Sooooo, liebe Freunde des gepflegten Spiels der Rollen der Spiele aus dem Land, in dem die Sonne aufgeht!

FF10 und ich werden in diesem Leben wohl keine Freunde mehr.
Ich habe im Leben noch nicht ein so schizophrenes Spiel getroffen.

Zwischen himmelhochjauchzendem Hurra und Enttäuschungen in Reihe bleibt nur ein etwas seltsames, unberührtes, fassungsloses Schulterzucken und Resignation.

Was ist also passiert?
Nach dem Kampf gegen Seymour und dem ersten Wächter haben wir die Ruinen erreicht und finden eine wunderschöne Zwischensequenz vor, die uns auch schon als Intro begleitet und nebenher von Anfang an spoilert, das auch alle Reisenden lebendig ankommen. Neben zahlreichen wunderschönen Dialogen und Sequenzen finde ich den Erinnerungsstein von Yuna und wie sie Abschied nimmt von den Helden.
Ganz großes Kino, richtig gut gemacht, die Beziehungen werden noch einmal beleuchtet und der Trackback zum Chocoboladen an dem wir Yuna "mitten in der Aufnahme" stören, ist supergut.

Kurzum: Der Hype ist real. Wollen wir die hohe Bestia? Unbeding!
Für Yuna! Für Spira! Für das Leben und die Liebe!

Und hier wollte ich eigentlich wieder einen Text über Spielspaßzerstöro-San schreiben, ihr wisst schon, die Geißel der guten Spiele, der Grinch, der in den Lüftungsschächten von Square Enix sein Unwesen treibt, aber ich bin einfach zu müde und zu grantig dafür.
Ich fasse es einfach nicht. NACH diesen Szenen, nach dem Hype, nach dem Aufpeitschen und dem tränenreichen Abschied kommt ein Dungeon.
Ein verdammter Dungeon. Jekkt und ich sind gleichermaßen fassungslos.

Ein Spiel ist für mich kein Spiel, wenn ich links nebendran die Komplettlösung aufmachen muss. Und für mich persönlich auf dem Stepper macht ein Zettel und Stift in dem Tetrisdungeon keinen Sinn, bzw. ist nicht praktikabel.
Davon ab, dass der Dungeon WIEDER MAL sämtliche Tension und Spannung rauszieht und so typisch random ist, quält er mich zusätzlich durch seine Memory-Variante.
Also mache ich 4 Stück der Rätsel und stelle fest, dass ich geistig und körperlich am Ende bin. Also speichere ich und mache heute weiter.
Und das verdammte Rätsel ist auf Reset. Kein Scherz - ich muss komplett von vorne beginnen und alle kack Puzzles wieder machen.

FF10 hasst seine Spieler und das tut mir weh.

Es folgen richtig großartige Kämpfe, wunderbar taktisch und spaßig, tolle Szenen, wunderschöne Momente des Bondings in der Gruppe und der Hintergrund wird beleuchtet.
Geil - ich beginne, an ein Happy End zu denken. Vielleicht können wir Yuna retten.
Alles super, ich bin begeistert und jubele.
Dann verlassen wir den Tempel und sehen Jekkt/Sin und wow... geiler Gänsehautmoment.

Und dann kommt etwas, was für mich der Gamebreaker ist.
Wir bekommen das Luftschiff der Al-Bhed.
Auf den ersten Blick ein geiles Gameplay-Element, für mich aber ein Schlag in die Magengrube. Lasst mich erklären, warum:


Der heimliche Star des Spiels ist für mich "die Reise". Der lange Weg von Yuna, die verschiedenen Orte, von denen sie Abschied nimmt und die wir nie wiedersehen werden.
Und dann bekommen wir ein verdammtes Luftschiff, das es uns erlaubt, in Sekunden von Besaid nach Zanarkand zu springen? Ich bin vollkommen fassungslos und fast wütend. Ich fühle mich als Spieler dermaßen verraten und verarscht.

Der heimliche Star von "Mass Effect 2" ist das Sammeln deiner Crew. Stellt euch vor, der Endboss würde Bonuspunkte geben, wenn man ihn mit Shepard alleine besiegt.
Der heimliche Star von "Last of us" ist die Beziehung zwischen dem Mann und dem Kind. Stellt euch vor, gegen Ende killt der Spieler Ellie(?)

Mit diesem Luftschiff hat man mir ohne mein Zutun den Erfolg, ja, das Spiel, das ich bisher gespielt habe, vollkommen zerstört.
Und damit will ich nicht einmal sagen, dass die Reise a'la Riesenadler nach Mordor mit dem Luftschiff "besser" gewesen wäre, es ist klar, dass die Al Bhed den Media nicht helfen wollen um sie zu schützen.

Wäre die Reise nicht in einer Linie angeordnet, sondern sternförmig, dann wäre das Luftschiff zu einem recht frühen Zeitpunkt sehr sehr geil gewesen.
Jetzt aber - am Ende der Reise zerstört das Luftschiff die gesamte Reise, seine Erlebnisse, negiert sie und führt sie ad absurdum.
Das Spiel will jetzt - kurz vor dem Finale, am Ende der Reise - noch einmal die "Gameplaymuskeln" spielen lassen und gibt mir ein Schiff damit ich alte Plätze abklappern und Nebenquests finden kann, damit ich neue Orte finde (die man angeblich in Al Bhed Schriftstücken findet, aber genausogut durch wildes Rumklicken auf der Karte *seufz*) und im Hintergrund mordet Jekkt weiter.

In OpenWorld-Spielen macht es sogar Sinn, gegen Ende nach links und rechts zu schauen, bevor man sich dem Ziel widmet.

Aber nicht in einem Spiel, dessen Ziel die Reise ist. Das davon lebt, Orte zu sehen, hinter sich zu lassen und eine Reise zu erleben.
Die gesamte Reise von Frodo und Sam wäre für den Hintern gewesen, wenn sie am Mount Doom einen Riesenadler bekommen hätten, mit dem sie nochmal gemütlich ins Auenland oder nach Moria hätten fliegen können.


Kurzum: Das Spiel weiß nicht was es will. Es ist in den stärksten Momenten ein Tearbreaker und in den schwächsten Augenblicken ein Pain in the Ass. Und somit Mittelmaß und das tut einfach weh.
Ich habe es bei keinem Spiel der Challenge 2017 bisher gehabt, dass ich "ein bisschen froh" gewesen wäre, wenn das Spiel vorbei ist. Im Gegenteil, ich war bei FF9 richtiggehend traurig, als es auf das Ende zuging.
Bei FF10 und ich ... ist es anders. Wir werden keine Freunde mehr.


Noch ein Wort zu den Tempeln:
Für mich machen die Tempel weder ingame noch gameplaytechnisch Sinn, wenn ihr versteht, was ich meine.

Sie nützen der Reise der Media nichts, da sie random sind. Wäre es eine Prüfung der Kraft oder der Intelligenz, dann wäre es storytechnisch sogar geil erklärt.
Aber die Tempel sind einfach random, die Lösungen nur durch Trial und Error zu erreichen - sie sind also nur eines: IM Spiel eine Prüfung der Geduld und damit kann in der Theorie jeder Depp mit Zeit sich als würdig erweisen.

Gameplaytechnisch finde ich es eine Frechheit, sie zwischen den besten Szenen zu postieren und damit das großartige Gefühl, den Drive, den Hype, die Tension rauszunehmen. Vor allem weil auch hier einfach nur Zeit oder eine Internetkomplettlösung der entscheidende Faktor ist.

Was hätte ich anders gemacht?
Tempel als Nebenquests die beliebig ansteuerbar sind.
Richtige Tempel mit Prüfungen eingebaut - beispielsweise der Flinkheit (Wakka, Rikku und Tidus kämpfen alleine gegen ein schnelles Monster) oder der Intelligenz (Lulu und Yuna lösen mit Hirn ein Rätsel, nicht durch Ausprobieren)
Das Flugschiff komplett rausnahmen und "die Reise" feiern und zelebrieren! Mit Rückblenden und Erzählungen, vielleicht einem wachsenden Tross an Begleitern.
ODER
Man bekommt es ganz am Anfang und kann Tempel und Orte ohne Reihenfolge abklappern.

Aber doch nicht so.

Nun ja, wichtig, liebe Freunde, es ist nur meine Meinung. Ich komme nun nach Jahrzehnten des Zockens mit JRPGs in Berührung und habe vielleicht andere Ansichten.
Für mich ist FF10 immer noch ein Spiel bei dem ich froh bin das ich es gespielt habe! Aber ich bin auch froh, wenn es vorbei ist.
Es hätte für mich persönlich ein sehr, sehr gutes Spiel werden können. So jedoch pendelt es sich für mich bei Durchschnitt ein und sorgt dafür, dass es - Stand heute - auf der "größten Enttäuschung" meines Fazits landen wird.

Tja...
Ich werde nun ein bisschen in der Omegahöhle leveln gehen und mich dann an das Ende wagen.
Was das Spiel betrifft, bin ich nurmehr einfach müde...