Seyd mir gegrueszet / O troglodyte realis / edeler vil=geprisener / artifex venerabilis / poeta computatoris etc. etc.

Puh, geht nicht mehr so leicht von der Feder wie einstmals. Ich spare mir also weiteres Kanzleyteutsch für heute und komme gleich zum Kern: Gerade habe ich, nach knapp fünf Stunden Folge 1 des neuen Werkes abgeschlossen. Und ich kann nur sagen: Es war – wieder einmal - ein audiovisueller ebenso wie narrativer und humoresker Hochgenuss, und zwar jeder Augenblick davon. Ich weiss nicht, wie Du das machst, aber jedes Deiner Spiele sprüht nur so vor Kreativität, weiss vermeintlich ausgelutschteste Szenarios neu zu beleben, setzt neue Akzente und behält dennoch den typischen “Trollstil” bei. Die Allreise, El Dorado 2 sowie Wolfenhain und jetzt auch Endzeit gehören jedenfalls zu den richtigen Höhepunkten meiner weit über zwanzig Jahre Spielgeschichte. Der real Troll-Ordner wandert seit Jahren von einem PC zum andern, von einer externen Festplatte zur nächsten und wird gehütet wie ein digitaler Augapfel.

Mir gefällt vieles am Atomödentrip: Die Experimentierfreude mit dem Maker ist grossartig und begeistert. Allein schon die anstossbaren und sich dann selbständig bewegenden Gegenstände oder Pflanzen machen richtig viel Freude und lassen die Spielwelt gleich weniger statisch wirken. Auch die korrekten Schattenwürfe finde ich genial, ich habe so etwas noch nie in einem RPG-Makerspiel gesehen. Details wie wegtretbare Gegenstände sind zwar gameplaybezogen "sinnlos", aber machen die Welt gleich viel glaubhafter (vergleichbar den vielen an sich ebenso "sinnlosen" Möglichkeiten in Ultima VII). Dass Du trotz modernerer Technik den alten, herrlichen Pixelstil beibehälst, finde ich ebenfalls grossartig. Das Einzige, was mir hier ein klein wenig gefehlt hat, waren die Portraits der Figuren, die hatten stets einen sehr eigenen, kunstvollen Stil, der das Spielerlebnis zusätzlich bereichert hat.

Was mich ausserdem sehr beeindruckt: Wirklich jeder noch so kleine Gegenstand und jeder verborgene Winkel wartet mit einer höchst amüsanten Beschreibung auf, quasi nonstop war ich am Schmunzeln. Verrückte Einfälle (die Mexikaner haben mich gar komplett aus der Bahn geworfen), Gags am laufenden Band. Dabei schafft es der Humor, stets niveauvoll und gehoben zu bleiben, bleibt aber auch immer ironisch genug, um nicht elitär zu wirken. Ich habe auch den Eindruck dass der kleinere Rahmen des Spiels dieser Humordichte entgegenkommt. Echtzeit ist sogar das erste Spiel, bei dem ich das Episodenformat anerkennen kann.

Auch die Erzählweise an sich gefällt mir sehr gut. Die Charaktere harmonieren wunderbar miteinander. Ich mag es, dass auch in Punkto dramatis personae wieder der typische Trollstil spürbar ist.

Mit grossem Begehr erwarte ich Nachschub. Also ran an den Maker mit Dir!

Gruss
Athanasius