Vor ihnen stand der Ort ihrer letzten Schlacht. Die Mother Earth Labs.
Léo umklammerte den Griff der Waffe, welche Hju ihr gab. Das alte, leicht rostige Gewehr an dessen Spitze das festgetapte Survivalmesser prangte, lag schwer in ihren Händen.
Das hier war alles was sie wollte. Die letzten 20 Jahren hatten sie hart genug gemacht um diesen Moment zu erleben.
Die größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte endgültig besiegen. Die Fehler der selbstgerechten und selbstsüchtigen Idiotas gerade biegen... wenn sie es schon nicht schaffte sie für ihre Taten bluten zu lassen.
Blades und Pray schoben den Sarg gemeinsam vor sich her während Léo die Führung übernahm und Hju der Gruppe den Rücken freihielt. Vor ihnen erstreckte sich ein dunkler Gang, grau in grau und jede Lichtquelle so tot wie das Land um sie herum.
In der Dunkelheit konnten sie zahlreiche Kabelstränge ausmachen, teils offen liegend doch ohne Stromzufuhr.
Doch ihnen war klar, dass dies nicht so bleiben würde. Enigma und Ranger würden die Solarpanels wieder reparieren und dann würde der gesamte Komplex wieder Strom haben. Es würde Licht geben, die Computer würden funktionieren... und die offenen Kabel hätten wieder genug Saft jede Berührung sehr schmerzhaft zu machen.
Zusammen steuerten sie auf einen zusammengestürzten Gang zu. Léo sah sich die Wand genauer an und fand an den Wänden verteilt überall kleine Löcher.
Schrapnellsplitter aus einer Handgranate. Hunderte Löcher hatten sie sich tief in die Wände gesucht und vermutlich den Gang zum Einsturz gebracht. Hier hatte anscheinend das Sicherheitsteam mit allen Mitteln versucht die Zombies abzuwehren und dann waren diese Penner nicht einmal erfolgreich.
"Warum... muss... dieses... Ding... so... schwer... sein"
"Dios mio, hoffentlich beschwert sich dieses Kind nicht alle 5 Minuten"
Léo lies ihre Gedanken dieses eine Mal unausgesprochen. Es gab keinen Grund so kurz vor der Zielgeraden noch einen Streit zu haben. Denn von denen, hatte sie in den letzten Stunden echt genug gehabt.
Urplötzlich und ohne Vorwarnung knallte es innerhalb des Ganges mit einem mörderischen Krachen. Die Kabel die vorher noch so ruhig in der Luft hingen zuckten teils durch die Luft und nur wenige Sekunden später, sprangen auch nach und nach die letzten verbliebenen Lampen an.
Der Komplex wurde in ein steriles, kaltes Licht getaucht. Erst jetzt wurde allen klar wie lange diese Ruine hier schon vor sich hin gammeln musste.
Alles war von einer dicken, schmutzigen Staubschicht bedeckt. Decken, Böden, sogar die Kabel die aus den Decken hingen waren von einer gräulich-braunen Schicht bedeckt.
"Heilige Scheiße, so schlimm sah es ja nichtmals unter meinem Sofa aus."
"So schlimm sieht es nichtmals bei uns im Dorf aus... und wir wohnen in einem Dschungel"
Pray hustete leicht und fing an den Sarg weiterzuschieben, hinterließ dabei eine deutlich sichtbare Spur am Boden.
Léos Gedanken rasten bei Prays Bemerkung um das Dorf der Vultures. Um den Dschungel an der Grenze Mexikos. Um die Ansprache von Seeker.
Sie würde ihr Wort halten. Wenn sie hier lebend rauskam, dann würde sie den Clan anführen und durch die kommenden unruhigen Jahre bringen.
Ihr Weg führte die Gruppe um eine weitere Biegung an deren Ende ein weiterer eingestürzter Gang lag. Alles war hier einfach nur der Bach runtergegangen.
Wortlos folgten sie dem einzigen Weg den sie nehmen konnten. Geradeaus und dann um eine weitere Biegung herum.
Da lag sie vor ihnen. Die Schleuse.
Eine milchige Glasscheibe hinter denen sich zahlreiche Schatten tummelten. Schon von hier konnten sie mindestens Sieben der Untoten ausmachen, einige davon sehr deutlich andere waren fast kaum zu erkennen.
Léo war sich für ihren Teil sehr sicher, dass dort noch einige mehr von den wandelnden Toten befinden mussten.
Doch auch wenn die Situation echt beschissen aussah, so erinnerte sie sich doch an das was ihre Abuela ihr oft sagte.
"Querer es poder (Wollen ist können)"
Auf eines konnten sich die verfaulten Ärsche gefasst machen. Léo wollte und würde ihnen den Arsch aufreißen.
Pray und Blades schoben Adams Sarg die letzten Zentimeter vor die Schleuse während Hju zu ihr aufschloss. Die Pistole ihres Papá. Von einem Mann den sie liebte, zum nächsten.
Es erfüllte sie mit Stolz, dass eine Art... Erbstück, nun eine Verwendung fand.
Léos hielt ihre Waffe locker in der Linken. Sie stand direkt neben der Konsole welche die Schleusentüren öffnen würde.
Mit einem einzigen Knopfdrück würde hier gleich die Hölle losbrechen. Sie konnte nur versuchen zu erahnen wieviele dieser verfluchten hijos de putas hinter den Türen lauerten.
"Wehe du überlebst das nicht cabrón."
"Sonst was? Folgst mir in die Hölle und prügelst meinen Arsch persönlich aus den Händen des Teufels?"
"Nein, aber es wird ganz schön schwer wer deinen Arsch hier überhaupt rauszukriegen wenn du krepierst. Ich will keine Schaufel in die Hand nehmen müssen..."
"Der Herr wird uns führen. Unter seinen schützenden Händen werden wir sein Werk vollbringen..."
Blades nickte Pray zustimmend zu. Was war mit den beiden los? Seit wann hatten die beiden eine religiöse Erleuchtungskiste am laufen?
Was auch immer es war, Léo hatte kein Interesse nachzufragen. Jetzt würden faulige Ärsche verprügelt.
"Dann gehts jetzt los."
Mit diesen Worten hämmerte Léo mit ihrer Faust auf den Knopf der Konsole. Ein lautes Zischen strömte den Vieren entgegen und dann öffnete sich die Schleuse.
Als sich die Schleuse öffnete blickten sie in die Gesichter von 5 Zombies. Allesamt in Schutzausrüstung die an einigen Stellen zerbissen waren.
Natürlich mussten sie direkt in die Arme des verdammten und nutzlosen Sicherheitspersonals laufen.
Léo hörte nur seitlich neben sich wie Hju seine Waffe durchlud und sich bereit machte den ersten dieser Bastarde umzunieten. Jetzt musste sie ihm zeigen wer hier die Hosen anhatte. Den Ruhm des ersten Schlages würde sie sich nicht nehmen lassen.
Sie packte das Gewehr und ging einen weiten Schritt nach vorn. Geschickt ging sie in die Hocke, duckte sich unter den greifenden Armen des ersten Zombies weg und stach mit dem improvisierten Bajonett nach oben.
Sie konnte genau den Widerstand spüren der schnell nachgab. Ohne größere Probleme schob sich das Kampfmesser durch den Hals des Zombies, weit hinauf in seinen Schädel und nur eine Sekunde später hing ein lebloser Kadaver auf ihrer Waffe.
Es löste sich der erste Schuss, doch Léo war bereits mit ihrem nächsten Feind beschäftigt. Mit einem kraftvollen Ruck drückte sie sich wieder nach oben. Der leblose Körper hing immer noch aufgespießt auf der selbstgebauten Lanze und sollte nun als zusätzliches Gewicht für einen saftigen Schlag dienen.
Sie nutzte den Schwung aus ihrer Bewegung und führte die verlängerte Waffe nach rechts. Erwischte gleich den nächsten Untoten mit ordentlich Schmackes.
Der verrottete Körper knallte mit einem unschönen Schmatzen und Knacken gegen die Wand und glitt daran zu Boden.
Doch das zusätzliche Gewicht des toten Sicherheitspersonals am Ende ihrer Waffe machte ihr zu schaffen. Nur für einen kurzen Moment ließ sie das Gewehr sinken, hielt den Gewehrkolben allerdings immer noch fest in den Händen. Direkt von links näherte sich bereits die nächste wandelnde Leiche und Léo musste improvisieren.
Sie ließ den geifernden Zombie immer näher kommen bis sich dieser auf sie stürzen wollte. Erneut tauchte sie unte. Entging den gierigen Armen des Untoten nur um dann den Kolben mit aller Kraft nach oben zu schmettern. Das splitternde Knacken als sie den Schädel wie eine reife Kokosnuss knackte ließ sie erzittern, aber immerhin... einer weniger.
Währendessen lösten sich neben ihr weitere Kugeln aus dem Lauf der Pistole. Es lief bisher wirklich gut. Pray und Blades konnten ungestört den Sarg nach vorne schieben während sie und Hju ihre Flanken deckten.
So schoben sie sich Meter für Meter weiter, wie eine Planierraupe die alles was ihr in den Weg kam platt walzte.
Doch die Anstrengung hatten ihre Preis.
Léos Muskeln brannten wie Feuer und die Untoten schienen kaum ein Ende zu finden. Egal wie viele sie von ihnen endgültig töteten. Dahinter schienen gleich zwei weitere aufzutauchen, mit gierigen Mäulern nach ihrem Fleisch schnappend.
Sie stach dem nächsten Ungeheuer das Messer in die Brust als das Unglück passierte.
Zuerst merkte sie es kaum. Doch als ihre Augen die Informationen verarbeitet hatten war es bereits zu spät.
Der Lauf des Gewehres gab ein hässliches Knacken von sich als sich der Zombie vor ihr auf die Waffe fallen ließ und mit einem unerwarteten Ruck brach der Gewehrlauf entzwei.
Instinktiv wanderten ihre Hände zu der Sichel von Seeker die noch immer an ihrem Gürtel hing doch trotz der Eile war sie einfach nicht schnell genug.
Es reichte dieser eine Moment. Die kurze Unaufmerksamkeit genügten den wartenden, hungrigen Untoten um nach vorn zu stürzen. Zusammen mit dem Gewicht ihres endgültig verstorbenen Kameraden drückten sie sich nach vorn.
Léo spürte wie sich der tote Körper an sie presste und die Masse an Untoten sie ins Straucheln brachte. Sie fand keinen Halt, nichts zum greifen, nichts zum festhalten. Hinter ihr lagen einfach nur tote Körper die ihren Fall bremsten.
Sie hörte das Schnappen der Kiefer.
Sie roch den fauligen Atem.
Sie spürte den feuchten Speichel.
Doch vor allem spürte sie das Gewicht von einem halben Dutzend Zombies welche sich über sie schoben und unter sich begruben, die Welt um sie herum verdunkelten... und dann würde des schwarz um Léo.
Sie hörte nur noch ein dumpfes Rufen. Immer wieder das selbe Wort.
Sie hatte sich nicht einmal verabschieden können.