Ergebnis 1 bis 20 von 61

Thema: Diskussionen über die Spielentwicklung

Hybrid-Darstellung

Vorheriger Beitrag Vorheriger Beitrag   Nächster Beitrag Nächster Beitrag
  1. #1
    @Kelven
    Da stimme ich dir voll und ganz zu. Eine Möglichkeit ist es, allgemeine Regeln zu formulieren, an die geboten wird sich zu halten, wenn man eine Diskussion oder ähnliches startet. Dies würde die Aktion ermöglichen, persönlich werden Aussagen zu kennzeichnen und somit das Gespräch wieder ins "Lot" zu bekommen (damit meine ich kein Ban!). Sowas wie Klassenregeln, die jeder unterschreibt, aber ohne wirkliche Konsequenzen, denn ich denke dafür sind wir hier alle Erwachsenen genug

    Aber vielleicht ist dies ein Thema was auf höherer Ebene besprochen werden muss.

  2. #2
    Ich schmeiß hier mal eine Zusatzfrage rein: Macht es Sinn, ein Spiel so zu konzipieren, dass man ein wenig nachdenken muss, um darauf zu kommen, wie es funktioniert d.h. ohne dem Spieler die Spielmechaniken und deren Zusammenhänge komplett vorzukauen? Also gemäß dem Fall, dass die Spielmechanik in sich völlig schlüssig ist und man theoretisch von sich aus darauf kommen müsste, wie diese Zusammenhänge funktionieren. Wäre das für Spieler interessant oder kaut man es ihnen besser vor? Ich persönlich bin ja eher für ersteres, denn man weiß ja nie. Allerdings könnte ein Spiel, das der Spieler für sich selbst versteht, diesem dadurch auch Spaß machen.

  3. #3
    @Sabaku
    Ich würde sogar sagen: Die Maker-Spiele sind für mich eigentlich nicht mehr zeitgemäß, weder spielerisch noch erzählerisch. Hätte ich die finanziellen Mittel (ein paar Millionen auf dem Konto), würde ich die Spiele anders machen. Aber ich hab sie nicht, also vergess ich viele der Ambitionen und entwickle Spiele, um mich quasi zu erholen (auch wenn das bei dem ganzen Stress, den es schon gab, eigentlich ein Widerspruch ist). Aus dem Blickwinkel betrachte ich auch die Spiele der Anderen und dann fällt es mir nicht schwer, ihre Verschrobenheit zu akzeptieren.

    Die Demos sind meiner Meinung nach bei uns deswegen so lang, weil sie ich nenn sie mal Handlungsdemos sind. Die Spieler sollen einen Eindruck von der Handlung bekommen, nicht vom Gameplay. Das Gameplay ist bei uns selten ein Verkaufsargument. Die Spiele sind sich in der Hinsicht ja auch - schon engine-bedingt - ziemlich ähnlich. Vielleicht ist das sogar der Grund, warum so oft gesagt wird: Die Story ist mir wichtiger als das Gameplay.

    @lucien3
    Klar, im weitesten Sinne ähnliche Geschichten haben ihre Konventionen und Muster, die darauf aufbauen, was die Zielgruppen mögen. Es macht Sinn, sich an ihnen zu orientieren, wobei natürlich auch etwas "Neues" erfolgreich sein kann. Es gibt ja immer mal jemanden, der etwas ein bisschen anders macht. Die Konventionen und Muster geben aber denke ich nur ein Gerüst vor. Sie alleine entscheiden nicht, ob etwas gut oder schlecht ist. Um dein Beispiel aufzugreifen: Die Struktur des Drehbuchs ist wahrscheinlich nicht der entscheidende Faktor, denn bei den 90% der Hollywood-Filme sind ja sicher etliche dabei, die nicht erfolgreich sind. Auf der anderen Seiten gibt es Geschichten, die erfolgreich sind, aber als handwerklich schlecht angesehen werden. Mein Lieblingsbeispiel sind Seifenopern, die Millionen Menschen auf der Welt sehr gut unterhalten, obwohl ihnen oft vorgeworfen wird, dass sie ziemlich schlecht geschrieben sein sollen.

    Die Frage ist: Woran macht man fest, ob ein Werk gut oder schlecht geschrieben ist? Am Erfolg? An der Meinung ausgewählter Menschen? An der persönlichen Meinung? Die handwerklichen Regeln müssten ja wie gesagt eigentlich auf dem basieren, was der Zielgruppe gefällt, aber was ist, wenn sich ein Werk an die Regeln hält und dem Publikum trotzdem überhaupt nicht gefällt und umgekehrt? Auf jeden Fall können wir beobachten, dass sich die Menschen ständig darüber streiten, ob etwas gut oder schlecht gemacht wurde, was bei eindeutigen Regeln ja eigentlich nicht der Fall sein sollte.

  4. #4
    @Kelven
    Ich bin ein grosser Freund von Neuem ausprobieren, daher würde ich auch nicht behaupten wollen, dass man sich an Konventionen halten muss.
    Es ist hier tatsächlich sehr schwierig, Qualität einfach so zu beschreiben. Deshalb geht man ja auch immer (ich eingeschlossen) von der eigenen Meinung aus und nimmt an, dass andere das genauso sehen werden. Nach wie vor glaube ich aber, dass es eine Annäherung zu objektiven Kriterien gibt, die sich empirisch beweisen lassen. Um soweit zu gehen, müssten wir allerdings Studien vorweisen und die psychologischen Mechanismen aufzeigen, die dafür verantwortlich sind was Menschen gefällt und was nicht. Das wäre in einem Diskussionsforum doch etwas übertrieben wissenschaftlich.
    Daher habe ich auch vorgeschlagen, dass man am besten andere Spiele anschaut. Dort weiss man ja oft, wie die angekommen sind. Es geht nicht unbedingt darum, ob sie besonders erfolgreich waren, sondern wie bestimmte Aspekte gefallen haben.

    Zur Frage, wie man Qualität erkennt:
    Ich kenne genügend Unterhaltungsmedien, die zwar sehr erfolgreich sind oder waren, und ich die Gründe nicht wirklich verstehen kann.
    Umgekehrt gibt es viele vergessene Perlen. Qualität muss sich also nicht immer durchsetzen.

    Entwicklersicht:
    Als Entwickler muss man sich darum selbst Ziele setzen und sich daran messen.
    Mein Ziel ist es, dass meine Spiele meiner Zielgruppe gefallen und die Geschichten etwas in ihnen auslösen, sie emotional bewegen und sie sich mit den Themen gedanklich auseinandersetzen. An den Reaktionen kann ich dann schon etwa einschätzen, wie erfolgreich ich war.
    Genausogut könnte ich aber auch sagen, ich bin erfolgreich wenn ich 10'000 Spieler habe. Das ist die Freiheit des Entwicklers.

    Spielersicht:
    Auch hier kommt es darauf an, was sich der Spieler wünscht. Will er ein komplexes Kampfsystem und Herausforderung, oder will er sich lieber auf die Handlung konzentrieren? Je nachdem wird ihm ein Spiel mehr oder weniger zusagen, unabhängig von Grundqualität.

    Meine Schlussfolgerung ist deshalb, dass man sich bei der Diskussion bewusst sein sollte, von welcher Zielgruppe man spricht.
    Das schliesst auch Entwickler mit ein. Wenn ich in eine grosse Runde frage, ob die Mechanik XY gut sei, bekomme ich ganz unterschiedliche Antworten. Wenn ich aber frage, ob ich mit der Mechanik XY mein Ziel erreiche, das Spiel abwechslungsreicher zu gestalten, sind auch die Antworten differenzierter.
    Damit eine Diskussion zielführend ist, muss auch das Ziel bekannt sein.

  5. #5
    Ich finde den zielgruppenorientierten Ansatz, wie ihn hier beispielsweise lucien3 verficht, beim Entwickeln enorm hilfreich. Für welchen Spielertypus baue ich die Erkundermöglichkeiten, konzipiere ich die die Kampfschwierigkeit, schreibe ich die Dialoge (IGehalt, Länge, Formulierung)? Auf die Art kreiere ich mir meine eigene Erwartungshaltung in Form eines potenziellen Publikums und bleibe mir selbst gegenüber konkret, wenn ich auf der Suche nach "guten" Spielinhalten bin. "Gut" heißt dann nämlich "zweckdienlich".
    So befreie ich mich von der Last, irgendeine universelle Spielspaßwahrheit anzustreben. Stattdessen darf ich meine Bastelabsichten in einen konkreten Kontext einordnen, weil es mir meine geplanten Spielinhalte mit der Frage "Führt das zum angestrebten Effekt beim gemutmaßten Spieler?" zu bewerten hilft. Natürlich kann ich mich irren, meine Zielgruppe falsch auffassen, mich bei der Wahl meiner Mittel vergreifen oder einfach einen schlechten Tag haben und trotz bester Voraussetzungen Mist bauen. Aber wenn ich mir in der Spielentwicklung die Leitfrage stellen, für wen ich eigentlich das Spiel kreiere, entkomme ich ganz gut der intellektuellen Sackgasse der umfassenden Relativierung, in der keine Unterschiede des handwerklichen Könnens, der Publikumsrelevanz und des darauf abgestimmten Mitteleinsatzes mehr erfasst werden können.

    Zudem bin ich mir mit einem hinreichend umrissenen Zielpublikum ein substanziellerer Kritiker, der sein eigenes Tun schon während des Entwicklungsprozesses zu beurteilen in der Lage ist, weil ich die Tauglichkeit meiner gewählten Instrumente anhand eines formulierten Maßstabs durchaus auch mal infrage stellen kann. Das erspart ein böses Erwachen im Betatest (und hilft zugleich bei der Auswahl geeigneter Betatester).
    Auch die spätere Kritik durch die breite Spielerschaft kann so sachlich gefiltert werden. Werde ich für etwas gelobt, was ich überhaupt erreichen wollte? Geht ein Tadel auf mich nieder, weil mein Spiel einen gar nicht angestrebten Zweck verfehlte? Oder ist der Kritikerblickwinkel im Einklang mit meinen Entwicklerabsichten? Dann wird es interessant und ein weiterer Lerneffekt wartet in der Spielerreaktion nur darauf, von mir begriffen zu werden.

  6. #6
    Was ist denn eigentlich zuerst da: Eine Zielgruppe, an deren Wünschen man sich orientiert, oder Ideen, aus denen sich die Zielgruppe ergibt. Oft heißt es ja, dass wir Hobbyentwickler, das umsetzen, was wir selbst mögen. Das würde ja heißen, dass wir an erster Stelle Menschen, die das mögen, was wir mögen, als Zielgruppe sehen.

    Unabhängig davon denke ich auch, dass wir uns darüber Gedanken machen sollten, welche Zielgruppen wir ansprechen. Aber können wir das immer so genau sagen bzw. wissen wir, was "die Spieler" im Detail gerne spielen wollen? Und die Spielinhalte beeinflussen sich ja auch gegenseitig. Ein Spieler mag z. B. offene Welten, aber das eine Spiel hat dann andere Spielelemente, die ihm nicht so gefallen, und deswegen macht ihm das Spiel trotz offener Welt keinen Spaß.

    Angefangen mit dem Spielprinzip - ist es ein Rollenspiel oder ein Adventure oder etwas anderes - grenzen alle Entscheidungen des Entwicklers die Spielerschaft ein. Das seh ich auch so. Je allgemeiner die Eigenart des Spiels ist, die man betrachtet, desto einfacher ist es auch, die Zielgruppen voneinander abzugrenzen. Beim Spielprinzip wird wohl kaum ein Entwickler enttäuscht sein, wenn ihm vorgeworfen wird, dass sein Rollenspiel kein Puzzlespiel ist. Aber so einfach ist es nicht. Sowohl die Ansprüche des Entwicklers als auch die eines kritisierenden Spielers sind nicht immer eindeutig.

    Und so beruhigend es sicher ist, zu erkennen, dass die Zielgruppe erreicht wurde, die erreicht werden sollte - unangenehm ist die von mir angeprangerte Einstellung ja trotzdem.

    @lucien3:
    Ich glaub, so weit liegen wir gar nicht auseinander. Mal eine Analogie:

    Wie man ein Klavier spielt, also aus den Noten Töne macht, ist Handwerk, das vermutlich die meisten Menschen erlernen können. Es lässt sich objektiv feststellen, ob jemand die richtige Note spielt. Aber Musik ist weit mehr als nur die Noten richtig zu spielen. Der Klavierspieler hat Interpretationsspielraum und erst hier fangen die Diskussionen an. Umstritten ist, wie gut eine Interpretation ist und das lässt sich mMn nicht objektiv feststellen.

    Gameplay. das nicht so funktioniert, wie es soll, ist nicht umstritten, weil wie gesagt selbst der Entwickler möchte, dass es den angedachten Zweck erfüllt. Umstritten ist erst die Interpretation der Spielmechanik. Bei einem Kampfsystem ist das Handwerk z. B. die grundsätzliche Funktionalität des Systems. Wie programmiert man so ein System? Macht jedes Kommando das, was es soll? Gibt es irgendwo Rechenfehler? Der Schwierigkeitsgrad (es sei denn, das Spiel ist nicht so leicht oder schwer, wie der Entwickler es haben will) und die Sinnhaftigkeit der Aktionen sind dann aber schon wieder Interpretation.

    Geändert von Kelven (02.02.2019 um 11:43 Uhr)

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •