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Thema: [Verbrecher von Düsterburg] Tag 1

Baum-Darstellung

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  1. #20
    Die Französin hatte ihre schwabbeligen Arme in ihrer typischen Geste in die massigen Hüften gestemmt und tatsächlich gelächelt - es hatte ihr schon immer gefallen, wenn man mit ihr sprach wie mit einer höhergestellten Persönlichkeit und in ihren Augen hatte sie das mehr als verdient, wenn man überlegte, in welchen Palästen sie residiert und wie viel Bedienstete sie unter sich gehabt hatte.

    Und Mister Boyle - geschickt und empathisch wie der Händler, der er war - traf auch gleich den richtigen Nerv.
    Wenn die resolute Giftmischerin eine Sache hasste, dann war auf Faulheit. Vor allem einer Person gegenüber, die etwas Besseres darstellte. Und da das Volk Mister Bolye hatte haben wollen, sollten sie gefälligst nun auch gehorchen.

    "Mein lieber Mister Boyle...", gurrte sie und wob ein wenig mit den Hüften, die dem Anführer vorkamen, als würde sich ein Schiffsbug ungebremst auf ihn als kleine Schaluppe zubewegen.
    "...sagen Sie doch einen Ton, ich kann gerne die Peitsche ein wenig rotieren lassen." Sie lächelte schmutzig und für einen Augenblick kam es dem Mann vor, als würde eine kleine sadistische Ader in ihren Augen aufblitzen. Er wollte gerade aufbegehren, als Erie schnell ein "Verbal, meinte ich natürlich." hinzufügte und unverbindlich wie hintersinnig lächelte.

    Dann blickte sie sich um und plötzlich stahl sich Wehmut in ihren Blick. "Wir sind schon recht Wenige, mittlerweile, nicht wahr, mein werter Mister Boyle?"
    Dieser nickte nachdenklich, eingedenk der Tatsache, dass sie alle wirklich schon lange hier unten gewesen waren und ihre Reihen sich lichteten.
    Eerie hatte die Zähne zusammengebissen und die Lippen aufeinander gepresst. Sie hatte den Schuldspruch achselzuckend damals empfangen und war in gewisser Weise froh, nach dem medialen Rummel um ihre Person niemanden mehr von oben sehen zu müssen. Sie hatte gut gelebt durch ihre Morde und ihre Masche und sie wusste, dass sie den Tod mehr als verdient hatte. Trotzdem spürte sie etwas Nagendes, etwas Komisches in sich.
    Je weniger sie wurden, umso weniger Pflanzen der menschliche Garten hier aufwies, umso nachdenklicher wurde sie.

    Und dann fasste sie einen Entschluss!
    Sie hatte schon immer ein Faible für Schönheit gebabt und konnte stundenlang im Garten ihrer verstorbenen Ehemänner im Anblick einer perfekten Blume versinken und vor sich hin meditieren. Und dieser Garten hier hatte Einiges an Schönheit zu bieten. Wenn sie gehen musste, dann als gerechter Ausgleich und unter dem höhnischen Applaus ihrer ermordeten Ehemänner, doch bis dahin galt es noch die wahre Schönheit hier unten zu pflegen und zu hegen. Und dafür zu sorgen, dass das, was sie noch schöner als Blumen empfand, einen Tag länger leben zu lassen.

    Die mahlenden Kiefer der Frau stoppten so ruckartig, dass Lionel für einen Moment glaubte, Eerie hätte einen Schlaganfall erlitten.
    Seine Augenbrauen zuckten überrascht nach oben als sich die schwabbelige Pranke der Frau auf seine Schulter legte und sie mit ihrem schlechten Gebiss lächelte: "Natürlich helfe ich wo ich kann, mein Lieber. Nehmen Sie sich die Kresse, so viel Sie wollen."
    Dann seufzte sie schwer und zwang sich zu einem Lächeln.
    "Und da ein Schatz in voller Dunkelheit ohne Wert ist... die beiden Mädchen haben die Leiche von Estaga geborgen, Sie wissen schon, unseren selbsternannten "Ausbrecherkönig". Habe ich es vorhin nicht läuten hören, dass noch Gold für eine chemische Probe benötigt wird?"

    Lionel, dessen Sorgen sich grade ein wenig mehr verflüchtigten, lächelte und löste sich wie durch Zufall von den leicht knetenden und streichelnden Fingern von Eerie, als er aufgeräumt in die Hände klatschte und sie über die Teststation im Aufenthaltsraum in Kenntnis setzte.

    Also wusch Eerie sich die Hände und während Mister Boyle die letzten Reste feiner Brunnenkresse erntete - von Eerie angewiesen, nur die Blätter zu nehmen und die Wurzeln keinesfalls zu beschädigen - machte sich die Französin mit einer Hälfte der goldenen Kette des seligen Senor Estaga auf den Weg in die Küche, um dort den Test durchzuführen.
    Die andere Hälfte der Kette indes, nun ja, die war in ihre Küchenschürzentasche gewandert.

    Geändert von Daen vom Clan (28.02.2017 um 15:58 Uhr)

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