Tolle Settings und solche, die ihr gern in einem Spiel sehen würdet
Das JRPG-Genre ist ja bekannt dafür, sich in allen möglichen Settings auszutoben, von der mittelalterlich-europäsichen Fantasy-Welt über das postapokalyptische Tokio bis hin zu historischen Orten.
Ich bin prinzipiell für alle Settings zu haben, die noch nicht allzu ausgelutscht sind und freue mich jedes Mal über Spiele, die was Neues versuchen und auch dabei auch kreativ und visuell ausgefeilt sind. Gerade zur NES- und SNES-Zeit gab es da ja sehr viel Einheitsbrei, was nicht zuletzt auch mit den begrenzten Darstellungsmöglichkeiten zusammenging, aber auch damals gab es natürlich schon ein paar Titel wie Live A Live, die mehr als ein buntes Mittelalter-Fantasysetting mit ggf. ein bisschen SciFi zu bieten hatten.
Ich nenne mal ein paar Spiele, bei denen mir das Setting besonders positiv aufgefallen ist:
- Jade Cocoon: Das Spiel lebt von seiner Lore und der Atmosphäre, und auch wenn es wenig Abwechslung gibt, fand ich das mysteriöse Wald-Setting extrem ansprechend. Das Gesamtbild war da einfach sehr rund und hat mich positiv an Prinzessin Mononoke und Nausicaä erinnert.
- I am Setsuna.: Viele Spieler werfen dem Spiel ja einen Mangel an Abwechslung vor, da das Spiel ja fast ausschließlich Schneedörfer-, -Wälder und Dungeons hat, aber gerade das fand ich toll. Es hat die ganze Welt sehr konsistent gemacht und die melancholische Geschichte würde perfekt von der kalten, ruhigen, manchmal gar friedlichen Welt begleitet. Gerade durch diese Kälte kamen auch die Momente der Wärme umso besser rüber.
- Wild ARMs 3: Da wären wir wieder bei Konsistenz. Während die anderen Teile der Serie Western-Einflüsse, aber letztlich doch größtenteils recht gewöhnliche Fantasy-Welten bieten, ist Wild ARMs 3 fast durchgehend Space Western. Es gibt viel Wüste, wenig grün, Indianerdörfer, gesetzlose Städte und irgendwo versteckt auch ein kleines bisschen Grün.
- Shadow Hearts (alle Teile): Es gibt viel, viel, vieeel zu wenige RPGs, die die unheimlich vielen spannenden historischen Settings unserer Welt nutzen. Shadow Hearts demonstriert, wie schön man so etwas umsetzen kann. Die dunklen europäischen und asiatischen Orte des ersten Teils arbeiten wunderbar mit der dunklen Atmosphäre und den cthuluesquen Gegnerdesign zusammen. Der dritte Teil hingegen deckt vom modernen Amerika bis zur afrikanischen Tempeln jede Menge ganz anderer Orte ab, die man sonst in JRPGs kaum zu sehen bekommt. Besonders packt mich so etwas dann, wenn die Handlung echte historische Begebenheiten auch aufgreifen, wie etwa den ersten Weltkrieg, der bei den ersten beiden Teilen zwar nie das Hauptaugenmerk der Geschichte ist, aber ständig im Hintergrund tobt.
- Koudelka: Düstere Kloster erforscht man in Survival-Horror-Spielen womöglich öfter, aber seltener in RPGs. Koudelka ist natürlich ein Hybrid zwischen den beiden Genres und hat eine der atmosphärischsten Spielwelten, die ich kenne. Lore, schaurig-klassische Horror-Kulissen und wunderschöne Renderhintergründe arbeiten da fabelhaft zusammen.
- Child of Light: Märchen durch und durch. Die meisten RPGs wollen ja halbwegs glaubwürdige Welten konstruieren und es gibt nicht allzu viele, die auf einer anderen Ebene funktionieren. In Child of Light wird der Märchenansatz komplett durchgezogen und zusammen mit den schönsten 2D-Hintergründen, die ich je in einem Spiel gesehen habe sind das die Elemente, die das Spiel für mich unvergesslich machen. Ein anderes Positivbeispiel für eine ähnliche (aber deutlich farbenfrohere) Herangehensweise ist Odin Sphere.
- Oriental Blue: Ao no Tengai: An diesem Geheimtipp hat mir ja vieles gefallen, das Setting aber am allermeisten. Denn ein pseudohistorisches Asien-Setting wie hier findet man in RPGs sonst quasi nie. Die Orte machen sich nicht nur durch die schicke 16-Bit-Optik so gut, sondern werden auch wundervoll durch das die Kleidung der Menschen, die Waffen-, Item-, Orts- und Personennamen und das Gegnerdesign untermalt. Die Einflüsse von orientalischem Mystizismus machen das alles noch interessanter.
- Pokémon Rubin / Saphir / Smaragd: Auch wenn ich die Spiele der ersten und zweiten Pokémon-Generation am liebsten mag, hat die dritte mit Abstand das kreativste Setting. Dazu trägt sicherlich auch der Umstand bei, dass die Serie auf dem GBA (imo) den visuellen Höhepunkt erreicht hat. Wasser zum zentralen Element von Hoenn zu machen, war eine mutige Entscheidung, und die Umsetzung ist wirklich gut geglückt: Es gibt eine Floßstadt, ein versunkenes Schiff, Tiefseegräbe und ein Dorf, das man nur durchs Tauchen erreichen kann. Auch das Festland hat einige tolle Orte zu bieten: Bad Magmastadt, der Ascheberg und Baumhausen sind da erwähnenswerte Orte.
- Suikoden IV: Piraten. Meer. Inseln. Schiffe. Mehr muss ich da eigentlich nicht sagen. Gibt sonst kein JRPG, das dieses Setting so gut genutzt hätte. Spielerisch waren die Schiffahrten leider oft eine mittelmäßige Katastrophe, aber die Erkundung der Meere selbst ist ungeachtet dessen sehr reizvoll.
- Final Fantasy VII-X: Die Spiele sind wie fast alle Teile der Serie natürlich Rundumschläge, die von der Wüste bis zum Eisgebiet alle Arten von Landschaften abdecken, aber haben trotzdem jeweils ein zentrales Leitmotiv. In Final Fantasy VII ist es das (nicht immer) düstere Steampunk-Setting mit Midgar, den Mako-Reaktoren, Nibelheim, Junon und anderen Orten. Final Fantasy VIII ist moderner, sauberer, heller, friedlicher, futuristischer – der Balamb Garden, Esthar und Deling City sind da gute Aushängeschilder –, während Final Fantasy IX extrem klassisch ist, das märchenhafte Mittelaltersetting aber einfach wunderschön umsetzt, insbesondere in den Dörfern und Städten. Final Fantasy X betritt eigentlich das größte Neuland, denn so ein karibisches Setting findet sich glaube ich in keinem anderen RPG wieder. Gut könnte ich hier auch noch Final Fantasy XII aufführen, das tolle arabische Einflüsse hat, aber dieses Setting hat meinen persönlichen Geschmack einfach nicht so sehr getroffen.
- Baten Kaitos: Der Himmel, wunderschöne Wolkenwelten, einfach traumhafte Panoramen. Dazu noch ein paar märchenhafte Elemente und im Großen und Ganzen auch ziemlich konsistent. Egal, ob man den Rest des Spiels mag oder nicht, das bleibt einfach hängen.
- Arc The Lad II: Eigentlich ist das Setting als Ganzes nicht allzu spannend, aber die urbanen Elemente (1920er-Jahre?) am Anfang fand ich unheimlich ansprechend und leider auch viel zu selten genutzt.
- Shin Megami Tensei: Devil Summoner (Raidou-Kuzunoha-Spiele): Japan im Jahr 1930, einer Zeit des Umbruchs vom klassischen zum modernen Japan. Man erkennt westliche Einflüsse in der Architektur und der Technologie, aber die Menschen tragen immer noch traditionelle Kleidung und die Kultur selbst ist unserer modernen Lebensweise noch nicht so sehr angeglichen wie heute. Das hat mich sofort unheimlich angesprochen.
- Shin Megami Tensei: Digital Devil Saga: Junkyard als Schlachfeld zwischen verschiedenen Gruppen, sehr dunkel und geheimnisvoll, dazu ein paar SciFi-Einflüsse und eine starke Orientierung an Hinduismus und indischer Mythologie. Auf Dauer vielleicht etwas eintönig, aber der zweite Teil geht ja in eine andere Richtung und hebt die futuristischen und dystopischen Elemente stärker hervor.
- Valkyrie Profile 2: Silmeria: Es gibt genug andere Spiele mit Einflüssen aus der nordischen Mythologie, aber kein anderes Spiel zieht das so sehr durch, wie diese Serie. Durch die visuelle Brillianz sticht der zweite Teil da natürlich am stärksten hervor, der nicht nur durch fantastische Orte begeistern kann, sondern die Geschichte, Lore und sogar Items und Waffen um das Setting herum aufbaut.
- Legend of Legaia: Auf den ersten Blick hat das Spiel auch nur eine typische Fantasy-Welt zu bieten, doch hier macht die Prämisse den entscheidenden Unterschied: Giftiger Nebel liegt auf der Welt und deshalb herrscht quasi kein Kontakt zwischen den einzelnen Dörfern und Städten und die Menschen leben mehr oder weniger in ihren kleinen Gesellschaften für sich. Es gibt eine Stadt in einem riesigen Turm, bei dem nur die oberen Stockwerke bewohnbar sind, weil die unteren alle vom Nebel befallen sind. Diese Machtlosigkeit der Menschen gegenüber einem Naturphänomen sorgt für eine dichte Atmosphäre der Trostlosigkeit und Abgeschiedenheit, die zeigt, dass man auch aus einer gewöhnlichen Mittelalter-Fantasy-Welt eine Menge rausholen kann.
Welche Settings in JRPGs mögt ihr besonders gerne? Was für (bisher selten oder ungenutzte) Settings würdet ihr euch wünschen? (Dazu werde ich mich demnächst auch noch äußern, jetzt gerade aber keine Lust mehr, noch viel zu schreiben. ^^)