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Ritter
Ich denke diese Unterbrechungen in Spielen durch das Gameplay sind auch einer der Gründe, warum man länger Spiele spielen kann als Filme schauen.
Ich beobachte das an mir selbst.
Wenn ich mal Zeit habe und mir eine ganze Staffel anschauen will, dann brauche ich irgendwann ne Pause und muss was tun (aktiv) und nicht nicht nur stumpf auf den Bildschirm starren (passiv).
Oder - was eher passiert - ich greif nach meinem Handy und Spiele nebenbei Casual Games.
Das ist dann der große Vorteil des Unterschiedes der beiden Erzählweisen Spiel <-> Film/Buch.
Im Spiel schaue ich mir einen kurzen Clip an/eine Zwischensequenz/lese einen Bericht/Zusatztexte/ etc (passiv) und hab dann wieder ne Zeitlang Aktion/Rätsel oder worum es im Spiel geht (aktiv).
Das hatte ich ja schon mal erwähnt (und steht auch in dem Start-Post), man kann beide Teile jeweils auch als Belohnung sehen:
Du hast etwas im Gameplay geschafft: hier ein Stück Story zur Belohnung.
Du hast dir die Story erfolgreich angeschaut: Hier etwas (neues) Gameplay zur Belohnung.
Und gerade auch das der Erfolg eines Produkts (egal welches Medium) von Kleinigkeiten abhängen kann, da gebe ich dir recht.
Ich habe vor kurzem den 50-Episoden langen Anime "Anne mit den roten Haaren/Anne of Green Gables" von 1979 gesehen und bin völlig begeistert von ihm.
Das liegt hauptsächlich an der genialen Emotionalen Atmosphäre, die die Entwickler geschafft haben aufzubauen.
Wenn man's mal ganz nüchtern betrachtet, ist die ganze Sache eigentlich ziemlich "bescheuert":
Knapp 17 Stunden uralter Kinder-Zeichentrick, der dazu noch schlecht gezeichnet ist und eine Story hat, die im Original als ungekürztes Hörbuch gerade mal die Hälfte der Zeit lang ist.
Man hätte die gesamte Story auch locker in 12 Folgen erzählen können, ohne etwas auszulassen, es passiert ja kaum was.
Und dennoch fand ich ihn richtig gut.
Weil er mich emotional gepackt hat.
Dagegen verblassten die anderen Defizite und haben mich nach kurzer Zeit garnicht mehr gestört.
Das ist dann auch die größere Herausforderung eines Spiels; sowohl Gameplay und Story müssen so packend sein, das sie einen zum weitermachen motivieren.
Die meisten kennen das bestimmt: Ein tolles Spiel, man will wissen, wie es weitergeht, aber weil man einer Stelle immer und immer und immer wieder verreckt, wirft man das Gamepad irgendwann in die Ecke und das war's mit dem Spiel.
Eine "Kleinigkeit" hat das gesamte Erlebnis Zerstört und abrupt beendet.
Oder manchmal reicht ein nerviges Element, das immer wieder stört.
Dann will man vielleicht weiterspielen, denkt aber "och nee, dann muss ich mir wieder das und das antun. Morgen Spiel ich weiter".
Und dabei bleibt es dann und bleibt irgendwann ganz im Regal liegen.
Gerade Story ist ein sehr schweres Themenfeld.
Es ist etwas künstlerisches, und zu Kunst gibt es kein richtig und falsch (aber das hatten wir ja schon zur Genüge festgestellt).
Es gibt nur "Gefällt mir" oder "Gefällt mir nicht".
Und wahrscheinlich gibt es da ebenso viele Begründungen, warum es das eine oder andere ist, wie es Leute mit Meinungen dau gibt.
Man muss einfach ausprobieren und hoffen, dass der eigene Mix aus Elementen die Leute ("Zielgruppe") anspricht.
Es gibt ja mehr als genug Beispiele, wo das theoretisch bessere Werk von der Masse verschmäht wurde und "Schund" eine breite Zustimmung erfuhr.
- Harry Potter: von der Kritik zerrissen, von Millionen geliebt.
- Panem: Gute Idee, mies geschrieben und hat dennoch 4 erfolgreiche Filme bekommen.
- Catwoman(ist das einzige, was mir gerade als Gegenbeispiel einfällt^^): Ich fand ihn Super, gut geschauspielert und gute Story; dennoch hat er eine schlechte Wertung und Hally Berry die Goldene Himbeere bekommen.
Es gibt einfach viel zu viele Elemente, die darüber entscheiden, ob etwas gut oder schlecht ist.
Und die meisten (und wichtigsten!) haben noch nicht mal etwas mit dem Objekt selber zu tun.
Nochmal als Fazit: Spielestorys sind anders, müssen meiner Meinung nach aber nicht weniger gehaltvoll oder Detaillreich sein als andere Medien.
Sie haben nur noch die aktive Komponente, die Jederzeit bei der Entwicklung der Story berücksichtigt werden muss.
Durch das Einbinden des Zuschauers in die Handlung (ich beobachte nicht, sondern bin mitten drin) kann das Erleben der Story sogar noch intensiviert werden, was bei passiven Medien erheblich schwerer zu erreichen ist.
Und wie Corti schon erwähnte, erzählt auch das Gameplay, die Umgebung und alles was man sieht und womit man interagieren kann die Story mit.
Gerade die ganzen Nebenhandlungen können die Story so dicht machen, wie es ein Buch oder gar ein Film nie könnten: Man quatscht hier mit einem NPC-Pärchen, das aus der Stadt ausgerissen ist um einen Neuanfang zu machen, dort findet man eine Verlassene Hütte im Wald mit einer versteckten Kiste in der ein Stumpfes Schwert ist, das wohl mal ein Räuberunterschlupf war und die Stadtwache lästert über den neuen Leutnant, der wohl ein Prolet ist und wohl nur wegen politischer Intrigen an diese Stelle gesetzt wurde.
Als diese Details verdichten eine Story und die Welt in der man sich befindet viel Stärker als eine Lineare Geschichte, in der man keine Handlungsgewalt hat.
höchstens ein Buch kann diesen Detaillgrad erreichen (wenn es sehr Dick ist oder gleich mehrteilig), jedoch fehlt hier dann immer noch die eigene Entscheidung: Will ich mit den Leuten reden? Die Hütte betreten? Handle ich mit dem Brückenwächter, verhaue ich ihn oder schleiche ich mich um ihn herum, was wiederum meinen Charakter verändert - wenn nicht für das Spiel so doch für mich als Zuschauer.
Selbst mein Verhalten im Gameplay (vorpreschend, langsam und ruhig, aggressiv, passiv) ändert oft die Story des Spiels.
Und gerade viele modernere Spiele berücksichtigen sowas im Verlauf der Story und passen entsprechende Details im weiteren Spiel entsprechend an (bestimmte Sachen sehen anders aus, Beziehungen sind anders, Fähigkeiten sind anders, ...).
Man sieht also: Ein hochkomplexes Thema, zu dem es schwerlich eine konkrete Meinung gibt, die wirklich alles abdeckt, vor allem nicht alle Genres und selbst innerhalb eines Genres kann man das nur bedingt eingrenzen, was richtig und was falsch ist.
Bzw. - um Bezug zur Anfangsfrage zu nehmen - was der Unterschied einer Buch-/Filmstory zu einer Gamestory ist.
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