Eeries Hände verkrampften sich leicht, als Robert sie mit diesem düsteren Blick maß, doch als ihr klar wurde, dass er unmöglich sie meinen konnte, entspannte sie sich zusehends.
Nicht, dass sie Angst vor ihm gehabt hätte - ihre einzige Angst war, die Person hier unten als... nun ja... Freund? zu verlieren, den sie hier noch hatte.
Sie erinnerte sich unbewusst an den Moment zurück, als er das erste Mal in ihr Leben getreten war.
Es muss vor vielleicht zehn Jahren gewesen sein, Düsterburg war als Gefängnis noch relativ neu und in den Bunkeranlagen herrschte Anarchie, Gewalt und Chaos.
Während es ihr gelungen war, sich aus den meisten Problemen heraus zu halten und aalglatt zumeist entwichen war, gab es doch den einen Tag, an dem ihr Leben an einem mehr als seidenen Faden hing.
Mehr aus Zufall, gepaart mit einer Prise Spaß und Sehnsucht, hatte sie in der hydropnischen Farm Avancen einer Bewundererin erfahren.
Ihren Namen hatte Eerie schon wieder vergessen, sie wusste lediglich, dass die aus dem VIS stammte, dem "Vereinigten Islamischen Staat" und als Vergewaltigungsopfer von der Scharia als schuldig für Düsterburg gesprochen wurde. Durch ihren Hass auf Männern - was Eerie in diesem Fall mehr als verstehen konnte - suchte sie wohl die Nähe der Frau, die kaltblütig sich an Männern vergangen hatte. Als es zum ersten - fast ungewollten - Kuss kam, wurden sie von einigen inhaftierten Supportern des "New-Klux-Clan" angegriffen, die von der Trumpadministration hier unten eingesperrt worden waren und die "hohen, christlichen Werte der NATION" auch hier unten hochhalten wollten.
Während auf sie Beiden eingetreten wurde, schlenderte Mister Silver - so zumindest in ihrer Erinnerung - im tadellos sitzenden Anzug in den Garten, nestelte an seinen Manschettenknöpfen herum und sagte nur ein Wort. "Halt."
Die Tritte "verstummten", die Angreifer wandten sich dem charismatischen Mann zu, der sie mit einem Blick strafte, der ihnen klar machte, dass sie für ihn nur Gewürm waren.
Zu ihrer Überraschung schlugen die Angreifer die Augen nieder und waren schnell verschwunden. Für ihre kleine Liason war die Hilfe jedoch zu spät gekommen, sie starb an einer Hirnblutung durch die Tritte.
Ähnlich böse erging es ihren Angreifern. Laut der alten KILA wurden sie mit den Resten von Feuerzeugbenzin im Mund mit halbverbrannten Gesichtern tot aufgefunden...
Doch fortan sollte Robert ihr einziger Vertrauter werden. So kam es, dass sie einander auch den Grund ihres Daseins nach einigen Jahren in zweisamer Runde anvertrauten.
Während er über sie dank ihres Prozesses natürlich bestens Bescheid wusste, war sie erstaunt - und seltsamerweise ein bisschen aufgeregt und erregt - als er in samtener Plauderlaune von den Schreien der Verbrennenden erzählte, fast plauderte oder schwadronierte.
Seitdem waren sie füreinander da gewesen. Und sie hatten die Anarchie überlebt. Und den Aufstand von Zelle 56 und den "Marsch der braunen Bänder." Und nun waren sie hier und Robert hatte wieder diesen Blick in den Augen.
Sie wusste, dass Mister Silver einzig und allein ihr die Tatsache anvertraut hatte, dass er ein Feuerteufel war und dass seine mediale Begleitung im Grunde nicht stattgefunden hatte.
Seine Sorge spielte also die Wut auf einen Maulwurf wieder. Jemand schien geplaudert zu haben.
Erie legte ihm sanft eine Hand an die Wange und aller Überzeugung, die sie aufbringen konnte und die sie aus ihrem Herzen speiste, sagte sie: "Wir finden das Schwein. Denken wir einmal logisch - Dieses Wissen kann nur Jemand haben, der sich mit KILA gut versteht. Und wir haben eine neue KILA."
Sie nahm die Hand von seiner Wange und legte sie wieder in seine Hände.
"Also kann es Herr Dr. Tod nicht sein, er und die neue KI hassen sich. Die jungen Mädchen, Leigh und Leona ebenfalls nicht, ich denke nicht, dass sie sich dafür interessieren würden. Bleibt noch Mister Boyle. Der Mann, der sich hier unten als Händler verdingt? Oder Mister Schumann oder Mister Hoffmann gar?"
Der Blick von Mister Silver wurde kalt, doch Erie sprach leise weiter.
"Viel wahrscheinlicher ist jedoch die Tatsache, dass der, der es wusste, bereits tot ist. Wir waren einstmals so viele Menschen hier unten. Jetzt sind wir so wenige. Es ist wahrscheinlich, dass der, der dies wusste und sich verplappert hatte, bereits nicht mehr unter uns weilt."
Robert atmete ein und hob den Kopf - eine aristokratische Geste, die etwas in ihr schwingen ließ - und ließ den Atem geräuschlos entweichen.
"Dann sollten wir uns nun um das Tagesgeschäft kümmern, nicht wahr?", sagte er dann aufgeräumt.
"Meine Stimme geht an Matt Foster, denke ich. Er stellt keine Gefahr dar und ist einfach zu durchschauen. Ihn an der Spitze zu haben, wird uns keine Probleme bereiten, sofern die See sich anschickt, rauer zu werden."
Damit schwieg Robert Silver, als wäre alles gesagt.
Unnötig zu erwähnen, dass sich Eerie Lauseanne seiner Wahl anschließen und für Matt Foster stimmen würde...