Spiel 3: Odin Sphere Leifthrasir (PS4)
Gestartet: 16.09.2017
Beendet: 20.09.2017
Warum gerade dieses Spiel?
Ich hatte mir Odin Sphere damals für die PS2 geholt, da mich sowohl die Optik als auch das Gameplay fasziniert haben. Allerdings habe ich mich nie wirklich dazu aufraffen können, es durchzuspielen, da ich mir damals gespoilert hatte, dass das Stamina-Management im späteren Spielverlauf das ganze zu einer eher zähen Angelegenheit macht. Bei Leifthrasir hatte ich bereits letztes Jahr im PSN-Sale zugeschlagen und als ich dann noch hörte, dass das Remake ein völlig neues Spielerlebnis ala "Muramasa: The Demon Blade" bieten soll habe ich am Samstag einfach spontan losgelegt.
Worum gehts?
Auf der Welt Erion bekriegen sich das Elfenkönigreich Ringford, angeführt von der Elfenkönigin Elfaria, und das Asenkönigreich Ragnanival, angeführt vom Dämonenfürst Odin, weil beide die Kontrolle über ein altes Artefakt aus dem ungergegangenen Königreich Valentine gewinnen wollen. Der Kristalisierungskessel soll die Macht haben, eine unbegrenzte Anzahl an Phozonen, die Magiequelle Erions, zu sammeln, und böte so seinem Besitzer unendliche Macht. In diesen Konflikt, in welchem zahllose sichtbare und unsichtbare Parteien ihre eigenen Ziele haben, werden fünf junge Helden verwickelt: Asenprinzessin Gwendolyn, Prinz Kornelius des Menschenkönigreichs Titania, Prinzessin Mercedes des Feenwaldes, die verloren geglaubte Prinzessin Valentines namens Velvet, sowie ein heimatloser Schattenritter namens Oswald.
Gameplay
Kennt ihr Geschichten, deren Charaktere so gut gezeichnet sind, dass ihr hinterher richtig traurig seit, nicht noch mehr Zeit mit ihnen verbringen zu können?
Nun, Odin Sphere ist sicherlich keine dieser Geschichten, und will das auch gar nicht sein. Schon die Tatsache, dass die Handlung in eine Rahmenerzählung eingebettet ist (ein junges Mädchen namens Alice findet und liest auf dem Dachboden die Bücher der fünf Charaktere) macht klar, dass es sich bei Odin Sphere um ein modernes Kunstmärchen handelt, mit stark überzeichneten Charakteren und Handlungen. Prophezeihungen spielen eine wichtige Rolle und im Gegensatz zu anderen Geschichten ist hier nicht nur von Anfang an klar, dass der drohende Weltuntergang unausweichlich ist, es liegt am Spieler, diese Prophezeihungen richtig zu interpretieren. Man sollte sich davon aber nicht abgeschrecken lassen, denn die Story von Odin Sphere ist auf ihre unkonventionelle Art richtig gut.
Nicht nur anhand des Ragnarokszenarios wird klar, dass sich Vanilla Ware frei aus der nordischen Mythologie bedient hat. Namen, Begriffe, mythologische Waffen, sowie Wagners "Der Ring des Nibelungen" wurden frei miteinander vermengt und neu zusammen gesetzt, sowie mit neuen Elementen angereichert. Dies brachte die Übersetzer von Sony wohl an ihre Leistungsgrenzen, was auch einige der fragwürdigeren Begriffsumsetzungen (Mercedes -> Maresa, Lævateinn -> Leviathan, Wagner -> Wagnar, Heindel -> Hindel, Veldor -> Beldor) erklärt. Der angenehme Nebeneffekt der Tatsache, dass die offensichtlich nicht aus dem Japanischen übersetzte deutsche Fassung der PS2-Version beibehalten wurde, ist, dass das grauenhafte Pseudo-Shakespeare der US-Version wegfällt. Weniger angenehm sind die zahllosen anderen Übersetzungsfehler; so werden als Trollen gerne mal wieder Gnome, aus Gnomen Goblins, und Odin ist abwechselnd Dämonenfürst und Dämonenlord. Es gibt öfter mal gröbere Schnitzer, die das Verständnis der Geschichte etwas mindern, aber es hält sich im Rahmen des Ertragbaren.
Die 5 Charaktere haben alle den gleichen Gameplay-Flow: Man betrachtet den Charakter aus dem Profil heraus und steuert ihn quasi wie in einem 2D-Jump-and-Run. Jedes seiner jeweils sieben Kapitel bietet eine kleine Basismap um einzukaufen und mit einigen wenigen NPCs zu reden, danach gehts ab in den jeweiligen "Dungeon". Hier gilt es, eine Reihe von Schlachtfeldern von zahllosen Gegnern zu säubern, und ab und an wird das Gemetzel von Ruheräumen unterbrochen. Egal ob Schlachtfeld, Ruheraum oder leeres Zimmer, meist gibt es mehrere Ausgänge, was dazu führt, das die einzelnen Räume des Dungeons quasi-Labyrinthartig miteinander verknüpft sind. Je nach Charakter und Fortschrittsgrad gibt es so je Dungeon zwischen 5 und 15 Schlachtfelder, wobei man auch den kürzesten Weg zum Ziel nehmen kann, dabei gehen einem jedoch ordentlich Goodies durch die Lappen. Man findet Gegenstände nämlich nicht nur nach jeder Schlacht in einer Lootkiste (deren Inhalt teilweise von dem in der Schlacht erreichten Rang abhängt), sondern auch in den zahllosen zerstörbaren Gegenständen, sowie im Boden selbst. Außerdem kann man in jedem Dungeon 3 neue Specialmoves für jeden Charakter finden, wobei man mindestens eine davon automatisch nach Gebietsabschluss erhält.
Das Kampfsystem von Odin Sphere ist leicht zu verstehen, aber schwer zu meistern: Neben normalen Boden- und Luftkombos hat jeder Charakter einige Sondermanöver wie Dodges, Aufwärts- und Abwärtshiebe, Dashes und Teleports, sowie meist auch ein eigenes Gimick, was die Kämpfe erheblich auflockert - ein Charakter z.B. hat nur Fernkampfangriffe, was eine erhebliche Umgewöhnung erfordert. Dazu kommen noch die Specialmoves, die entweder über PP oder über die sich automatisch regenerierende Staminaleiste gespeist werden.
Das Vernichten von Gegnern setzt Phozonen frei, die gesammelt und in die Specialmoves gesteckt werden können . Außerdem erhält man für jedes Level-Up einen Fertigkeitspunkt, mit welchem das zweite, rein passive, Skillsystem gefüttert werden muss.
Im Spielverlauf findet man Samen, welche gepflanzt und mit Phozonen aufgezogen werden können, wodurch man Lebensmittel erhält. Lebensmittel sind das wichtigste System von Odin Sphere, denn sie geben bei Genuss wesentlich mehr EXP als Kämpfe, und sind auch der einzige Weg eure Max-HP zu erhöhen. Man kann sie entweder normal verspeisen oder aber zu Maury, dem wandernden Koch, bringen, um sie mithilfe eines Rezeptes zubereiten zu lassen, was sogar noch mehr Erfahrungspunkte bedeutet. Auf die ersten drei Bestellungen jeden Rezeptes gibts obendrein nochmal einen weiteren EXP-Bonus.
Lebensmittel sind auch der einfachste Weg um Odin Sphere auch noch den letzten Rest Schwierigkeit zu nehmen. Wer auch nur ein bisschen grindet erhält nicht nur EXP und Phozonen, sondern auch genug Lebensmittel (und Gold, um noch mehr Lebensmittel zu kaufen) um seine HP bis in den Himmel zu heben, und gleichzeitig noch mehr EXP zu erhalten. Zusätzlich gibt es im Spiel noch eine Zweitwährung, die nur dazu dient, in Restaurants die gleichen Gerichte ohne Lebensmittel bestellen zu können. Gekoppelt mit einer früh erhältlichen Fähigkeit, die sämtliche EXP durch Nahrung um 20 % erhöht, sowie eines einfachst zubereitbaren Zaubertranks, der sämtliche EXP-Boni nochmal verdoppelt ist es nicht schwer, das Spiel komplett zu zerbrechen.
Zusätzlich gibt es auch noch das Alchemiesystem, welches den Spieler frei Tränke mischen lässt. Theoretisch gibt es zwar auch hier Rezepte zu finden, aber im Internetzeitalter sollte das Fehlen derselben kein Hindernis sein. Das rudimentäre Equipsystem (drei Gegenstände pro Charakter, frei wählbar) fällt hier kaum ins Gewicht. Dass man jederzeit zwischen den drei Schwierigkeitsgraden wechseln kann ist von Vorteil, denn selbst auf dem mittleren ist das Spiel viel zu einfach.
Odin Sphere ist ein strikt lineares Spiel. Knapp 6-10 Stunden verbringt man pro Charakter, bevor man zum nächsten springt (wobei man auch jederzeit wechseln kann; es gibt dann halt nichts mehr zu tun außer zu leveln). Das ist auch gerade genug Zeit, damit die jeweilige Steuerung nicht langweilig wird, denn es macht zwar unglaublichen Spaß, Gegner zu zerschnetzeln, aber am Ende jeder Storyline war ich doch immer bereit für etwas neues. Wobei "neu" relativ ist, denn es gibt zwar 5 Charaktere, jedoch nur 8 unterschiedliche Gebiete und kaum exklusive Bosse - selbst der Final Boss jedes Charakters wird in anderen Geschichten (an anderer Stelle) recyclet. Nach Abschluss aller fünf Storylines gibt es noch die letzte Geschichte; hier steuert man nochmal alle Charaktere hintereinander. Odin Sphere bietet mehrere Bad Endings, von denen man alle gesehen haben muss, um das beste Ending freizuschalten
Erlebnisse beim Spielen
Wie bei mir üblich war ich am Anfang noch recht sorgfältig, hab regelmäßig gelevelt (und overlevelt) und neigte dann gegen Ende hin zum durchrushen. Dennoch habe ich es mir nicht nehmen lassen, nahezu alle Schlachtfelder mit dem höchsten Rang ("S") abzuschließen. Ich habe alle Fähigkeiten gesammelt, aber nicht alle auf den höchsten Rang gelevelt. Ich habe alle Enden geholt, alle Rezepte gekocht, und alle Texte gefunden. Sogar den Bossrush nach Spielende habe ich gemacht. Alles in allem kann ich stolz sagen, dass Odin Sphere Leifthrasir das erste Spiel ist, in dem ich eine Platin-Trophäe erhalten habe, was aber auch nicht besonders viel Zeit in Anspruch genommen hat
Es gibt übrigens den Statuseffekt "Frosch". Das erste mal bin ich dem ca. 10 Minuten bevor ich zu Spielen aufgehört habe begegnet. Kurz vor Ende des Post-Game-Boss-Rushes noch ein Tutorial zu kriegen war witzig.
Wie durchgespielt?
Spielzeit 46h, 48m, 26s; Platin (100%); die Hauptstory auf Normal (**), das anschließende leveln eines Charakters auf Level 99 und den Bossrush auf Leicht (*)