Nights of Azure ist in 7 Kapitel eingeteilt, auf welche ein Bad-End folgt, das vom eurem Beziehungsstatus zu Lilysse abhängig ist. Im anschließenden Epilog muss man jedoch nur einige Sidequests erledigen, um das True Ending freizuschalten, wobei die Beziehnung hier keine Rolle mehr spielt. Wenn das erledigt wurde kann man über ein Menü festlegen, welches der insgesamt 5 Endings man nach dem erneuten Besiegen des letzten Bosses sehen möchte, inklusive einem Bonus-Bad-End, das anderweitig nicht zu erreichen ist.
Negativ muss jedoch die Übersetzung erwähnt werden, die wohl von jemandem durchgeführt wurde, der des Englischen und/oder Japanischen nicht ganz mächtig war - mehr als einmal habe ich mich an alte SNES-Zeiten zurück erinnert gefühlt. Da wird aus Arnice mal "Anders", die Dialoge sind stellenweise völlig inkohärent, und selbst die offiziellen Trophys sind voller Rechtschreibfehler. Zudem hat die Story selbst kleinere Logiklöcher: Das Setting, die Insel Rusewall, wird angeblich von der Kirche geheim gehalten und taucht auf keiner Karte auf, hat aber trotzdem eine ganz normale Bevölkerung und sogar Tourismus (einige Tag-Sidequest-Reihen drehen sich um dieses Thema).
Sowohl vom Setting als auch vom Gameplay her ist NoA ein spirituelles Sequel zu Konamis Castlevania: Curse of Darkness für die PS2. Arnice hackt und slayt sich durch eine Oberweltkarte, die aus mehreren großen, labyrinthartig miteinander verbundenen Räumen besteht. Diese führen in die Dungeons, die streng linear aufgebaut und nur in eine Richtung durchquerbar sind. Oftmals gilt es pro Raum mehrere Gegnerwellen zu besiegen um Barrieren zu beseitigen, die ein weiteres vordringen verhindern. Zahlreiche Shortcuts in Dungeons und auf dem Rest der Oberwelt erleichtern die Navigation massiv.
Arnice verfügt über leichte und schwere Angriffe mit Kombopotential, sowie über eine Waffen-abhängige Spezialattacke, die SP kostet. SP benötigt Arnice auch, um sogenannte Servans zu beschwören, "Gute" Versionen der Gegner, die sie normalerweise bekämpft. 21 Stück kann sie zu finden, was auch alle Gegnerklassen abdeckt. Sowohl die Gegner als auch die Servans beinhalten jedoch relativ viele Palette Swaps, allerdings unterscheiden sie sich in ihren Fähigkeiten zum Glück wesentlich gravierender. Man kann bis zu 4 Servans in einem Set mit sich führen und lernt über Skills, on-the-fly zwischen 4 Sets zu wechseln, wobei immer nur Servans des gewählten Sets aktiv sein können. Neben einer Summon-Aktion (Ausführung bei der Beschwörung) und einem Assist (Ausführung zu bestimmten Kampfbedingungen) hat jeder Servan einen sogenannten "Burst", den Arnice im Kampf anfordern kann. Servan-Bursts sind mächtige Spezialattacken, die den Servan jedoch SP kosten. Die Zusammensetzung ihres Servan-Sets entscheidet auch, in welche der 5 verschiedenen Dämonenformen sich Arnice verwandeln kann, wenn ihre Verwandlungsleiste voll ist. Wer sich mit diesem komplexen System nicht beschäftigen möchte, dem sei gesagt, dass es problemlos möglich ist, das Spiel mit den ersten 4 Servans, die man im Spielverlauf automatisch erhält, durchzuspielen.
Ein große Rolle spielt Blut, das man von Gegnern erhält, denn Arnice benötigt es, um Servans zu erschaffen und um ihren eigenen Level zu erhöhen. Level sind im Spiel relativ wichtig, denn Arnice' maximaler Level ist 11, wobei es nach Level 8 und 10 Bedingungen gibt die man erfüllen muss, um weiter aufleveln zu können. Level schalten neue Skills frei (die man jedoch erst noch mit Skillpunkten "kaufen" muss), sowie Transformationen für Arnice' Waffe - diese spielen sich nicht nur völlig unterschiedlich, sondern erfüllen auch vom Gameplay her noch unterschiedliche Zwecke, so dass es sich lohnt, im Tutorial nachzulesen, was welche Waffe macht.
Nights of Azure ist größtenteils kein besonders schweres Spiel, der letzte Boss sowie das Postgame weisen jedoch einen sprunghaften Anstieg des Schwierigkeitsgrades auf, zumindest bis man online mal einige Tricks nachliest. Ein großes Problem ist allerdings das suboptimale visuelle, akustische und taktile (Rumble!) Feedback, denn wenn der Bildschirm voller Partikeleffekte ist, ist es oftmals schier unmöglich, noch etwas zu erkennen, geschweige denn Fighting-Game-artige Mechaniken wie framegenaues Blocken durchzuführen. Einigermaßen wichtig ist das wohl einfachste Element-System, das mir je in einem JRPG untergekommen ist: Feuer ist das einzige Element, und neben Resistenz und Schwäche gibt es auch Gegner, die ausschließlich durch Feuer verwundet werden können.
Die Zeit, die man aktiv in Feindesgebiet verbringen kann ist auf 15 Minuten pro Run beschränkt (durch Skills auf bis zu 20 Minuten erhöhbar). Ich bin jedoch nie auch nur Ansatzweise dadurch in Bedrängnis geraten, da selbst die längsten Dungeons nur aus 7-8 Räumen bestehen und die Zeit in Bosskämpfen angehalten wird. Wenn man stirbt respawnt man am Anfang eines Raumes, erhält allerdings die verstrichene Zeit nicht wieder zurück, aber auch das hat niemals ein Problem dargestellt, zumal fast alle Dungeons einen "Checkpoint" haben. Wichtig ist die Zeit auch eher für das Quest-System: Nur, wenn mindestens 3 Minuten vergangen sind "verstreicht" eine Nacht. Das verstreichen einer Nacht füllt nicht nur das Inventar der Händler wieder auf, sondern führt auch vorher festgesetzte Daytime Activities aus, die Arnice Skillpunkte verleihen oder Tagesquest in Form eines kurzen Textabschnitts abhandelt.
Apropos Sidequests: Das Quest-System im Spiel ist ziemlich mies. Bis zu 3 davon kann man auf einmal akzeptieren, und sie alle lassen sich wie folgt klassifizieren: "Töte X eines bestimmten Gegners/Gegnertyps/Gegnergruppe", "Finde eine bestimmte Stelle in einem bestimmten Raum" sowie "Betritt einen bestimmten Raum". Die Kampfarena ist da schon etwas besser: Bis zu 50 teils knackige Aufgaben gilt es hier zu schaffen, die je nach Bewertung bessere Belohnungen bieten, jedoch nichts, was irgendwie einzigartig ist.
Random Drops im Kampf umfassen neben Servan-relevanten Gegenständen in erster Linie Equipment, was neben einer einzigartigen Fähigkeit auch noch zufällige Statboni aufweisen kann. Da das Inventar auf 250 Items begrenzt ist gilt es, regelmäßig auszumisten, was jedoch einigermaßen umständlich gestaltet wurde.
Grafisch sieht man Nights of Azure an, dass das Spiel ursprünglich für die PS3 entwickelt wurde. Die Partikeleffekte sind zwar sauber, dafür sehen fast alle Haare im Spiel aus, als bestünden sie aus Pappmaché - da hätte man eher nochmals Entwicklungszeit hineinstecken können als in den im Spiel vorhandenen Bindegewebsschwächensimulator. Allerdings muss man dem Spiel eines lassen: Der Sountrack ist absolut fantastisch! Definitiv einer der stärksten JRPG-Soundtracks, die ich je hören durfte.
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