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Thema: [Gestrandet] - Episode 1 - Bruchlandung (Tag 1)

  1. #181
    Wie es Valentijn vorgeschlagen hatte, begaben sich die drei ungleichen, zum Bauen des Unterstandes Abgestellten zu Ross und Iker, um von ihnen die nötigen Informationen zu bekommen. Besonders Ersterer zeigte von Anfang, warum er scheinbar so eine Art Berühmtheit war. Brix hatte das Gefühl, Sam einige Male beinahe aus dem Arsch des blonden Mannes ziehen zu müssen, damit er nicht komplett darin verschwand. Der peruanische Junge hingegen schien das Wissen erstaunlich schnell zu adaptieren und seinerseits scheinbar fehlerfrei - jedenfalls wies ihn Ross nicht auf Fehler hin - anzuwenden und weiterzuleiten. Die Bassistin verstand - wie wohl auch ihre Baukollegen - nur auszugsweise etwas von dem, was gesagt wurde. Doch sie fühlte sich dazu in der Lage, zu tun, was man von ihr verlangte, ohne die genauen Gründe zu verstehen. Lediglich Sam stellte immer wieder Fragen, die wohl sein verstärktes Interesse aufzeigen sollten. Brittney hasste Leute wie ihn. Sie kannte diese Art von Personen aus der High School gut genug. Da wurden selbst eindeutig gestellte Aufgaben hinterfragt, um dem jeweiligen Lehrer zu zeigen, wie kritisch und differenziert man doch war und wie sehr dem Perfektionismus verfallen. Vielleicht hätte das beim Suchmaschinenmogul auch gewirkt, wenn dieser nicht wie fast alle Versammelten gewusst hätte, dass durchaus eine gewisse Portion Eile angebracht war. Scheinbar teilte auch Ugur diese Meinung und artikulierte sie ziemlich eindeutig: "Sei mal leise und pack gleich einfach mit an, Bruder. So werden wir nie fertig, weißt du?"

    Nicht viel später hatte der fleißige Trupp an Materialbeschaffern ihre Aufgabe zu großen Teilen erledigt. Es war durchaus beeindruckend zu sehen, wie es den Dreien - nicht mühe- und auch nicht fehlerlos, aber doch ohne größere Blessuren - gelang, alles aus dem Wrack an die geeigneten Stellen zu tragen und es dem ebenfalls dreiköpfigen Bauteam damit leicht zu machen. Wieder war Brittney ziemlich beeindruckt von der unscheinbaren Ewgenya, die ihre Kraft zum zweiten Mal unter Beweis stellte, während sich auch die hübsche Zoe und der Feuerwehrmann ihrer Aufgabe eindrucksvoll widmeten.

    Es waren noch nicht alle Teile da, die Iker und Ross als notwendig erachtet hatten, doch der Türke, der Deutsche und die US-Amerikanerin begannen bereits damit, das Fundament zu setzen. Die Planer mussten hier und da weitere Anweisungen geben, da es sich doch nicht einfach darstellte, die einzelnen Bleche an die richtigen Stellen zu stecken. Die 19-Jährige wusste immer genau, was ihre Finger machen mussten, doch fühlte sich nicht dazu im Stande, sich auszumalen, wie daraus mal etwas Sinnvolles werden sollte. Sam hatte nach der Schelte des ehemaligen Ölringers zwar aufgehört, den Doppelgänger von Ellen DeGeneres zu belagern, sah jedoch nun auffällig oft in Richtung der deutsch-orientalischen Schönheit, die inzwischen - ihren Erfolg genießend - etwas abseits im Sand saß. Das konnte Brix ihm nicht wirklich verdenken, doch auch abgesehen davon ging er außerordentlich langsam vor, brauchte immer wieder eine Weile, um das offensichtlich verletzte, momentan nicht ganz standfähige Bein neu zu positionieren.

    "Willst du vielleicht anfangen zu arbeiten, oder weiter Titten gucken?", brach es aus ihr heraus. Sie legte absichtlich viel Lautstärke in ihre Worte, damit ja niemand sie überhören könnte. Sam zuckte zusammen. Ob er ertappt oder nur eingeschüchtert aussah, konnte sie nicht sicher sagen.

    "Ist ja gut. Das kann man aber auch anders formulieren."

    "Man kann auch anders arbeiten. Zügig nämlich." Sie sah vielsagend in Richtung Himmel, wenngleich das gar nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Die langsam aber stetig häufiger werdenden Regentropfen kündigten an, dass die Fertigstellung des Unterstandes nicht mehr zu lange auf sich warten lassen sollte, wenn sie nicht allesamt an einer Erkältung verenden wollten. "Der Regen wartet jedenfalls nicht, bis du mit deinem Mittagsschlaf und dem Sextraum durch bist. Also nächstes Mal erst abspritzen und dann arbeiten, okay?"

    Ugur gluckste belustigt von ihren Worten, während er im Gegensatz zur Bassistin jedoch unbeirrt weiter arbeitete. Über ihn hatte sie sich die gesamte Zeit lang nicht aufregen können. Er wusste, was er tat, tat das auch ohne sich Zeit zu lassen, baute trotzdem keine Scheiße und brachte ganz im Gegensatz zu Sam und ihr selbst sogar noch die Körperkraft mit, die hier und da nötig war, um falsch versetzte Bauteile herauszuhieven und anderweitig zu verwerten.

    Der Deutsche nuschelte sich derweil etwas in den Drei-Tage-Bart, arbeitete jedoch tatsächlich zügiger, was sich für eine Weile auch im gesamten Bauprojekt bemerkbar machte. Die improvisierten Blechwände wurden langsam hochgezogen und gaben der Ansammlung an Einzelteilen mehr und mehr Form. Vor allem war es wohl den ruhigen aber bestimmten Einwürfen des Türken und Brittneys sonnenscheiniger Bandkollegin zu verdanken, dass die Stimmung hier und da nicht eskalierte. Der junge Mann mit der Gehirnerschütterung war zwar nicht allzu leicht reizbar, doch hätte nach den dutzenden, noch folgenden Kommentaren der Sticheleien liebenden Rebellin wohl irgendwann Kontra gegeben, wäre da nicht Bree gewesen, um ihn mit guter Laune eben genau davon abzulenken.

    Trotz eben dieser Ablenkung kam es dann aber doch, wie es kommen musste. Die fehlende Konzentration durch die Kopf- und Beinverletzung wie auch das erzwungen gehetzte Arbeiten und die Kommentare von Brittney resultierten in einem im Sand dumpf verendenden Scheppern, als Sam mit der kaputten Wade an eines der Bleche stieß und damit eine Ecke der Baute zum Einsturz brachte. Lediglich dem Schnellen Handeln und der Stärke Ugurs war es wohl zu verdanken, dass sich nicht auch weitere Teile an anderen Stellen dominoeffektartig aus der Vertikalen verabschiedeten. Er hielt fest. Während einer der anderen beiden hätte helfen müssen, um die Löcher schnell zu stopfen und wieder eigene Standhaftigkeit ins fast fertige Gebäude zu bringen, ging die Tochter der Kongressabgeordneten jedoch auf den Unfallverursacher los.

    "Willst du mich verarschen? Warum setzt du Pisser dich nicht wie die anderen brav in den Sand und lässt die Leute arbeiten, die einen Hauch Ahnung von der Scheiße haben. Du bist so ein Affe, Alter!"

    "Es reicht jetzt! Du kannst nicht die ganze Zeit so mit mir reden. Ich...-" Ein Ächzen unterbrach ihn. "Ey kommt, klärt das später, ok?", warf Ugur ein. Die Bassistin konnte fast sehen, wie weit ihre Hänseleien Sam gebracht haben, wie seine Gesichtsfarbe nicht nur durch die Anstrengung die Farbe gewechselt hatte. Er hätte ihr wohl am liebsten ordentlich die Meinung gegeigt, doch schien im Gegensatz zur Rebellin auch ein ganzes Stück vernünftiger. Er wirkte fast dankbar, als nach einer kurzen Pause der zweite Satz vom Kraftpaket folgte, der ihm die Möglichkeit gab, sich für den Moment zu entfernen. "Sam, hol mir mal ne Flasche Wasser oder so."

    Bree begleitete den aufgewühlten Kerl weg von der Baustelle und warf Brittney noch einen verurteilenden Blick zu, bevor diese sich endlich erbarmte und die Teile neu einsetzte, die herausgeschlagen wurden, um so auch den Ex-Lagerist zu entlasten. Nachdem die beiden den Bau des Unterstandes im Anschluss an die Unterbrechung zu Ende brachten, kehrte der zum Wasserträger Degradierte wieder zurück, reichte dem reichlich schwitzenden Türken eine Flasche und setzte sich dann in den Sand. Die kurze Dauer der restlichen Arbeit lang beobachtete er weitestgehend still die finalen Momente, gab nur hier und da hilfreiche Tipps, die er vor allem an Ugur richtete. Dass die Drummerin von 'Dick and the Chicks' gegen Ende noch zu Brix aufschloss und ihr im Stillen zu verstehen gab, dass sie eine Entschuldigung für angebracht halten würde, verlieh ihr mehr als den Hauch eines schlechten Gewissens, zu dem sie sich aber nicht offen bekannte.

    Am Ende war sie nur froh, dass die Hütte endlich stand.



  2. #182
    Endlich stand die Hütte. Sie war zwar nicht besonders groß, und nicht besonder schön, aber immerhin war sie dicht und stabil. Die Überlebenden von Flug Atlantic Airlines 180, bislang glücklicherweise noch nicht durchnässt, versuchten es sich auf dem Sandboden möglichst gemütlich zu machen. Es stand fest: eine gemütliche Nacht würde es nicht werden. Immer wieder zuckten die Blitze am Himmel, immer wieder weckte ein krachendes Donnern diejenigen auf, die einen leichteren Schlaf hatten. Es war noch keine 10 Stunden her, dass sie alle am Flughafen gewesen waren, auf dem Weg in die Vereinigten Staaten und jetzt saßen sie auf einer Insel mitten im Atlantik fest. Hatten einen Flugzeugabsturz überlebt. Ein brennendes Flugzeug gelöscht. Und jetzt auch noch eine Hütte, aus nichts außer Schrott und einigen Ästen und Blättern zusammengebaut. Und wer weiß, vielleicht sah am nächsten Morgen ja alles anders aus, alles besser aus? Es musste doch schon längst ein Suchtrupp unterwegs sein - wenn ein Flugzeug abstürzt, dann lässt man das ja nicht einfach liegen.

    Am nächsten Morgen schien die Sonne durch einen leicht bewölkten Himmel. Das Gewitter musste irgendwann weitergezogen sein, oder sich abgeregnet haben. Es war noch recht kühl, als die ersten erwachten und die Hütte verließen. Trotz des heftigen Windes, der in der Nacht geheult hatte, war sie nicht zusammengebrochen, hatte gehalten. Nach einem kurzen Frühstück aus den restlichen Vorräten des Servierwagens und der gefundenen Kiwano, die äußerst gewöhnungsbedürftig schmeckte, waren die Überlebenden bereit für den neuen Tag. Dann erst fielen ihnen die seltsamen Schleifspuren auf dem Strand auf, die vor allem aus der Richtung der Trümmerteile und des Flugzeuges davonführten, in den Wald hinein. Was war hier heute Nacht geschehen?

    Es schien so, als wäre alles noch da, als sähe alles so aus wie gestern. Das gefundene und geborgene Handgepäck war nicht abhanden gekommen - und wenn es Tiere gewesen waren, warum war denn dann das Essen nicht auch verschwunden? Es dauerte eine Weile, bis der Erste es bemerkte - die Leichen, die im und ums Flugzeug herum gelegen hatten, teilweise auch unter den Trümmerteilen, und um die sie sich bisher nicht hatten kümmern können, diese Körper waren allesamt verschwunden.

    Ende von Episode 1

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