Leona war heillos überfordert.

Da standen sie nun, in ihrer winzig gewordenen Gemeinde. Und auf die gefühlt Winzigste redeten drei Personen ein. Eine aggressiv, einer unterschwellig bedrohlich und wieder einer im Versuch, sich freundlich und verständnisvoll zu präsentieren. Vielleicht hätte das funktioniert, wenn die zwei davor nicht schon einen anderen Ton gehabt hätten. Und wenn Matt nicht selbst so verdächtig gewesen wäre.

Seine Hasstirade gegenüber Doktor Tod hatte den Stein dessen Ermordung ins Rollen gebracht. Und er war auch der erste, der sich für Linn ausgesprochen hatte, die ebenfalls unschuldig war. In der Nacht darauf starb - und Leona konnte nicht an so viele Zufälle glauben - Leroy, der am Vortag seine Stimme mutig gegen Matt erhoben hatte, nachdem dieser eben keine echten Gründe für die Beschuldigung Linns hatte. In einer ähnlichen Situation steckte sie jetzt wohl auch. Zwischen den Stühlen - selbst nicht verdächtigt und doch unzufrieden mit den Verdächtigungen, die geäußert worden waren. Warum wollte der junge Mann ausgerechnet sie mit in seinem Boot haben?

"Leigh kann Sie nicht leiden, Mademoiselle Laureanne. Wenn Sie eine Mörderin wär, hätte es Ihnen schon längst das Leben gekostet", wandte die 22-Jährige sich eingeschüchtert an die Französin. "Und Mr. Foster: Leigh selbst hat jedes Mal, wenn ich sie fragte, unseren Anführer verdächtigt. Warum sollte sie das tun, wenn die beiden doch unter einer Decke stecken?" Sie wusste nicht, warum sie argumentierte. Sie waren vermutlich nicht offen dafür - nicht, wenn sie doch ohnehin selbst eine Verschwörung bildeten. Vermutlich warteten sie darauf, dass Leona bald ganz allein stand, um sich ihrer dann auch während des helllichten Tages entledigen zu können.

Dann blickte sie das erste Mal seit Beginn der Diskussion um Leigh auch zu dieser, musterte sie mit einem Lächeln auf dem zarten Gesicht. Die Rebellin trug Wut im Gesicht - doch keine, die sie als Mörderin auszeichnete. Eine Wut, die aus einem Unverständnis gewachsen war. Und dieses konnte sie inzwischen gut nachvollziehen. Auch, wenn sie die Wut nicht teilte, sondern nur Angst verspürte. Ihre Lebensretterin konnte keine Mörderin sein. Wahrscheinlich hatte Leona selbst mehr Leben beendet als sie. Da konnte sie sich nicht irren. Da durfte sie sich nicht irren.