Absolute Ausnahmen sind das nicht. Die Minderheit schon, aber schau nur mal, wie viele Filme mehr als ein Ursprungsland angegeben haben (da reicht es oft schon, wenn noch irgendwo anders gedreht wurde und ein paar Steuererleichterungen vom Staat spendiert wurden oder Ähnliches) - der Anteil ist beträchtlich.
Für mich hat sich die Diskussion schon von Anfang an vom Oscars-Thema wegbewegt. Lag natürlich an mir, aber mir ging es dabei auch einfach um grundsätzlichere Fragen. Dreht sich auch nicht unbedingt nur um Sachlichkeit vs. Subjektivität, und hat auch nicht unbedingt was mit Fan-Perspektive zu tun. Ich möchte nur darauf hinaus, dass sich das Thema um einiges komplizierter gestaltet. Daher hat es mich irritiert, als du als Antwort auf meinen Einwand meintest, du würdest nur das beurteilen, was du siehst. Sicherlich ist das auch eine legitime Einstellung. Doch das, was man sieht, ist halt nicht immer alles, was da ist, auch wenn es theoretisch um einen einzigen Film geht. Klar finde ich auch, dass die Academy hauptsächlich mit einer Zielsetzung von Objektivität an die Bewertungen herangehen sollte. Aber wenn man abseits davon alles bewusst ignoriert, was sonst noch zu einem Film gehören kann (und sei es nur der Versuch einer multilateralen Betrachtungsweise, die Input von Außen benötigt), läuft man imho Gefahr, es sich zu einfach zu machen und durch Scheuklappen für Verständnis und Gesamtzusammenhang wesentliche Aspekte zu verpassen - darunter auch solche, die direkt im Film sind, aber je nach Hintergrundkenntnissen unterschiedlich interpretiert werden können.
Die Leute, die bei der Academy beispielsweise das Sound Mixing oder Make-up und Hairstyling bewerten, das sind welche, die aus genau den jeweiligen Bereichen kommen und Experten auf ihrem Gebiet sind (sein sollten). Die haben garantiert einen anderen Blickwinkel als die Durchschnitts-Zuschauer. Von denen würde ich sogar fordern, dass sie nicht bloß das Gesehene auf sich wirken lassen, sondern sich irgendwann ein bisschen schlau gemacht haben, was alles bezogen auf ihr Fachgebiet drinsteckt, damit sie besser auf die Feinheiten achten können. Ich weiß nicht, ob du mich da verstehen kannst. Versuche schon die ganze Zeit, die richtigen Worte zu finden. Vielleicht so: Kreativität, Originalität, Schaffenskraft, Expertise - das sind Qualitäten, die auch beim Film bewertet werden sollen, aber die manchmal schwer erkennbar oder sogar unsichtbar sein können (vgl. mein früheres Beispiel mit der neuen Technik, die einen Film zum Game Changer macht, obwohl es nur um das Wie geht).
In den Laika-Filmen etwa fand ich die flüssige und ausdrucksstarke Mimik der Figuren speziell für Stop-Motion-Animation schon vorher sehr gut, aber habe nicht gesondert darauf geachtet. Seit ich weiß, dass die das als erste weltweit mittels austauschbaren Teilen aus dem 3D-Drucker realisiert haben, bin ich völlig fasziniert von dem innovativen Ansatz, schenke dem mehr Aufmerksamkeit und fand die Gesichter bei späteren Sichtungen der Filme aufrichtig noch besser als vorher. Genauso bei den Hintergründen: Laika verwendet eine hybride Form aus Stop-Motion-Technik mit einigen CGI-Elementen. Ich war mir nicht immer sicher, wie viel von dem Gedöns in der Umgebung nun "real" da war oder aus dem Computer kam. In einer Szenen in ParaNorman, als die Zombies aus den Gräbern aufstehen, fliegen dort natürlich jede Menge winzige Erdbröckchen rum, wie das bei so einer Stelle ja auch zu erwarten ist. Ich ging fest davon aus, dass die das einfach per CGI eingefügt haben. Nope, wie sich gezeigt hat, haben die jedes winzige Körnchen von Hand an speziellen Haltevorrichtungen in unzähligen Frames bewegt. Oder irgendwo im Zimmer steht eine unscheinbare Lampe herum. Nur ein random Gegenstand dieser Welt, doch es stellt sich heraus, dass das Mini-Ding komplett im richtigen Maßstab für die Figuren handwerklich vom Team hergestellt wurde, was sowohl Fähigkeiten im Bereich Glasbläserei, als auch Schweiß- und Lackierarbeiten erforderte.
So, und was all dies angeht bin ich nunmal der festen Überzeugung, dass es ein sträfliches Versäumnis und mehr als unfair wäre, eine derartig extreme Liebe zum Detail und den verrückten betriebenen Aufwand nicht bei einer Bewertung mit einfließen zu lassen (erst recht nicht wenn es bei dem Preis um Effekte ginge), nur weil einem das beim einfachen ersten Schauen nicht klar ist. Entsprechend werden diese Dinge auch in vielen Reviews erwähnt und positiv hervorgehoben, absolut zu Recht. So etwas zentrales, das sich durch die gesamte Arbeit zieht und auch im fertigen Film spiegelt, wenn man nur weiß, wo man hingucken muss... Das als unerhebliche Trivia abzutun, käme in meinen Augen nahezu einer Beleidigung gegenüber denjenigen gleich, die das auf die Beine gestellt haben. Natürlich funktioniert der Film auch einfach so für sich genommen und ist verdammt gut. Aber man sieht ihn mit anderen Augen, wenn man einmal hinter die Kulissen gucken durfte. Von einem ernstzunehmenden, professionellen Urteil sollte man erwarten können, dass das berücksichtigt wird.
Bei einem PC-Modcase-Wettbewerb wird auch danach gefragt, was für Materialien oder Techniken verwendet wurden, um das Projekt zu realisieren, was sich die Macher dabei gedacht haben oder vielleicht auch, wie lange sie brauchten. Das sind Aspekte, auf die richtigerweise mit geachtet wird, obwohl da ebenfalls am Ende das Ergebnis steht und es augenscheinlich nur darum geht.
So betrachtet ist das wirklich eine Ansichtssache. Auch bezogen auf das, was die Academy tun sollte. Da werden unter anderem Regisseure für die beste Regie bei einem Film geehrt. Wenn man jetzt nachschlägt, was gute "Regie" ist und ausmacht, dann steht da nicht nur etwas davon, wie das am Ende auf der Leinwand aussehen soll, sondern das hat jede Menge mit der Umsetzung, mit dem Verhalten der Person, mit der eigentlichen Produktionsphase zu tun. Lässt sich auf alle möglichen anderen Bereiche übertragen. Insofern hätte ich tatsächlich nichts dagegen, wenn sich die wahlberechtigten Mitglieder auch mal Interviews etc. reinzögen, wobei immer noch jeder selbst entscheidet, ob und wenn ja inwiefern er sich davon beeinflussen lässt.
Filme sind hochkomplexe Werke, in denen die Arbeit von zig Leuten kulminiert. Bei einem simplen Test mit Multiple-Choice-Antworten zählt ausschließlich das Ergebnis und es gibt keinen Spielraum für Interpretation (wenn man nicht gerade die Fragen selbst anfechten möchte). Wenn man hingegen eine Doktorarbeit schreibt, finde ich es gut, dass die Thesen vor einem Ausschuss zu verteidigen sind, da diejenigen, die bewerten sollen, vielleicht gar nicht alle Facetten des Werkes durchschaut haben.
Ach, keine Ahnung. Wie schon zuvor erwähnt, wir haben da echt unterschiedliche Philosophien. Ein Film ist für mich jedenfalls nicht immer zwingend ausschließlich das, was in der fixen Laufzeit einer festgelegten Version zu sehen und zu hören ist.
Was soll's. Dadurch werden noch nicht entsprechend viele komplett eigenständige Filme draus, die in Paralleluniversen spielen ^^ Sonst könnte man, wenn man es dermaßen genau nimmt, ebenso sehr anführen, dass Cap in der deutschen Fassung Deutsch spricht, in der französischen Französisch usw., und das doch eigentlich total out-of-character ist :PZitat
Hast du die Szene angeschaut? Im Zusammenhang mit dem Rest vom Film, wenn man in der Handlung drinsteckt, kommt das nämlich vermutlich nochmal anders rüber, als in einer bloßen Beschreibung. Und ja, ich fand das wahnsinnig gut, weil unerwartet, originell, clever, verspielt, die Eigenheiten vom Konzept des Titelhelden (Hintergrundstory) nutzend, augenzwinkernd, die Fans einbeziehend und dabei relativ aufwändig für so eine Kleinigkeit. Alle, mit denen ich damals geschaut habe, mochten es, nachdem uns das überhaupt bewusst geworden ist. Schlechter /deplatzierter Fanservice geht wirklich anders, da hab ich schon ganz andere Sachen ertragen dürfen. An anderer Stelle sprachest du von auf-sich-wirken-lassen anstelle von tot-analysieren. Dieses nett gemeinte, spaßige Detail auf jene Weise runterzumachen, da könnte man glatt den Spieß umdrehen -_^Zitat
Hier übrigens am Anfang vom Video die verschiedenen Notizbucheinträge, falls es jemanden interessiert.