@ LittleChoco
Hab vielen Dank für das tiefschürfende Fazit. Nach solchen Lektüreleckerbissen tropft mir natürlich der Zahn und der nachträgliche Abgleich zwischen dem, was ich konzeptionell wollte, und dem, was ich tatsächlich erreichte, ist ein ungemeiner Schatz. Ich will mich gar nicht zu der Meinung verheben, nun habe ich endlich alles kapiert und das nächste Spiel werde perfekt, auch wenn ich dank deines Charakter- und Weltdetaillob schon glaube, hier weiterhin auf einem guten Weg zu sein. Aber es gibt eben auch die Aspekte, die sich infrage zu stellen lohnen, ohne dass ich deswegen gleich die makellose Antwort hätte. Deine Anmerkungen zur (Boss-)Kampfschwierigkeit und zum Episodenformat als solches sind auf jeden Fall Gewichte für künftige Abwägungen.
Einfach keinen Schlusskampf anzubieten, fiel mir selbst gar nicht so leicht, immerhin existiert das gute, alte finale Gefecht sowohl aus guten Gründen wie auch wegen der Tradition. Ich wollte in "Endzeit" einen anderen Konflikt erzählen. Hier pflanzt man eine neue Idee. Natürlich geht das nicht ohne Widerstände und der Kampf ist ein unumgänglicher Begleiter auf dem Weg, indes ist er nicht der entscheidende letzte Schritt. Indem die Helden dem Kommissar Totenkopf die Unterstützer abspenstig machten (im optionalen Idealfall sogar die allerletzten Reserven an den Barrikaden), ist der Gegner erledigt. Gut, Totenkopf war auch ein starker Kämpfer mit einem fiesen Panzer, doch vor allem hatte er die Fähigkeit, Menschen an sich und seine Ziele zu binden und war dadurch eine Gefahr. Die Liga konnte dem Hass etwas entgegensetzen, eine bessere Idee vom Leben. Der Aufbau ist wichtiger als die Zerstörung - es gibt ja auch mehr EP für den Bunkerausbau als für die Bosskampfsiege. Man schlägt Wurzeln im Neuen.
Kapitän Atom sehe ich wie du: Als ein Sowohl-als-auch. Einerseits ist er eben kein überirdischer Erwählter, sondern ein wohlmeinender und etwas doofer Normalo, der zu ungewöhnlichen Kräften kam und nun im Rahmen seiner Möglichkeiten Gutes zu tun versucht. Auf der anderen Seite ist er eben nicht nur der lustige Clown zur Spielerbespaßung, vielmehr hat der Verlust einer ganzen Welt Spuren hinterlassen, die ich so angelegt habe, dass sie wohl vor allem denjenigen Spielern auffallen, die mit einem Auge für Figurenentwicklung durch das Abenteuer ziehen. Der Kapitän hat sich eine Schutzfassade in Form eines überlauten Ideals errichtet, an dem er zur Freude der Spieler immer wieder unterhaltsam scheitern kann, hinter dem er aber auch den inneren Piet versteckt. Er versucht die Welt um sich herum zu überdröhnen und nur manchmal lugt hinter der Pose des motivierten Anführers die Überforderung und die Sehnsucht nach Normalität hervor (gegenüber Hulker, dem Psychiater und Odette).
Baron von Böööse hätte in keinem Fall mehr angegriffen. Man kann ihn im U-Boot töten und schon einmal einen Vorgeschmack auf eine gewisse Leere des Kapitäns erhalten, weil eben auch ein guter Feind Stabilität verschafft, oder man kann den Baron schonen und sehen, inwieweit man als Spieler bereit ist, einen Ausgleich mit dem alten Erzfeind zu riskieren. Dass es tatsächlich gelingen kann, erfährt man ja nur, indem man es versucht. Der Baron ist auch ein Kontrast zum Kommissar. Feindschaft ist nicht alternativlos, sofern man sich immer wieder traut, die Hand ein Stück weiter auszustrecken. Das gilt ja nicht nur für die Liga, sondern auch für den bööösen Baron.