zu sehen, auch dass die Lippenbewegungen in gewissen Dialogen entfernt worden, trübt leicht das Gesamtbild, aber insgesamt ist das Spiele eine Augenweide. Der Sound ist solide und schön, jedoch nicht erinnerungswürdig. Square Enix hat nichtsdestotrotz bei der Portierung ganze Arbeit geleistet.
Wo aber geschlampt worden ist, ist die deutsche Synchronisation (die anderen habe ich nicht benutzt). Ausgenommen der vierköpfigen Party und höchstens 1-2 NPCs, ist die komplette Synchro für'n Arsch. Viele der Stimmen passen nicht mal zu den Rollen, die sie sprechen und wenn man dann noch eine so schlechte Qualität zu hören bekommt, tut das doppelt in den Ohren weh. Als hätte man Leute, die ein Faible für Bierdeckel haben, von der Strauße aufgeklaubt.
FAZIT: Mann Mann, war für ein schlechtes Spiel doch Final Fantasy XV ist.
Selbst in der Windows Edition, kann das Spiel einfach nicht überzeugen. Ja die Fassade ist opulent und grafisch top,
blendet doch so stark, dass die anderen Aspekte auf dem ersten Blick nicht auffallen. Doch ein Blick hinter die
Fassade lohnt sich, denn da zeigt sich das Spiel unausgereift, "casualiert", langweilig - ohne Seele. Dass Grafik
nicht alle ist, beweist die Cold Steel Reihe, doch an diese Serie wird Final Fantasy XV nie heranreichen. Liebes Square Enix
sauft weiter euer Bier, aber lasst bitte das Spieleentwickeln.
5 / 10
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