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Thema: [Verbrecher von Düsterburg] Tag 1

Baum-Darstellung

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  1. #14
    Eerie war froh, dass sich die junge Leona in den Schacht begeben hatte.
    Sie war wie ein junges Pflänzchen in einem Sturm aus Gaunern und Mördern. Jemand hatte sie hier unten eingepflanzt und nun musste diese kleine Knospe mit den widrigsten Bedingungen fertig werden, die ein unsicheres Ding wie sie nur erleiden konnte. Eerie mochte Pflanzen, sie liebte es, sie hegen und zu pflegen, sie zum Blühen zu bringen um dann ihre Früchte zu ernten.
    Und Leona errinnerte sie sehr an so manche...

    "Mademoiselle Laureanne! Ich habe... die Überreste von Señor Estaga gefunden. Allerdings liegen sie im Behälter IIV ganz hinten, bestimmt 15 Meter vom Schacht entfernt. Ich wollte nicht einfach so in das Becken, weil... der bis an die Oberkante mit... Matsch gefüllt ist und ich nicht weiß, was darunter ist. Ich wäre ja nicht die Erste, die dort stirbt."

    Etwas bleich - deutlich bleicher als sonst - stand die junge Floristin am Schacht, lediglich ihr Kopf war zu sehen und man konnte erkennen, wie sie vorsichtig nach der frischen Luft schnappte, welche die Hydroponik durchwanderte, durchsetzt vom sachten Duft nach frischem Obst und Gemüse. Eerie fiel auf, wie sehr sie das Zwitschern von Vögeln und den Anblick von Schmetterlingen vermisste.
    Doch nun, da Leona ihren Auftrag nicht erfüllt hatte, regte sich ein bisschen Wut in ihrer Bauchgegend. Sie musste sich zwingen, fast schon mit Zähneknirschen, nicht wütend zu werden und sich daran zu erinnern, dass die Kleine keiner ihrer Bediensteten von früher war. Sie hoffte, dass sie sich gut genug unter Kontrolle hatte und lächelte, wenngleich die Nachsicht auch nur gespielt war, die sie in ihr ebenso falsches, mütterliches Lächeln legte. Sie musste hoffen, dass die 20 Jahre Schauspielerei, die sie ihren Ehemännern und Gönnern vorgespielt hatte, ausreichend waren, das junge Ding zu überlisten, auch wenn sie ihr deutlich mehr zutraute als sie unter der Maske aus Unschuld verbarg - denn hier drin war Niemand wirklich unschuldig.

    "Hier, Liebes." , sagte sie und reichte ihr den starken, dicklichen Arm, um sie bis zum Oberkörper nach draußen zu schieben. Es war leichter, wenn sie halb im Rohr verblieb. Denn immerhin, das wusste Eerie schon, würde sie ja gleich wieder dort hinein entschwinden.

    "Ich habe dir einen Apfel aufgeschnitten.", sagte sie sanft und während sie ihr das Obst reichte, strich sie zärtlich über die weißblonden Haare des Mädchens.
    Leona lächelte unsicher, als sie den Apfel an sich nahm und einmal vorsichtig hineinbiss.
    "Trotzdem. Du musst wieder hinein.", sprach die Französin dann aufgeräumt und Leona blieb der Biss fast im Hals stecken.

    "Mademoiselle... , keuchte Leona erschrocken und Eerie streichelte ihr Haar weiter und wisperte. "Shhh... schon gut."
    Dann lächelte sie und entschloss sich zu einem weiteren Schritt. Natürlich war ihr die Leiche mehr als egal. Eigentlich war der Leichnam dort nicht einmal schlecht und würde eine großartige Basis für die Pilzfarm abgeben. Normalerweise hätte sie auch keine Hilfe angenommen, doch ihr Leib und ihre Liebe zum ausschweifenden Essen machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Sie war auf die Floristin angewiesen und nun ja... ohne sie konnte sie es nicht schaffen.

    "Liebes. Hör zu." Eerie legt ihr eine Hand unter das Kinn und zwang das kauende Mädchen so, zu ihr hochzusehen, während sie noch halb im Rohr steckte.
    "Vergessen wir einmal, dass die Leiche eine Leiche ist."
    Leona nickte unsicher, fast ängstlich.
    "Bei dem Gast, der sich in unserer Kompostbasis befindet, handelt es sich um die verblichenen Überreste des werten Señor Estaga. Das kannst du wohl nicht wissen, doch seinerzeit versuchte dieser Don Juan, hier auszubrechen. Er ist nicht weit gekommen, was sicherlich seinem legendären Pech und nicht seiner Dummheit zuzuschreiben ist."
    Sie nahm die Hand vom Kinn des Mädchens als sie erkannte, dass ein Funken Neugier in Leona geweckt war.
    "Ganz im Gegenteil, Señor Estaga war ausgesprochen klug."
    Sie reichte Leona nochmal ein Stück aufgeschnittenen Apfel, den diese wie in Trance annahm und weiter der Geschichte lauschte.
    "Er wurde scherzhaft "Ausbrecherkönig" genannt und es ist wahr - er war aus zahlreichen Gefängnissen bereits ausgebrochen. Einem Steinbruch in Neu-Neu-Delhi Distrikt 45 und sogar aus einem Gulag im Kaiserreich Russland, Sibirsk-Mark." Sie nickte versonnen. "Er war so überzeugt davon, dass es ihm auch hier gelingen würde, dass er sich sogar sein Markenzeichen - eine Krone - auf sein Gewand und seine Turnschuhe von unserer Schneiderin Mayandra hier unten hat einsticken lassen. Kurzum: Was auch immer ihn umgebracht hat hier unten - er..." sie wurde leiser und wisperte, kam der Floristin damit näher und fuhr fort: "Er war trotzdem vorbereitet. Bei seiner Leiche müsste Einiges an Werkzeug oder Ausrüstung liegen. Irgendetwas, mit dem er sich vorbereitet hatte. Etwas, das ihm bei der Flucht hätte helfen sollen. Das müssen wir also bergen. Du weißt, dass wir hier unten alle in Gefahr sind.", schloss sie mit sanfter Stimme, obschon das Thema mehr als furchterregend war.
    "Ich würde wirklich ruhiger schlafen, wenn ich wüsste, dass du und ich etwas sicherer sind."
    Leona schlug die Augen nieder und sprach leise. "Aber, wie soll ich da rüberkommen?"
    Die resolute Französin legte ihr wieder einen Finger unter das Kinn und zwang sie, sie anzusehen. Ein Funkeln lag in ihren Augen. Etwas wut und Wildheit.
    "Erstens: Schau die Leute an, wenn du mit ihnen sprichst. Nur Bedienstete schlagen die Augen nieder wenn die Herrschaft spricht. Du bist ein Pflänzchen, Liebes, streck den Kopf nach oben, der Sonne entgegen, sonst wirst du nicht wachsen."
    Leona nickte stumm, vielleicht etwas erschrocken.
    "Zweitens: Nichts im Leben ist einfach oder geschenkt. Wir werden uns was einfallen lassen. Und ich lasse dich erst wieder nach unten gehen, wenn ich sicher bin, dass dir nichts passieren kann."

    Und damit sah sich Eerie nach brauchbaren Utensilien um.
    Sie wusste, dass es beispielsweise größere Plexiglasplatten gab, die dafür da waren, manche Pflanzen - und vor allem die Pilze - gegen den Sprinker abzuschirmen und die Leona ihrer Meinung nach als "Paddelbrett" würde benutzen können, um sich zur Leiche zu begeben. Auch einige Meter des Gartenschlauches würden vielleicht helfen, sie abzusichern.
    Eine ganz irre Idee kam der Französin, als sie eines der Wasserlagerfässer sah, welches ausgeleert vielleicht dazu geeignet war, "trockenen" Fußes mit Hilfe eines Paddels zur Leiche zu staken. Wenn alles nichts taugte oder nicht in den Schacht passen sollte, dann könnte Leona mittels Werkzeug vielleicht versuchen, die Leiche zu ihr zu zerren?

    Geändert von Daen vom Clan (26.02.2017 um 11:57 Uhr)

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