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[Eure Daenigkeit]
"Alles cool, Alter, geschenkt.", sagte Richard nach einem kurzen Moment des Überlegens und grinste, dann streckte er Fabian die Hand hin, die dieser ergriff und kurz schüttelte.
"Dachte einfach das muss so, weil ich ja Amerikaner bin."
Fabian stutzte und sah den Schüler fragend an, dieser zog die Stirn kraus und schien unsicher: "Naja, und du doch Deutscher bist... Seid ihr nicht gegen...andere Länder...so?"
Der Deutsche, der die Hand von Richard noch immer hielt, drückte fester zu, zog ihn an sich heran und sagte voll feierlichem Ernst: "Schon seit 70 Jahren nicht mehr."
Rich nickte, als er merkte, wie ernst es seinem Gegenüber war.
Schließlich ließ Fabian und los und fragte deutlich entspannter. "Wie kann man das nicht wissen?"
Dick zuckte mit den Schultern. "Kann mich ja nicht um jedes kleine Land kümmern. Als wir die Teilnahme am Bandwettbewerb gewonnen hatten, musste ich erstmal nachschauen, wo das alles genau liegt."
Er lächelte unbekümmert und entspannte sich zusehends, als er sah, wie Ross sich um Brix kümmerte und allem Anschein nach wusste, was er tat.
"Tja, was passiert ist..." Richard ließ Brix nicht aus den Augen und sprach mehr zu sich selbst, fast leise. "Sie war wie immer. Wollte gehasst werden, um einen Grund zu haben alle zu hassen. Hat ein paar fiese Sachen gesagt. Und dann ist sie einfach umgekippt. Derbe aus den Latschen." Die Sorge in Richards Stimme schien echt.
"Wahrscheinlich hat sie zu wenig getrunken. Wie wir alle hier. Dazu die Aufregung, das kann schon passieren.", stimmte Fabian sorgenvoll zu.
"Oh ja, das kenne ich. Ich habe einmal so heftig gejubelt, dass ich gekotzt habe. Mitten auf der Auswechselbank. Und dann bin ich zusammengeklappt. Wie Brix.Nur dass mich keiner aufgefangen hat. Schweine."
Fabian schmunzelte einen Augenblick und sah dann den jüngeren Mann wieder an.
"Was ist das mit dir, Richard. Warum kannst du keine fünf Minuten still sitzen?"
Richard erwiderte den Blick und es war ihm anzusehen, dass er mit sich rang. Dann lächelte er gequält. "Weil ich glaube, dass wir Vier wegen mir auf der Insel sind. Ich hatte da ne heiße Nacht, ordentliches Eisen im Feuer. Und dann habe ich verpennt und wir haben den Flieger verpasst. Mein Dad, die coole Sau, hat uns dann in den Flieger von Frankfurz gesetzt. Und dann... deswegen sind wir hier."
Fabian wollte Richard schon automatisch wegen des Stadtnamens korrigieren, beließ es dann aber dabei und nickte nur.
"Deswegen will ich halt irgendwas bewegen. Was machen. Und wenn hinter der Tür was ist, was die Drei schneller hier weg bringt, dann will ich das finden."
"Das ist durchaus edel von dir."
"Naaaah, außerdem ist es ne geile Geschichte für die Chicks vom Cheerleaderteam!"
Richard grinste wieder so breit wie eh und je, offensichtlich davon überzeugt, dass die Rettung in greifbarer Nähe war und schon jetzt damit beschäftigt, sich die coolsten Geschichten auszudenken, die er auf der Insel erlebt haben könnte.
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Ritter
Da hatte Sam nun schon so viele Worte benutzt und konnte dennoch nicht vermitteln, was er eigentlich sagen wollte. Ja, es stimmte, dass ein Floss und eine Überdachung unsinnig waren, wenn sie nur mal schnell gucken wollten, was sich hinter der Tür verbarg, da gab er Ross recht. Und es war auch wichtig, nachzuschauen, was es dort gab, das hatte Sam genau so gemeint.Das war aber nicht sein primärer Grund für die Baumaßnahmen.
Die Höhle wäre ein idealer Zufluchtsort. Nachdem was die anderen erzählt hatten war sie groß genug um allen Platz zu bieten, weiter hinten war sie weit genug vom Wasserfall entfernt um trocken genug zu sein, um dort schlafen zu können, sie war Windgeschützt und auch vor wilden Tieren bräuchten sie dort keine Angst haben. Und frisches Trinkwasser befand sich praktischerweise direkt vor der Haustür. Und wer weiß, welche Höhlensystem sich noch hinter der Tür offenbaren würden?
Ross Norway hatte ihn wohl nur falsch verstanden. Und den etwas bissigen Unterton hatte Sam sich auch nur eingebildet. Er war immerhin Ross Norway. Ross, der immer coole. Ross, der Draufgänger. Ross, der sich wegen seines Geldes alles erlauben konnte und lauter Hammer Aktionen machte.
Halt! Das ist genau das Schubladensystem, das ich früher hatte. Er ist auch nur ein Mensch und hat mal schlechte Laune. Und wenn ich es mir recht überlege, waren seine "Opfer" nie so wirklich froh darüber, was er mit ihnen anstellte - egal ob sie es verdient hatten oder nicht. Solche Geschichten und Clips sind wohl nur dann witzig, wenn man selber nicht das Opfer ist.
Also: Ross Norway. Ein Mann mit Schwächen und Stärken. Kann aus Nichts ein Imperium aufbauen. Ist überheblich, gönnerhaft und gebieterisch, weil er es sich leisten kann.
Auch wenn es ihm schwer fiel, formulierte Sam die schlechten Eigenschaften bewusst deutlich, um sich selber zu zeigen, das er Fortschritte machte.
Einen Punkt kann ich aber noch nicht einordnen: Macht er sich Sorgen.. um seine Mitmenschen? Oder nur um sich selbst? Oder ist ihm das alles mittlerweile ziemlich egal?
Sam dachte, Brix wäre die einzige, die schwierig einzuordnen war. Und in gewisser Weise stimmte das auch. Jedoch war Sam noch zu sehr Vorbehaftet gegenüber dem reichen Medienliebling. Er nahm sich vor, bei nächster Gelegenheit ein etwas intensiveres Gespräch mit ihm zu führen. Um ihn als Mensch kennen zu lernen und das Bild des coolen Milliardärs Ross Norway durch das des Menschen Ross Norway zu ersetzen.
Doch nicht jetzt, das hatte zeit bis später. Im Moment war die Höhle wichtiger.
Bevor Sam jedoch seine Gedanken zusammenfassen und aussprechen konnte hörten sie plötzlich leicht hysterische Sätze aus Richtung des Waldes und die anderen drehten sich zu den Geräuschen hin.Von dort kam plötzlich ein leicht labil wirkender Rich angetorkelt. Im ersten Moment verstand Sam nicht, was mit dem Teenager los war. Dann liefen erst Fabian und dann Ross an ihm vorbei zu Rich hin. Und auf einmal Begriff sein Verstand! Seine Schwester. Seine kleine Schwester, seine gerade erst gefundene und schon wieder verlorene Schwester!
Ihr Kopf flog leblos von links nach rechts, kein Lebenszeichen war mehr auszumachen. Alle logischen Gedanken waren aus Sams Kopf verschwunden. Rich hatte sie umgebracht. Sam verstand nicht wieso. Die Anderen standen fast teilnahmslos daneben und taten irgendwelche banalen Dinge. Dann lag Brix plötzlich wie aufgebahrt unter einem Baum.
Die Anderen immer noch Teilnahmslos daneben.
Das war zu viel.
Seine philosophischen Höhenflüge, vergessen.
Seine ruhige und bedachte Art, ausgelöscht.
Sein neues Weltbild, dahin.
Seine positiven Gedanken, aus seinem Kopf verbannt.
Alles um ihn verschwamm, die Menschen verloren ihre Konturen, der Wald, die Klippen und der See zerfaserten aus seiner Welt, selbst die Farben waren mit einem mal nicht mehr da. Es blieb nur das Bild der bleichen Brix; und Rich, wie er höhnisch grinsend neben ihr Stand und auf sie hinabblickte.
Das war zu viel.
Sam wusste nicht, was er tat, sein Körper entwickelte ein Eigenleben. Adrenalin flutete seinen Körper. Einen Körper, der losgelöst war von ihm und der Welt. Und mit mehr Kraft und Schnelligkeit, als er sich zugetraut hatte war er bei Rich. Und noch schneller traf seine Faust ihn äußerst hart mitten zwischen den Augen. Erstaunten Augen. Schreckgeweiteten Augen.
Doch das kümmerte Sam nicht mehr.
Logisch betrachtet verstand Sam sich selbst nicht mehr. Er kannte Brix kaum. Und Sam wusste - er wusste es einfach! - dass Rich ihr nie etwas getan hätte, ihr nie etwas antun konnte. Doch auch so etwas abstraktes wie "Logik" hatte keinen Platz mehr in Sams Welt, in der Welt die allein für eine Schwester bestand, die er nie hatte.
Auch über Rache dachte Sam nicht nach. Rich war Schuld. Er musste bestraft werden. So war es einfach. So gehörte es sich.
Nach dem Zusammentreffen von Richs Gesicht und Sams Faust war dieser Punkt abgehakt. Endlich war er nicht mehr in seinem Blickfeld und damit nicht mehr Teil dieser Welt. Mit 2 Schritten verkleinerte er seine Welt noch weiter und ließ sich neben Brix nieder um ihr sanft mit einer Hand über die Wange zu streichen.
Das war alles, was er jetzt noch wollte, alles, was er jetzt noch tun konnte. Sam merkte nicht einmal, wie ihm die Tränen die Wangen hinabliefen.
Außer Brix totenbleiches Gesicht nahm er nichts mehr wahr.
Geändert von Eddy131 (12.05.2016 um 00:49 Uhr)
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