So ein Dreck. Überall war Dreck - auf Boyles Hose, unter seinen Fingernägeln und auf Eeries Zähnen. Gut, Letzteres war schon vorher da gewesen, aber das machte es nicht wirklich besser. Zitronen alleine halfen dann doch nicht gegen alles.
"Das müsste wohl genügen.", legte er dann einfach mal fest, nachdem er den Metallboden an seinen Fingerkuppen spürte. "Was jetzt?"
"Wir müssen Clementine in den Waschbereich bringen."
"In den Waschbereich?", wiederholte Lionel ungläubig. "Den ganzen Weg...", aber er brach ab als er sah, dass die Köchin ihn mit schmalen Lippen ansah. Das reichte, um sich geschlagen zu geben.
Mit "wir" hatte sie außerdem natürlich nur ihn gemeint, der den blöden Strauch tragen sollte, aber das machte auch nicht mehr viel Unterschied. Jetzt war er definitiv froh, dass er sich den Baum nur größer vorgestellt hatte.

"Und wenn wir dort sind?", fragte Boyle Erie, als er Clementine recht ruckartig an der flachen Erdschale anhob.
"Vorsicht!", ermahnte die Giftmischerin ihn sofort und machte eine Geste als würde sie entweder bereit stehen, um das Bäumchen im Fall einer Katastrophe aufzufangen, oder Lionel alternativ ins Gesicht boxen. Vermutlich eher Ersteres.
Nachdem Boyle einen guten Griff gefunden hatte und das gefährliche Schwanken nachließ, entspannte sich seine Begleiterin wieder.
"Dort topfen wir Clementine erst einmal um."
"Und dann?"
Doch die Frage blieb unbeantwortet, weil die Köchin einen kurzen Abstecher machte, um eine neue Schale zu holen. Dabei war das doch wirklich der einzig interessante Teil an der ganzen Sache hier. Zumindest klang "eine Ablenkung schaffen" erst mal weniger anstrengend als dieser ganze Baumknutscher Mist hier.

Als Boyle schließlich mit Clementine an der Mensa vorbeischritt, konnte er von draußen ziemlich deutlich erkennen, dass die verkackten Äste immer noch da lagen, wo sie vorhin gewesen waren. Die Mädchen konnte er aus dem Winkel nicht sehen, aber es war ziemlich offensichtlich, dass niemand sich berufen fühlte, den Müll wegzuräumen.
Das schmerzte ein bisschen. Betrogen! Ausgerechnet von der 21! Dabei hatte er sogar ein falsches "Bitte" dazwischengequetscht. Trotzdem tat er gut daran, Erie irgendwie davon abzulenken, nicht auch ihren Blick in die Mensa zu richten - sonst würden sie hier nicht so schnell weiterkommen - also musste er sie in irgendein Gespräch verwickeln.
"Wussten Sie eigentlich, dass ich einen wirklich erstklassigen Whiskey im Anführerzimmer gefunden habe?", sagte er also leise, damit ihn einerseits Man-KILA nicht hören konnte und andererseits die "Schwarze Witwe" etwas näher kommen und sich darauf konzentrieren musste, ihn zu verstehen. Zum Glück hatte der kaputte Zitronenbaum noch nicht all seinen Duft verloren und übertünchte den ein oder anderen unguten Mief.
"Der alte Don Leone hatte wohl eine einzige Flasche für besondere Anlässe aufbewahrt. Sehr, sehr edles Zeug, selbst für "oben" eher kostspielig. Wenn wir... Clementine gerettet haben und... naja, alles andere erledigt haben, könnten wir darauf anstoßen." Erie sah ihn aus klaren Augen an. Er hoffte, irgendwie an die Luxusliebhaberin in ihr zu appellieren, obwohl sie nun die Mensa bereits hinter sich gelassen hatten, und dann fiel ihm auf, dass das irgendwie nach einer Anmache klang. Oh Gott.
"Wir könnten auch alle darauf anstoßen.", fügte er schnell hinzu und hätte sich am liebsten in die Zunge gebissen. Auch wenn er mit der Menge an Whiskey deutlich gelogen hatte, wollte er ihn doch im Leben nicht mit der ganzen Meute teilen.
So. ein. Dreck.

Nun war das ungleiche Paar aber immerhin im Waschbereich angekommen, so dass Boyle wenigstens eine Last losgeworden war - er stellte das Bäumchen diesmal doch mit Bedacht ab und hoffte das Umtopfen, das natürlich Erie übernehmen musste, würde nicht zu lange dauern. Er war eigentlich doch ziemlich gespannt auf ihren Plan.