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Young Imperial Combo
Es war ja fast schon wie zu Hause, dachte Ross, als Brix erneut ihre Hilfe anbot. Er stand dumm herum und andere bestanden darauf, seinen Kram für ihn zu erledigen. Nur, dass diese junge Dame hier ein deutlich loseres Mundwerk hatte als seine Assistentin. Und ein lauteres Organ. Vielleicht sollte er sich ein paar Begriffe merken und sie bei der nächsten Besprechung rausfeuern. Wo bleiben die Designs für das Feiertags-Logo, Bitchie?
Eigentlich konnte Ross es nicht leiden, wenn ihm jeder Schritt abgenommen wurde, aber offensichtlich hatte er sich unbemerkt wohl doch irgendwann daran gewöhnt - zumindest kam es ihm nun weniger seltsam vor, als es vermutlich sein hätte sollen.
"Was machst du eigentlich? Du kommst mir irgendwie bekannt vor, aber ich glaube das ist nur, weil du wie diese Fernsehtussi aussiehst. Jedenfalls siehst du teuer aus, also bist du bestimmt reich. Oder du bist irgendein Loser auf dem Weg zum Vorstellungsgespräch, der sich teuer verkaufen will? Keine Ahnung, was schlimmer wäre, aber hast du in deinem Laptop irgendeinen High-Tech-Nanotechnologie-Peilsender, mit dem du deinen Privatjet rufen kannst, damit der uns hier abholt?"
"Ah, eigentlich,", setzte er zur Antwort an und folgte währenddessen mit den Augen Rich, der sich nun tatsächlich ins Wrack zu begeben zu schien. Er kam auch nicht augenblicklich wieder zurück, also hatte er es wohl geschafft, sich an den Hindernissen vorbeizuquetschen. Oder steckte fest und verendete gerade qualvoll. Ein kurzer Blick hinein - nein, da steckte niemand. Gut.
"Also eigentlich bin ich nicht so scharf darauf, immer und überall gefunden zu werden, sorry." Brix sah ihn weiterhin fragend an.
"Ich bin eigentlich der totgeschwiegene Sohn von dieser Fernsehtussi und... Hugh Heffner." Das verlangte ihr nur ein müdes Anheben ihrer Augenbrauen ab. Welche Fernsehtussi meinte sie überhaupt? Die einzige, die ihm einfiel war diese eine, die diese amüsante Talkshow hatte und auf Frauen stand. ...Sah er aus wie eine Lesbe?
"Na, in Wahrheit ist es stinklangweilig, wie du sicher schon erahnst. Ich habe was fürs Internet entwickelt und habe damit viel Geld verdient." Er zuckte mit den Schultern. "Hilft mir hier auch nicht."
Brix antwortete erst nicht - vermutlich weil es wirklich stinklangweilig war - und wurde dann davon abgelenkt, dass Rich nun wieder aus dem Flugzeug zurückkehrte. Und er hatte die Hände voll mit Sachen.
Noch bevor Ross es verarbeitet hatte, war das Mädchen schon auf dem Weg dorthin und nach einem kurzen Wortwechsel und weiterem Gepose des Jungen hatte sie eine Tasche in der Hand. Die Laptoptasche!
Sein Herz machte einen Sprung.
Er eilte nun auch zu den beiden und strahlte sie an. Brix hatte dem Jungen die Tasche nun abgenommen und drückte sie Ross etwas unwirsch in die Hände.
"Du willst nicht zufällig meine neue Assistentin werden? Meine alte ist ungefähr so langweilig wie ich und schafft es nicht mal meinen Kaffee nach fünf Jahren richtig hinzubekommen."
Die Teenagering machte eine Geste als müsste sie kotzen. Nur über deine Leiche, schon klar, dachte er grinsend und widmete sich der Tasche.
"Nummer 1 Fan?"
"Der Idiot."
Der "Idiot" zuckte noch einmal mit den Schultern, wohl etwas gebremst durch die Erkenntnis, dass er das wichtige Gut eigentlich für den blonden Geschäftsmann geholt hatte.
"Ist doch gut! Hey Rich, ich bin jetzt definitiv dein größter Fan." Ross grinste den Jungen an und hielt die Tasche dabei in seinen Armen wie das kostbarste Gut auf Erden.
"Danke, Mann, ehrlich. Du hast was gut bei mir."
Brix rollte mit den Augen als Rich ihr einen leicht genugtuerischen Blick zuwarf.
Ross beschäftigte sich allerdings nicht weiter mit den beiden Teenagern, die vermutlich wieder drauf und dran waren, mit ihren Neckereien loszulegen und setzte sich etwas Abseits in den Sand. Es hatte zu regnen angefangen, aber im Schutz einiger Trümmerteile war es noch trocken. Er öffnete die Tasche, zog unwirsch die verbeulte Aktenhülle mit den vergilbten Papieren, die einmal wichtige Verträge gewaren waren, heraus und pfefferte sie achtlos zur Seite. Dann holte er vorsichtig den Laptop heraus. So auf den ersten Blick sah er ganz gut aus. War auch ein robustes Teil. Kein Apple Netbook oder sowas. Die Ecken waren seltsam kraus - vermutlich ein bisschen angeschmolzen - aber das musste der Funktionalität keinen Abbruch tun. Hoffentlich.
Brix sah ihm fast mitleidig zu. "Da ist wichtiger Privatkram drauf, okay?", verteidigte Ross sich, obwohl er nicht einmal wusste wieso.
Egal, wichtig war jetzt ohnehin nur eines. Wenn der Akku noch intakt war, konnte er den Laptop vielleicht einschalten. Nur kurz überprüfen, ob er grundsätzlich noch funktionierte.
Geändert von Lynx (30.04.2016 um 10:29 Uhr)
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