Ergebnis 1 bis 20 von 71

Thema: [Verbrecher von Düsterburg] Tag 0 - Rollenspielintro und Anführerwahl

Baum-Darstellung

Vorheriger Beitrag Vorheriger Beitrag   Nächster Beitrag Nächster Beitrag
  1. #3
    Wie immer nach "Sonnenaufgang", wie er das Einschalten der Lampen für sich persönlich nannte, hatte Leroy Lust, sich die Decke über den Kopf zu ziehen und weiterzuschlafen.
    Und wie immer zwang er sich, dem Drang zu widerstehen, aus dem Bett zu steigen und in den Waschraum zu gehen (oder eher schlurfen). Leroy hasste frühes aufstehen. Und obwohl es keinen Beweis dafür gab, dass sich die Wach- und Schlafzeiten hier drin auch nur im entferntesten an denen der realen Welt orientierten, spürte er einfach wie durch einen siebten Sinn, dass es noch früh war. Nur ein weiterer auf der langen Liste der Punkte, die er an diesem Gefängnis hasste. Möglicherweise in der Top 100, aber sicher kein Spitzenplatz.

    Der Grund dafür, dass er sich entegegen seinem ausdrücklichen Wunsch jeden Morgen prompt aus dem Bett quälte, war der, dass viele der anderen Gefangenen denselben Drang zu haben schienen, und ihm, im Gegensatz zu ihm selbst, auch nachgaben. Dadurch war der Waschsaal direkt nach Sonnenaufgang noch relativ leer, und die Anzahl derjenigen, die beschlossen, dass Leroy gerade an ihrem Privatwaschbecken stand, und daher mit mehr oder meist weniger sanfter Gewalt weggeschubst werden musste, obwohl noch mindestens zehn andere direkt daneben frei waren, hielt sich in Grenzen. Die andere Möglichkeit wäre gewesen, einfach noch länger als die anderen liegen zu bleiben, aber seit ihn sein "Chef" eines Tages mit einigen Tritten davon überzeugt hatte, dass Leroy gefälligst pünktlich (d.h. nicht später als zu einem willkürlich von ihm festgelegten Zeitpunkt) bei der Arbeit zu erscheinen habe, war das auch keine Option mehr.

    Einer der wenigen Vorteile daran, sich so früh aus dem Bett zu quälen, war, dass, nachdem er sich also gewaschen und in der Mensa das Zeug, das sich hier drin Frühstück nannte (die Essensqualität durte irgendwo im 50er Bereich seiner Hassliste herumgondeln), in sich hineingeschaufelt hatte, er sich in aller Ruhe die neuesten Meldungen des Tages anhören konnte. Oder zumindest war es das bis vor kurzem gewesen, bevor sie KILA das Intelligenzdowngrade aufgespielt hatten.
    Auch wenn er damit vermutlich der Minderheit angehörte (wie in so ziemlich allem, was dieses Domizil betraf, abgesehen davon, dass er wie alle anderen hinauswollte) war ihm die sachliche und unpersönliche KILA lieber gewesen. Typen, bei denen man nie wusste, ob sie vor einem mit dem Messer herumfuchtelten, weil sei einen Einschüchtern wollten, oder mit einem Blutsbruderschaft schließen wollten, gab es hier drin schon genug, da brauchte er nicht noch eine KI im Bimbo-Modus. Diese Änderung hatte es auf Anhieb in die Top 5 seiner Hassliste geschafft. Und prompt begrüßte sie ihn mit einem fröhlichen

    "Ich bin ein verficktes Genie!"

    das allein schon fast dazu ausreichte, sein Frühstück den umgekehrten Weg durch seine Speiseröhre beschreiten zu lassen.

    Zumal sie in letzter Zeit ohnehin kaum Neuigkeiten aus der wirklichen Welt gebracht hatte, sondern nur davon erzählt hatte, wie die Insassen hier drin sich nacheinander gegenseitig umbrachten. Im Grunde nichts, wogegen er etwas gehabt hätte, hätte nicht jederzeit die Möglichkeit bestanden, dass er der nächste war, der mit durchgeschnittenen Kehle aufwachte, oder vielmehr nicht mehr aufwachte (gegenwärtig die offensichtliche Nummer 1 auf seiner Hassliste).

    "Ich kann morgens auch nur Zittern und Bangen und hoffen, dass es euch alles gut geht. Und dann ist wieder ein Bildschirm aus. So wie heute. Wie ihr sicher schon gesehen habt, hat es unseren geliebten Anführer getroffen. Genau drei Tage war er im Amt, bevor auch er gestorben ist. Ich weiß nicht, wo er rumliegt, vielleicht habt ihr ihn auch schon gefunden. Sein Koje war die G2-56, weil der werte Herr ja bloß nicht in das Privatappartement ziehen wollte. Deswegen hat er seine letzten Tage lieber bei euch verbracht. Also, findet seine Leiche, schafft sie zum Müllverbrenner in der Industrie, und wählt einen neuen Anführer. Ihr kennt das Prozedere ja mittlerweile, sagt mir, wen ihr für passend haltet, und morgen kann der glückliche dann in sein eigenes Privatzimmer ziehen. Sorry, Privatzelle. Ihr wisst schon. Sagt einfach laut, für wen ihr seid, ich höre euch schon. Und nicht vergessen, heute Abend bitte alle im Aufenthaltsraum versammeln. Und dann kicken wir diesen Mördern in den Arsch. Deswegen setzen wir heute Abend auch die Hinrichtung aus. Wenn irgendwas ist, redet nur mit mir. Ich kann mich auch privat in einen Bereich schalten, wie ihr wisst. Wenn es mal... persönlicher werden sollte. Und so. KILA out."

    Also schon wieder ein neuer Obermacker, der sich vermutlich kein Stück vom vorigen unterschied. Im Grunde konnten sie sich die Wahl eigentlich ganz sparen, dachte er missmutig, während er mit hängenden Schultern schicksalsergeben in Richtung seines Arbeitsplatzes in der Industriestation trottete.

    Geändert von Liferipper (20.02.2017 um 19:11 Uhr)

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •