"Was glaubst du? Wer wird heute Abend gewinnen?"
Nachdem der Schlamm vollständig vom Körper gewaschen war, widmete Leona sich dem Dreck unter ihren Fingernägeln, welcher sich als sehr hartnäckig herausstellte. Vielleicht würde sie am Waschbecken noch mal darauf zurück kommen müssen, denn so einfach ließ sich nicht alles an Schmutz heraus kratzen. Dennoch verweilte sie noch unter dem wechselwarmen Nass, auch als ihre Fingerkuppen anfingen, weich zu werden und zu schrumpeln.
Die Frage Leighs war eine äußerst gute. Die Floristin stand nun bestimmt eine halbe Minute vollkommen still unter dem Wasserstrahl ohne sich zu bewegen, einfach da sie sich mit einer eventuellen Antwort beschäftigte. Und vor allem mit einer Antwort auf die Frage, die eng damit zusammen hing.
"Ich weiß nicht. Ich kenne eigentlich niemanden so gut und kann die Leute nicht einschätzen", sprach die 21-Jährige ihre Gedanken aus. "Mademoiselle Laureanne und Dr. Tod sind sehr gruselig. Vielleicht wählen die Leute sie", prophezeite sie. Auf der anderen Seite war zumindest Erstere für den Alltag in der Düsterburg - gerade in kulinarischer Hinsicht - wichtig. Man würde sich auf die vielleicht letzten Tage hier doch etwas an Lebensqualität nehmen, entschied man sich für sie. Die Blondine und ihre neue Freundin konnten mit Pflanzen ebenfalls gut umgehen, doch die Verwertung eben dieser zur Nahrungsaufnahme war nicht deren Stärke. Noch dazu hatte man sich auch in der Vergangenheit nicht immer für die Angst einflößenden Gestalten entschieden. Und wer nun eine Privatfehde mit wem hatte, wusste sie wirklich nicht.
Die Frage nach ihrer eigenen Stimme war da nicht so einfach - und gleichzeitig doch. Enthaltungen wurden nicht gerne gesehen und Leona war fügsam, das hatte sie von klein auf gelernt. Sie tat viel, um es anderen Recht zu machen - doch auch nicht alles.
"Ich... kann auch niemand anders wählen. Wir wissen nicht, wer für die Morde verantwortlich sein soll. Und wenn es jemand Unschuldigen trifft, dann bin ich selbst schuldig", resümierte sie laut, ließ Leigh so an ihrem Gedankengang teil haben. "Ich habe bislang immer mich selbst gewählt und werde das auch heute tun. Und so lange, bis ich mir nicht sicher bin, wer hier böse ist und wem man vertrauen kann." Beide Gruppen waren bisweilen noch ziemlich leer, gerade mal eine Person hatte es durch jüngste Taten geschafft, sich auf die Vertrauensliste zu spielen. Und mit der sprach die Floristin gerade. "Ich weiß, dass das riskant ist, jetzt, wo wir so wenige sind. Aber ich kann nicht... Schuld am Tod eines Unschuldigen sein. Nicht... so."
Leona wollte nicht sterben, so viel war sicher. Aber noch weniger wollte sie sich selbst zur Mörderin eines anderen machen. Zumindest keiner Person, die nicht danach verlangte.