Ich muss deinen Beitrag leider zerpflücken, ich weiß nämlich nicht, wie viel Energie ich hier noch in kohärente Texte stecken will.
Das sind die besten Charaktere!
Sind sie ja auch nicht, sie werden zu solchen gemacht, weil sie additiv vor allem rollentypisch "männlichen" und von Oberschichten-Privilegien gezeichneten Figuren zugesprochen werden. Von dir nicht, von mir nicht, wahrscheinlich nicht mal von den meisten Spielenden. Aber die Industrialisierung von Kultur macht das eben.Zitat
In der Schreibweise Kalter-Kriegs-Darstellungen, die zwei patriarchale Rollen (Richter und Henker) zu einer Allfantasie vereint. In der Realität gibt es keine Guten und keine Bösen, hier wird eine Errungenschaft freiheitlicher Rechtsstaaten zurückverkehrt in Feudalverhältnisse. Das hat etwas unheimlich Befreiendes; ich liebe dieses Gefühl. Ich kriege jedes Mal einen Serotonin-Rausch, wenn dargestellt wird, wie Leuten die Augen ausgestochen werden, weil sie verachtenswerte Unmenschen sind. Aber es handelt sich um einen Eintritt in patriarchale Bemächtigungsphantasien, gerade weil es die Dominanz des Rechts in die Willkür des Feudalschurken verkehrt.Zitat
Das ist so, dafür kann ich nichts, ich fände meine Gefühlswelt dahingehend auch lieber moralisch rechtschaffen. Aber es ist die Schreibweise der Kalter-Kriegs-Propaganda, die die Dominanz des Rechts in die Willkür des Feudalschurken verkehrt.
Ja! Es sagt ja keiner, dass es so ist, wie es in der Darstellung konzipiert wird. Ich sage eigentlich ganz genau das Gegenteil. Aber wir sprechen hier nicht über die Realität, sondern über Videospiele.Zitat
Wie viele stoisch-lakonische Frauen kriegst du im Action-RPG? Wie viele Männer? Da genau liegt das Problem: Gewalt ist geschlechtlos, jedes Lebewesen hat dieses Gewaltpotential, Frauen wären die optimalen Heldinnen in der Grausamkeit. Aber sie werden, bis auf wünschenswerte Ausnahmen, nicht als solche genutzt.Zitat
Nein. Es leben nicht mal die meisten Menschen auf dem Planeten in rein patriarchalen Verhältnissen.Zitat
Sie bezeichnet aber nunmal eine Strukturposition, daran kann ich nix ändern. ^^ Und niemand schmeißt hier irgendwas in Töpfe. Die drei Attributionen Wealthy, White und Male sind Privililegien-Attributionen neben Bildung, Schicht, politischer Affiliation und sexueller Orientierung. Und um diese Attributionen geht es, nicht um irgendwelche Menschen. Da in Videospielen aber in der Regel nicht der Klassenkampf ausgetragen und nicht über Sinn und Unsinn des Kommunismus debattiert wird, bleibt es bei den drei Grundprivilegien, die übrigens die meisten von uns genießen, selbst wenn sie arm, arabisch und Frauen sind.Zitat
Ich bin viel zu eitel, um mir selbst irgendeine Schuld zuzuweisen. Das würde ich aber tun, so als mittelständischer weißer Mann. Mich trifft aber keine Schuld an nichts. Nur weil ich in Privilegienstrukturen reingeboren wurde, heißt das nicht, dass ich hier irgendwen unterdrücke, oder dass es mir bolle gut geht. Das heißt aber eben auch, dass wir ein strukturelles Problem haben, und zwar alle, mit gewissen patriarchalen Privilegienstrukturen. Dummerweise verdauern sich diese Strukturen diskursiv, und das heißt explizit: in geteilten Darstellungsweisen. Und dummerweise sind Massenmedien, zu denen Videospiele sui generis gehören, ohne geteilte Darstellungsweisen nicht denkbar. Deshalb finden wir hier immer wieder dieselben Machtstrukturen wieder und es ist irre schwer, denen zu entkommen.
Nun war die Frage, wie man ein Spiel machte, das sich an Frauen richtete, und auf soratas sehr schöne Ausführungen bezugnehmend habe ich darauf hingewiesen, dass Diversität das Schlüsselwort ist. Das hätte man hinterfragen können; "Wie soll man denn Erfahrungswelten diversifizieren, Mordechaj?" Stattdessen kommen wir immer wieder zu dem Pappkameraden zurück, wo weißen Männern ein Strick draus gedreht wird, dass Action-Spiele nunmal gewaltvoll sind, das ergibt sich ja aus der Sache.
Könnte das daran liegen, dass wir es uns gar nicht anders vorstellen können, weil es keinerlei bis kaum alternative Darstellungsmodi gibt? Kann mir irgendwer sagen, wie weibliche Gewalt aussieht und wie man die in Spielen darstellt? Es gibt sie nämlich, die weibliche Gewalt, und sie unterscheidet sich erheblich von männlicher Gewalt. Aber es gibt keinerlei Darstellungsmodus dafür. Die Gründe dafür habe ich mehrfach erwähnt. (Übrigens hat es in Hellblade weibliche Gewalt. Ich weise nur mal so darauf hin.)
Nein. Es sind Eigenschaften, die unsere Gesellschaften offenbar nur langsam beginnen, in ihr Bild von Männlichkeit eindenken zu können. Die Wissensressource war schon immer Teil der rollentypischen Zuschreibung von "Männlichkeit", aber sie hat in postaufklärerischen Gesellschaften (also in unseren modernen Gesellschaften) im Zuge der Befreiung des Bürgertums rapide an Relevanz verloren. Und bevor mir jetzt wieder jemand die Worte verdreht: Ich bin ein Fan der Befreiung des Bürgertums, insofern man das 300 Jahre after the fact sein kann. Aber es ist die Welt halt nicht entweder gut oder böse und schuldig oder unschuldig. Und genauso, wie die Befreiung des Bürgertums, die ja ne coole Sache ist, halt auch viel Schrutz in die Welt gebracht hat, ist die Art und Weise, wie wir Massenkultur machen, die ja ne coole Sache ist, halt zutiefst gebeutelt von der Geschichte massenkultureller Darstellungsmodi, die übrigens dummerweise fast alle so zur Zeit nach dem ersten Weltkrieg grundgelegt wurden. "Hat er gerade Geralt of Rivia in die Nähe von Nazi-Propaganda gerückt?" Ja, hat er. Steinigt mich doch.Zitat
Für mich auch. Jetzt überleg dir mal Persönlichkeiten, denen du diese Eigenarten zusprechen würdest. Und dann überleg dir Protagonisten aus Film und Videospielen, die diesen Persönlichkeiten nahekommen. Wie viele davon sind sexus-männlich? Fallen dir dazu irgendwelche AAA-Titel ein?Zitat
Das habe ich wiederholt nicht abgestritten, sondern enthusiastisch bejaht.Zitat
EDIT: So sehr ich KingPaddys Ausführungen zu Geralt zu schätzen weiß (das übrigens wirklich und mit Nachdruck: das ist wenigstens für mich ausgesprochen erhellend und ich danke dir sehr für diesen Exkurs), ist es übrigens wunderbar, dass wir uns kurz vor einer psychographischen Analyse eines reine Rollenmännlichkeit propagierenden Charakters befinden, um über die Frage nach der Repräsentation oder Identifikation von Frauen in Videospielen zu sprechen. Wir Batzen Männer.
Aber das Patriarchat ist ja tot, ne.