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Thema: Ein Kanon für das MMX

Baum-Darstellung

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  1. #4
    Puh ich würde gerne sagen ich könnte dir was zeitgenössisches und überraschendes empfehlen, aber jedes Mal wenn ich so einen Kanon zur Hand genommen habe, um anhand dessen mal etwas zu lesen, dass jünger als 1950+- ist, war es erbärmlich stupider Müll. Literarisch vielleicht wertvoll, aber ich hab schon mal in der Taverne gemeint, dass es da wohl unterschiedliche Standards gibt. Das ist vielleicht sehr subjektiv und für den Unterricht vielleicht auch nicht so gut, aber ich hab doch ein bisschen die Einstellung, dass ich einem Schüler nicht die Konfrontation mit einem Text zumuten will, mit dem ich selbst nichts anfangen kann. Meine Didaktik-Dozentin meinte auch, dass das ein Glaubwürdigkeits- und Vermittlungsproblem aufwerfen würde, dass die Schüler spüren würden. Nur zur Vorwarnung, also mal schauen, wohin uns das hier führt :/


    Vielleicht sollte ich mich jetzt nicht von Cuzco nicht beeinflussen lassen, aber ja ich würde auch Endes Momo durchaus für die nicht ganz so jungen, nicht ganz so alten Klassenstufen empfehlen. Erstens weil Ende auch von der deutschen Literaturöffentlichkeit zu Unrecht zu seinen Hochzeiten nicht nur Ignoranz sondern sogar Verachtung erfahren hat und man ihn unbedingt mal ausgiebiger behandeln soltle, als ihn nur vorzulesen. Im Gegensatz zu Endes bekanntestem Werk: Die unendliche Geschichte hat Momo ein fokussierteres Hauptthema das sich, ganz Ende um die Entmystifizierung aber vor allem (zeittechnische) Rationalisierung der Welt dreht. In Zeiten, in denen selbst der SPIEGEL in einem seiner Ableger sein Heft bzgl. der Frage füllt, dass der Mensch wohl noch nie zuvor so wenig das Gefühl hatte Zeit übrig zu haben, ist das Buch auch erstaunlich tagesaktuell. Ansonsten wird meiner Meinung nach zu wenig Fantastik im Unterricht behandelt.
    Der Wunschpunsch ist zwar auch eine nette Geschichte, allerdings ist die Botschaft von magieinduzierter Umweltzerstörung und sprechenden Tieren glaube ich, nicht so wirklich das, was man literaturgemäß besprechen muss.

    Von James Krüss kann ich, wenn wir noch kurz im BEreich der Kinder- und Jugendbücher verweilen sehr Timm Thaler und das verkaufte Lachen empfehlen. Könnte man, wenn man eine Deutschklasse lange als Lehrer behält, vorbereitend auf den Faust lesen, was das Motiv des Handelns mit dem Teufel angeht, hier allerdings mit einer aktuelleren, sozialen Schlagseite der Geschichte: Wohlstand/ Reichtum, Erfolg vor allem gegen das durch das Lachen symbolisierte Lebensglück. In Zeiten von "Leichts Gepäck" aber dem ständigen Streben nach Erfolg und Selbstoptimierung vielleicht auch ein bisschen Ausgleich.

    ======

    Aber kommen wir mal zu den ernsthaften Sachen. Ich meine ich würde dir jetzt auch gerne etwas Überraschenderes empfehlen, aber soweit mag ich auch die Sachen, die der Unterrichtsplan schon vorsieht. abgesehen davon ist nicht jeder Text, aber das weist du ja selbst, nicht unbedingt für den Unterrichtsgebrauch geeignet, obwohl er vielleicht lesenswert wäre: Buddenbroks zum Beispiel. Hm ich muss wirklich grübeln.

    Also mein erster, sicherer Kandidat wäre: Brecht, Bertolt: Das Leben des Galilei. Von Brecht lohnen die Dramen erfahrungsgemäß am meisten und dieses ist wahrscheinlich eines der Besten. Der Text ist nicht zu lang und in Taschenbuch-Ausgaben erhältlich, also sowohl von der Beschaffung als auch der Erwartung, dass der Text vollständig gelesen werden kann, gut geeignet. Ansonsten behandelt das Drama mehrere Problemfelder, die heute so aktuell sind, wie damals, ein Grund warum mir das Werk ausnehmend gut gefällt und hat entsprechende Ansatzpunkte einmal für verschiedene Herangehensweisen im Unterricht als auch bei Interpretationen und Arbeiten dazu. Wir haben einmal die Verantwortung der wissenschaft für ihre Erkenntnisse, Fundamentalismus und Dogmatismus insbesondere religiöser aber auch konservativer oder ideologischer Natur. Wir haben eine Geschichte über politisches Handeln über Mut und Heldentum bzw. einen kritischen Blick darauf, nämlich auf die faktischen menschlichen Möglichkeiten des Handelns und in diesem Zusammenhang auch zw. Realismus und Idealismus (ein Thema das er im Guten Menschen natürlich noch ausführlicher behandelt). Dazu noch ansprechend geschrieben und spannend erzählt. Ergänzend könnte man Dürrenmatts Physiker lesen.

    Ich muss mal an der Stelle aussteigen und nochmal überlegen.

    Geändert von KingPaddy (10.08.2017 um 17:09 Uhr)

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