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Thema: [Gestrandet] - Episode 2 - Verschwunden (Tag 2)

Baum-Darstellung

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  1. #13
    "Die Hitze bin ich ja von zu Hause gewohnt, warst du schonmal in Californien? Von wo kommst du überhaupt?"

    Sam war mehr als erleichtert, als er in den Genuss von Brees Sunshine-Effektes kam. Er hatte schon gemerkt, dass sie eine Frohnatur war, durch und durch. Doch nachdem er ihren Freund eine reingehauen hatte, war sie auch ängstlich gewesen, zumindest ihm gegenüber. Zeitweise sogar wütend. Das konnte er nicht vergessen, daher stimmte ihn ihr Handeln zuversichtlich und hoffnungsvoll. Selbst wenn es nur erzwungen war. Fürs erste reichte ihn jeder Silberstreif, den er bekommen konnte.
    Und dann hatte sie ihn auch noch angezwinkert und an wie ein Kind an der Hand genommen und nicht - wie Sam es vermutet hatte - zu den anderen gebracht, sondern zu den Vorräten, abseits der Anderen.
    Auf dem Marsch durch den Wald war er angespannt gewesen. Die ganze Atmosphäre war angespannt, immer wieder striffen ihn die Blicke der anderen, abschätzend, verurteilend. Er hatte versucht sie zu ignorieren, aber er spürte sie immer wieder überall auf sich. Doch jetzt fiel die Anspannung von ihm ab, zusammen mit dem Plumpser in den warmen Sand verschwand eine Zenterlast von seinen Schultern.
    Sam war nicht mal aufgefallen, wie stark ihn die Gefühle der Anderen niedergedrückt hatten. Er war sogar so erleichtert, das er unwillkürlich anfing zu lächeln.

    "Nein. Nein, noch nicht. Das ist mein erster Flug nach Amerika. Oder wäre es gewesen..
    Ich komm aus Ramsen, das ist im südwesten von Deutschland. Nicht weit von der Grenze nach Frankreich. Und die Reise sollte eigentlich nach Fairbanks, Alaska gehen.
    "

    Sam hob schaut zu ihr hinüber, aber sie wirkte immer noch ehrlich interessiert, also fuhr er etwas sicherer fort.

    "Da gibt's einen der Seven Summits, einen der sieben jeweils höchsten Berge pro Kontinent. Und der Denali ist der höchte Berg Nordamerikas. Er ist nicht sehr bekannt, da es viele andere Berge gibt, die deutlich höher sind und es dort schon am Fuß des Berges fast ganzjährlich eisige Temperaturen herrschen. Im Mai/Juni hat man das beste Verhältnis zwischen Temperatur und niederschlagsmenge, weshalb ich jetzt da hin reise. Mein Ziel ist es nämlich, alle Seven Summits zu erklettern. Mit dem Mont Blanc in den Alpen und dem Kibo im Kilimandscharo-Massiv hab ich schon zwei. Der Denali, oder auch Mount McKinley genannt, wäre dann mein Dritter."

    Sam redete noch eine weile über seine Bergtouren. Er kannte all die Interessanten und oft verblüffenden Details der berühmteren oder in irgendeiner Weise besonderen Berge, er konnte mit abenteuerlichen und lustigen Geschichten seiner letzten Touren aufwarten und selbst Bree schien begeistert, obwohl sie wohl nie auf einem Hügel stand, der größer war als eine Treppenstufe. Zumindest schätzte Sam sie so ein.
    Ihm Tat es einfach gut, über etwas bekanntes zu reden, ein Thema zu haben in dem er sich auskannte und seine Augen funkelten während des ganzen Gespräches mit Bree freudig.

    Natürlich hätte er ihr auch über die letzten Wochen erzählen können. Die Wochen, in denen er sich eigentlich auf diesen schon seit fast 8 Monaten geplanten Trip intensiv hätte vorbereiten sollen, die aber fast vollständig anderweitig in Beschlag genommen worden waren.
    Sam wollte nicht daran denken. Er unterdrückte jeden Gedanken an seine Arbeit, an seine Zeit mit... Nein, er wollte die Sache ruhen lassen. Es war vorbei. Er hatte getan, was er konnte. Es lag nicht mehr an ihm. Würde er seinen Gedanken gestatten in diese Richtung zu gehen, dann würde er unweigerlich wieder an Brix denken und dann an...

    "Ich hörte ein krachen über mir und dachte schon, dass ich gleich von einem riesigen Felsen erschlagen werde, ich hatte schon fast mit meinem Leben abgeschlossen, als mich Pete nur schuldbewusst von oben her angrinste und nochmal einen fahren ließ."

    Die Geschichte hatte er schon häufiger erzählt. Doch anstatt wie sonst immer zu lachen spürte er ein brennen in den Augenwinkeln und heiße Tränen liefen ihm die Wangen herunter. wieder einmal.
    Sam begriff erst nicht, was geschah. Überrascht schaute er Bree an, die aber wohl auch mit der Frage beschäftigt war, ob sie lachen sollte oder was überhaupt los war.
    Da übernahm sein Körper das weitere Vorgehen und langsam hoben sich seine Hände, in denen er sein Gesicht verbarg und stumm anfing zu schluchzen.

    "Ich... konnte nichts tun. Ich... war zu spät.
    Immer und immer wieder.. zu spät...
    "

    Immer, jedesmal wenn er es in seinem Kopf, in seinen Träumen, selbst in seinen Fantasien, wie er es hätte anders machen sollen, durchspielte, kam er zu spät.
    Doch der Ausbruch hatte auch etwas gutes. Es war das Befreiendste, das er in den letzten Wochen, seitdem alles angefangen hatte, erlebt hatte. Selbst letzte Nacht, die eher intellektueller Natur gewesen war, hatte ihm nicht so viel Seelenfrieden gegeben.
    Die Tränen wuschen nicht alles weg, Sam bezweifelte, dass er jemals ganz davon los kommen würde, aber sie waren ein großer Schritt in die richtige Richtung. Er war Bree dankbar. Dankbar, dass sie ihm zugehört hatte, dankbar, dass sie auf ihn eingegangen war.
    Irgendwie hatte sie genau den richtigen Ton gefunden, den seine gequälte Seele gebraucht hatte.

    Geändert von Eddy131 (22.05.2016 um 14:24 Uhr)

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