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Mythos
Okay ich bin nochmal in mich gegangen und mein Regal durch ist wirklich nicht so leicht. Wie gesagt Goethe und Hoffmann (ich sowieso als großer Hoffmann Freund) wären für mich völlig akzeptabel. Der Faust sowieso und der Sandmann hat für einen überschaubaren Text eine Menge romantische Grundmotivik drin. Ich will dochmal versuchen, vielleicht ein paar Sachen zu nennen, die nicht so offensichtlich sind. Mein Problem ist wirklich bei nur fünf Werken dochmal ein paar Ideen zu finden, die ich durchaus kanonwürdig hielte, die jetzt aber nicht alle aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts oder von den immer gleichen Autoren stammen 
Gehen wir daher mal ins Mittelalter zurück. Ich denke damit wärst du unter Lehrern ohnehin ein Exot und es wäre, aus meiner Sicht, vielleicht auch gar nicht so schlecht. Ich hatte noch ein ganz klein wenig höfische Dichtung im Unterricht (Realschule) vornehmlich wg. unserer lehrerin die mit uns Sprachkunde zu mittelhochdeutsch lehrplangemäß mit mehr verbinden wollte, als nur einem billigen schaubild, unsere Parallelklasse nicht und vielen Leuten, die jetzt an der Uni mit MHD anfangen ist da auch fast nichts geläufig. Ich denke das könnte schon seinen Wert haben, dass zu machen. Die Nibelungen sind sicher ein Evergreen, weil sie auch deutsche Nationalliteratur im Wortsinn sind. Und das kennen die meisten auch noch irgendwoher. Ausdrücklich empfehlen würde ich aber Hartmut von der Aue: Iwein. Zum Verständnis höfischer Literatur ist ja durchaus ein entsprechendes Hintergrund zum höfischen Denken erforderlich und Iwein halte ich da für sehr gut geeignet, weil er sehr deutlich all diese Themen anspricht, insbesondere im Bezug auf den Wahnsinn Iweins den Identitätsverlust, wenn man quasi aus der ständischen Ordnung in einer gewissen Form herausfällt. Ich denke, wenn man diesen Anspruch hat in dieser Richtung Kompetenzen auch studienvorbereitend zu vermitteln, dann wäre der Iwein eine noch bessere Wahl als die Nibelungen, um als Einstieg zu dienen.
Was Kleist angeht, würde ich statt der Marquise von O. lieber von Kleist, Heinrich: Michael Kohlhaas empfehlen. Da steckt gesellschaftspolitisch ehrlich gesagt für meine Begriffe mehr Feuer drin, als in der Marquise. Ich glaube der Streit um Recht, Gerechtigkeit und auch Zeitenwende-Umbrüche, die auch einen relativistischen Blick auf Moral erlauben, dürften heutzutage auch wieder ein Thema sein.
Ansonsten Büchner, Georg: Woyczek ein fragmentarisches Drama. Da Büchner sehr jung gestorben ist, ist er, was den Unterricht angeht, auch relativ unterschätzt, aber ich denke dieses Drama bietet mehr Stoff als die z.T. mehr verkopften anderen Werke. Büchner breitet hier einen zunehmenden Wahnsinn des Protagonisten aus, der unter der Demütung und Belastung durch seine Umwelt schließlich zum Mörder wird. Ähnliches finden wir im Übrigen auch bei Hauptmann im Bahnwärter Thiel, den ich vielleicht als Addendum wenn du etwas mehr aus dem Naturalismus wg. der Vielfalt haben willst, ebenso empfehlen kann. Im Woyczek sind die Verhältnisse anders als beim Bahnwärter aber nicht vornehmlich persönliche Gründe, sondern wir haben eine starke Hierarchisierung der Figuren, was Autorität zu einem der Hauptthemen des Stückes macht, denn tatsächlich ist für die Unterdrückung Woyczeks nicht allein seine niedrige Stellung, sondern auch das Befehls- und Gehorsamsverhältnis sehr maßgeblich, was aus meiner Sicht noch etwas reichhaltiger als den Bahnwärter macht, aber wie gesagt mit dem Bahnwärter hättest du direkt noch was aus ner anderen Zeitperiode.
Da ich schon vier habe, lasse ich mal Hauptmanns Weber weg und ich bringe auch was von Mann, Thomas: Mario und der Zauberer der Untertan (insbesondere die Verfilmung) ist zwar eine herrliche Satire und vielleicht auch humoristisch besser für Schüler geeignet, aber ich halte diesen Text vom anderen Mann für hypnotischer, im wahrsten Sinn des Wortes. Während der Untertan den eigentlich karikaturesken autoritären Charakter personifiziert und ihn im Ausblick bereits zum Träger der kommenden Diktatur macht, befasst sich Mario und der Zauberer mehr mit dem, was unter dem Titel Psychologie der Massen berühmt wurde. Es geht um die Verführung "normaler" Menschen insbesondere durch die Macht der Sprache und des Charismas, versinnbidlicht durch das hypnotische Talent von Cipolla. Da der Text auch nicht so lang ist, dürfte er für den Unterricht auch recht bekömmlich sein, besitzt aber eine, wie ich finde, hohe Intensität.
Und noch ein persönliches Addenum: Goethes Prometheus. Eine Ballade zwar, aber nach wie vor, das seiner Werke, dass mich immer noch am stärksten berührt hat. Wenn man beim Sturm und Drang ist, kann, sollte und muss man das neben dem Zauberlehrling einfach mal mit einschieben.
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