Spiel 8: Rhapsody
Gestartet: 29.06.2016
Beendet: 03.07.2016
Warum gerade dieses Spiel?
Für Rhapsody sprachen viele Gründe, und dabei war die Kürze des Spiels - von der ich vorher nichts wusste - noch nicht einmal einer davon. Zuerst einmal ist da die Tatsache, dass ich noch kein einziges Nippon Ichi Spiel durchgespielt habe. Wesentlich wichtiger ist allerdings, dass Rhapsody eine Reihe von Eigenschaften hat, die mich eigentlich gezielt ansprechen - JRPG, bunt, Musical-Einlagen - ich es aber dennoch bis heute nicht gebacken bekommen habe es in Angriff zu nehmen. Rhapsody ist somit eines der ältesten JRPGs, die sich in meinem Besitz befinden, und die auch immer weit oben auf meiner "To-Do-Liste" standen. Grund genug sich da endlich ran zu wagen.
Worum gehts?
Cornet Espoir ist ein 16jähriges Mädchen, das mit Puppen sprechen kann. Ihre beste Freundin ist ihre Puppe Kururu, die ihr schon seit Kindesbeinen Beistand leistet und ihr auch mit Rat und Tat zur Seite steht, als sich Cornet unsterblich in den Prinzen ihres Königreichs verliebt. Zufälligerweise findet aktuell gerade der "Miss Marl" Wettbewerb statt, bei dem der Prinz seine Zukünftige küren soll, ganz ungeachtet dessen, ob sie dem Adel angehört oder nicht. Allerdings gibt es da einen Haken, denn nicht nur macht Cornets beste Freundin und Feindin Etoile Rosenqueen bei dem Wettbewerb mit, sondern die heiße Hexe Majorly, eine Dame im besten Alter, hat es ebenfalls auf den Prinz abgesehen und verwandelt ihn versehentlich zu Stein. Nun liegt es an Cornet und Kururu den Prinzen nicht nur zu heilen, sondern auch seine Statue den Fängen der bösen Hexe und ihrer Gefolgsleute zu entreißen.
Gameplay
Rhapsody ist ein JRPG mit einem kleinen Twist: Wie üblich gibt es rundenbasierte Zufallskämpfe, diese finden aber auf einer Map statt, auf der man sich im SRPG-Stil bewegen kann. Für Nippon-Ichi-Elemente sind die Strategie-Elemente allerdings durchaus spartanisch: Die Karten sind extrem klein und haben keinerlei Besonderheiten (meistens noch nicht einmal Hindernisse); sie lassen sich nicht drehen und sind in erster Linie nur dafür da, damit man sich dem Gegner in den Weg stellen und somit schwächere Charaktere schützen kann. Praktisch: Manche Charaktere können aus der Ferne angreifen.
Bis zu vier der insgesamt 17 Partymembers können in den Kampf geschickt werden, und einer davon ist immer Cornett. Die restlichen Teammitglieder sind hingegen keine Menschen - Etoile ist die einzige, die gelegentlich als NPC auf eurer Seite kämpft - sondern Puppen oder Monster. Manche der Puppen rekrutiert man automatisch im Spielverlauf, der überaus größten Teil hingegen ist optional, und manche der Puppen kann man sogar permanent verpassen. Monster hingegen haben eine äußerst geringe Chance der Party beizutreten, falls Cornet sie mit einer normalen Attacke besiegt, das gilt allerdings nur für Monster, die keine Bosse oder Frösche (letzteres aus Story-Gründen - Cornet HASST Frösche) sind. Da das Partygrid allerdings nur Platz für 16 Zusatz-Charaktere bietet, und es insgesamt 15 Puppen gibt, bietet euch das Spiel bei der Rekrutierung an, einen anderem Charakter den Laufpass zu geben. Dieser Charakter ist dann weg, und zwar für immer. Da die Puppen ziemlich mächtig sind ist diese Mechanik äußerst dumm. Man kann zwar einige Monster in Cornets Heimatstadt lagern, aber da Monster für immer tot sind wenn sie einmal das zeitliche Segnen (während Puppen für Geld wieder hergerichtet werden können) ist diese Mechanik größtenteils überflüssig, so dass sie auch komplett aus dem DS-Port des Spiels entfernt wurde. Übrigens, wenn Monster sterben nehmen sie auch alle Ausrüstungsgegenstände mit, Vorsicht ist also geboten!
Puppen sind nicht einfach nur automatisierte Waffen die euren Befehlen folgen, sondern haben tatsächlich so etwas wie eine Story. Diese ist allerdings äußerst marginal gehalten, so gibt es einen kurzen Dialog, wenn die Puppe der Party beitritt, und später im Spiel noch einmal, wenn man optional die persönliche Quest der Puppe erfüllt und ihre Seele gen Himmel geschickt hat. Dabei geht die Puppe nicht verloren, sondern funktioniert genau so gut wie vorher, und für das Erledigen dieser Sidequests erhält man noch nicht einmal eine Belohnung. Angemessen wäre es, da besagte Quests ausnahmslos grauenhaft sind - "Grinde mich auf Level 30" ist bei weitem die am häufigsten zu erfüllende Aufgabe. Dabei gibt es noch nicht einmal für jede Puppe eine Quest, denn manche Puppen sind miteinander befreundet; somit muss man, um die Quest zu erledigen, für alle Puppen die gleichen Voraussetzungen erfüllen, also z.B. "Grinde sowohl Caroline als auch Michael auf Level 30".
Die Sidequests sollte man auch erst gegen Ende des Spiels erfüllen, denn das Spiel ist Einfach, um nicht zu sagen Pisseinfach; Level 30 ist das absolute Maximum was man braucht um das Spiel ohne Probleme zu beenden, selbst im Hard-Mode, und durch das Erledigen der Puppenquests lagen meine Charaktere am Ende des Spiels verstreut zwischen 50 und 35. Die drei Schwierigkeitsgrade - Easy, Normal, Hard - sind übrigens keine echten Schwierigkeitsgrade sondern manipulieren lediglich, wie viel Erfahrungspunkte und Geld man mach dem Kampf erhält. Erfahrungspunkte sind zwar von Bedeutung, weil jede neue Puppe der Party auf Level 1 beitritt, es ist aber ohne Probleme möglich, einfach drei Puppen, die man im frühen Spielverlauf erhält, bis ins Spielende mitzunehmen. Denn Rhapsody hat zwar theoretisch ein komplexes Elementar-System, de fakto kann man dieses jedoch komplett ignorieren, da die Monster selbst ihren so genannten Resistenzen wenig entgegen zu setzen haben. Gleich die erste Puppe, die man erhält, (Kururu ist ein NPC und nur in der DS-Version spielbar) lernt alles an Zaubern, was man bis zum Spielende braucht, inklusive zweier starker Heilzauber.
Geld ist in Rhapsody so gut wie Überflüssig. Zwar hat jeder Charakter drei Ausrüstungsslots, doch es gibt so gut wie keine Gegenstände in diesem Spiel, und jeder kann alles ausrüsten, so dass man gut mit dem zu Recht kommt, was man im Spielverlauf findet. Auch Heilgegenstände muss man kaum kaufen, da gefühlt jeder zweite Pixel in den vielen Dörfern Gegenstände für den Spieler parat hält. Negative Statuseffekte gibt es zwar, aber auch die spielen selten eine große Rolle.
4 von Cornets 5 Spezialfähigkeiten. Hunger!
Im Kampf hat man, neben der Bewegung, für alle Charaktere, Puppen wie Monster, die gleichen Optionen: Angreifen, Items über bis zu 2 Felder hinweg einsetzen, Magie wirken oder den Zug beenden. Beendet man seinen Zug ohne eine andere Aktion ausgeführt zu haben nimmt man automatisch eine Verteidigungsposition ein. Strategie spielt aber in den meisten Kämpfen so gut wie keine Rolle, und so kann man getrost die O-Taste drücken um seinen Charakter automatisch agieren zu lassen - perfekt fürs Grinding. Cornet hat im Gegensatz zum Rest der Party keine Magie, kann dafür aber ihr Horn spielen um allen Puppen binnen zwei Feldern einen Buff mitzugeben. Tut sie dies, so lädt sie einen Balken auf, mit dem sie Süßigkeiten-basierte Spezialtechniken einsetzen kann. Diese sind saustark, und da sich der Balken nach dem Kampf nicht entlädt kann man sich so ein Ass im Ärmel behalten, was dieses ohnehin schon sehr einfache Spiel noch einfacher macht.
Rhapsody bietet eine nette Story, die jedoch, kurz nachdem sie richtig in Fahrt kommt, schon wieder still steht. Cornet muss eine Reihe von McGuffins besorgen und sich dafür mit Leuten aus verschiedenen Dörfern rumplagen. Da diese Episoden-Charaktere vom Aussehen her nicht von herkömmlichen NPCs zu unterscheiden sind bleibt es schwierig einen Bezug zu ihnen aufzubauen - zumal Cornet, sonst um keinen Spruch verlegen, während dieses Spielteils beinahe komplett stumm bleibt, und nur dann, wenn es zwingend erforderlich ist, ihre Meinung zum besten gibt. Da passt es ins Gesamtkonzept, dass das Spiel nach dem letzten Bosskampf ziemlich abrupt endet, aber hey, dafür gibt es ja die Sequels (die bei uns nie erschienen sind).
Die abwechslungsreichen Dungeons des Spiels. Der Reihenfolge nach: Eistempel, Flashback-Höhle, Spoiler, Vulkan und zweimal normale Höhle.
Das Spiel bietet einige Dungeons, und boah, sind die alle Grauenhaft. Es gibt exakt zwei Dungeon-Layouts, und zwar "Höhle" und "Ruine", gerne auch mal mit diversen grässlichen Farbfiltern versehen um den Eindruck von Variation anzutäuschen. Aus denen werden in Copy-und-Paste-Manier sämtliche Dungeons zusammengepuzzlet, stets die gleichen Räume ohne Variation, was es extrem leicht macht sich zu verirren. Selbst der Bonus-Dungeon - den man getrost überspringen kann, denn er bietet dem nach Stimulus suchenden Spieler nichts außer das Ende zweier Puppenquests - wird vor diesem Grauen nicht verschont, und wer auf den ersten Blick hin dachte, im letzten Dungeon endlich mal ein bisschen Abwechselung zu bekommen, der wird mit Grauen feststellen, dass es sich lediglich um das Ruinen-Layout handelt, dass mit ein bisschen frischer Farbe aufgehübscht wurde.
Bild 1 und 2: Verschiedene Tempel, Ruinen, Minen oder die Hölle(!). Bild 3: Variation im letzten Dungeon
Zum OST möchte ich gar nicht viele Worte verlieren. Die Lieder sind allesamt sehr, sehr gut, der Rest des OSTS wiederholt sich, wie das Dungeondesign, viel zu oft.
Rhapsody wurde im Westen von Atlus USA veröffentlicht. Da es sich bei diesem Spiel um ein Musical handelt haben sie es sich nicht nehmen lassen, die Lieder auf Englisch neu aufzunehmen und dem Spieler die Wahl zu lassen, auf welcher Sprache die Charaktere singen sollen. Leider sind ihnen hierbei einige Schnitzer unterlaufen, von geschmacklichen Fragen - die Sänger klingen teilweise viel zu alt für ihre Figuren - mal abgesehen. Eine höchst fragwürdige Entscheidung war, dass die Lieder in der Sprache untertitelt sind, in der sie auch gesungen werden, was, wenn man sich für Japanisch entscheidet, zur Folge hat, dass man nichts von dem versteht was gerade geträllert wird. Dumm nur, dass, einem Musical angemessen, die Lieder in Rhapsody nicht unerheblich für den Plot und die Entwicklung mancher Charaktere sind.
Aber auch die übersetzen Lieder leiden an etwas, das ich Post-1996-Disney-Movie-Syndrom nenne: Es wurde so viel Wert darauf gelegt einen Text zu schreiben, der sich reimt und "lustig" klingt, dass ganz vergessen wurde, dass das Ganze auch noch gesungen werden muss. Das Ergebnis sind Lieder, die klanglich nicht viel hermachen (Teils sehr merkwürdige Betonungen von bestimmten Wörtern um des Rhythmus' willen, sowie oft auch zu viele oder zu wenige Silben, als dass man das ganze noch vernünftig im Lied unterzubringen könnte). Und "Reim dich oder ich fress dich" ist schön und gut bei einer Original-Sprache, die das ganze nicht her gibt, aber dann bitte nicht das selbe Wort aufeinander reimen. ("Oh look at ME/what do you see/There's no one greater than ME/I'm the queen/the best you've seen/so worship ME"). Ein Lied ist halt nicht nur "Musik + Text". Auch im Rest des Spiels gibt es einige extrem große Schnitzer, wie einen fehlenden Zeilenumbruch beim Monster-Rekrutierungs-Dialog und "You're"/"Your"-Verwechslungen.
Aber Hauptsache sich selbst mit nem neuen Soundbyte abfeiern, Atlus!
Normalerweise würde ich nicht so lang und breit darauf rumhacken, wäre dies nicht das Spiel, in dem Atlus USA sich am meisten mit ihrer Art der "Lokalisation" brüsten und das Konzept einer originalgetreueren Übersetzung ins Lächerliche ziehen würden. Mein Tipp, liebe Leute von Atlus USA: Wenn ihr schon einen Charakter umbenennt weil der Originalname eurer Meinung nach blöd klingt, dann sorgt dafür, dass ihr den neuen Namen auch überall verwendet und nicht irgendwo noch Dialog mit dem alten Namen auftaucht.
BTW, der Opening-Song kann nicht auf Japanisch gehört werden, weil er vor der eigentlichen Sprachwahl im Intro gespielt wird.
Erlebnisse beim Spielen
Ich habe für Rhapsody in erster Linie drei größere Sitzungen gebraucht. "Nett" und "Niedlich" trifft es am besten, denn Rhapsody ist in erster Linie ein Spiel für die Seele. Zu seinen schlimmsten Zeiten, und dazu gehört eben auch das komplette Midgame mit den gigantischen Haufen an Copy&Paste-Dungeons, ist es allerdings komplett seelenlos. Zu seinen besten Zeiten ist Rhapsody ein Spiel, das seine Charaktere mit der komprimierten Knackigkeit eines Anime verkauft. Zu seinen schlimmsten Zeiten ein Spiel, in dem seine Charaktere komplett blass bleiben. Zum Glück sind die seelenlosen Momente weit in der Unterzahl.
Das Kampfsystem hätte wesentlich mehr Potential gehabt, würde das Spiel tatsächlich mit Herausforderungen aufwarten. Aber selbst der "optionale Boss" war vollkommen lächerlich, und das obwohl man dem Boss mit drei ganz bestimmten Charakteren gegenübertreten muss. Ich hatte keine Lust, noch mehr Charaktere zu grinden, weswegen diese Charaktere bei mir allesamt auf Level 1 waren. Meine Level 50 Cornet ist einfach zu besagtem Boss hin gelaufen und hat angefangen ihn zu verkloppen. Der Boss macht zwar alle drei Züge einen ziemlich starken Angriff - beim ersten sind die drei obligatorischen Partymitglieder draufgegangen - aber Cornett war so stark, dass es gereicht hat, sich alle 3-4 Runden mit einem Item zu heilen. Der Rest des Spiels lief ähnlich stumpf ab. Die meisten Bosse konnte man mittels Auto-Kampf töten.
Es gibt im ganzen Spiel genau ein Rätsel, das man lösen muss, sowie einen Puzzle-Boss, was einfach zu wenig ist, um Abwechslung zu bieten. Hätte man das gesamte Midgame zusammen gekürzt wäre ein wesentlich schöneres Spiel entstanden. Letztendlich hat mir Rhapsody zwar doch gefallen, aber es ist kein Spiel, das ich so ohne weiteres weiter empfehlen würde.
BTW, wenn ihr euch mit Gedanken an den DS Port tragt: Dieser ist ziemlich verbuggt - Random freezes, Glitches, die verhindern dass man das Spiel beendet, etc. Und falls ihr etwas davon gelesen haben solltet, dass die DS-Version Bonus-Content beinhaltet, dieser fehlt in der US- und Europa-Version komplett, das hat man aber den Review-Seiten nicht gesagt, weswegen diese Falschinformation auch heute noch überall grasiert.
Aber auch die PSX-Fassung hat manchmal ein paar Glitches. Einmal wurde ich in einen Kampf geworfen in dem keine Gegner auftauchten, quasi ein Soft-Lock. Zum Glück bin ich seit dem Arc-the-Lad-Debakel so paranoid geworden dass ich alle Nase lang einen Savestate gemacht habe.
But nobody came...
Wie durchgespielt?
13:20h. Rhapsody lässt sich in knapp 9 Stunden ohne Probleme durchspielen. Die 4 zusätzlichen Stunden waren allein dem Grinding für die Puppenquests geschuldet, da ich aus dem Spiel alles mitnehmen wollte, was geht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich 100% habe.