Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, welches meine erste Videospiel-Erfahrung war. Mir schwirren zwar einige Erlebnisse im Kopf herum, aber an der korrekten zeitlichen Einordnung hapert es irgendwie. Die ersten beiden Abschnitte können von daher auch in umgekehrter Reihenfolge passiert sein.
Irgendwann gab es mal an unserer Grundschule ein Schulfest, bei dem verschiedene Firmen oder Vereine lauter ‚Stände‘ aufgebaut hatten, an denen man etwas gewinnen konnte. In einem Klassenzimmer stand zu diesem Zweck ein NES oder SNES nebst Fernseher und eingelegtem Super Mario Bros. 2. Der Verantwortliche startete das Spiel für jedes Kind in der Reihe neu und dasjenige, das – logischerweise ohne Game Over – bis zu einer bestimmten Stelle kam (?), bekam als Preis ein weißes Käppi. Wenn ich mich recht erinnere, war ich sogar das einzige Mädel in der Reihe und wurde auch dementsprechend blöd angeglotzt, aber das Ende vom Lied war, dass ich nach zehn Minuten oder so sogar GEBETEN wurde, aufzuhören, weil die Schlange in der Zwischenzeit stetig länger geworden war. Im Klartext: Kein Bengel vor mir hatte so lange durchgehalten. Das Käppi hab ich ‘ne Weile lang heiß und innig geliebt…
Meine Mutter arbeitete früher in einer Art Jugendclub, in dem es – in Hinblick auf elektronische Unterhaltung – diverse PCs und einige NES gab. In den beiden Räumen hab ich mich ewig und drei Tage aufgehalten und mit Vorliebe anderen Kiddies den Platz geklaut. *hust* Mario, Kirby, Tetris und diverse obskure Spiele, deren Namen ich nicht mehr auf die Reihe kriege, hab ich damals rauf- und runtergespielt. Irgendwann zu der Zeit kaufte mir meine Mutter auch einen NES nebst Spielen (Mario 1 & 3, Kirby) und ich weiß zumindest im Fall von Kirby, dass ich einen Mitarbeiter (oder Sohn einer Mitarbeiterin?) darum bat, zwei Bosskämpfe für mich zu übernehmen, weil ich die einfach nicht geschafft habe. Im Nachhinein betrachtet habe ich – glaube ich – keines der Spiele beenden können.
Eine Weile darauf bekam ich auch einen SNES und ich weiß, dass ich Yoshi’s Island (Baby Marios Geplärre hat sich ins Hirn eingefressen) und irgendein Spiel mit Micky Maus im Zaubererfummel besessen habe. Da ich auch diese beiden Vertreter nicht beenden konnte und ich irgendwann der Meinung war, es gäbe für den SNES eh keine guten Spiele (!!!!), gab ich beide Konsolen irgendwann weg. (Jugendsünde hoch 3! Ich Vollhorst hab nicht mal Geld dafür genommen!)
Damit hatte sich das Thema ‚eigene Konsole‘ erst einmal erledigt und trotzdem bekam ich später immer einen Giraffenhals, wenn meine Nachbarin und Klassenkameradin was auf ihrem Gameboy spielte. Eines schönen Tages zeigte sie mir dann mal, bei welchem Spiel sie aktuell nicht weiterkam: Mystic Quest. Da KleinChoco jedoch bis dato hauptsächlich nur mit Jump’n’Runs zu tun hatte, stand die erste Begegnung mit einem (Action-)RPG unter einem denkbar schlechten Stern. Was war das denn bitteschön für ein strunzdoofes Spiel, bei dem man mitten in der Pampa stand und nicht wusste, was man zu tun hatte? Und das war das erste Level? Wie mussten dann erst die anderen aussehen? Nee, also damit konnte ich echt nichts anfangen… (Jugendsünde, ne?)
Und dann kam irgendwann der Wendepunkt.
Ich weiß heute echt nicht mehr, wie und in welcher Form ich auf Ocarina of Time aufmerksam wurde, aber ich wusste genau: Spiel und N64 musste ich unbedingt HABEN, HABEN, HABEN! (Auch wenn ich keinen blassen Schimmer hatte, wie ein 3D-Spiel funktionieren sollte!) Erfreulicherweise wurde mir mein Wunsch erfüllte und aus heiterem Himmel erlag mein wertes Schwesterherz, das all die Jahre zuvor meine Begeisterung für elektronische Spiele nur marginal nachvollziehen konnte, urplötzlich ebenfalls dem Zauber.
Oci wurde damit – sofern ich mich recht erinnere – das erste Spiel, das ich tatsächlich beendete und endlich hatte ich auch jemanden, der meinen Spleen / mein Hobby teilte.
Danach kam – denke ich zumindest – die Pokemon-Phase, die bei uns ziemlich kurz ausfiel: Ich bekam einen Gameboy Color mit Rot und meine Schwester einen Gameboy Color mit Blau. Wir spielten unsere jeweiligen Spiele durch, aber abgesehen von einem Ausflug meinerseits in ‚goldene‘ Gefilde – ausgeliehen von einem späteren Kumpel und mittendrin abgebrochen – und Pokemon Stadium hatte sich das Monsterthema einige Zeit darauf erledigt.
Dann fielen uns Grandia und Final Fantasy VII-IX in die Hände (wie genau entzieht sich wieder meiner Erinnerung) und wir lauerten auf eine Playstation. Zu der Zeit stand die PS2 schon fast in den Startlöchern und nachdem wir geschnallt hatten, was ‚abwärtskompatibel‘ bedeutet, legten wir das Thema PSX ad acta und spekulierten auf den Nachfolger. Mit FF VIII in der Hand bettelten wir den Bruder einer anderen Nachbarsfreundin an, ob er uns auf seiner Playsi spielen lassen würde, was er schließlich – ungern – tat. Dadurch erfuhren wir erst einmal, dass man eine Memorycard zum Speichern brauchte (Totales Neuland!) und dass Videospiele / RPGs in der Lage waren eine komplexe Geschichte zu erzählen (Trotz Oci: Aber sowas von Neuland!).
Von da an war es endgültig um uns geschehen: Wir schlossen die PS2, als wir sie bekamen, am Fernseher unserer Oma an (der hatte so einen schönen großen Bildschirm) und daddelten – wenn sie es uns erlaubte – tagsüber oder schlugen uns, sobald sie im Bett war, die Nächte um die Ohren. BoF 4 und FF VI folgten, später dann FF X und, und, und…
Auf dem Gymi freundete ich mich mit einem Jungen an, dessen Familie alle möglichen Konsolen und Spiele besaß und lernte durch ihn u.a. Suikoden I & II kennen und lieben. (Auch wenn ich ihm für den Spoiler zum ersten Teil den Schädel hätte einschlagen können!) Er hatte zu manchen Spielen eine seltsame Meinung und wunderte sich immer, warum wir manche Details NICHT vor Spielbeginn wissen wollten, war aber lange Zeit einer meiner besten Kumpel und vor allen Dingen Ansprechpartner in Sachen RPGs.
Durch diverse Spiele-Zeitschriften und das Internet wurden schließlich weitere Türen aufgestoßen:
- Es gibt RPGs für den PC von DEUTSCHEN HOBBY-Entwicklern? (-> RPG-Maker)
- Amerika hat viele RPGs abgegriffen, die wir Europäer nicht bekommen haben?
- Man kann sich einen Chip in die PS2 bauen lassen und damit NTSC-Spiele spielen? bzw. Man kann sich eine US-PS2 kaufen?
- Es gibt Leute, die alte Spiele übersetzt haben und die man mit geringem Aufwand ohne weiteres spielen kann? (-> ROMs)
IM ERNST?!
Möglichkeiten über Möglichkeiten taten sich auf…
Seitdem haben meine Schwester und ich eine ansehnliche Menge Spiele und Konsolen angehäuft (auch wieder einen SNES), wobei es sich bis heute bezahlt macht, dass wir dasselbe Hobby haben: Wir kaufen in der Regel (abgesehen von Spielen mit nur einem Speicherplatz wie DQ IX) das Gewünschte lediglich einmal und teilen uns dann die Kosten und die Konsolen nebst Spiele.
Unsere Eltern sind dem Ganzen zum Glück einigermaßen tolerant eingestellt, auch wenn unser Vater wahrscheinlich jedes Mal, wenn wir früher auf den Ruf zum Mittagessen mit "Geht nicht, hier kann man nicht speichern!" antworteten, nahe daran war uns den Strom abzustellen.
Ein Ende unserer RPG-Sucht ist nicht abzusehen, auch wenn uns die meisten der neueren Spiele nur geringfügig interessieren und wir vermehrt dazu übergegangen sind, vieles gebraucht zu erwerben.
Ich selbst beschäftige mich zudem seit einer Weile mit ROMs von Uralt-Spielen und werde von diesen z.T. besser unterhalten als von so manchen Hochglanz-Titeln, was mir ein wenig zu denken gibt…
(Und schade, dass man mit dem Bewerten von Retro-Games kein Geld verdienen kann.)
Nichtsdestotrotz: Ein Hoch auf das beste Hobby der Welt!![]()