Roberts Glück, von dem er vor einigen Stunden noch gedacht hatte, dass es ihm heute hold war, hatte ihn wohl bereits wieder verlassen. Es schien so, als hätte irgendein Idiot alle Blüten von den Pflanzen gerissen. Wahrscheinlich beim Entfernen der Parasiten. Ein Großteil der Insassen der Düsterburg hatten einfach keine Ahnung, was Schönheit bedeutete und das man diese am besten in Ruhe lassen sollte.
Mit einem enttäuschten Seufzen, eine emotionale Regung die er sich nur in Abwesenheit der anderen Gefangenen erlaubte, erhob er sich und sah erneut zu der kleinen Frauengruppe hinüber.
Nun standen nur noch Eerie und die Frau mit blondem Haar da.
Robert richtete seine Kleidung und ging auf die beiden Damen zu.
Sie schienen im Moment nicht miteinander zu sprechen sondern sahen zur nahen Wand hinüber. Es schien ein Gitter zu fehlen welches einen Schacht freigeben hatte.
Um die beiden nicht zu erschrecken räusperte Robert sich einige Schritte bevor er zu ihnen aufgeschlossen hatte.
Eerie schien nicht überrascht ihn hier zu sehen, immerhin hatten sie schon oft, schweigend und beide in ihre Arbeit vertieft, die Zeit miteinander in der Hydroponik verbracht.
Er bedachte die ältere Frau daher nur mit einem freundlichen Lächeln und einem Nicken in ihre Richtung.
Die junge Frau hatte Robert zwar bereits gesehen, aber nie wirklich wahrgenommen.
Er schenkte also seine gesamte Aufmerksamkeit Leona, welche mit einer leichten Unsicherheit im Blick zu ihm aufsah.
"Wenn ich mich vorstellen darf, Robert Silver. Sie müssen neu in unserem bescheidenen Etablissement sein. Sie sind mir bis heute noch nie aufgefallen."
Robert hielt der Frau zur Begrüßung seine Hand hin. Er wusste, dass diese höfliche Geste in der Düsterburg eher verpönt war.
Mit einer Hand ließ sich schlecht kämpfen und das weglaufen war auch erschwert, wenn man seinen Feind an der Hand hielt.
Es gab allerdings Dinge aus seinem früheren Leben, die er sich nicht abgewöhnen konnte.
Eerie beobachtete die beiden mit wachen Augen. Leonas Blick huschte kurz zu der älteren Dame herüber, dann nahm sie zögerlich die warme Hand des Mannes in ihre.
"Leona." Ihre Stimme klang selbst in ihren eigenen Ohren schwach und ängstlich. Doch sie würde sich jetzt keine blöße geben. "Leona Petty. Ich bin noch nicht lange hier."
Nach einem kurzen Händedruck gab Robert ihre Hand wieder frei.
"Sie sind erst wenige Zeit hier und planen bereits einen Ausbruch?" Er lachte leise. "Ein kleiner Scherz. Nun was geht hier vor?"
Mit einer Handbewegung zum freigelegten Schacht deutend sah er ruhig zwischen Eerie und Leona hin und her.
"Nein nein." Eerie kicherte leise. "Ich brauche den Inhalt aus Behälter IIV für die Pflanzen und die liebreizende Leigh hat sich bereit erklärt mir zu helfen. Leona auch, aber Leigh war etwas... energischer."
Nun deutete auch sie auf den Schacht. "Sie ist vor wenigen Minuten hineingeklettert."
Robert zog die Augenbrauen hoch.
"Was für eine unangenehme Aufgabe."
Er besah sich die Öffnung genauer. Robert selber hätte niemals hinein gepasst und Eerie schon gar nicht.
"Hat Ms. Matthews denn etwas mitgenommen, womit sie es transportieren kann?"
Leona beobachtete die beiden kurz, entschloss sich dann allerdings lieber zu gehen. Was sollte sie noch hier? Sie brauchte eine Dusche.
"Entschuldigen Sie mich, aber ich werde jetzt gehen. Bis... später."
Robert und Eerie sahen ihr kurz nach. Dann, als die junge Blondine aus Hörreichweite, war wandte sich Robert mit ernster Miene seiner Gespärchspartnerin zu.
"Wen wählst du zum neuen Anführer, Eerie?"