Spiel 10: Sweet Home (NES)
Gestartet: 19.05.2016
Beendet: 29.10.2016
Warum gerade dieses Spiel?
Ein Teil der Gründe, aus denen ich gerade dieses Spiel genommen habe dürfte euch bekannt vorkommen: Es handelt sich hierbei um ein Spiel, das ich bereits vor einigen Jahren begonnen, aber nie beendet hatte - wobei ich hier nochmal von vorne angefangen habe. Sweet Home ist außerdem ein Spiel, welches mich als direkten Vorgänger zu Resident Evil schon länger interessiert hat, Fanübersetzung sei Dank.
Worum gehts?
Der Regisseur Kazuo Hoshino möchte einen Dokumentarfilm über den Künstler Ichirou Mamiya drehen, in dessen Villa ein Vermögen in Form von mehrere Fresken steckt. Ichirou verstarb vor 30 Jahren, kurz, nachdem seine Frau sich das Leben nahm. Neben Kazuos Tochter Emi begleiten ihn noch seine Produzentin Akiko Hayakawa, der Kameramann Ryou Taguchi, und die Restauratorin und Reporterin Asuka.
Kurz nach ihrer Ankunft erscheint der Geist der Dame Mamiya, verschüttet den Eingang und verspricht der Crew Rache dafür, dass sie ihr Haus entweiht hat. Es liegt nun an Kazuo, Taguchi, Emi, Asuka und Akiko einen Weg zu suchen, das Haus lebendig zu verlassen.
Gameplay
Sweet Home ist ein Multimedia-Projekt vom Ende der 80er Jahre, und so gibt es einen Film, der das Spiel begleitet (und umgekehrt). Aus dramaturgischen Gründen ist die Reihenfolge der Ereignisse im Spiel etwas anders als im Film, und einige Geheimnisse erfährt man jeweils nur in einer der beiden Versionen, weshalb man beide braucht, um ein Gesamtbild zu erhalten.
In Sweet Home steuert man 5 Charaktere, allerdings fasst eine Party maximal 3, weswegen man die meisten Zeit mit einer 3er- und einer 2er-Party durch die Gegend läuft. Man kann seine Charaktere zwar auch alleine durch die Gegend schicken, das ist aber meist nicht ratsam, da das Mamiya-Anwesen groß ist und voller Fallen und Gegner steckt. Neben den üblichen Random Encounter gibt es gelegentlich auch umherstreunende Kreaturen, die bei Berührung einen Kampf starten.
Kämpfe sind relativ spartanisch gehalten. Man hat die Auswahl zwischen einer physischen und einer spirituellen Attacke ("Die Kraft des Herzens", den Hintergrund zu diesem Konzept findet man auch nur im Film), Item- und Flucht-Kommandos sowie die Möglichkeit (nach Hilfe) zu "Rufen". Mit Hilfe des "Rufs" schaltet man zu einer anderen Party, welche dann ca. 30 Sekunden Zeit hat, zur kämpfenden Fraktion zu laufen, wodurch alle fünf Charaktere am Kampf teilnehmen und Erfahrungspunkte abstauben können.
Zwischen den Kämpfen läuft man in Mamiyas Haus umher, löst Rätsel und holt sich Hinweise, die weitere Rätsel oder den Endkampf betreffen. Dabei stehen einem eine Vielzahl an Gegenständen zur Verfügung. Jeder Charakter hat sein eigenes Item: Emi wurde von Kazuo der Hausschlüssel anvertraut, mit dem sich viele Türen öffnen lassen, Kazuo selbst hat ein Feuerzeug, mit dem er Seilbarrieren abfackeln kann, Taguchi eine Kamera, mit der versteckte Botschaften auf Fresken sichtbar werden, Asuka einen Staubsauger, der Glas vom Boden sowie Dreck von manchen der Fresken entfernt und Akiko hat eine Pillenbox, die jede Statusveränderung im Spiel heilt. Diese und andere Gegenstände, die man findet, kann man teilweise sogar im Kampf einsetzen. An manchen Stellen muss man auch die Kraft des Herzens einsetzen um weiterzukommen.
Die Fülle an Gegenständen ist beachtlich. Der Eispickel ermöglicht es, sich über Eis und in fließendem Wasser zu bewegen, der Bogen kann Leute retten und bestimmte Abgründe überwinden, mit Handschuhen kann man durch Dornenbüsche krabbeln ohne Schaden zu nehmen und spezielle Schuhe erlauben die Fortbewegung über klebrige Oberflächen. Es gibt sogar Ersatzgegenstände für die einzigartigen Items der Charaktere, denn die nehmen diese mit in den Tod, falls sie sterben. Manche dieser Gegenstände machen Sinn (Kazuos Feuerzeug wird durch eine Streichholzschachtel ersetzt), manche sind eher skuriler Natur (Akikos Pillenbox wird abgelöst durch eine Schachtel mit Keksen(!)). Von der Wirkung her ist der Ersatz allerdings absolut identisch.
Der Tod ist in Sweet Home endgültig, es gibt keine Möglichkeit Verstorbene wieder zurück zu holen. Je nach Anzahl der Überlebenden gibt es bis zu 5 Endings. Man stirbt nicht nur, wenn die HP im Kampf auf 0 reduziert werden, es gibt auch Fallen, welche Charaktere töten oder auf andere Art für den Rest des Spiels unbrauchbar machen. Um die HP und die Kraft-des-Herzens-Punkte von noch nicht Verstorbenen wieder herzustellen muss eine Medizin eingesetzt werden. Damit ist nicht Akikos Pillenbox gemeint sondern kleine rote Fläschchen, die bei Anwendung die komplette Party auf ihr Maximum hoch heilen. Davon gibt es im ganzen Spiel allerdings nur 21 Stück.
Neben den Monstern ist Mamiyas Anwesen übrigens auch voller NPCs, meist in Form von (harmlosen) Geistern, Puppen, Leichen und Skeletten, die, meist nach einem kleinen Jumpscare, einiges an Informationen rausrücken. Es gibt allerdings auch umherfliegende Geister, die einen Charakter verschleppen können. Dabei kann es den Anführer der Party genau so erwischen wie die anderen beiden Mitglieder, da die Charaktere hintereinander laufen. Zwar wird man immer zu bestimmten Orten entführt, aber es ist gefährlich, Charaktere allein, bzw. ohne Akiko herum rennen zu lassen, da Statusveränderungen manchmal erst einige Schritte nach dem Kampf auftreten können. Wenn man kurz vor Ausbruch eines solchen Effekts gespeichert hatte, und nun mit der anderen Party schnellstmöglich zu einem entfernten Charakter rennen muss, der Schaden über Zeit nimmt(!), dann ist das alles andere als lustig. Später im Spiel gibt es sogar zielsuchende Geister, die jedoch auf einige wenige Räume beschränkt sind.
Jeder Charakter hat einen Slot für eine Waffe, und nicht alle Charaktere können jede Waffe tragen. Jede Waffe hat einen eigenen Wert für physische und spirituelle Angriffe. Waffen werden genau so wie andere Gegenstände oder Medizin gefunden, können aber nur in ihrem entsprechenden Slot getragen, bzw. gewechselt werden.
Resident Evil wurde ursprünglich als spiritueller Nachfolger zu Sweet Home produziert. Dies schlägt sich nicht nur in der Tür-öffnen-Sequenz nieder, die hier ihren Ursprung hat, sondern auch in begrenztem Inventar-Platz. Jeder Charakter hat genau 2 Slots für Gegenstände zur freien Verfügung; wenn das nicht reicht, muss man Gegenstände austauschen und sich später erinnern, an welcher Stelle man den ersten Gegenstand zurückgelassen hat.
Erlebnisse beim Spielen
Sweet Home ist gleichzeitig ein leichtes und ein schweres Spiel. Für NES-Verhältnisse ist das JPRG ziemlich leicht, vor allem, da man immer und überall speichern kann. Wenn ich nach dem Kampf verflucht wurde habe ich deshalb meist lieber neu geladen als mit Party B zu Party A zu laufen und den verfluchten Charaktere umständlich zu heilen bevor ihm die HP ausgehen. Das habe ich aber nur aus Bequemlichkeit getan, denn auch, wenn es nur 21 Flaschen Medizin im ganzen Spiel zu finden gibt, so reicht das doch problemlos aus. Ich habe im Laufe des Spiels noch nicht einmal die Hälfte davon verwendet, und obwohl ich mit 3 oder 4 Flaschen in den letzten Bosskampf gegangen bin habe ich dort keine einzige gebraucht.
In Kämpfen kommt einem auch zu gute, dass die Gegner immer allein sind und stets als letztes angreifen, was das Grinding im Endgame sehr angenehm macht, da selbst die stärksten Gegner ab Level 17 nicht mehr zum Angriff kommen. Der Max-Level beträgt 20.
Die Rätsel sind aber knackig, und einige Räume erfordern eine sorgfältige Planung, wenn man sie lebend wieder verlassen möchte. Damage-over-Time-Fallen erfordern zügiges Handeln, und wehe dem, der nach längerer Spielpause oder kurz vor Schluss feststellt, dass ihm ein wichtiger Gegenstand fehlt! Beides ist mir passiert. Ohne FAQ hätte ich mich erstmal nicht zurecht gefunden, zum einen weil man sonst wirklich viele Informationen finden müsste um weiter zu kommen, zum anderen weil das Spiel oft auch auf den Trial-und-Error-Faktor baut.
Mamiyas Haus ist zwar groß und erstmal verwirrend, beim gelegentlichen Backtracking fällt das aber weniger ins Gewicht, da man einige intelligente Shortcuts finden kann und jeder Bereich des Hauses so einzigartig gestaltet ist, dass man sich spätestens ab dem Midgame ohne Probleme zurecht findet.
Die Fanübersetzung ist in Ordnung, hat aber an manchen Stellen Schwächen und Fehler. Warum man zwei verschiedene Gegenstände mit dem gleichen Namen übersetzt erschließt sich mir jedenfalls nicht, vor allem dann, wenn einem der Unterschied das virtuelle Leben kosten könnte.
Der letzte "Dungeon" im Spiel ist ein einziger, großer, verwirrender Raum, in dem man permanent von bis zu vier zielsuchenden Geistern verfolgt wird, die Partymitglieder bei Berührung rausschmeißen, und vor denen es so gut wie keinen Schutz gibt, was das finale Kapitel trotz des coolen Endkampfs eher nervig als lustig gestaltet.
Trotz allem hat mir Sweet Home wahnsinnigen Spaß gemacht. Wer sich auf das NES als Plattform für JRPGs einlassen kann, der bekommt von mir eine uneingeschränkte Empfehlung für dieses Spiel. Es könnte sogar das beste JRPG auf dieser Konsole sein.
Wie durchgespielt?
Das beste Ende, alle fünf Charaktere haben also überlebt. Ich habe ca. 13 Stunden gebraucht, das ist aber schon sehr langsam, weil sich das Spiel auch ohne Probleme in 8 oder 9 Stunden durchzocken lässt.
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