"Danke für deine Hilfe. Aber die Erklärung bitte ganz langsam, ich kenn mich mit sowas bisher überhaupt nicht aus."
Während Leroy sich in Position begab, hörte er, wie ein paar Blätter raschelten.
"Code 424...424... hier. Durchgeschmorter Kontakt. Anscheinend ist die ungleichmäßige Stromerzeugung durch den St... die ungleichmäßige Stromversorgung das Problem."
KILA räusperte sich kurz, und Leroy fiel auf, dass sie da wohl gerade aus Versehen etwas zu viel geplappert hätte.
"Wenn zu viel Strom produziert wird, kann der nicht effektiv gespeichert werden und bleibt im System. Normalerweise wurde der Strom für einen Tag dann im Laufe der Nacht wegverbraucht, aber da hier nur noch so wenige Bewohner leben, hat er anscheinend ein paar Kabel durchgeschmurgelt. Okay. Leroy, kannst du Löten?"
"Ich kanns versuchen"
"Ugh, dann lieber nicht, ich will nicht, dass du stirbst, weil du es versucht hast und dann bin ich Schuld. Warte, wir könnten den Strom auch umleiten, weniger Belastung aufs System bringen... Dazu müsstest du nur die Stromerzeugung einmal kurz ausschalten, einen Kontakt überbrücken und fertig. "
Leroy hörte wieder wildes Blätterrascheln aus den Lautsprechern.
"Alles klar, der Strom-Hauptschalter ist an der rechten Seite des Panels, gelabelt mit "Main Energy". Sobald du den runtergefahren hast, funktionieren gleich nur noch die Not-Stromsysteme, es könnte also etwas dunkler werden. Danach schraubst du das Panel mit dem Fehlercode ab und schaltest dahinter der Sicherungen für den Bereich B-32 bis B-56 aus. Das müsste eigentlich reichen. Dann kommt das Panel wieder drauf, und du kannst den Strom wieder anschalten. Das müsste es eigentlich tun."
"Wolltest du mich nicht in aller Ruhe durch das Prozedere führen?"
"Schon, aber wenn du diesem Areal den Strom abdrehst, drehst du auch mit den Saft ab. Ich kann dann vorerst nicht mit dir hier kommunizieren, während die Stromversorgung getrennt ist. Also, wenn du dich selbst grillen solltest....wenn du dich in 10 Minuten nicht weider gemeldet hast, schicke ich einen der anderen, um nach dir zu schauen! Viel Erfolg!"
Und mit einem Klicken war KILA verschwunden.
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Etwas unschlüssig stand Leona vor dem Toten, mittlerweile flankiert von den beide, älteren Herren, die sie jeweils locker überragten. Die beiden Männer hatten ihr geholfen, den Mann aus seiner Koje zu hieven und hatten ihn auf den kalten Fliesenboden abgelegt. Langsam und vorsichtig machte sie sich daran, den Körper des Toten zu untersuchen.Sie zog seine Lider auseinander und erschauderte beim Anblick der leeren, toten, braunen Augen des ehemaligen, sehr kurzfristigen Anführers. Nichts. Auch am Hals oder an den Ohren konnte sie keine Hinweise auf Gewalt entdecken. es war so wie immer - der Tote sah aus, als wäre er einfach eingeschlafen und nicht wieder erwacht.
"Wenn ich jemanden umbringen wollen würde... vielleicht etwas injektieren? In die Halsschlagader, vielleicht."
Pflichtbewusst tastete Leona auch hier alles ab. Die ehemalige Floristin hatte nicht allzuviel medizinisches Wissen, wusste aber, dass ein Einstich Spuren hinterlassen musste - ein Bluterguss vielleicht, oder wenigstens eine Einstichstelle. Aber am Hals war nichts zu finden, und das, obwohl sie wirklich gründlich suchte.
"Nichts."
Die anderen Toten hatten ebenfalls keine Anzeichen von äußerlicher Einwirkung gezeigt. Die Bewohner der Düsterburg hatten mittlerweile fast alles versucht, um einander im Augen zu behalten, auch nachts. Aber es war immer dasselbe - das Schlafgas kam, und nachdem sie am Morgen alle wieder erwachten, war einer von ihnen tot. Leona bettete den Kopf des ehemaligen Anführers wieder auf den Fliesenboden und wollte sich gerade an seiner Schulter bastützen, um aufzustehen, als ihr Blick auf seine Hand fiel.
Der Ringfinger seiner linken Hand. Er war blutunterlaufen und völlig dunkelblau.
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Als Erie die Küche wieder betrat, fiel ihr sofort der Haufen an geschältem Sellerie, den Kartoffeln und den Karotten auf. Matt war anscheinend fleißig gewesen. Sie grinste ob ihrem arbeitssamen Assistenten und wuchtete die Leckereien aus der Hydroponik auch eine der blank polierten Arbeitsflächen. Wenn es schon nichts zu tun gab, so gab es doch immer noch ein paar Insassen, die sich mit Putzen die Zeit vertrieben.
In einem der Töpfe schwamm noch ein wenig Suppe von gestern, vielleicht genug für eine Portion. Erie als Kopf hinter den Überresten des Küchenteams hatte ein gutes Empfinden für Mengen - auch, wenn es eine Schande war, dass in der Hydroponik so viele kerngesunde Pflanzen standen, die eigentlich schon seit langem reif für die Ernte waren, aber es niemanden mehr gab, der sie essen konnte. Trotzdem bestand KILA darauf, die enorm große Station weiterhin in ihrer Größe beizubehalten.
Als nächsten standen die knolligen, knallorangenen Trumpesque Dior IV auf dem Speiseplan. Erie brach ein kleines Stück von dem Pilz ab, schnupperte daran, rieb mit dem Daumen über die Oberfläche - ein vielversprechendes Exemplar. Als nächstes nahm sie kurz einen Bissen von einer kleinen Ecke - und verzog sofort das Gesicht. Der Pilz wäre wohl gut, wenn er noch zwei Tage reifen dürfte.