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Thema: [Verbrecher von Düsterburg] Tag 4

  1. #21
    Erie Laureanne hatte kaum ihre feurige Rede beendet, als es erneut in den Lautsprechern knisterte.

    "Und ich schwöre, dass ich eure Chips deaktiviere. Keine Explosionen von meiner Seite. Niemand muss mehr sterben. Versprochen."

    KILA schien regelrecht mitgerissen von der Ansprache, denn auch sie klang feuriger als gewohnt. Aber auch aus dem Hintergrund schallte es mit leicht mexikanischem Einschlag.

    "Und ich werde aufpassen, dass sie ihr Versprechen auch wirklich einhält!"

    Ein paar Finger flogen über eine Tastatur in der Nähe - und mit einem leisen, fast unmerkbaren Klicken in euren Schultern schalteten sich die Chips aus. Das sanfte Leuchten unter eurer Haut verblasste.

    "Ich kann nicht glauben, dass ich das wirklich mache..."
    "Wenn es hilft. Und jetzt, mis hijos - könntet ihr euch bitte entscheiden? Um die übrigen Mörder können wir uns alle kümmern, wenn wir da unten sind."
    "Und so lange könnt ihr sie meinetwegen in den Toiletten einsperren, wenn ihr euch für einen Schuldigen entschieden habt."
    "Toiletten?"
    "Wir haben da unten keine Zellen, Amira."

    Ein kurzes Seufzen.

    "Dann müssen wir definitiv welche bauen."

  2. #22
    "Na, grand saucisse...", grummelte Eerie, jetzt, wo es ernst wurde.
    "Hoffentlich habe ich nicht zu hoch gepokert...", murmelte sie als sie dann laut und klar hören ließ: "KILA, ich weigere mich heute zu wählen."

    Und dann wartete sie ab ob es ihr die feisten Pausbäckchen vom Kleid sprengen würde.

    Geändert von Daen vom Clan (15.03.2017 um 16:40 Uhr)

  3. #23
    Für einen kurzen Moment starrte Boyle Matt überrascht an, weil er das irgendwie absolut nicht erwartet hatte. Kluger Bursche.
    Lionel machte ein nachdenkliches Gesicht, aber er hatte eigentlich schon im ersten Moment dieses Klingeln in seinen Ohren gehört, das immer bedeutete, dass ein guter Deal in Aussicht war. Mit etwas Feingefühl...
    "Kann ich mein Zimmer behalten?"
    "Boyle, das entscheide ich n-"
    "War nur ein Witz." War es nicht. So wie sie jetzt war, war die Abmachung noch nicht ausgereift. Klar, sie hatten ihn auf der Abschussliste, da konnte er machen was er wollte. Aber heute Abend würde ohnehin alles vorüber sein.
    "Kann ich dich davon überzeugen, dass wir definitiv nur 1000 Leute reinlassen? Ich bin interessiert daran, dass wir möglichst lange hier relativ angenehm leben können. Außerdem hatten wir jetzt so viel Platz, es wird schwierig, sich wieder an Menschenmengen zu gewöhnen."
    "Du bist ein Arsch.", sagte Matt, aber es klang bei Weitem nicht so feindselig wie vorhin.
    "Oh, und vielleicht würde wegen dem Zimmer schon das ein oder andere gute Wort über mich helfen? Dann verspreche ich auch, mich darum zu kümmern, dass die 21 nicht durchdreht." Boyle grinste nun und beobachtete, wie Matts Gesichtszüge zwischen Ärger und dem Versuch, ruhig zu bleiben, schwankten.
    Lionel streckte seinem Gegenüber nun fragend seine Hand hin, damit sie den Deal besiegeln konnten. Aber gerade in dem Moment, als er meinte, dass Matt ganz vielleicht ein bisschen so zuckte, als würde er einschlagen, knackte es in den Lautsprechern.

    Aus irgendeinem Grund hielt Erie eine lange Ansprache. Wirklich übel lange - um nicht wie ein Volltrottel dazustehen, sah Boyle irgendwann ein, dass er seine Hand erst mal wieder zurückziehen musste, weil das Gelaber nicht enden wollte.
    "Um zu beweisen, wie ernst ich es meine, Lilie, Rose, Robert, Matt und Mister Boyle, werde ich nach KILAs Versprechen meine Stimme zurückziehen und damit zum zweiten Mal NICHT abgestimmt haben."
    Oh ja wundervoll. Da störte die alte Giftmischerin doch wirklich genau im falschen Moment die wichtigen Verhandlungen, die hier stattfanden. Damit hatte Leigh wieder nur zwei Stimmen und die Karten waren neu gemischt.
    "...Und jetzt?", fragte Boyle, nachdem er auch KILAs und Estagas Worte gehört hatte. "Ich will in keiner Toilette eingesperrt werden."
    Doch Matt deutete ihm bloß etwas unwirsch, still zu sein. Überhaupt war es plötzlich sehr still. Als würde die ganze Düsterburg den Atem anhalten um zu lauschen, was nun mit Erie geschehen würde.

    Geändert von Lynx (15.03.2017 um 17:36 Uhr)

  4. #24
    Sie alle hielten den Atem an - und es geschah: nichts. Erie wartete noch ein paar Sekunden, die ihr wie Stunden vorkamen. Und: Nichts.

    "Was erwartet ihr bitte, dass ich eine Anweisung umsetze, die ich selbst schon immer bescheuert fand?"

    KILA klang ein wenig beleidigt. Aber sie schien die Wahrheit gesagt zu haben.

    "Ich hoffe nur, ihr wisst, was ihr da tut. Wenn sich die Mörder gegen euch verbünden sollten, haben sie jetzt noch einmal die Chance dazu, ohne, dass wir hier oben etwas dagegen tun können. Wir können erst kommen, wenn ihr da unten dafür sorgt, dass es geordnet abläuft - als, wenn ihr euch geeinigt habt, wer und wieviele Leute kommen dürfen."

  5. #25
    Die ausbleibende Explosion... beruhigte Matt nicht wirklich. Denn am Ende könnte Sie vermutlich einfach nur eines bedeuten. Das sich die Mörder zusammen tun, Leona überzeugen und die verbliebenen Guten überrumpeln.
    Das durfte nicht passieren.

    Matt wandte sich wieder zu Boyle.

    "Yo, weisste Boyle. Ich hab auch keinen Bock hier 2000 Leute reinzulassen. Aber 1000 ist auch nicht wirklich geil. Da oben warten 3500 Menschen darauf gerettet zu werden. Können wir uns nicht wenigstens auf die Hälfte einigen? Ich mein, hey, wir können uns aussuchen wer runter soll. Wir haben das hier gerettet. Ich bin für 1,5"

    Matt rieb die Lippen aneinander. Es war eigentlich egal was sie taten. Irgendwer blieb zurück. Irgendwer musste als "weniger wichtig" bestimmt werden. Matt hasste diesen Gedanken. Denn wenn er in der Situation dieser Menschen wäre, würde er garantiert zurück bleiben.

    "Weisst du... wenns nach mir ginge... dann würden hier nur die Bewohner von Las Vegas, die Absolventen des Community Colleges und die Latino Kinder reinkommen. Ich hab keinen Bock auf rauflustige, bewaffnete und potentiell gefährliche Freiheitskämpfer. Genau so wenig habe ich Bock auf die High Society unter denen zwar bestimmt einige pralle Busenwunder entlang laufen aber... fuck it, die haben nie was für mich oder uns getan, warum sollte ihr Geld ihnen also jetzt helfen? Außerdem kommt hier ne andere heiße Braut rein."

    Matt ließ die Schultern nach unten sacken und schaute Boyle an. Er war nicht gut darin seine Emotionen zu verstecken. Er war ein Lebemann der immer das tat worauf er Lust hatte, immer das sagte was er gerade dachte.

    "Eigentlich will ich gerade einfach nur das Richtige machen und auch wenn ich mir sicher bin, dass du zu den Killern gehörst... ich glaube du hattest deine Gründe. Du wolltest bestimmt auch nur das machen, was dir richtig erschien. Aber wenn die Bomben fallen, dann ändert sich die Situation. Scheiße ja, es wird hier drin enger werden, egal was wir tun. Aber mit 1000 Leuten sind wir verflucht wenige. 500 mehr... 500 Leute mehr die eine Chance verdient haben. Ich glaube das ist machbar. Am Ende wärst du vielleicht gar nicht Boyle der Killer. Wenn du auf den Deal eingehst und deine Kameradin in die Schranken weist, dann wärst du Boyle, der Gründer einer Zukunft. Oder son Scheiß."

  6. #26
    Boyle, der Gründer der Zukunft.
    Klang ein wenig pathosgeladen und vielleicht ein bisschen lächerlich, aber irgendwie auch ziemlich... gut. Wobei man zugeben musste, dass alles besser klang als "Boyle, der aus seinem Zimmer geworfen und in der Toilette eingesperrt wurde." Eigentlich war Lionel egal, wie man ihn nannte, aber eine gut klingende Lüge war um Welten besser als eine ziemlich lahme Sache, die zu allem Überfluss auch noch wahr war. Grauenhaft. Außerdem...

    "Ich werte das einfach mal als Zustimmung für das gute Wort, das du für mich wegen dem Zimmer und so einlegst." Lionel grinste kurz, legte dann aber die Stirn in Falten, weil er über den Rest nachdenken musste.
    "Ich habe nichts dagegen, die reichen Fuzzis draußen zu lassen. Wir brauchen natürlich Ärzte, aber es werden ja wohl auch welche bei bunt gemischten Las Vegas-Leuten dabei sein. Außerdem haben wir hier schon lange keinen richtigen Arzt mehr gehabt, da werden es auch welche tun, die sich nicht dumm und dämlich damit verdient haben. Und wenn wir Pech haben stellt die High Society zu hohe Ansprüche." Er verzog das Gesicht, "Die erwarten wahrscheinlich eine bessere Behandlung und irgendwelche Vorteile, nur weil sie viel Geld gezahlt haben. Das gibt nur Ärger." Vorteile waren schließlich eher etwas für den "Gründer der Zukunft".
    "Gleiches gilt für die Latinos. Ich würde gar keinen von denen reinlassen, aber wahrscheinlich gibt es einen entsetzten Aufschrei, wenn ich die Kinder draußen lassen will, oder?"
    Matt sah Boyle forschend an, ob er das ernst meinte. Und wie er das tat! Urgh, Kinder. Und dann noch welche, die ohne Eltern hier rumlaufen und Randale machen würden.
    "Alter, komm schon." Aber wer weiß, wenn Eerie sich vielleicht mit der Hilfe von ein paar anderen darum kümmerte, würden die Kleinen aus Angst keinen Mucks mehr machen, und sich dann noch irgendwie zu etwas Nützlichem erziehen lassen. Wirklich begeistert war Lionel immer noch nicht, aber wenn er einen guten Start bei den neuen Bewohnern haben würde, wäre das zumindest etwas... angenehmer.

    "Unter bestimmten Umständen kann ich damit leben. 1500, Absolventen, Bewohner und Latino Kinder. So ausgesprochen hört sich das nach einer verrückten Mischung an. Die Details können wir später genauer klären. Es gibt da noch ein Problem."
    Boyle deutete Matt mit einem Wink, dass er mitkommen sollte, und schlenderte langsam in eine unbestimmte Richtung. Irgendwo mussten die Damen ja hinverschwunden sein - wirklich weit weg konnten sie ja nicht.
    "Wofür auch immer du Leigh und mich hältst...", sagte Lionel während er neben dem Jungen herging, "... ich habe ungefähr so viel Einfluss auf sie wie Dr. Tod auf irgendjemanden hatte: Null. Wenn ich Glück habe, hält sie mich nicht für so verrückt wie den Doc, aber das wars wohl schon." Er kratzte sich kurz am Kopf, weil er absolut keinen Plan hatte, wie er mit den Mädchen überhaupt reden sollte. Aber vielleicht waren sie eher bereit, ihm - wobei auch immer, das war immer noch nicht entschieden - zuzuhören, wo er sich zumindest aus dem ganzen Abstimmungsmist herausgehalten hatte.
    "Mal sehen, was der aktuelle Stand der Dinge ist. Vielleicht fällt mir was ein."

  7. #27
    Eerie schlug die Augen auf.
    Sie war noch immer hier. Fast ein bisschen schade, wie sie fand, denn die Vorstellung weiterer Jahrzehnte hier unten war nicht unbedingt schön.

    Aber wenigstens hatten sie nun Gewissheit, dass KILA bereit war, ihr Wort zu halten.
    Jetzt hing es nur noch an den beiden Mördern...

    Seufzend ergriff sie noch einmal das Mikro:
    "Leigh, Liebes, wie wäre es, wenn du jetzt endlich zugibst, dass du eine Mörderin bist, bevor ich KILA dazu bringe, deine Bewegungsdaten einfach auf jeden Bildschirm hier zu transportieren? Wir haben nun wirklich Wichtigeres zu erledigen - die Rettung von 1500 Personen, für den Anfang...? Lilie, könntest du bitte deine Freundin dazu bringen, diese lächerliche Farce und Scharade zu beenden, damit du nicht schuld am Tod von 1500 Menschen bist, die draußen im Bombenhagel sterben weil du nicht erkennen willst, dass hier unten nur Verbrecher sind?"

  8. #28
    Leigh verdrehte bei der Ansprache der alten Hexe die Augen. Die Zeit drängte,aber sie ließ es sich nicht nehmen, Leona noch einmal anzuschauen. Was auch immer folgen würde, sie wollte, dass das hier ihre Freundin erreichte: "Ich glaube, dass es aufhört. Ich glaube, dass keiner hier diese Arschgeigen von der Regierung mag. Wenn die ganzen Mörder denen nur geholfen haben, weil sie frei sein wollten oder Angst hatten, sonst auch kaltgemacht zu werden... naja, dann fehlt ihnen spätestens jetzt der Grund, oder? Ich mein, draußen ist jetzt Krieg, da hilft einem die Freiheit auch nichts mehr. Und die Regierung kann nichts machen, wenn wir sie aussperren." Für einen Moment wurde Leigh ganz still und schaute nachdenklich in die Luft. Dann hellte sich ihre Miene auf und sie klopfte Leona auf die Schulter. "Und wenn doch nicht... ich kann auf mich aufpassen und du hast deine Nadel."
    Ein letztes Mal atmete Leigh durch. Dann hob sie die Hände, schaute nach oben und sagte gefasst, in ihrer üblichen trockenen Tonlage: "Ich mache was ihr wollt, KILA. Ich habe für die Regierung gemordet damit ich selber nicht draufgehe. Und jetzt ergebe ich mich." Das war die einzige Möglichkeit. Auch wenn ihr Leben hier unten nicht ganz das war, was sie sich wünschte, verlieren wollte Leigh es nicht. Und es verschaffte ihr eine gewisse Genugtuung, der Regierung einen Strich durch die Rechnung zu machen.
    "Oh, und auch wenn meine Meinung euch wahrscheinlich scheißegal ist: Lasst die reichen Bonzen draußen. Die haben immer schön gezahlt, um nicht hier rein zu kommen - dabei darf es ruhig bleiben." Wenn es nach Leigh ginge, wäre es am sinnvollsten, 1500 Menschen hineinzulassen. Die Techniker, die normalen Bewohner und die Latino-Kinder... gerade die hatten schon genug ertragen.

    Geändert von Zitroneneis (17.03.2017 um 22:30 Uhr)

  9. #29
    In Leonas Brust machte sich anfängliche Erleichterung breit. War es das jetzt?

    Klar - die kommende Zeit würde nicht einfach werden. Da oben war offenbar nichts mehr so, wie es vor ein paar Monaten noch gewesen ist. Und hier unten war es nie besonders schön. Es würden viele Leute zu ihnen kommen und das Leben hier anstrengender gestalten. Sie würde ihre Angst überwinden müssen, um nicht wieder in eben dieser unter zu gehen und Furcht vor jedem einzelnen der vielen neuen Gesichter zu haben, die sie kennen lernen sollte.

    Doch all das trat für den Moment in den Hintergrund. Leigh hatte - wenn sich wirklich alle daran hielten - die Schuld auf sich genommen und damit weiteres Morden verhindert. Wieder einmal bewies sie ihren Mut und tat für andere das Richtige. Und wenn Leona genauer darüber nachdachte; sie hatte Recht. Die Killer waren als Agenten des Präsidenten hier. Und bei den aktuellen Verhältnissen würde Loyalität ihm gegenüber nicht den geringsten Sinn mehr machen. Tatsächlich schienen die wirklichen Verbrecher nur nicht ihr Gesicht verlieren zu wollen. Ein Grund mehr, die Rebellin zu respektieren - streckte sie doch ihren eigenen Hals heraus und beschädigte ihren Ruf nachhaltig, um für Frieden zu sorgen. Zumindest zwischenzeitlich.

    Die Blondine widerstand aus blanker Schüchternheit dem Drang, ihre Retterin zu umarmen und schenkte ihr stattdessen nur ein sanftes Lächeln.

    So sehr die Euphorie auch an Platz gewann - die Floristin wusste, dass es noch eine weitere, schwere Entscheidung zu treffen gab. Wieder eine, die sie nicht treffen wollte. Zu entscheiden, wer lebte und wer sterben sollte - nun auch in großem Rahmen - war eine Aufgabe, der sie nicht gewachsen war. Daher war es ihr egal, wer genau am Ende zu ihnen stieß. Leben waren Leben. Ob Latinos, Reiche oder sonstwas.

    Nicht egal war ihr allerdings die Anzahl der zu Rettenden. Doch auch bei dieser Entscheidung gab es für sie - ein mal darüber nachgedacht - keine Zweifel. Je voller der Bunker wäre, desto schlechter würde es ihr ergehen, desto enger wäre es, desto geringer wäre die Lebensqualität der jungen Frau. Doch für ihre Befindlichkeiten konnte sie keine 500 oder 1000 Leute opfern. Es sollten also so viele Personen wie irgendwie möglich (2000) in den Bunker kommen.

  10. #30
    Eerie war etwas verwirrt über das, was sie über die Monitore beobachten konnte.

    Eben noch hatte die wilde Rose ihrer Freundin direkt ins Gesicht gelogen und ihre schrecklichen Taten nur zugegeben, weil sie bereits überführt worden war. Doch Leona hatte für die Mörderin nur ein schüchternes Lächeln über.
    Entweder war Leona noch naiver als sie angenommen hatte oder deutlich weniger unschuldig als bisher gedacht - oder Lust war einfach die schönste rosarote Brille der Welt. Und zumindest den letzten Grund konnte die dicke Französin selbst mehr als verstehen.
    Wie dem auch sei - in einem Punkt hatte die sanfte Lilie Recht: Es mussten so viele Menschen wie möglich gerettet werden.
    Die Zusammensetzung war ihr dabei vollkommen egal, aber sie mussten versuchen, die 2000 in den Bunker zu bekommen, komme was da wolle.

    Für sie selbst jedoch hatte das Konsequenzen.
    Sie war schon viel zu lange hier unten und würde nicht nochmal so eine Menschenmasse wie damals in den ersten Jahren der Gefangenschaft erleben wollen. Außerdem aß sie für drei. Oder für fünf Latinokinder.
    Und sie war Französin - Atomraketen lagen ihr im Blut.
    Sie würde keine weiteren Jahrzehnte hier unten eingesperrt sein, wenn sie schon sterben sollte, dann mit Sonne im Gesicht. Der Sonne, die alle Pflanzen gedeihen ließ.

    Sie würde die Chance nutzen, wenn die Tore sich öffneten und versuchen, nach draußen zu kommen, während alles nach drinnen strömte.

  11. #31


    "Dann soll es so sein. 1500 Leute. Techniker. Stadtbewohner. Latino-Kids..."
    "...und ihre Eltern! Ich schicke da nicht 500 Kinder nach unten, ohne einen richtigen Schutz."

    KILA seufzte hörbar.

    "1750 Menschen also, inklusive der 6 Überlebenden der Düsterburg und den Überlaufern aus der Administration."
    "Nicht so schnell, meine Damen. Denkt ihr wirklich, ich als Präsident erlaube es einfach so, dass ein paar Verbrecher über den staatseigenen Bunker entscheiden?"
    "Präsident, es ist ja nicht so, als würden wir Ihnen eine Wahl lassen."

    Amira lächelte siegesgewiss.

    "Ihre Agenten haben sich ergeben, presidente. Wir werden sie einsperren - und sie haben keine Möglichkeit, ihren Einfluss hier auszspielen."

    Es war kurz ruhig.

    "Das ist jetzt unser Bunker. Und es wird Zeit, ihn zu erobern."

    --------

    Noch während Amira Ramirez sprach, schlitterten die ersten Neuankömmlinge durch das Lüftungsystem in den Versorgungsschacht. Es waren tatsächlich Kinder, die verängstigt und verheult waren, aber tatsächlich den Weg hier runter allein angetreten waren. Hin und wieder war eine junge Mutter dabei, die sich an dem Seil festklammerte, dass die Freiheitskämpfer immer wieder herunterließen und hinaufzerrten. Während die anderen in den Versorgungsgängen warteten, quetschte sich Erie, begleitet von ihrem treuen Freund Robert Silver, durch den engen Gang, der zu dem zentralen Belüftungssystem führte. Vorgeblich, um hier hier Ströme der Latinos zu kontrollieren, und die Neuankömmlinge in den Hauptteil des Bunkers zu leiten.

    Es bedurfte nur eines Kopfnickens zwischen den beiden alten Freunden, eine letzte Berührung an der Schulter - und dann griff Erie das Seil, als es gerade im Begriff war, nach oben gezogen zu werden und nutzte den improvierten Fahrstuhl durch die Lüftungsrohre, um an die Oberfläche zu kommen. Als sie gerade hinter der Metallblende verschwand, hörte sie noch die letzten Worte des Pyromanen, der ihr Leben gerettet hatte.

    "Leb wohl, alte Freundin."

    ---------

    Unter den ersten Gruppen der Ankömmlinge waren nicht nur Kinder. Ein paar junge Mädchen, vielleicht 15, führten die kleineren Kinder an den Händen in Richtung der Bunkeranlagen. Aber zwei kräftige Teenager - eigentlich fast schon junge Männer - schälten sich aus dem Strom der Flüchtlinge und bewegten sich auf die kleine Gruppe der Überlebenden zu, die in den breiten Gängen warteten und versuchten, den Latinos den Weg zu weisen. Zielsicher steuerten sie auf Leigh zu, die am Arm von Leona festgehalten wurde.

    "Ustedes son los asesinos?"
    "...Ähm?"
    "Amira se ha descrito. Debemos conseguir que encarcelarlos."
    "Bitte?"
    "Festhalten. Bis Amira ist hier."

    Der eine ergriff Boyle am Arm - durchaus sanfter, als der ehemalige Anführer es vielleicht gedacht hätte - und der andere entriss Leighs Arm aus Leona Umklammerung und kümmerte sich auch kaum um Leonas gewimmertes "Nein!". Die beiden Latinos nickten sich zu und unterhielten sich kurz auf Spanisch. Und dann blieben sie einfach stehen, flankierten das kleine Grüppchen an Überlebenden.

    "Wollt ihr uns nicht einsperren?"
    "...No. Senora Ramirez wird sich kümmern."

    Matt verschränkte die Arme vor der Brust, während die beiden Wachen - etwas verloren - darauf Acht gaben, dass weder Boyle noch Leigh weg konnten und keine Chance hatten, ihren Auftrag zuende zu bringen - nicht, dass sie beiden das gewollt hätten.

    --------

    "MANUELLER OVERRIDE AKTIV. FAHRSTUHLSTEUERUNG ÜBERTRAGEN."
    "Na bitte! Geht doch!"

    Kiara, die bis gerade eben noch bis zur Hüfte in einem Elektropanel steckte, tauchte erfolgreich wieder daraus hervor und grinste Amira an, die mit verschränkten Armen neben ihr vor den verschlossenen Türen des Fahrstuhls stand.

    "Es kann losgehen!"
    "Und du bist dir sicher, dass diese... Amerikaner... die richtigen für unseren Aufenthalt da unten sind?"
    "Sie sind ausgebildete Techniker, Amira. Und jetzt diskutiere nicht, du hättest auch aus deinen Männern die besten Techniker und Ärzte heraussuchen können...
    "Ich werde keine meiner Menschen nach ihrem Wert bewerten. Das ist vielleicht etwas, was ihr macht. Aber nicht ich."

    Mit einem leisen Ping kam der Hauptfahrstuhl an und öffnete seine Türen. Die jungen Techniker drängelten sich an Kiara und Amira vorbei - die erste Fuhre bestand aus den Kräften, die in der Lage waren, den unteren Teil des Bunkers zu öffnen und die sich mit dem Grundriss der Gebäude auskannten. Aber auch die beiden Anführerinnen des Aufstands würden dabei sein. Nachdem die ersten hundert Techniker den Platz im Fahrstuhl komplett ausgefüllt hatten, traten Amira und die ehemalige KILA in den Aufzug. Kiara aktivierte ihr mobiles Funkgerät.

    "Es kann losgehen, Matt."

    Ein paar Stockwerke tiefer legte der junge Mann den Schalter im kleinen Wärterhäuschen um, zeitgleich mit Kiara, den den Aufzug oben bediente. Die Türen schlossen sich, und der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung. Es war Zeit, der Oberwelt Lebewohl zu sagen.

    Die Fahrt nach unten war kurz. Erst öffneten sich die Stahltüren des Fahrstuhls, dann die inneren Türen des Bunkers. Im Gang vor dem Fahrstuhl warteten bereits die ehemaligen Bewohner der Düsterburg.

    Boyle und Leigh, immernoch bewacht von den beiden jungen Männern.
    Robert Silver, der wieder zurückgekommen war - ohne Erie - und sich die Manschettenknöpfe richtete.
    Leona, die immer wieder Seitenblicke zu Leigh warf.
    Und Matt, der die Menge etwas fragend absuchte und dann an dem Gesicht der blonden, jungen Frau hängen blieb. Ihr Blick traf seinen, und sie lächelte.

    "Hey."

    "Ich hab dich ja zu 'nem Picknick hier unten eingeladen. Aber irgendwie hab ich mir das... privater vorgestellt..."
    "Tja, man kann nicht alles haben. Rettung der Menschheit ist ein ganz guter Anfang.

    Während sich die ersten Techniker ihren unmittelbaren Aufgaben widmeten - die zweite Fuhre an Menschen herunterbringen, die Türen zum unten Bunker öffnen, die Luftreinigung wieder gangbar machen - schritt Amira an ihnen vorbei, bedachte sie alle eines kurzen Blickes und blieb dann vor Boyle und Leigh stehen - den letzten beiden verbliebenen Mördern. Sie blickte beiden kurz ins Gesicht und nickte den jungen Wachen einmal kurz zu, die daraufhin sofort die Arme der Mörder losließen..

    "Mitkommen. Wir haben viel zu besprechen."

    Gerade als die mit den beiden verwirrten Schuldigen in Richtung der eigentlichen Bunkeranlagen gehen wollte, drehte sich Kiara um.

    "Hey! Was soll das werden?"
    "Ohne diese beiden wären wir jetzt nicht hier. Wir werden sie bestrafen, ja. Aber vielleicht nicht so, wie es dir passt. Sie sind nicht schuldiger als Du."

    Die Rebellenanführerin nickte der empörten KILA zu und war schon bald in den sich vermischenden Flüchtlingsströmen verschwunden. Es gab viel zu planen für die nächsten Jahre.

    --------




    Der Weg nach oben war erstaunlich kurz. Erie klammerte sich an dem Seil fest, welches sie erstaunlich schnell nach oben trug, vorbei an rauschenden Maschinen. Und schon bald war sie oben und blickte in das erschrockene Gesicht eines jungen Latinos, der sich gerade daran machte, sich abzuseilen. Es war nur noch ein letzter Ruck, und die alte Dame hiefte sich auf den festen Betonboden im Erdgeschoss der Düsterburg. Während sich weinende Kinder von ihren Eltern verabschiedeten, bevor sie den Weg durch die Lüftungsschächte antreten würden, huschte Erie in den Schatten an ihnen vorbei. Sie wurde nicht beachtet. Hinter ein paar verschlossenen, verrammelten Türen hörte sie wütendes Klopfen und Schreien. Es waren die reichen Bewohner der Stadt, die sich einen Platz in der Düsterburg gesichert hatten, und die von den mexikanischen Rebellen im Gebäude eingesperrt wurden - einfach, um die Operation nicht zu stören. Auch ein paar versprengte Bewohner von Las Vegas drängten sich hier noch an Erie vorbei, bevor die Lüftungsanlagen wieder versiegelt wurden und somit die letzte Chance orbei war, in den rettenden Bunker zu kommen.

    Die Glastüren nach draußen waren gesplittert und hingen eher schlecht als recht in ihren Angeln. Die Abgewiesenen schienen sich immer noch im Hauptflügel zu befinden, denn als Erie, zum ersten Mal seit Jahrzehnten, die saftige, grüne Wiese betrat, fand sie eine menschenleere Ebene vor sich. Im Tal schimmerten die Lichter der Stadt, aber hier oben, direkt am Hoover Damm, war es ruhig. Friedlich. Kaum zu glauben, dass sich unter diesem Berg zwei Bunkeranlagen befanden, in denen sie die letzten Jahre verbracht hatte. Kaum zu glauben, dass sich da drin gerade Eltern von ihren Kindern verabschiedeten, um sich in eine ungewisse Zukunft zu begeben.

    Die Sonne ging gerade unter und war nur noch als kleine Punkt hinter dem Horizont auszumachen. Fast genauso hell leuchteten de Geschosse am Abendhimmel, die sich aus Westen ihren Weg bahnten und schon bald auf die Erde treffen würden. Für Erie aber zählte nur eines.

    Sie war frei.

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