Tock.
Schon beim ersten Schlag wusste Zoe, dass sie es nie schaffen würde. Tock.
Es war ihr egal. Tock.
Mit der Kraft der reinen Verzweiflung schlug sie auf die Tür ein. Tock.
Das rhythmische Hämmern überdeckte bald ihr eigenes Schluchzen. Tock.
Kackteil. Scheisstür. Tock.
Verkacktes Drecksleben. Tock.
Sie hätte nie geboren werden dürfen. Tock.
Ihr Leben war eine einzige Aneinanderreihung von Fehlern. Tock.
Wie all das hier... Schlock.
Zoe schnellte herum, den Stein immernoch fest in der Hand und wie aus Reflex warf sie ihn nach der Geräuschquelle. Sobald sie Riches Züge erkannte, zog sich alles in ihr zusammen. Um ihre Angst, ihm weh zu tun, zu überspielen, tat sie das, was sie am besten konnte - sie pöbelte ihn an. Einerseits war sie unendlich froh, dass es in der Höhle zu dunkel war, um ihr verheultes Gesicht zu sehen, andererseits wünschte sie sich nichts mehr, als dass er merkte, wie es ihr ging. Wie zerstört sie war. Dass sie nicht mehr konnte und bereit war, ihr Leben auf dem Silbertablett zu präsentieren, nur, damit irgendetwas passierte. Sie hörte sich Rich anschreien und sofort tat es ihr unendlich Leid.
Unter ihrer lächelnden Maske war ein Ort, der ihr selbst Angst machte. Unter ihrem Optimismus verbarg sich eine zerstörte Seele, die nichts mehr wollte, als von allen anderen gemocht zu werden. Es war ein kalter, beunruhigender Ort, aber sie konnte nichts daran ändern, dass er da war. Sie war es Leid. Sie war es so Leid, nur sich selbst zu haben. Ihre eigenen Gegenwart war ihr nicht mehr genug. Das war der einzige Grund, weswegen sie auf diese beschissene Annonce geantwortet hatte. Warum sie zu diesem Fotoshoot erschienen war. Ein Job, bei dem sie nicht mehr nachts alleine an die Decke starren musste und nichts hörte als ihre eigenen Gedanken.
"Ich bin auch neugierig. Aber noch ungerniger laufe ich blind durch ne Tür. Wir bereiten uns vor, rüsten auf und dann vollenden wir was du angefangen hast."
Er hatte Recht. Natürlich hatte er Recht. Selbst das Mädchen da draußen hatte Recht. Rich grinste sie mit seinem üblichen Selbstbewusstsein an und das war alles, was es brauchte, um Zoe endgültig über den dünnen Rand ihres Verstands zu schubsen. Sein leises "Hey" ging vollkommen unter in Zoes unverhaltenem Schluchzen und er konnte gar nicht so schnell reagieren, wie sie auf die Knie vor ihm sank, das wunderschöne Gesicht in die Hände geborgen. Sie spürte, wie er sich nach unten beugte, sich ebenfalls auf den harten Steinboden kniete und seine Arme um ihre Schultern schloss.
Schön, Zoe. Du liegst heulend in den Armen des klischeehaftesten Highschool-Jocks, der je lebte, der noch dazu ungefähr 10 Jahre zu jung für dich ist. Glückwunsch. Wie um ihr eigenes Gehirn endlich zum Verstummen zu bringen schlug Zoe schluchzend ihren Kopf immer wieder gegen seine muskulöse Schulter. Er dagegen hielt sie einfach fest, ließ sie sich ausweinen und streichelte ihr erstaunlich einfühlsam über den nackten Rücken. Das machte es paradoxerweise noch schlimmer.