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Thema: [ZOOOOOmmxBIES! Staffel 3] Epilog - The World Is Saved

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Silvia saß im alten Kindergarten und hielt Thomas im Arm. Ihre Augen schmerzten von unterdrückten Tränen, da sie mit aller Gewalt versuchte, nicht vor Thomas zu weinen. Sie würde ihm das alles noch erklären müssen. Was es bedeutete, dass es von nun an ein Heilmittel gab und das sein Vater tot war. Sie schniefte kurz und wischte sich über die feuchten Augen. Thalia schaute sie mitleidig an, sie wusste bereits was geschehen war und hatte ihr Hilfe angeboten. Irgendwann würde sie das Angebot annehmen, doch sie war einfach noch nicht in der Lage Vorbereitungen zu treffen. Das würde bedeuten, dass Frank wirklich und unwiederruflich tot war. Dafür war sie einfach noch nicht bereit. Frank sollte noch etwas weiterleben und sei es nur in ihrem Kopf, egal wie absurd diese Einstellung war. Bleib noch kurz bei Tante Thalia, Mama geht mal kurz nach Papa schauen.sagte sie zu Thomas und hoffte, dass ihre Stimme dabei nicht zu sehr zitterte. Thomas war manchmal überraschend scharfsinnig, was er wohl von seinem Vater hatte.
    Sie küsste Thomas mit einem mehr schlecht als recht erzwungenen Lächeln auf die Stirn und verließ den Kindergarten wieder. Thomas hatte sie erzählt, dass Frank noch draußen bei den anderen war und half, die letzten 'bösen Leute' zu fangen. Die Wahrheit würde sie ihm später am Tag erzählen, sobald sie diese selbst ausreichend verkraftet hatte, um ihrem Sohn das Konzept des Todes richtig zu erklären.
    Sobald sie das Gebäude verlassen hatte, fragte sie sich, wo sie eigentlich hin wollte. Zu Franks Leiche? So würde sie nun in Ruhe Abschied nehmen können. Im Chaos der Schlacht und der Aufregung direkt danach war einfach keine Gelegenheit dazu gewesen und sie hatte nur seinen Leichnahm in Sicherheit bringen können, damit nichts damit geschah. Sie wusste einfach nicht, was sie empfinden sollte. In ihrem Kopf waren so viele wiederstreitende Gefühle. Auf der einen Seite war die tiefe Trauer über den Verlust des Mannes, den sie nur wenige Wochen nach dem Beginn des großen Zehrens kennen gelernt hatte und der immer bereit gewesen war alles für sie zu tun und der ihr einen Sohn geschenkt hatte. Das war ihr ein Trost, Frank selbst war zwar nicht mehr da aber immerhin würde er in seinem Sohn weiter leben. Auf der anderen Seite war die unglaubliche Freude darüber, dass ein 21 Jahre alter Traum in Erfüllung gegangen war. Es gab ein Heilmittel. Sie alle hier waren nun gegen Zombiebisse Immun und hatten die Fähigkeit, allein durch Berührungen das Heilmittel weiterzugeben.
    Als sie sich schließlich, weit genug vom Kindergarten entfernt, wieder in der Nähe des allgemeinen Geschehens und somit vor den Augen der Kinder in Sicherheit befand, konnte sie es einfach nicht länger zurück halten. Erst Roberts brutaler Tod bei der Zerstörung von Shengs Hope und nun Frank. Sie sackte an einer Wand des Labors zusammen und gab sich einem heftigen Weinkrampf hin.

    Geändert von wusch (05.12.2015 um 22:17 Uhr)

  2. #2
    5 Jahre später, im Spätsommer 2038, irgendwo in New Orleans



    Plumph
    Mit einem dumpfen Geräusch brach die Nase des jungen Kultisten. Um ihn herum lagen seine Brüder und Schwestern. Der Boden schwamm vor Blut, welches sich langsam in seine schwere Robe fraß. Er spürte mit jedem Schlag, wie die Kraft des Leben spendenden und nehmenden Virus in seinem Blut schwächer wurde. Als würde dieser Krieger, der da auf seiner Brust saß, mit jedem Atemzug und mit jedem Schlag ein wenig mehr der Reinigung von ihm nehmen.

    "Ich frage noch einmal. Ganz freundlich. Willst du uns vielleicht nicht doch helfen?"
    "Ungläubige! Verräter!"

    Der junge Mann, der auf seiner Brust kniete, seufzte einmal schwer und zuckte mit den Schultern, bevor ein weiterer Schlag die Knochen im Schädel des Kultisten krachen ließen.

    "Wo.."
    Schlag
    "...ist..."
    Schlag
    "...euer..."
    Schlag
    "...verkackter...
    Schlag
    "...Anführer?"

    Keine Antwort. Das Blut quoll aus dem geöffneten Mund des jungen Kultisten. Raoul erhob sich und wischte leicht angewidert etwas Blut von seiner Rüstung. Er wand sich der kleinen Gestalt zu, die am Hauptaltar des Tempels stand, in einen Umhang gehüllt und vertieft in die rituellen Aufzeichnungen der LaValettes.

    "Die müssen es aber auch echt immer schwerer machen als nötig."
    "..."
    "Irgendwas spannendes?"
    "...Nein. Nur, dass ich der Teufel bin, im Prinzip."
    "Und das sind inwiefern Neuigkeiten?"

    Er konnte spüren, wie Haile den Mund in ein schiefes Lächeln verzog. Seine Geliebte wandte sich um, das schwere Buch in den Händen. Sie schwang sich auf den heiligen Altar, der vom Blut der versprengten LaValettes triefte, deren Leichen sich am Fuße der Treppen stapelten. Hailes Speer lehnte blutverschmiert neben ihr.

    "Hör dir das an: 'Mit diesem heiligen Dekret erklären wir die Taten des Apostels zur heiligen Blasphemie am gereinigten Frieden. Lady Hailena Prudeene McAldrin wird zur Persona non Grata erklärt, die der himmlichen Gerechtigkeit zugeführt werden soll, sobald der gereinigte Blick der Jünger des Friedens auf sie fällt.'"

    Raoul gab ein ersticktes Schnauben von sich.

    "Funktioniert ja super soweit."
    "...es ist 5 Jahre her, und sie bekommen meinen Namen immer noch nicht hin."
    "Ich glaube, die sterben lieber, als dich 'Haile Sheng' zu nennen."
    "Anscheinend."

    Mit einer Handbewegung deutete Haile auf die Leichen, die sich in der kleinen Kirche stapelten. Neben der jungen Frau röchelte der letzte LaValette seinem Ende entgegen, nicht, ohne die beiden Jäger mit bösen Blicken zu taxieren. Raoul und Haile warfen sich einen Blick zu. Mit einer fließenden Bewegung hüpfte Haile vom Altar und bewegte sich langsam auf den Kultist zu. Auch Raoul kniete sich neben den Sterbenden.

    "Weißt du, wir können das schnell machen, oder dich leiden lassen."
    "Verräter! Unheilsbringer!"
    "Uh, legt BITTE mal eine andere Schallplatte auf, langsam wird es echt nervig."
    "Seit wann weißt du, was Schallplatten sind?"
    "Hey, ich wusste schon immer was Schallplatten sind, ich hab genug von den Dingern aus dem Schiff geholt und an Morris vertickt...Ach Morris... Bei der Gelegenheit..."

    Raoul holte aus und hieb dem LaValette in den Brustkorb.

    "Besser?"
    "...Besser."
    "Sie hätte uns führen sollen! Den Frieden bringen...!"
    "Sie HAT den Frieden gebracht, du Spatzenhirn. Nur halt nicht für euch."

    In der vollkommenen Stille des Kultistentempels, die nur vom gelegentlichen, erstickten Gurgeln des Kultisten vor ihnen unterbrochen wurde, lächelte der ehemalige Schiffsdieb das ehemalige Kultistenmädchen an. Durch die Narbe in seinem Gesicht hatte es etwas von seiner schalkhaften Aura verloren, wurde aber durch die grenzenlose Liebe in seinem Blick mehr als ausgeglichen. Hailes Gesicht war immernoch von dem Umhang verborgen, aber er konnte spüren, wie sie die Geste erwiderte.

    "Zurück zu dir. Sag uns, wo euer Großmeister ist."
    "Niemals!"
    "Komm, kurz und schmerzlos oder lang und unangenehm? Du hast sicher gehört, was wir mit den Leelands angestellt haben?"

    Die Augen des LaValette wurden größer. Ah, das zieht immer.

    "..."
    "Wir hören."
    "...Tallahassee."
    "Geht doch."

    Mit einer einzigen Handbewegung hatte Haile den Hals des jungen Kultisten mit ihrem Dolch aufgeschlitzt, der nun endgültig sein Leben aushauchte. Das Blut spritzte auf ihre Gesichter und endlich legte sich wieder eine feierliche Stille über die alte Kirche. Haile striff die blutige Kapuze ab und schüttelte leicht den Kopf, damit sich ihre blonden Locken wieder in Form bewegten. Mit routinierten Handgriffen bändigte sie ihre Haare im Nacken, sodass das sanfte Kerzenlicht endlich ihr Gesicht erleuchtete.

    "Florida also. Dann können wir gleich noch einen Abstecher zu den Eolas in Orlando machen."
    "Ja...weißt du eigentlich, wie heiß du aussiehst, wenn du gerade 7 Kultisten umgenietet hast?"
    "8."
    "Meinetwegen."

    Raoul griff Haile am Arm und zog sie zu sich. Eine Hand wanderte an ihre Wange, eine schloss sich um ihren Körper. Seine Lippen fanden ihre, ein zärtlicher Kuss, der nur unterbrochen wurde, als er Haile mit starken Armen hochriss und auf den blutigen Altar der letzten Kultisten setzte.



    Hand in Hand verließen die beiden den Kultistentempel, stiegen über die Leichen der LaValettes und blickten in die aufgehende Morgensonne. An so vielen anderen Orten der alten, neuen Welt schauten so viele Augenpaare auf denselben Anblick. Dachten an die anderen Helden von San Antonio.

    "Es wird bald wieder Zeit für ein Treffen, oder?"
    "...Ja."
    "Ich vermisse sie schon. Evi, Sheng, selbst Wingman. Und vielleicht auch Gorilleo."
    "..."
    "..."
    "..."
    "Tallahassee als nächstes?"

    Haile nickte stumm.

    "Für Kerosa."
    "Für Kerosa."

  3. #3
    Die dunklen, schweren Stiefel passten überhaupt nicht zu der restlichen zurechtgemachten Erscheinung der rothaarigen Frau, die sich einen Weg durch den alten Bunker bahnte, wo emsiges Treiben herrschte. Auch die schwarzen Muster und bunten Symbole, die sich von den Unterarmen bis zu ihren Schultern hinaufzogen – auf Ewigkeiten in die Haut geritzt – passten nicht zum Gesamtbild.
    Als die Frau das Gebäude verließ, begegneten ihr weitere Menschen. Fröhliche Menschen, beschäftigte Menschen… welche die sie kannte und andere, deren Gesichter sie noch nie gesehen hatte. Alle starrten sie an. Teilweise verwundert und musternd, da ihr Outfit nun wirklich seltsam wirkte, aber größtenteils wurde sie mit einem breiten Lächeln begrüßt. Die Leute kannten sie jetzt, auch wenn sie ihr selbst unbekannt waren.
    Evangelina. Der Name war nun fast allen Menschen ein Begriff.

    Evi nickte hin und wieder freundlich in irgendwelche Richtungen, beeilte sich aber, um schnell weiter zu kommen. Sie verließ die üblichen, mittlerweile eingetrampelten Wege bald und stapfte sehr undamenhaft durch den Wald. Gut, dass sie die Stiefel angezogen hatte.
    Nach einer Weile erreichte sie ihr Ziel und hielt kurz inne, um den Anblick wieder einmal in sich aufzunehmen. Da, wo vor zwei Jahren Vultures, Skypeople und Siedler von Sheng’s Hope eine unvergessliche Nacht lang miteinander am Lagerfeuer gefeiert hatten, türmten sich kleine Erdhügel. Aus ihnen ragten Holzpflöcke – teilweise verziert, beschnitzt, mit Bändern behangen oder als Kreuze dargestellt. Keines dieser Gräber war ungepflegt oder schmucklos.

    Evi atmete tief durch und ging hoch erhobenen Hauptes zu einem der Hügel, der recht nahe am Waldrand lag. Der Schatten eines Baumes streifte das Holzkreuz, auf dem eine Kette mit einem schimmernden Anhänger hing. Eine schwarze Katze räkelte sich direkt am Waldrand und richtete die großen Kulleraugen auf die Taucherin.
    Ich weiß, ich bin etwas spät, aber du hast es dir ja gemütlich gemacht, Snowball.“ Evi kraulte Snowball kurz und wurde mit einem spielhaften Hieb auf ihre Stiefel belohnt. Die langen Schuhbänder waren irgendwie immer der Hit.
    Die Katze stromerte gerne im Freien herum, aber jeden Abend kehrte sie nach Hause zurück, also in Evis und Shengs Zuhause. Und regelmäßig war sie auch an diesem Grab zu finden – meist an dem Tag, an dem auch die Taucherin ihren Routinebesuch auf dem Friedhof machte.

    Okay, hier bin ich also.“, sagte Evi schließlich an das Grab gerichtet, stemmte ihre Hände in die Hüften und drehte sich einmal um die eigene Achse. Das Kleid, das sie trug, flatterte im Wind. Es war eigentlich einmal ein weißes Unterkleid gewesen – wozu man das früher auch immer gebraucht hatte – und die Träger waren deshalb aus Spitzen, genauso wie der unterste Rand am Rock. Der Stoff war leicht und fühlte sich an wie Federn auf der Haut.
    Sie hatten versucht das Kleid umzufärben und türkis zu machen, aber es wirkte eher hellblau. In die Spitzen an den Trägern und am Ausschnitt hatten sie breite, türkise Bänder eingewoben, die eigentlich auch einmal nur irgendwelche Stoffetzen gewesen waren. Insgesamt sah es nun aber doch ziemlich fein aus, weil Evi fähige Hände gehabt hatte, die ihr geholfen hatten…. Beziehungsweise fähige Hände, die eigentlich alles alleine gemacht hatten.
    Jedenfalls, wären die Stiefel nicht gewesen, dann hätte man fast meinen können, hier eine – wie Will es einmal gesagt hatte – echte Dame vor sich zu haben.
    Tja, Eryn. Es hat zwar etwas gedauert, aber wie versprochen trage ich ein hübsches Kleid, das nur dir stehen würde.“ Evi grinste den Anhänger auf dem Holzkreuz an und setzte sich ungeniert im Schneidersitz vor das Grab. „Du hattest das bestimmt schon vergessen, oder? Aber ich halte meine Versprechen! Ich habe nur so lange gebraucht, weil ich natürlich ein Kleid wollte, das wie deines ist. Finde sowas mal. Ellen hatte ja glücklicherweise allen möglichen Kram gebunkert, aber sie hatte auch nicht ganz deinen Style, das weißt du ja. Und seit sie in ihre Heimat zurückgekehrt ist, wird der Raum, der damals mit ihren Schmuckstücken voll war, ja auch ganz anders genutzt. Aber letzte Woche hatte ich dann Glück, weil ich eine wirklich nette Frau wieder gesehen habe, die mir geholfen hat. Also, es kommen ja dauernd Leute her, weil wir leicht zu finden sind und das Heilmittel ja auch hier verbreiten, aber das war schon etwas Besonder…“ Evi hielt kurz inne, als sie Snowball neben sich spürte, die sich langsam an die Bänder an ihrem Kleid heranpirschte. Etwas unwirsch holte sie das Kätzchen zu sich auf den Schoß, und richtete den Blick dann wieder auf das Grab. „Also am besten erzähle ich dir alles von vorne, ja?

    ---



    Es waren immer nur Kultisten?Sheng lehnte an der Mauer des Bunkers, in dem er Ellens Radio übernommen und weiter ausgebaut hatte. Die Tätigkeit war sein ganzer Stolz und schon kurz nach der Gewinnung des Heilmittels hatten sich seine Nachrichten wie ein Lauffeuer verbreitet. Er war inzwischen die berühmteste Stimme des Landes und der Silverhorn Golf Club der bekannteste Ort im weiteren Umkreis. Während viele der Helden, die damals hier gekämpft hatten, weitergezogen waren, um das Heilmittel so zu verbreiten und ihre persönlichen Wege zu beschreiten, waren Sheng und Evi mit ein paar wenigen anderen hier geblieben. Inzwischen war eine Siedlung am Entstehen, es gab immer mehr Handelsmöglichkeiten und zahlreiche Reisende, die hier etwas vom Heilmittel wollten und Neuigkeiten brachten.
    Wingman hatte von einem Durchreisenden erfahren, dass im weiteren Umkreis von San Antonio hin und wieder tote Kultisten gefunden wurden, während die Gegend mittlerweile eigentlich als immer sicherer galt.
    Ja, und es deutet alles auf menschliches Vorgehen hin. Vielleicht sogar auf etwas Persönliches…“, antwortete der beste Freund von Sheng, der auch hier für die Sicherheit zuständig war, mit einem nervösen Augenzucken. Evi, die neben ihm stand, begann zu grinsen. „Klingt doch gut! Oder nicht? Hey, das sind doch gute Neuigkeiten!“ Wingman und Sheng tauschten einen unsicheren Blick. „Also ehrlich gesagt, ich weiß nicht ob ich besorgt oder stolz sein soll.“, seufzte der Asiate. Evi legte ihren Arm um seine Schultern. „Beides, mein Lieber. Du bist IMMER beides, wenn es um Haile geht.“ Sie küsste den Mann, den sie mehr liebte als alles andere in dieser schönen, neuen Welt, auf die Wange.
    Wichtig ist doch, dass es ihr gut geht. Und so lange irgendwo tote Kultisten gefunden werden, ist alles gut. Ich bin sicher, dass sie uns irgendwann besuchen kommt und nur so sprüht vor Leben. Sie ist unzerstörbar, sie lässt sich nicht aufs Kreuz legen. Also, außer von-.
    Evangelina!
    Die schneidende Stimme gehörte weder Wingman, der schon empört den Mund geöffnet hatte, noch Sheng, der solche Details über Haile lieber nicht diskutierte. Und etwas an der Art, wie der Name ausgesprochen war, ließ Evi zucken. Sie fühlte sich aus irgendeinem Grund wie ertappt und drehte sich zu der Stimme um.

    Dort stand eine Frau mit ergrautem Haar und strengen, blauen Augen. Ihre schmalen, zusammengepressten Lippen formten sich aber schnell zu einem Lächeln, das ihr Gesicht faltiger und sofort freundlicher aussehen ließ. Evi traute ihren Augen kaum.
    Dolores?
    Die Frau nickte und wurde sofort von der Taucherin bestürmt und gedrückt. „Meine Güte, Lori!! Wie lange ist das her? Du lebst! Du bist… wie bist du in deinem Alter bloß hierher gekommen?
    Dolores löste die Umarmung und räusperte sich. „Also wirklich. Ich sehe schon, dir hat immer noch niemand die nötige Höflichkeit beigebracht.“ Sie untermalte die strengen Worte mit einem kleinen, freundlichen Zwinkern.
    Nun, als ich gehört habe, dass die kleine Evangelina Nikos eine Heldin ist, musste ich mich sofort auf den Weg hierher machen. Das hat natürlich ein Weilchen gedauert, aber ich kann sehr störrisch sein, wenn ich mir etwas vornehme. Und Garret hier hat mir sehr geholfen.“ Sie deutete auf einen gut aussehenden Mann, der höflich lächelnd neben ihr stand und der offensichtlich jünger war als sie – höchstens Ende 40.
    Aber wenn du irgendwie Kontakt gesucht hättest, dann hätte auch ich mal vorbeischauen können. Äh, vermutlich. Je nachdem wo du warst.“, sagte Evi, aber Dolores schüttelte den Kopf.
    Es ist eine merkwürdige Fügung, aber ich kenne aus eurer Heldentruppe nicht nur dich.“ Die Taucherin zog überrascht die Augenbrauen hoch, als die ältere Frau ihren Blick auf Sheng richtete.
    Dass ausgerechnet aus Ihnen doch noch etwas geworden ist, hätte ich nie gedacht.“ Sie schürzte die Lippen.
    Sheng lief rot an und ihm schienen die Worte zu fehlen. Man konnte ihm ansehen, dass er erst jetzt erkannte, wer diese Frau war.
    Evi lachte etwas verlegen und legte ihre Hand auf Dolores‘ Schulter. „Warum gehen wir nicht ein bisschen spazieren? Wir haben so viel aufzuholen!“ Und etwas leiser fügte sie hinzu: „Der Kerl ist meine Große Liebe, den willst du doch nicht beleidigen?“ „Der?“, rief die ältere Frau überrascht aus und wollte sich gleich noch einmal an ihn wenden, aber Evi zerrte sie bestimmt weiter weg.

    Der Weg führte die beiden zu den kleinen Häuschen und Bauten, die immer mehr Menschen, die bleiben wollten, ein Zuhause boten. Dort setzten sie sich auf eine Art Bank, die eigentlich nur aus einem großen Stein mit Holbrettern darauf bestand, und redeten bis zur Dämmerung.
    Dolores hatte offenbart, dass sie vor mehr als zwanzig Jahren mit einigen anderen Adam überhaupt erst gefunden hatte. Und Evi hatte es geschafft, Dolores eine umfassende Beschreibung davon zu geben, was sie seit dem Fund von Adam alles erlebt hatte.
    Wie faszinierend, dass eine völlig andere Generation das, was wir angefangen haben, beenden musste. Es ist so viel Zeit vergangen. Ich frage mich, wie Adam all die Jahre verschwunden sein konnte… “ , sagte Dolores nachdenklich. Ihre Gedanken schienen schließlich abzuschweifen und sie rümpfte die Nase leicht. „Wir hätten uns damals aber sicher nicht mit irgendwelchen Wilden verbündet. Das erklärt aber immerhin diese schrecklichen Tätowierungen.“ Bevor Evi sich beschweren konnte, sprach die ältere Frau weiter: „Und Léo gehört auch zu denen? Ist ihre Anführerin geworden? Die kleine, süße Léo?“ Evi prustete. Kleine, süße Léo?
    Vielleicht ist es ganz gut, dass sie nicht hier ist, du würdest vermutlich einen Herzinfarkt bekommen. Aber ja, Léo ist eine starke Frau geworden.
    Ob Clover sie jemals wieder gesehen hat?
    Ich weiß nicht… Hast du Clover jemals wiedergesehen?
    Dolores lächelte und schüttelte den Kopf. „Ich habe sie ja auch nicht mehr gesucht, nachdem ich entschieden hatte, sie in Frieden leben zu lassen.
    Das ist fünfzehn Jahre her, manchmal ändern sich Meinungen.
    Ich sagte doch, ich bin störrisch.“ Dolores lachte kurz auf und es entstand eine Stille zwischen den beiden Frauen.

    Nach einer Weile, in der die beiden ihren eigenen Gedanken nachhingen, stand Evi auf. „Was hast du denn jetzt vor Lori? Du wirst doch bestimmt ein bisschen bleiben, oder nicht? Eine Frau in deinem Alter sollte sich echt nicht übernehmen.“ Die Taucherin streckte die Zunge heraus und bekam dafür prompt einen schmerzhaften Klaps auf die Schulter. „Pass auf du junges Früchtchen, in mir steckt immer noch genug Kraft, für die man mich respektieren sollte.“ Dann stand Dolores auf und brauchte damit doch etwas länger. „Aber ein bisschen Rast könnte trotzdem nicht schaden. Wie ist das denn hier, wen muss man bestechen, um ein Quartier zu finden?
    Evi lachte und ließ die ältere Frau bei sich einhaken. „Du kannst erst mal bei uns bleiben. Garret, oder wie er heißt, von mir aus auch.
    Kann ich mir bei dir denn dafür irgendwie erkenntlich zeigen?“ Die Taucherin schüttelte den Kopf, hielt dann aber inne. Kurz musterte sie Dolores. Es war viel Zeit vergangen, aber sie schien nicht viel von ihrem alten Ich verloren zu haben. Es war dieselbe Frau, die damals auf dem Schiff ihres Vater Zuflucht mit ein paar Mädchen gesucht hatte. Eine Frau, die mit Köpfchen vorging und so ihre Liebsten beschützte. Eine, die trotz aller Widrigkeiten die Fassung behielt und selbst in den härtesten Zeiten immer noch auf ihr Auftreten achtete. Ja, ohne Zweifel. Eine Dame.
    Also eine Sache hätte ich, wo ich echt deine Hilfe gebrauchen könnte…

    ---



    Dolores hat mir also dieses Kleid gemacht. Und die Tatsache, dass ich sie mehr als fünfzehn Jahre nicht gesehen und nicht von ihr gehört hatte, es ihr aber immer noch gut geht, gibt mir weiter Hoffnung. Ich vermisse die anderen, aber nichts spricht dagegen, sie wieder zu sehen, nicht wahr?“ Evi starrte gedankenverloren auf das Amulett, das in der Sonne glitzerte. „Und wenn es so weit ist, dann werde ich dich auch wieder sehen… und du wirst mit den Augen rollen und dich beschweren, dass dich mein dauerndes Gelaber hier immer in deiner trauten Zweisamkeit mit Derreck gestört hat… oder bei einer tiefgehenden Diskussion mit Will. Aber vielleicht mache ich es mit der Kleidersache ja wieder gut und unterhalte euch da oben gerade köstlich.
    Evi lachte und blinzelte sich ein kleines Tränchen aus dem Augenwinkel.
    Du wirst sehen. Schon bald werden wir hierauf zurückblicken und uns nicht mehr einkriegen vor Lachen, weil ich für dich echt ein Kleid anziehen wollte.

    Von hinten waren nun leise, behutsame Schritte zu hören und Snowball spitzte die Ohren. Dann sprang das Kätzchen auf und begrüßte den Neuankömmling mit erhobenem Schweif.
    Es ist bald so weit. Störe ich?“, fragte Sheng, der sich nun auch an Eryns und Derrecks Grab stellte. „Überhaupt nicht.“, antwortete Evi kopfschüttelnd und stand auf. Auf ihrem Hintern hatte sich ein leichter Grünschimmer gebildet – das Kleid war offenbar nicht dafür gemacht, im Gras zu sitzen.
    Du siehst…“ „…lächerlich aus, ja, ich weiß.“ Sheng lachte. „Nicht ganz, was ich sagen wollte.“ Er legte der Taucherin den Arm um die Schulter und küsste sie auf die Stirn.
    Ich habe Dolores jetzt übrigens überzeugt. Sie wird bleiben.“ Evi hob anerkennend die Augenbrauen. „Ich bin beeindruckt. Diese Frau ist so stur… aber früher oder später kann eben niemand mehr deinen Worten widerstehen. Vielleicht werdet ihr ja wirklich noch Freunde?“ Beinahe prustete sie los und auch Sheng musste grinsen. „Darauf würde ich nicht wetten.
    Die beiden schlenderten nun langsam Hand-in-Hand zurück, nicht ohne ihre Blicke noch einmal über all die Gräber schweifen zu lassen.
    Hast du wieder eine Liste gemacht?“ Sheng schüttelte den Kopf. „Ich habe schon letztes Mal bemerkt: Das ist etwas, wo ich wirklich keine Notizen brauche. Ihre Namen haben sich für immer und ewig eingebrannt und ich werde keinen einzigen von ihnen jemals vergessen.“ Evi packte Shengs Hand etwas fester und nickte.

    ---

    „…werden nun traditionell die Namen all der Helden ausgerufen, die an diesem schicksalhaften Tag vor zwei Jahren zur Rettung der Menschheit beigetragen haben.
    Vincent Allomary, Leocadia Arellano-Felix, Mary Black, Henry Daugherty,…
    ...Hugh Jackman, Jegor, Frank Moores, Sylvia Moores,...
    …Romero Sabal, Lisa-Marie Schiller, Haile Sheng, Ichiro Sh…”


    Wir werden keinen einzigen von ihnen jemals vergessen.

  4. #4
    Das Mädchen folgte dem flinken Tier jetzt schon eine ganze Weile. Es war, als wollte das schwarze Fellknäuel es genau so. Die Katze lief zwar davon, doch warf immer wieder Blicke nach hinten, um die ohnehin ständige Aufmerksamkeit der 11-Jährigen einzufangen. Das Kind hätte schneller gekonnt, doch selbst hier - nur hunderte von Metern vor ihrem Ziel - war Vorsicht geboten. Natürlich wurde sie daran auch erinnert, als die Stimme ihres Vaters ertönte.

    "Lily, nicht so weit! Mama macht sich schon Sorgen."



    Dabei war Papa der, der sich immer die größten Sorgen machte, wenn es am wenigsten angebracht war. Was sollte hier schon passieren? Der Wald war in einem guten Zustand, die Katze hatte sie das erste Mal an einem Haufen Gräber entdeckt. Und wo Gräber waren, da lebten auch nette Menschen. Böse Menschen bauten keine Gräber. Außerdem hatte Mama selbst gesagt, dass es nicht mehr weit sein würde, bis sie den Club erreichten.

    Lily hatte viele Fragen gehabt. Was Golf war, wusste sie jetzt - Leute, die besonders reich waren, nahmen sich früher Stäbe mit einem dicken, schweren Ende und versuchten damit kleine Bälle ganz weit zu schlagen. Sie hatte nicht wirklich verstanden, warum man so etwas machen sollte, aber vor ihrem Leben hatten die Leute eben Spaß daran. Einen solchen Stab hatte sie sogar selbst mal gesehen. Nur wurde der benutzt, um jemandem den Kopf einzuschlagen.

    Am Beeindruckensten fand sie Flugzeuge. Die Leute aus der alten Welt waren entweder Genies oder Lügner, wenn sie behaupteten, diese großen Schrottteile in die Luft gebracht zu haben. Lily war in ihrem Leben schon so weit gelaufen, doch Mama und Papa meinten wirklich, dass diese komischen Metallriesen fliegen konnten, nicht nur kaputt am Boden herum lagen, und dabei sogar viel schneller waren als alles was sie kannte. Da drinnen saßen angeblich ganz viele Menschen und bezahlten sogar dafür, das zu dürfen. Da konnte man dann drin schlafen und merkte nichts davon, dass draußen die ganze Welt an einem vorbei zog. Und wenn man wieder ausstieg, war man ganz wo anders.

    Für sie wäre das wahrscheinlich nichts gewesen. Das sportliche Mädchen mochte das Laufen und hörte auch deswegen nicht damit auf, der Katze hinterher zu eilen. Abgelenkt wurde ihre Aufmerksamkeit erst dann vom Vierbeiner, als sie zwischen den dicht aneinander stehenden Bäumen das erste Mal die Behausungen erkannte, die dahinter lagen. Die letzten Meter wurden gesprintet, die erneuten Rufe Papas erstickten irgendwo hinter ihr. Und als sie an den Waldrand kam, baute sich das gesamte Ausmaß vor ihr auf. Eine Menge Menschen, die nicht alle beieinander standen, doch geschäftig schienen, hier und da Dinge erledigten und wohl zum Großteil in Häusern wohnten, die sie schon mal gesehen hatte. An der Art, wie Menschen Häuser bauten, konnte man sehen, wo man war. Zumindest hatte sie das so abgespeichert. Es traf vielleicht nicht immer zu - aber oft.

    "Mamaaaa! Papaaaa! Ist das hier der Golfclub?" Sie wandte sich um und blickte vom Waldrand aus zwischen die Bäume und Sträucher, konnte nicht weit blicken. Die beiden waren noch nicht zu ihr aufgeschlossen, doch die sanfte Stimme ihrer Mutter antwortete Lily bereits. "Ja, wir sind hier richtig, Schatz." Das Rufen weckte auch die Aufmerksamkeit einiger der Anwohner, die zum Teil neugierig zu ihr sahen, doch schnell wieder das Interesse verloren. An anderen Orten der Welt waren die Menschen ängstlicher, rannten davon, wenn Fremde kamen, griffen nach Waffen oder bedrohten einen. Lily hatte beide Seiten bereits erlebt. Doch hier war man entspannt.

    Als sie ihre Eltern hinter sich endlich sah, versuchte das Mädchen die Jagd wieder aufzunehmen. Ihrem aufmerksamen Blick entging nicht, dass die schwarze Katze gerade sowas wie einen Haken schlug, es nicht so weit geschafft hatte, wie es zu vermuten war. Ein freches Grinsen stahl sich auf Lilys Gesicht, kurz bevor sie loseilte. Es dauerte kaum zwei Sekunden, da setzte sich auch das Tier wieder in Bewegung, um Distanz zwischen sich und das Kind zu bringen. Gemeinsam eilten sie sorglos durch das Dorf. Der Tochter der doch nicht ganz so entspannt nach ihr rufenden Eltern fiel dabei weder auf, dass sie hier und da beinahe jemanden umrannte, noch nahm sie Notiz davon, in Richtung einer Bunkeranlage zu rennen. Nur kurz vor Erreichen dieser nahm das Tempo der Katze ab, doch anstatt langsam erschöpft aufzugeben, versteckte sie sich mit einem letzten Sprung halb zwischen und halb hinter den Beinen einer Frau, der Lily beinahe in die Arme lief.

    "Ärgerst du wieder jemanden, Snowball?", fragte die Frau, deren Haar so rötlich war wie das von Lily selbst, die Katze, die aussah als würde sie zwischen den schweren Stiefeln wirklich Schutz suchen. Das Mädchen wusste nicht, ob sie sich mehr über den komischen Schmuck der Frau wundern sollte oder darüber, dass sie der schwarze Katze so einen seltsamen Namen gegeben hatte. Doch die aufgeweckte 11-Jährige lächelte nur verspielt. "Nein, sie hat mich nicht geärgert. Wir haben nur Fangen gespielt." Da sie vor ihrem geistigen Auge bereits sehen konnte, wie ihre Eltern ihr ein Mangel an Höflichkeit vorwarfen, streckte sie forsch die etwas schmutzige Hand aus und hielt sie der Frau hin. "Ich bin Lily."

    "Hallo Lily, ich bin Evi", war die zügige Antwort, gefolgt von einem Händedruck. Neben der kräftigen Hand der Frau fiel dem Mädchen vor allem der Name auf, der sie stutzen ließ. Sie wusste, wo sie hier war. Und sie hatte diesen Namen nicht erst ein mal gehört. "Evi... bist du Evangelina-Evi?" Wieder erfolgte das bestätigende Nicken der Frau nicht eine Sekunde später. Lilys Augen öffneten sich weit. "Wooow! Du bist eine Heldin!" In ihrem Blick lag pure Bewunderung. An Stelle der Frau wäre sie sich nun reichlich stolz vorgekommen, doch die Retterin der Menschheit sah durch ihre Feststellung eher aus wie eine Mischung aus verschmitzt lächelnd und peinlich berührt.

    "Du musst meine Eltern kennen lernen, Evi. Die waren auch mal Helden. An einem Flugh-..." - "Lily!" Das Mädchen stöhnte genervt auf. Damit hätte sie ja rechnen können. "Ich habe gesagt: Nicht so weit!" Die Stimme ihres Vaters war eindringlich. So eindringlich zumindest, wie sie eben sein konnte. Die 11-Jährige hatte inzwischen gelernt, dass weder er, noch ihre Mutter dazu in der Lage waren, böse auf sie zu sein. Und jetzt hatte sie keine Zeit, zu protestieren - denn es gab Wichtigeres. "Papa, das ist Evangelina. Eine von den Heldinnen. "

    Die Augenbrauen des Mannes entspannten sich, wie auch seine Stirn. Er sah nun die Frau an, während die rothaarige Begleitung, die er an der Hand hielt, schon freundlich lächelte. "Es ist toll, Sie in Person zu sehen!", meinte Lilys Vater respektvoll. "Ich bin Ian Burrows." Und auch ihre Mutter stellte sich vor.

    "Mein Name ist Clover."

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