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Thema: [Gestrandet] - Episode 2 - Verschwunden (Tag 2)

Baum-Darstellung

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  1. #10
    Der gestrige Tag mit all seinem Chaos war wie im Fluge an der wie benommen wirkenden Amy vorbeigezogen. Abends war sie mit eine der ersten gewesen, denen erschöpft die Augen zugefallen waren, und auch am nächsten Morgen war ihr all das hier zunächst noch wie ein sehr, sehr schräger Traum vorgekommen.

    Erst der Marsch ins Landesinnere hatte dafür gesorgt, dass sich dieser Schleier der Teilnahmslosigkeit langsam über ihr lüftete, und wie um die abgestumpfte Wahrnehmung der letzten zwölf Stunden wiedergutzumachen, schien ihr jetzt alles um sie herum - von dem Gefühl der leicht matschigen Erde unter ihren Füßen, über das sachte Rauschen des Windes in den Baumkronen über ihr, bis hin zu den Farben und Formen einzelner Blüten am Wegesrand - wesentlich... schärfer, wesentlich klarer zu wirken.

    Ist das immer noch der Schock? Gab es da nicht verschiedene Phasen? Aber im Gegensatz zu gestern fühl ich mich ganz ruhig... brech ich dann jetzt gleich zusammen, oder wars das jetzt mit Ausnahmezustand?

    Gedankenverloren war sie hinter ihren Freunden her auf die Lichtung getreten, und war dann beim sich umschauen mehr unbewusst weiter hinter Richard hergegangen. Als er stehenblieb um grinsend an einem Busch vorbeizuschauen, stoppte sie abrupt und blickte in dieselbe Richtung.
    "Äähhh...!" Beim Anblick von Bree schoß Amy augenblicklich die Röte ins Gesicht. Wieso steht sie da NACKIG rum? Sie öffnete ein, zwei Mal den Mund als wollte sie etwas sagen, aber die Worte wollten nicht so recht kommen. Was SAGT man da überhaupt?!

    Schlußendlich wandte sie sich dann hastig von dem kleinen Nackte-und-Spanner-Stillleben vor ihr ab, und began sich intensiv mit dem Seeufer und den dort wachsenden Pflanzen zu beschäftigen. Nicht dass sie wirklich erwartete da irgendwas Nützliches zu finden, aber alles, ja so wirklich ALLES war gerade besser, als da hinten stehenzubleiben.

    "Das waren jetzt fünf Meter. Twenty to go!"

    Der Ausruf ließ Amy aufschauen - kletterte da etwa jemand die Felswand hoch? Tatsächlich... wer war denn bitte irre genug, um... oh. Das - soll das so bröckeln? Das sieht gefährlich aus... Halt, er springt doch nich... oh nein!! Wie gelähmt sah Amy zu, wie Rich zum Sprung ansetzte, sich weiter oben an einer Wurzel festkrallte, und dann wie in Zeitlupe zu fallen begann.

    Und fiel.

    Und fiel.

    Und mit einem für sie ohrenbetäubend laut klingenden Klatschen auf dem Wasser aufschlug, und darin unterging.

    Mit weit aufgerissenen Augen starrte Amy auf die aufgewühlte Wasserstelle, und blickte sich dann hilfesuchend um, noch während sich ihre Beine wie von selbst in Bewegung setzten. War hier denn niemand in Reichweite? "Hey, Hilfe! Irgendwer?!" Noch im Herannahen begriffen sah sie, wie Rich wieder aus den Tiefen auftauchte... und mit dem Kopf nach unten in der leichten Strömung trieb.

    Komm schon, komm schon, heb den Kopf und mach nen dummen Witz! Natürlich tat er ihr diesen Gefallen nicht.

    Ist er etwa.... ? Hastig stürzte Amy das Ufer entlang, weiter um Hilfe rufend, hin zu der Stelle wo ihr abgestürzter Freund aufgeschlagen war. Irgendwo hinter sich hörte sie ausgreifende Schritte - Gott sei Dank, irgendjemand von der Hauptgruppe kam herbeigerannt. Zudem sah sie aus den Augenwinkeln eine Gestalt aus Richtung der Felswand auf die gleiche Uferstelle wie sie selbst zuhasten, und dann warf sich auch schon Seite an Seite mit Valentijn ins Wasser.

    Wie genau sie sein Richs schlaffen Leib aus dem Wasser gehievt bekamen, hätte sie im Nachhinein beim besten Willen nicht mehr sagen können - auch wenn sie sicher war, dass sie bei der Schlepperei nur einen geringen Beitrag hatte leisten können, nachdem Valentijn Rich erst einmal mit festem, sicheren Griff gepackt hatte.

    Kaum dass sie ihn auf halbwegs trockenem Land abgelegt hatten, machte Amy sich mit fieberhafter Eile daran, all das zu tun, was man ihr im Erste Hilfe Kurs vor gar nicht allzulanger Zeit beigebracht hatte. Wenn sie sich jetzt gerade erlauben würde, darüber nachzudenken, was sie da eigentlich tat, wäre sie selbst sicher am meisten erstaunt darüber, dass sie sich überhaupt noch an etwas erinnern konnte.
    "Herzschlag? Ja, okay, Puls ist da. Flattert, aber da. Atme... er atmet nicht? Wieso atmet er nicht?" plapperte sie vor sich hin, mehr zu ihrer eigenen Beruhigung gedacht, als an Valentijn und den mittlerweile angekommenen Fabian gerichtet. "Okay, ich ... äh..." Amy schluckte, schloß für eine Sekunde die Augen um sich zu sammeln, brachte dann Rich so in Position, wie sie es gelernt hatte, und senkte dann ihren Kopf, um mit der Mund-zu-Mund-Beatmung zu beginnen.

    Zeit zum Quietschen und Rotwerden wäre dann hoffentlich später noch.

    Geändert von Shinshrii (06.05.2016 um 22:57 Uhr)

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