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Thema: [ZOOOOOmmxBIES! Staffel 3] Station 7 – History in the making...

Hybrid-Darstellung

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  1. #1


    Die Kreatur hinter der Maske hatte alles getan was in seiner Macht stand.
    Er war bis zuletzt treu geblieben und hatte seine Rolle gespielt, die ihm das grausige Schicksal gespielt hatte.

    Als er davon überzeugt war, dass sie nun tot war oder sterben würde, hatte er sich geschworen, Rache zu üben. Es war leicht gewesen, sich der Dunkelheit anzuschließen, doch schmerzhaft und irrsinnig, den letzten Schritt zu gehen.
    Doch er war ihn gegangen.

    Er hatte sich beißen und infizieren lassen, damit es perfekt laufen würde.
    Geopfert hatte er seinen Finger und gewonnen ein neues Leben, das er gezielt eingesetzt hatte, das einzig Richtige zu tun. Endlich und zum ersten Mal.
    Er hatte die todgeweihtePerlmutter gebissen, damit sie eine Nachricht überbringen konnte.
    Er hatte unter Einsatz seines Lebens Wasser und Munition bereit gestellt und so sehr gehofft und gebetet, dass man es finden würde. Es helfen und den Unterschied machen würde.
    Er hatte die Position eines Mutantennestes verraten und so einem Scavenger ein schlimmes Schicksal erspart. Aber mehr noch, sein Plan war aufgegangen, sie hatten die Roben gefunden und die richtigen, die einzig richtigen Schlüsse getroffen.
    Es war der Kreatur unbekannt, wer dann in diesen Roben, angetan mit der gleichen Maske wie er, auf ihn zugekommen waren, doch sein größer, sein einziger und wertvollster Schatz hatte ihnen die Tür geöffnet und so mit den Sieg am Dome eingeleitet.

    Es schmerzte ihn, sein Kleinod verloren zu haben, als er es zwischen die Glastüren gesteckt hatte, doch er wusste, dass er zum ersten Mal in seinem Leben etwas Richtiges tat.
    Dann hatte er in der Dunkelheit zwei Schatten gesehen. Er hatte sie angestarrt und sie ihn. Er wusste nicht, wer darunter gesteckt hatte, doch er wusste, wen er sich von ganzem Herzen herbei gesehnt hatte. Doch er sprach sie nicht an, die Beiden ihn nicht und der Moment war verflogen.

    Und nun war er hier, am Ende einer Ära, am Spatenstich einer neuen Welt.
    Er marschierte mit seinen unoten Gefolgsleuten und spürte, wie sein Leib sich mehr und mehr verwandelte.
    Muskeln waren ihm gewachsen und sein Körper kannte keinen Schmerz mehr.
    Selbst der grausige Schmerz in seinem Herzen wurde nach und nach dumpf, die Sehnsucht verlor sich in Hoffnungslosigkeit und dem fast tröstenden Wissen, dass es ihn bald nicht mehr geben würde.

    Heute würde er nicht kämpfen. Er würde sich schnell töten lassen und hoffte, dass die wilde Plünderers-Sreitmacht der Feinde sich bis hierher durchkämpfen würde und ihm ein schnelles Ende bescherte.
    Vielleicht würde es gelingen, denn die nach vorne stapfenden Wellen von Feinden hatte ihn ganz in Richtung von Georgina getragen, die schreiend und keifend Anweisungen gab. Er hoffte, sie würde einfach vom Pferd fallen und sterben.
    Doch war dies nicht sein sehnlichster Wunsch. Eigentlich wollte er SIE noch ein letztes Mal sehen. Mehr als alles Andere in seinem Leben. Ein frommer, unsinniger Wunsch.

    Und dann sah Derrick durch die Augenlöcher seiner wunderschön geschnitzten und grün lackierten Holzmaske hindurch einen Jeep auf ihn zu düsen.

    Geändert von Daen vom Clan (19.11.2015 um 13:07 Uhr)

  2. #2
    "Bewegt eure Ärsche RAUS jetzt!”

    Ein letzter Blick zwischen Haile, Raoul und Eryn. Dann stiegen sie vom Jeep, das Päärchen schwungvoll und energisch, doch Eryn knickte schon hierbei ein. Sie sah ihre Freunde vorrennen. "Es ist noch zu früh!”, trieb sich die Schönheit selbst an und drückte die Beine durch. Sie musste dafür sorgen, dass Shengs Tochter genug Raum hatte, um zu fliehen.

    "HEEEEEEEEEEEEEEEEEEEY!”, brüllte sie mit bebendem Brustkorb, sich die Seele aus dem Leib schreiend, die Aufmerksamkeit der Feinde auf sich ziehend. Es funktionierte. Zumindest ein Teil von ihnen ließ von Haile ab. Sie mussten spüren, dass es sich bei der 25-Jährigen um eine von ihnen handelte. Oder bald handeln würde.

    Und dann trat sie Schritte nach vorne. Jeder dieser Schritte brannte, machte sie fertig. Doch sie hatte keine Wahl. Sie kämpfte für etwas und gegen etwas. Sie konnte noch nicht aufgeben. Und so zog Eryn ihr Gewehr von der Schulter und lief immer mehr Schritte, weg vom Jeep, weg von Kerosa, von der rettenden Sicherheit einer Rückreise. Der erste ihrer Feinde erfuhr einen Kopfschuss, den zweiten traf sie erst in der Schulter, warf ihn ein, zwei Schritte zurück, bevor auch er in den Kopf getroffen wurde und liegen blieb. Sie hatte Übung darin bekommen. Doch die Barfrau war nicht mehr so wendig, nicht mehr so schnell. Als zwei der Hünen auf sie zustapften, riss sie die Waffe herum, traf einen davon, doch der Zweite raste auf sie zu, bis sie keinen Ausweg mehr sah, als sich fallen zu lassen. Springen war unmöglich. Wie ein wilder Stier raste er einige Meter an ihr vorbei und machte erst dann kehrt, setzte wieder zum Rennen an. Mehrere Male scheiterte die Kellnerin am Aufstehen, bis es ihr mit zitternden Armen und Beinen gelang. Doch das Gewehr fiel ihr aus der Hand. Sie war schutzlos.

    Doch dann warf sich jemand gegen ihren Feind. Einer von ihnen. Ein Kultist kämpfte gegen den Riesen aus den eigenen Reihen, warf ihn um und vergrub die massiven Fäuste im Gesicht ihres Aggressors. Eryn sah dabei zu, verwirrt. Immer mehr Schläge trafen ihren Angreifer ins Gesicht, bis ihr Retter sich sicher war, dass er sich nicht mehr rührte.

    Es vergingen die längsten Sekunden, bis er aufstand. Er wandte sich um zur Frau, die so schwach und hilflos vor ihm stand. Und dann gingen die Finger, an denen sich schon Mutationen gebildet hatten, an die irgendwie bekannte, grün lackierte Maske, klemmten sich kraftvoll darunter und warfen sie von seinem Gesicht, die Kapuze folgte. Und Eryn stockte der Atem.

    ~~~



    ~~~


    Die Erinnerungen holten sie ein wie ein Sturm, der über die sandige, staubige Welt fegte. Die Welt, in der sie so viele Menschen hat kennen lernen dürfen, die gut zu ihr waren. Die Welt, in der sie zu diesen Menschen - und insbesondere zu dem, der da vor ihr stand - lange Zeit nicht gut gewesen war. Doch das war eine Eryn der Vergangenheit. Evi hatte es gesagt. Raoul hatte es gesagt. Sie wusste es selbst. Sie war nicht mehr dieser Mensch. Sie war besser als das. Sie sah es ein. Und die Welt gab ihr die Möglichkeit, am Ende für den da zu sein, den es immer am Schlimmsten getroffen hatte.

    Sie sah den Mann an, den sie verloren geglaubt hatte, und fiel ihm in die Arme, inmitten der tobenden Schlacht, in dessen Epizentrum Haile sich mit Georgina messen würde. Eryn hatte die Feinde von ihrer Freundin weglocken wollen und damit ihren größten Schatz zu sich geholt. Bedrohliche Gestalten wankten in geifernder Entschlossenheit auf sie und ihren Boss zu, der so viel mehr war als das. Sie fauchten, schrien Unverständliches, Wirres, das wohl nur sie verstanden.

    "Ich bin so froh!", schluchzte sie und drückte ihr Gesicht an seine Brust. Ihre Augen brannten und der dreckige Stoff dessen, was er trug, fing ihre Tränen auf. Sein Gestank war übler als je zuvor, doch nichts hätte der Irin egaler sein können. Sie war bei ihm. Er war bei ihr.

    "Ich liebe dich, Derreck," schrie sie ihn an, mit all der Kraft, die sie noch besaß. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt und mit diesen nach dem Stoff gegriffen, der an seiner Haut hing, schüttelte den Mann, dem sie all die Zeit Unrecht getan hatte und der auch dies mit sich machen ließ, an all das doch schon so lange gewöhnt. "Ich liebe dich!", wiederholte sie. Was auch passierte - das musste er wissen. Wäre da mehr Zeit gewesen, hätte sie es ihm hunderte Male mehr gesagt, wie so viel mehr. Doch in den wenigen Sekunden, die sie besaßen, konfrontierte sie ihn hektisch mit dem Wichtigsten. Er musste nicht wissen, was sie im Fawyerland getan hatte, um ihn zu rächen. Es war ohnehin lächerlich gewesen. Jetzt war nur Zeit für das Schöne.

    "Derreck, ich bin kein Spielzeug. Nicht mehr. Ich bin keine Strafe. Ich will keine Strafe sein." "Eryn!", unterbrach Derreck sie. Noch immer waren die beiden umzingelt von Feinden, solchen gleicher Größe und auch Hünen. Und beide Infizierten waren sich dem bewusst. "Dich... hier zu sehen ist das größte Geschenk. Du bist das größte Geschenk. Aber... aber... wir sollten...", fing er an und brachte die eigene, riesengroß gewordene Hand an die Schultern seiner Geliebten, drückte sie von sich weg und deutete dann auf die Monster, die vor ihnen immer näher kamen, keine Zeit zu haben schienen für das, was die beiden verband. Keine Geduld. Die Barfrau schüttelte mit dem Kopf.



    "Nein, Derreck."
    "Was?"
    "Nein."
    "Aber..."
    "Ich kann nicht mehr."

    Es war keine Lüge, keine Floskel. Nichts von dem, was man sagte, wenn man sich überfordert fühlte. Sie war am Ende ihrer Kraft und es überkam sie plötzlich. Der Kampf gegen das Gift in ihrem eigenen Körper hatte sie schwach gemacht. Sie hatte es bis hierher geschafft, doch jetzt verlor sie. Derreck verstand sofort. Er wusste, dass sie Recht hatte. Und er wusste, dass es ihm nicht anders ging. Noch sträubte er sich. "Aber, Eryn, i-..." - "Alles was mich in den letzten Stunden am Leben gehalten hat, war die Hoffnung, dich sehen zu können, wenn das alles vorbei ist. Dir sagen zu können, dass mir alles Leid tut. Ich war fürchterlich, gerade zu dir. Es ist noch immer eine Qual, mit meiner Vergangenheit zu leben. Aber es ist okay, mit dieser Gegenwart zu sterben." Wieder öffnete sich sein Mund, wieder wollte er protestieren, doch sie hinderte ihn daran. Ihre Lippen pressten sich auf die seinen, fast schmerzhaft küsste sie ihn, doch voller Leidenschaft. All die Zeit, die sie ihn verletzt hatte, ihn verhöhnt und erniedrigt. All das verlor an Gewicht, in diesen letzten Sekunden, die sie gemeinsam verbrachten. Und als sich der schier endlose Kuss löste, hatte Derreck es verstanden. "Ich liebe dich auch."

    Nie hatte ein Satz mehr Glück in ihr ausgelöst. Nie war ihr so warm ums Herz gewesen wie in diesem Moment, in dem das Gift alles dafür tat, es zu erkalten. Es war der Anfang ihrer Liebe und das Ende ihres Lebens. So unterschiedlich die beiden waren; nun schlugen ihre Herzen im selben Takt. Sie konnte nur hoffen, dass Evi und Raoul Recht behalten haben, dass sie wirklich zu einer Heldin geworden war. Dass auch dank ihr die Welt in Zukunft zu einem besseren Ort werden würde, an dem andere nicht durchmachen mussten, was sie und ihre Freunde zuletzt erlebt hatten. Sie wünschte sich, dass sich jemand um Snowball kümmern würde, die Katzendame, deren junges Leben so grausam begann, als lebendiger Köder für ein Zombie. Sie hoffte, dass die treue Vierbeinerin jemanden so akzeptieren und mögen würde, wie sie es mit der Frau getan hatte, die zuvor nie gut mit Tieren konnte. An diese Hoffnungen klammerte sich Eryn, wie sie sich an den Besitzer des Pubs klammerte, in dem sie so viel Zeit verbracht hatte. Doch sie war sich sicher. Die anderen waren stark. Sie würden es schaffen. Evi, ihre beste Freundin, und all die anderen. Sie würden es schaffen. Und so gerne sie das auch selbst mit angesehen hätte, so sehr reichte es doch, einfach nur davon zu wissen. Und wenn es ihr nicht verwehrt blieb, würde sie von oben dabei zusehen.

    "Will, ich komme...", sprach sie leise zu sich selbst, mit einem Schmunzeln auf den Lippen. "Und ich bringe jemanden mit."

    Ein Lächeln, zwei Gesichter. Ein letzter Blick zu den Feinden, dann nur noch Augen für sich. Wieder trafen sich ihre Lippen, dieses Mal sanft. Das letzte, was Eryn sah, war das Gesicht des Mannes, das sie so lange Zeit als hässlich empfand und doch war, was sie nun sehen wollte. Die Augenlider schoben sich nach unten. Nur noch schwarz. Keiner der beiden konnte sagen, ob es die wuchtige Pranke eines Kultisten oder seine Axt war, die das Paar in ihrer letzten Umarmung traf und vom Boden schleuderte.

    Eryn wusste, dass sie starb. Doch nichts hätte der Irin egaler sein können. Sie war bei ihm. Er war bei ihr.

    Geändert von MeTa (19.11.2015 um 14:02 Uhr)

  3. #3

    "HEEEEEEEEEEEEEEEEEEEY!”

    Die schwächer werdende Stimme von Eryn verklang in der schieren Masse der Krieger von Georgina. Raoul hatte Haile an der Hand gepackt und sie zur Seite gerissen, kaum, dass die sterbende Bardame in die andere Richtung verschwunden war. Er presste ihren Körper gegen eine Kiste mit riesigen Äxten und Brecherwaffen, die das Paar perfekt verbarg.

    "Wir müssen echt aufpassen, das Gewimmel ist um Georgina am schlimmsten."
    "..."
    "...Haile..."
    "...?"
    "Ich...ich...Was auch passiert..."
    "...?"
    "...egal, wir müssen weiter."
    "...!"

    War das...ein Abschied? Haile lächelte und drückte seine Hand, während Raoul immer wieder kurz hinter der Kiste auftauchte und anscheinend eine Route festlegte.

    Es klappte gut. Zu gut. Kaum hatte er einmal das Signal gegeben, konnten sie sich fast komplett unbehelligt durch die Feinde schleichen. Zu unbehelligt. Es trennten sie nur noch wenige Meter von ihrer Schwester, die auf dem Gipfel der kleinen Anhöhe stand und schon seit Minuten verdächtig still geworden war. Zu still. Als würde sie warten.

    Im Schatten der großen Kultistenbrecher bewegten sich die Beiden immer näher an das Lager von Georgina.

    Da war sie. Den Rücken zu Haile und Raoul gedreht, gehüllt in eine schwarze Rüstung, das wallende, dunkelblonde, lockige Haar wie eine Kaskade über ihrem Rücken geschwungen. Mit einer einzelnen Handbewegung von ihr öffnete sich eine Gasse zwischen den zahlreichen Untoten. Der Weg zwischen Georgina und Haile war frei. Wie mechanisch bildeten die Brecher und Fußtruppen einen Kreis, einen Ring für den Kampf, der über die ganze Welt entscheiden sollte.

    Langsam, vorsichtig, wachsam näherten sich Raoul und Haile. Er ging sogar ein wenig vor ihr, wie eine Leibwache, die Hand an der Waffe und anscheinend bereit für alles, was Georgina ihnen entgegenwerfen würde. Aber diese kicherte nur, bevor sie sich langsam umdrehte, Wahnsinn und eine beinahe schon kindliche Freude im Blick.

    "Da bist du ja endlich."
    "..."
    "Endlich bringst du mir, wonach ich so lange gesucht habe."
    "...!"
    "Du warst ein braves Kind. Hast immer gemacht, was man dir gesagt hat."
    "..."
    "Du bist zu so viel mehr nütze, als ich es erst dachte."
    "..."
    "Und jetzt erfülle deine Bestimmung!"
    "...Nein!"

    Georgina lachte böse.

    "...Als würde ich mir dir sprechen, Schwester."

    Hailes Augen weiteten sich, als Georgina die wenigen Schritte zu Raoul, ihrem Raoul, überwand und ihm die dünnen Arme um den Hals legte. Sie blickte ihrer Schwester direkt in die Augen, als sie ihm einen Kuss auf die Wange hauchte.

    Ihr Herz setzt aus, ihr Speer fiel ungenutzt zu Boden. Nein.

    "Töte sie."
    "...Ja, Herrin."

    [Raoul nutzt seinen geheimen Metalevel-Trait "Schwein".]



    Er drehte sich langsam zu Haile um, die ihre Hände vor den Mund geschlagen hatte, atemlos, sprachlos, in jedem Sinne des Wortes. Sie wurde betrogen. Georgina dagegen schwebte ein paar Schritte rückwärts und lachte schrill, hysterisch und vollkommen zufrieden mit sich selbst. Raoul zog seine Machete und ging einen Schritt auf das blonde Mädchen zu, welches vor Angst komplett gelähmt im Zentrum des Ringes stand.

    Er sah sie nicht an.
    Konzentrierte sich auf den Boden.

    Der erste Schlag war fast schon zärtlich, und Haile brauchte nur auszuweichen. Aber sie tat es nicht. Die Machete war alt, stumpf, keine Gefahr. Das Metall traf sie am linken Arm, hinterließ eine kleine Wunde.

    Okay.
    Du willst mich töten.
    Warum?
    Was habe ich dir getan?
    Nein.
    Ich will dir nicht weh tun.

    Elegant wich Haile jedem weiteren Schlag mit der Machete aus, immer rückwärts. Einen Schritt nach dem anderen. Sie schlug nicht zurück. Welchen Sinn würde das haben? Er sah sie immer noch nicht an. Wenn sie nur noch einmal sein Gesicht sehen könnte...Vielleicht lag darin eine Erklärung? Sie umklammerte mit dem blutenden Arm ihre Halskette. Seine Halskette.

    "..."
    "..."

    Seitenschritt. Wie im Tanz folgte er ihren Bewegungen durch den Ring. Haile konnte sich nicht überwinden, zurückzuschlagen. Sie wich immer wieder aus, aber sie konnten das Spiel nicht ewig so spielen. Nicht ewig weglaufen. Mit einem Satz schnellte das Mädchen nach vorne, auf Raoul zu, warf ihn in den Staub des Rings, fiel auf ihn, versuchte, seine Hände festzuhalten, wie sie es so oft getan hatten. Nur diesmal mit einem ganz, ganz anderen Zweck. Mit der grimmigen Macht der Verzweiflung erkämpfte sich Haile die Obermacht und saß auf seiner Brust, seine Handgelenke fest in ihren Händen. Er schaffte es immernoch, ihrem Blick auszuweichen.

    Tränen fielen auf seinen Körper.
    Sie schloss die Augen.
    Es war vorbei.
    Sie würde hier sterben.

    Mit einem einzelnen Ruck beförderte Raoul sie auf den Boden, sodass er sich nur oben befand. Hailes Widerstand erstarb.

    "Braver Junge. Haben die Peitschenhiebe doch etwas bewegt in deinem Spatzenhirn."
    "..."
    "Jetzt....JETZT übernehme ich."

    Georginas Lachen klang in Hailes Ohren, als sich ihre Schwester langsam näherte. Raoul stand auf und postierte sich hinter Georgina, wie ein Diener, ihren schwarzen Opferdolch in den Händen. Das grinsende Gesicht von Georgina, der Tochter der Nacht, beugte sich über Haile, die atemlos am Boden lag.

    "Sag Gute Nacht, Schwester."
    "..."

    Geändert von Caro (02.05.2018 um 19:19 Uhr)

  4. #4
    Romero riss seine Arme vor sein Gesicht um vom grellen Blitz der Granate nicht zu erblinden. Seine Ohren klingelten und er kauerte sich hinter dem MG zusammen. Eine Ewigkeit lang schien es zu dauern bis er den allgemeinen Lärm des Kampfes wieder wahrnahm. Dann spürte er wie einer der beiden alten Männer seine Schulter berührte und ihn aus seiner kauernden Stellung hochzog.

    “Schieß! Jetzt!”

    Er öffnete seine Augen. Das MG war wieder frei. Wie im Rausch griff Romero den Abzug des Gewehrs. Der Schweiß brannte in seinen Augen und war gleichzeitig unglaublich erfrischend. Er würde es schaffen, für seine Freunde, für all diejenigen die er während seines kurzen Lebens in dieser Hölle verloren hatte und für seine Zukunft mit You’are.

    Ein letzter nervöser Blick über seine Schulter versicherte ihm, dass Howard und Henry bereit waren ihn abzulösen falls es nötig sein sollte. Er betätigte den Abzug. Eine Salve löste sich aus der Browning M2, ihrem schwerem Maschinengewehr, und der Rückstoß schmerzte heftig. Savle um Salve löste sich. Adrenalin pumpte durch seinen Körper und die Untoten fielen wie Fliegen zu Boden. Er hatte nicht nur endlich die Möglichkeit sich im Kampf zu beweisen sondern, konnte auch das gesamte Schlachtfeld von ihrer erhöhten Position einsehen. Es war ein geiles Gefühl. Die immer währende Salve des MG schien das Chaos des Schlachtfelds zu bannen, für einen Moment schien es als wären sie in der Übermacht, als hätten sie alles im Griff. Der Gedanke, dass noch vor einigen Momenten ein Brecher es geschafft hatte bis fast in ihr Nest vorzudringen war vergessen. Das Opfer von Seeker hatte alles wieder ins Lot gebracht. Selbst Romero, aber, von seiner strategischen Position konnte sich nur schwer einen Überblick über das Kampfgeschehen zu machen. Der Jeep der an ihnen vorbeigestürmt war, und ihnen die wertvolle Zeit geschenkt hatte, die Waffe in Stellung zu bringen, war nirgendwo mehr zu sehen. Nur ein Meer an dunklen Gestalten, die langsam aber stetig in eine Richtung trieben - auf die Forschungsstation. Doch wie Wellen die an der Küste abprallen, so wurden auch die Gegnermassen vom Maschinengewehr zurückgeschlagen.

    Obwohl es wohl nur wenige Minuten dauern konnte, länger konnten sie die Waffe nicht ununterbrochen bedienen, schien es für Romero wie eine Ewigkeit. Unzählige der Kreaturen fielen den Metalböen zum Opfer, und doch schien ihr Andrang nicht zu enden. Gerade hatte Romero geschafft einen gigantischen Brecher zu fällen, und war noch im Siegesjubel, als er jäh abgebremst wurde.

    “Der Lauf wird zu heiß! Feuer einstellen!”
    , rief Howard und griff nach dem Eimer neben ihn. Das Wasser zischte jäh auf als es den Lauf der Waffe traf. Sie wussten, dass so eine raue Behandlung nicht gut für diese fast schon antike Waffe sein konnte, aber hier stand zu viel auf dem Spiel - Wartung und Instandhaltung spielten hier keine Rolle.

    -----


    Romero stieg von der Waffe runter und griff nach dem leeren Eimer neben Howard. Henry lud während dessen die Munition neu auf, inzwischen hatte er sogar etwas Übung, wirkte aber dennoch ein wenig unbeholfen, wohl wegen der Hektik. Jede Sekunde, die sie warteten erlaubte dem Feind sich Zugang zu verschaffen. Natürlich wäre es ideal gewesen, wenn sie mehrere Läufe gehabt hätten, aber nach 20 Jahren ohne industrielle Entwicklung war ein funktionaler Lauf, geschweige denn ein Neuwertiger, alles andere als leicht aufzutreiben. Und so mussten die drei Männer mit primitiveren Methoden zurechtkommen.

    Als Romero gerade vom Wasservorrat, den die Skypeople vor der Schlacht bereits organisiert hatten, sah er es. Es war zuerst unscheinbar, vielleicht wollte er es auch nicht war haben, doch zu vertraut war ihm diese Form, als dass er sie nicht sofort erkannte.

    Ein kurzer Schrei und dann war das laute Klirren des Eimers zu hören, als er von seiner Hand entglitt und er auf eine liegende Gestalt eilte. Romero ergriff sie bei der Schulter und drehte sie um. Ihre Augen waren noch geöffnet, ihr Ausdruck war traurig, aber ließ nichts von Schmerz oder Panik erkennen. Als sein Blick auf den Rest ihres Körpers glitt, sah er auch woran sie gestorben war. Die Bisswunden hatten ihr Übel zugerichtet und ihr Oberkörper hat eine Reihe von offenen Wunden. Romeros Hände waren blutüberströmt als er sie aufrichtete und innig umarmte.

    “Ach, liebste You’Are, warum bist du noch immer so schön…”
    , murmetle Romero, der seinen Tränen keinen Halt mehr geben konnte.

    In dem Moment sah auch Howard wo Romero geblieben war und sein Atem stockte. Das Liebespaar wurde vom Tod entzweit und er brauchte keine jahrelange Erfahrung um anhand der Blutlache und des regungslosen Körpers zu verstehen was sich ereignete hatte. Das Schlachtfeld war eben kein Ort an dem die Liebe gedeihen konnte, und es schmerzte den alten Mann sehen zu müssen wie ein so hoffnungsvoller Mensch eine Geliebte verlor. Er kannte dieses Gefühl, ein alter, unwillkommener Bekannter. Es verheilte, ja, wie aller Schmerz, doch blieb nur ein Loch zurück, und die gelegentliche Erinnerung, die wie ein Phantomschmerz die Seele anheimsuchte. Aber das würde Romero wohl selbst erfahren müssen. Jetzt wurde er woanders gebraucht. Nun war es an der Zeit zu kämpfen, die Trauer musste warten. So schwer es auch sein mochte sie zurückzuhalten.

    Howard näherte sich langsam an, ging auf die Knie und legte eine Hand auf seine Schulter.

    “Sie ist gestorben um dich zu verteidigen, Romero. Ich weiß selber wie es weh tut, ich kenne deinen Schmerz, glaub mir, aber ohne deine Hilfe können wir diese Waffe nicht bedienen, nicht für lange. Würde sie es nicht wollen, dass du weiter kämpfst?”

    Romero fasste sich und antwortete schmerz-verzerrt.

    “Nein, ich werde hier bei ihr bleiben. Ich werde niemals dieses Grab verlassen. Ach, hätt ich nur ein Gift, sodass ich mit ihr Ruhen könnte..”


    “Sind das die Worte des Mannes, in den sich die Vulture verliebt hatte? Der bereit war seinen eigenen Klan zu verlassen, und mit zusammen zu leben? Ich kann dir nicht sagen, wofür du leben sollst, Romero. Aber wenn du heute nicht bereit bist für die Zukunft alles Menschenvolks zu kämpfen, dann war ihr Opfer vollkommen umsonst. Tu es nicht für mich, oder sonst wen, tu es für ihr Andenken, gib ihrem Tod einen Sinn.”

    Howard stand auf, und streckte seine Hand aus.


    -----


    Henry hatte nur wenig Mitleid für den Jungen und sein gebrochenes Herz übrig. Sie hätten ihn bei den Frauen und Kindern in der Forschungsstation zurücklassen sollen. Er war zu jung, zu unerfahren, zu naiv. Das hatten sie jetzt davon. Sollte Howard sich doch um den Bengel kümmern, es gab jetzt wichtigeres zu tun.

    Zitat Zitat
    “Dad? Ich habe Angst.”
    ”Es wird alles gut. Die Polizeit wird sich schon darum kümmern. Wir bleiben erstmal hier bis alles vorbei ist.”
    ”Ich will zu Mom…”
    Das Gewehr war noch nicht völlig abgekühlt, sie hatten jedoch keine Zeit mehr zu warten. Wie eine Welle schoben sich die Untoten näher an ihren Standort heran. Die Waffe lag schwer in seiner Hand und drückte auch ihm unangenehm in die Schulter, doch jetzt war nicht der Moment wegen solcher Kleinigkeiten herumzuheulen.

    Zitat Zitat
    ”So?”
    ”Genau richtig. Versuch auf den Kopf zu zielen damit es nicht mehr weglaufen kann.”
    ”Ich hab getroffen oder? Ich hab getroffen!”
    ”Gut gemacht Will.. Heute Abend gibt es was gutes zu Essen.”
    Henrys Schüsse trafen noch genauso sicher ihr Ziel wie früher, auch wenn er merkte, dass ihm die Übung fehlte. Er war langsam. Nicht so wie der Junge. Einfach drauflos ballern und hoffen, dass man etwas traf um dann mit dem Glück eines Anfängers Reihe um Reihe an zerfallenden Kadavern niederzumähen.

    Zitat Zitat
    ”Es… es tut mir leid! Ich wollte das nicht wirklich! Sie war einfach plötzlich da und ich hatte schon abgedrückt und dann ist sie gefallen und…”
    Der Lauf des MGs begann bereits wieder zu glühen. Es wurden einfach nicht weniger. Für vier Untote die er niederstreckte, schienen sechs neue am Horizont aufzutauchen. Er durfte nicht aufhören zu schießen sonst würden das MG Nest überrannt werden.

    Zitat Zitat
    ”Will wir müssen reden.”
    ”Es gibt nichts mehr zu reden Henry. Lass gut sein. Lass es einfach.”
    “Scheiße. Scheiße! Hey seid ihr jetzt fertig, wir haben hier vorne ein Problem!”

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    Romero kauerte noch immer über dem zerfetzten Kadaver von You’Are. Howard hatte gehofft, dass es ausreichen würde auf You’Ares Opfer zu verweisen. Doch vielleicht hatte er zuviel erwartet. Er selbst konnte sich kaum mehr an den Moment erinnern, als er erkennen musste, was aus seiner Familie geworden war, hatte es verdrängt. Konnte er wirklich wütend auf den Jungen sein? Howard wandte sich von ihm ab.

    Henry hatte keine Wahl. Er musste das Feuer unterbrechen oder das Gewehr würde das Zeitliche segnen. Wutentbrannt drehte er sich um.

    ”Ich weiß ihr seid hier unglaublich beschäftigt aber wir haben keine Zeit für diesen Kinderkram!” Er ging einige Schritte auf Howard zu. ”Entweder reißt der Junge sich jetzt zusammen oder wir werfen ihm den Kultisten als Ablenkung zum Fraß vor!”

    “Kinderkram? Du solltest am besten wissen, wie er sich fühlt! Will ....”

    “Nimm jah seinen Namen nicht in den Mund. Du warst es doch, der ihm diese Flausen in den Kopf getrieben hat. Seit du damals in Shengs Hope aufgekreuzt bist, hatte ich nur noch Ärger mit ihm! In dieser Welt gibt es keinen Platz für Idealismus, und deine Präsenz hat genau diese Seite ihn ihm geweckt und gestärkt. Du bist es doch, der ihn in den Tod getrieben hat!”

    Howard schwieg. Die Anschuldigungen trafen ihn schwer. Er wusste, dass Will sich des Risikos bewusst gewesen sein musste, als er in der Schlacht von Three Rivers sein Leben gab. Doch Henry sprach auch die Wahrheit, der Junge hatte zu ihm aufgeblickt. Er hatte es selbst nicht ganz verstanden, war er doch alles andere als ein Vorbild. Ein alter Mann, der mit seiner Vergangenheit nicht umgehen konnte und nur noch von einem Wahntraum geleitet war.

    “Dein Sohn starb, so dass andere Leben konnten. Es war ein großes Opfer, doch weißt du was schlimmer ist? Zu wissen, dass dein Kind starb, das Mädchen, das noch zu jung war sich zu verteidigen, ohne dass du ihr helfen konntest. Du hast den Luxus, Will so in Erinnerung zu behalten wie er noch lebte. Du musst nicht daran denken, wie deine Familie vom Virus entstellt wurde. Wie du sie … von ihrem Leid erlösen musstest.
    Ich kenne deinen Verlust, Henry. Und ich wünschte, es hätte mich erwischt, statt Will. Aber du hast kein Recht mir irgendetwas vorzuwerfen.”
    ---

    Nun war es wohl nur noch ein alter Greis, der das alte Maschinengewehr mannte, oder so schien es zumindest Howard. Romero war noch immer unfähig mit You’Ares Tod zurechtzukommen, und nach der Konfrontation eben mit Henry konnte er sich nicht vorstellen, dass dieser einfach weiter machen würde. Aber all das schien für einen kurzen Augenblick vergessen, als er wieder das schwere Geschütz auf Hochtouren trieb. Der Rückstoss war stärker als erwartet. Seine Schultern taten ihm bereits nach wenigen Sekunden höllisch weh. Die Salve warf die Angreifer wieder zurück, sie waren dieses Mal gefährlich nahe gekommen. Der Lärm der Waffe ließ ihn alles um ihn herum vergessen, es existierte nichts außer Tod und Vernichtung. Strömung die auf eine Brandung trifft, brachen die Kultisten am Feuer des MGs entzwei. Inzwischen war der Boden vor ihm übersät mit den Körpern der Monster. Auch wenn sie keinen Schmerz zu spüren schienen, als der Metallsturm sie pulverisierte, so war die Wucht des Aufpralls doch stark genug viele der gewöhnlichen Infizierten einfach wegzuschleudern. Lediglich die großen Brecher erforderten Vorsicht, konnten diese Bestien doch selbst einem schweren Maschinengewehr eine Zeit lang widerstehen.

    Die Zeit verlor alle Bedeutung, es exisierte nur noch die nie-endende Wellen an Feinden und der ebenso andauernde Schwall aus Blei, den die Waffe hinweg schleuderte und dieselbe Kraft wirkte im Rückprall auch auf Howard, der ihn nur noch geradeso aushalten konnte. Seine Reflexe konnten nicht mit denen von Romero mithalten, als dieser im Kampfesrausch die Feinde zurückgeschlagen hatte. Auch fehlte ihm Henrys Methodik, der geübt die Browning geführt hatte und so schien es, dass auch wenn er die Kultisten zurückhalten konnte, sie doch jedesmal näher und näher an ihre Position kamen. Dies blieb auch Howard nicht verborgen, und so wurden seine Bewegungen noch verzweifelter. Der pochende Schmerz in seinen Armen machte es ihm fast unmöglich den Lauf gerade zu halten, und so verfehlte er immer öfter das Ziel.

    Dann brach durch die Feinde ein Brecher, dieses Exemplar war besonders groß, fast so groß wie jener den Seeker mit in den Tod gerissen hatte. Sofort richtete Howard den Lauf auf ihn, doch besaß der Brecher eine übermenschliche Reaktionsfähigkeit und rannte im Zickzack-Kurs direkt auf das MG-Nest. Vielleicht hatten die Kultisten die sterblichen Überreste eines Football Spielers gefunden? Der alte Mann probierte so gut er konnte, das Monstrum aufzuhalten, doch es schien nichts zu nützen. Der Lauf der Waffe war inzwischen wieder gefährlich heiß geworden, doch Howard wusste, dass jetzt zum Kühlen keine Zeit war. Die Distanz zwischen dem Brecher und ihm schrumpfte von 50 Meter auf 25 Meter. Eine Salve traf ihn am Bein, doch ließ das Ungeheuer sich nichts anmerken. Von 25 Meter auf 12 Meter. Inzwischen war es leichter auf ihn zu zielen und so konnte Howard immer öfter einen Treffer landen. Unter 10 Metern. Howard wollte gerade abdrücken, als der Brecher plötzlich vor seinen Augen verschwand!

    Dann erschütterte ein Beben das MG Nest - und der Brecher, seinem Namen getreu, brach durch die Befestigung und stand nun direkt vor ihm. Noch bevor der alte Mann irgendetwas tun konnte, warf sich die Kreatur auf den Ursprung der Salven, die so viele seiner Kumpanen das Unleben gekostet hatte. Howard klammerte sich an das Geschütz und - drückte ab. Dann wurde es schwarz vor seinen Augen.


    ---


    Henry war es bewusst, dass die Anschuldigungen die er um sich warf haltlos waren. Es war einfach leichter anderen die Schuld für alles was geschehen war in die Schuhe zu schieben. Er hatte sich auf den Boden, neben eine der Barrikaden gesetzt und beobachtete seine beiden Kumpanen von dort aus. Romero schien sich etwas gefangen zu haben. Er saß noch immer neben der Leiche seiner Geliebten. Die Quelle seiner Tränen schien versiegt zu sein und er starrte mit leerem Blick auf das Schlachtfeld vor ihnen. Das monotone Geräusch des MGs gab Henry ein seltsames Gefühl der Sicherheit. Dann konnte er das Stampfen des Brechers hören. Henry sprang auf. Das Biest rannte auf sie zu und Howard würde es nicht aufhalten können. Was dann geschah, lief für die drei Verbündeten wie in Zeitlupe ab. Henry schrie nach Romero und rannte auf Howard zu. Er musste schneller sein als der Infizierte oder den alten Mann würde das zeitliche Segnen.

    Romero wurde durch einen lauten Schrei aus seinen Gedanken gerissen. Er sah noch Henrys panischens Gesicht, wie es sich von ihm abwandte und Howard wie er das MG bediente. Und dahinter, riesengroß und muskelbepackt, genau vor dem MG-Nest setzte ein Brecher bereits zum Sprung an. Heißes Feuer begann in ihm zu brennen als er seinen Blick auf die Bestie legte. Es war egal welches dieser Monster You’Are den letzten Atemzug genommen hatte, er würde sie alle töten. Der junge Mann griff sich die Waffe die neben seiner Geliebten zu Boden gefallen war und rannte los.

    Wenige Schritte trennten Henry von der Stelle an der Howard mit dem MG stand. Er streckte seinen Arm aus, es würde reichen wenn er den Arzt an einem Zipfel seines Hemdes erreichen würde. Es würde reichen. Sie konnten den Brecher bereits riechen. Sein Körper verdunkelte den Himmel über ihnen. Henry musste springen um die Distanz zwischen sich und Howard endgültig zu verringern. Er bekam etwas zu fassen das sich wie Stoff anfühlte und zog den schweren Körper mit all seiner Kraft mit sich.





    Die heiße Sonne brannte in seinem Gesicht und der Lärm des MGs drang durch seine Ohren. Howard öffnete seine Augen langsam. Die ersten Sekunden sah er alles etwas verschwommen. Ein Ruf erreichte sein Ohr, der sogar den Schusslärm übertönte. Die Waffe war also nicht beschädigt und er noch am Leben. Der alte Arzt setzte sich auf, rieb sich die Schläfe und sah sich um. Romero bediente die schwere Waffe. Neben ihm hockte Henry und schien ihm Anweisungen zuzurufen. Ein kurzer Schock durchfuhr Howards und begann erneut Adrenalin durch seinen geschundenen Körper zu pumpen. Links von den beiden, über die Barrikade des MG-Nests gelehnt lag der Brecher. Eine riesige Blutlache hatte sich unter dem gesammelt was hinter seiner Maske versteckt war. Was Howard aber erst einige Momente später auffiel war der lange, blutige Speer der sich durch die hölzerne Maske gebohrt hatte und aus dem Hinterkopf des Monsters herausragte. Howard hätte am liebsten laut losgelacht. Unglaublich. Er schloss seine Augen erneut. Er war wirklich ohnmächtig geworden und irgendwie hatten seine beiden Mitstreiter es geschafft ihn zu retten und den Brecher niederzustrecken. Hinter seinen geschlossenen Augenlidern schien sich die Sonne erneut zu verdunkeln. Mit allem rechnend hob er müde seine Augenlider. Eine Hand schwebte vor seinem Gesicht. Sie gehörte zu Henry. Mit neuer Energie durchzogen, ergriff Howard die schwielige Hand und wurde erneut auf die Füße gezogen. Henry sah ihn mit steinerner Miene an. Dann hob sich einer seiner Mundwinkel zu einem leichten Lächeln.

    ”Schlafen können wir, wenn wir tot sind.”

    Geändert von Mivey (22.11.2015 um 13:39 Uhr)

  5. #5


    Für Sara war es eine überraschend große Ehre gewesen, dass Frank ausgerechnet sie als die Person haben wollte, die sich im Falle des Ablebens um Thomas hätte kümmern sollen.
    Es imponierte ihr sehr, wie ernsthaft und umsichtig der Polizist alle Eventualitäten in Betracht zog um kein Chaos zu hinterlassen.
    Und sie machte sich ihre Gedanken, was sie würde tun können, um dem gerecht zu werden. Natürlich hatte sie sofort „Ja“ gesagt, denn das war ihre größte Stärke und ihre größte Schwäche.
    Der Fluch und Segen ihrer Existenz – sie sah Jemanden, der Hilfe brauchte und sagte Hilfe zu.
    Ohne nachzudenken.
    So war sie schon immer gewesen!
    Und sie würde damit nun nicht aufhören.


    Sie nickte Jegor zu, als sie nebeneinander in den Büschen lagen und den Ansturm der Vulture auf die verfeindeten Kultisten betrachteten und der Anblick war so schockierend, ein solche Bild, an das man sich noch lange erinnern würde, dass sie es fast versäumt hätte, ihrerseits aufzuspringen und los zu sprinten, doch der stämmige Russe zog sie mit einem russischen Urschrei mit hoch und zusammen rannten sie über die Trümmer auf den LKW zu.
    Es wirkte seltsam auf sie, denn das Gefährt, auf das sie zu rannte, hatte den Aufdruck eines riesigen Spielzeugladens aufgemalt und war wahrscheinlich in der schlimmsten Phase des Krieges einfach beschlagnahmt worden, um damit Granaten an die Front fahren zu können.

    Und wieder schob sich der Gedanke an Kinder in ihr Herz und fast stolperte sie, doch eine Hand tauchte aus dem Nichts auf und stützte sie, es war Ben, der breit grinsend neben ihr rannte und ihr in dieser Schrecksekunde aufgeholfen hatte. Sowohl die Mörserstellung als auch der LKW waren in greifbarer Nähe, als es scharf neben Saras Ohr fauchte.
    Liz hatte ihre Pistole gezogen und den ersten Untoten, der gerade im Begriff war, die Stellung nach oben zu klettern, direkt in den Kopf getroffen.

    „Gutes Schuss!“, schrie Jegor und Liz grinste. „Setz‘ es auf die Liste von Dingen, die du mir noch schuldest.“,sagte sie lachend und Jegor murmelte einen russischen Fluch zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Und dann waren die Vier inmitten im Wahnsinn der Schlacht gefangen!

    Mit hektischen Handgriffen schaufelten Ben und Liz den Mörser frei, während Jegor sich immer wieder gegen die Tür des LKWs warf, um das verrostete Schloss zu sprengen.
    Es war wie verteufelt, als ob Pech und Schwefel ihnen wie Unglücksboten gefolgt waren.

    Liz fluchte wie eine Wilde und Ben war gezwungen, mit seiner Machete immer mehr von den Untoten abzuwehren, die nach oben kletterten, die Lage wurde langsam bedrohlich, vor allem beim Mörser. Denn wie eine schwarze Flut aus wimmelnder Fäulnis schob sich die Armee der Feinde auf sie zu, und bald hätten sie ihre Abwehrstellung erreicht und sie wollten nicht die Letzten sein, die mit der Verteidigung beginnen würden.

    Sie wollten ihre Familien und Freunde einfach nicht im Stich lassen.
    Hektisch sah sie sich um und überlegte fieberhaft, während Jegor wütend gegen den LKW hieb. In Shengs Hope waren oft Dinge kaputt gegangen oder Tiere krank geworden. Und sie hatte es bis jetzt immer hinbekommen. Irgendwie. Denn sie war eine Macherin, Jemand, der Dinge in Ordnung brachte und keinen Gedanken an das „Wie“ verschwendete.
    Und sie würde jetzt nicht damit anfangen, zu hadern oder Optionen abzuwägen. Sie brauchte eine Lösung. Sofort. Und dann sah sie es!

    Direkt neben einer weiteren Leiche eines Untoten, die von Ben in dieser Sekunde gegen einen Stein am Boden geschleudert wurde, ragte der Griff eines Brecheisens aus dem Sand.
    Hektisch rannte sie in die Richtung, stürzte einem Untoten in den Rücken, den sie umklammerte und mit einem heftigen Schubser in Richtung Ben beförderte, der ihm den Schädel spaltete und sie dabei angrinste, beide nickten sich eine Sekunde nur zu. Liz sah herüber, wütend und mit scharfem Befehl nach den Granaten rufend.

    Das MG hatte noch nicht zu feuern begonnen und der Panzer ebenfalls nicht, sie hatten ebenfalls noch keinen Schuss abgefeuert und waren schon jetzt in arger Bedrängnis.
    Plötzlich hatte sie das Brecheisen fest umklammert und war bei Jegor angekommen, der ihr schnell Platz machte und ein „Gutes Idee!“, brüllte, während er sofort den Platz bei Ben einnahm und ihm half, die Untoten abzuwehren.

    Mit klopfendem Herzen blickte Sara nach hinten und sah die schlimme Situation an der Mörserstellung.
    Und das Schloss, das am LKW angebracht worden war, hatte sich verkeilt, da die Tür nicht sauber schloss.
    Es würde ein unsicherer und harter Kraftakt werden, das Schloss so zu sprengen und sie setzte die Brechstange an, nicht gewillt, sich diese eine letzte Sekunde zu gönnen. Fixiert alleine auf ihre Aufgabe und Mission. Doch die Schreie der Kämpfenden, das ohrenbetäubende Krachen von Explosionen und die schrillen Kampfschreie der Vulture ließen das Blut in ihren Adern erstarren und gaben ihr Recht.

    Sie blickte in Richtung Osten und sah den verzweifelten Kampf von Liz, Jegor und Ben und sie entschloss sich zu handeln!
    Ohne ein weiteres Mal nachzudenken, setzte sie die Brechstange am glatten Metall an, ohne einen weiteren Augenblick innezuhalten und trotz des schlechten Griffs, den sie hatte, rammte sie ihren Arm nach unten und das Schloss sprang kreischend auf, als sich das berstende Metall der Türöffnung wie ein scharfes Schrappnell in ihre rechte Handfläche bohrte.
    Sie spürte den Schmerz nicht und riss die Tür auf.

    Und dort lagen die Granaten – kistenweise verpackt und problemlos zugänglich. Sie grinste und wunderte sich zum ersten Mal über den blutigen Handabdruck am weißen Metall des LKWs der vorher noch nicht dagewesen war, schlichtweg, weil ihr auf Funktionalität getrimmter Problemlöserverstand sich weigerte, die Verletzung anzuerkennen.

    Dann hörte sie einen heiseren Schrei – die furchteinflößende Vulture, eigentlich eine Plünderin und wie durch ein Wunder auf ihrer Seite, verlange nach einer Waffe und deutete auf die Granate in ihrer Hand. Auch hier gab es für Sara kein Nachdenken, kein zweiter Gedanke, sie drehte die Granate um, so dass sie nicht mit der Spitze nach vorne fliegen würde und warf sie der Vulture in seinem sanften Bogen zu.

    Das war ihre erste Granate gewesen und Diese war an die Seeker gegangen, nun wollten der Rest zu zur Stellung getragen werden.
    Und damit begannen Jegor und Sara die Granaten zur Stellung zu tragen, wo Liz und Ben nach kurzer Eingewöhnungszeit riesige Krater in die Reihen ihrer Feinde sprengten.
    Panzer und das Maschinengewehr hatten ebenfalls zu feuern begonnen und soweit sie das überblicken konnte, stand ein Großteil ihrer Leute noch. Und die Kultisten trugen schreckliche Verluste davon. Ihre Reihen konnten sich nicht so schnell füllen, wie die entfesselte Kriegsmaschinerie der alten Welt mit Explosion und Bleiregen Lücken in ihren Ansturm schlug.

    Sie hielt einen Moment inne und lächelte, neben ihr kam Jegor zu stehen der breit grinsend das Inferno betrachtete, das sie anrichteten.
    Alle drei Stationen waren besetzt und hatten keinerlei Probleme mit dem Nachschub. Was auch immer sie taten, es würde dem Forschungszentrum sehr helfen, so viel war sicher, schienen die Kultisten doch nicht einmal die erste Verteidigungswelle durchbrechen können.
    „Jegor, beweg deinen Arsch und bring uns mehr Granaten!“, hallte der Schrei von Liz durch das Tönen des Bombardements und Jegor, der noch immer neben Sara stand, fluchte grinsend: „Immer schrei. Immer Brullen. Du kannst mich mal.“
    „Das mache ich auch, wenn wir das überleben. Und jetzt: GO!“, kam es von ihr zurück und Jegor machte auf dem Absatz kehrt, um weitere Granaten zu holen.

    Sara war fasziniert vom Anblick und dem langsam und leise aufkommendem Gefühl des nun in erreichbarer Nähe griffbereiten Sieges.
    Die Linien hielten und zu sehen, wie Panzer und Artillerie ihren Feinden zusetzte, erfüllte sie mit Sicherheit und Hoffnung.
    Nur wenige Feinde waren durchgekommen, einige von ihnen schrecklich verstümmelt, ein paar Wenige brannten noch und wieder Andere zogen sich geifernd an den Händen nach vorne, da ihre Füße weg gesprengt worden waren.
    Eine der Kreaturen, ein Mann, der die Fetzen einer kugelsicheren Weste trug und dessen untote Haut den Schimmel von vielleicht einem Jahr des Bisses aufwies, tauchte plötzlich vor ihr auf.
    Sie war überrascht, doch nicht unvorbereitet und ein einzelner Zombie war keine Gefahr für eine erfahrene Siedlerin wie sie.

    Ihre Beinarbeit war perfekt und schnell schlug sie mit dem gefundenen Brecheisen nach der Kreatur – doch etwas stimmte nicht.

    Saras Hand stand plötzlich in Flammen und sie konnte das Brecheisen nicht mehr halten, geschweige denn führen!
    Sie blickte fassungslos zu Boden, wo im Sand und Steingewirr die Brechstange lag, umgeben von Blut, das die weißen Trümmersteine bedeckte. Und dann spürte sie den pochenden Schmerz zurückkehren und nun nahm sie zum ersten Mal die Verletzung an ihrer Hand wahr!
    Fassungslos blickte sie auf ihre blutende Hand, als ein irrsinniger Schmerz an ihrem Hals explodierte.
    Noch bevor sie wusste, was es war, roch sie den Gestank nach Fäulnis und so ging sie in die Knie, als der Untote, dieser einzelne Untote, der normalerweise keine Gefahr darstellte, ihr den Hals zerbiss und sie Blut spucken ließ.
    Und als Jegor, der verzweifelt schreiend auf sie zugerannt kam, den Untoten mit zwei Schüssen niederstreckte, erstickte die Handwerkerin Sara an ihrem eigenen Blut.
    Weil sie sich niemals die Zeit für einen zweiten Gedanken genommen hatte.
    Weil Hilfsbereitschaft und Problemlösung über allem stand.

    Geändert von Daen vom Clan (22.11.2015 um 16:04 Uhr)

  6. #6


    Während weiter vorne die Vultures wild in Richtung Feind stürmten und sich in den Kampf gegen die schwarze Flut warfen, marschierte weit hinter ihnen, kurz hinter der Frontlinie, eine ganz andere Art Armee auf das Schlachtfeld. In den alten, abgewetzten und vielfach geflickten Uniformen einer Nation, die es seit zwei Jahrzehnten nicht mehr gab, eilten die Skypeople aus ihrer Deckung hervor auf den ihnen zugewiesenen Standort zu.

    Sie mochten in der Tat keine Soldaten sein - aber jeder, der es soweit geschafft, der bis hierhin überlebt hatte, war durch die harte Schule ungezählter Plündererüberfälle und Untotenangriffe gegangen, und wusste sich, Soldat hin oder her, sehr wohl seiner Haut zu erwehren. Und was ihnen an Kampfkraft fehlte, das machten sie durch andere Talente wahrlich mehr als wett.

    Rasch und diszipliniert, auch wenn in den Augen des einen oder anderen durchaus Nervosität und Unruhe aufblitzte, sicherten sie ihren Standort - die mit Shotguns Bewaffneten vorneweg, dahinter die Equipment tragenden Supporttruppen, und einige der Zivilisten aus Shengs Hope, die nicht imstande waren zu kämpfen, dann zuletzt als Rückendeckung die wenigen Glücklichen, die aus den Beständen der RedWitch einige der seltenen, antiken Schnellfeuerwaffen erhalten hatten. Das Zielobjekt, in dem die Skypeople ihr Basislager aufschlugen, war eine Ruine östlich des Forschungszentrum. Vor langer Zeit ausgebrannt, hatte das Gebäude zwar sein Dach verloren, aber ein Großteil der steinernen Wände - ungewöhnlich für eine Gegend, in der kleinere Häuser meist aus Holz bestanden - stand noch. Das Innere war frei von Untoten, was die älteren erleichtert unter ihnen aufatmen ließ. Sie hatten schon angesichts einiger angekohlter Smiley-Schilder an der Außenseite erahnt, wofür das Gebäude einstmals verwendet wurde, und eine Vielzahl verblasster Malereien an den Wänden, und unter von den Jahren festgebackener Asche hervorblitzender, halb geschmolzener bunter Plastikklumpen bestätigte ihre Vermutung - dies musste einmal ein Kindergarten gewesen sein.

    In aller Eile wurde ein größerer Raum freigeräumt, und die mitgebrachten Feldbetten, Tragen, und Kisten über Kisten selbstgefertigter Verbände und Kräuterarzneien bereitgestellt. Die, die zum Kämpfen nicht imstande waren, drängten sich in einer Ecke zusammen - mochten sie hier auch fast an der Frontline sein, es war immer noch sicherer hier, umgeben von Kämpfern, als zurückgelassen irgendwo tiefer in der Stadt. Die wenigen Alten aus Shengs Hope scharten die Kinder um sich, fest entschlossen sie so gut wie möglich abzulenken und zu behüten vor dem, was draußen gerade vor sich ging. Der kleine Thomas hatte sich schon auf dem Weg an Juls Seite geheftet, und wich auch jetzt nicht von ihr weg.

    Draußen bezogen derweil Wachposten Stellung, um den Perimeter des Lazaretts zu sichern, und die schnellsten und kräftigsten Läufer der Skypeople machten sich bereit, um Verletzte einzusammeln, wann und wo auch immer die weiter draußen postierten Späher mit Flaggenzeichen Bedarf anmeldeten.

    Inmitten des geschäftigen Chaos, nach allen Seiten Anweisungen verteilend, bemühte sich Agent Snow, Enigmas rechte Hand und Stellvertreter, die Übersicht nicht nur über das Lazarett, sondern gleich über das halbe Schlachtfeld zu halten. Seine Leute wuselten zielstrebig um ihn herum, und sie erfüllten ihre Aufgaben sicher und zufriedenstellend, aber dennoch... sowohl ihr Anführer als auch ihre mysteriöse Befehlshaberin waren nicht hier, sondern irgendwo da draußen, und auch wenn es sich keiner anmerken lassen wollte, schlug ihr Fehlen doch merklich auf die Moral. Dennoch - sie hatten so lange standgehalten, sie würden auch diese Herausforderung meistern!

    ~~~~



    Nachdem die Vultures wild vorgestürmt waren, um sich dem Feind geradezu in den Rachen zu werfen, und die Skypeople mit militärischer Präzision und Disziplin vorrückten, wirkten die Überlebenden von Shengs Hope, die sich um den Kryotank scharten, um zusammen mit den Freiwilligenteams zum Forschungszentrum vorzustoßen, auf den ersten Blick wie ein recht jämmerlicher Haufen. Erschöpft und gezeichnet von der wochenlangen Gefangenschaft und den Strapazen des Gewaltmarschs, wirkten sie mit den zusammengeklaubten Waffen und in den schlecht sitzenden Kevlarwesten und sonstigen Rüstungsteilen so, als würden sie nicht einmal einer einzigen Welle der herannahenden Untoten standhalten können.

    Bei näherem Hinschauen jedoch war keiner unter ihnen, der seine Waffe nicht mit festem Griff gepackt hielt, und Angst und Unsicherheit wichen mit jedem Schritt, den sie ihrem Ziel näher kamen, aus ihren Augen, und wurden durch Entschlossenheit ersetzt. Sie hatten allesamt gelitten, hatten Freunde und Familie verloren, und doch - wenn dies hier gelingen würde, dann hätten sie all das nicht umsonst erlitten. Ein Heilmittel... keine Angst mehr vor jedem kleinen Kratzer, vor wankenden, um sich beißenden Gestalten im Dunkel - sondern Hoffnung, für sie selbst, für ihre Kinder, und für die seltsamen Verbündeten, die sich hier mit ihnen eingefunden hatten. Und natürlich würde es auch, früher oder später, den Untergang ihrer Peiniger bedeuten. Und das? Das war jede Entbehrung wert, das musste sie einfach wert sein - und so stapften sie entschlossen dreinblickend weiter, kämpften sich mit fast trotzigem Blick über die aufgeplatzte alte Straße, hin zu ihrem Ziel.

    Wie ein menschlicher Schild scharten sie sich um den Erlösung versprechenden Tank - Scavenger und Farmer, Händler und Handwerker, jung und alt gleichermaßen. Und mittendrin die Mutigen, die sich tief ins Innere des verfallenden Gebäudes vor ihnen wagen würden, um hoffentlich ein neues Zeitalter für sie alle einzuläuten. Erst kurz vor dem Forschungszentrum löste sich der enge Pulk auf, und gab den Tank und die Freiwilligen frei, die ihm den Weg bereiten würden.

    "Also schön, wie besprochen - die mit den Schußwaffen decken die Einsatzteams, und der Rest hält sich bereit um den Eingang zu verteidigen, sobald der Tank drin ist. Los!" Ranger setzte sich mit Enigma in Richtung der Nordostecke des Gebäudes in Bewegung, und Sheng umkreiste zusammen mit Evi in großem Bogen das Pförtnerhäuschen, um zum Eingang der Tiefgarage zu gelangen. Zeitgleich mit diesen beiden Teams lösten sich weitere kleine Grüppchen und schwärmten rings um das Gebäude aus. Falls die Kultisten sie hier aus einem Hinterhalt heraus angreifen würden, wäre es wirklich Glückssache wenn sie auf Anhieb die wirklich wichtigen Leute erwischen würden...

    ~~~~


    BOOOOM!

    Ein lauter Knall hallte über das Schlachtfeld - der Panzer! Als wäre dieser erste Schuß das Signal gewesen, den Kampf nun auch an der ersten Frontlinie vorbei zu ihnen nach hinten zu tragen, brach auf einen Schlag die Hölle los.

    Zwar hielt die Verteidigungslinie im Osten - noch! - dennoch schafften es immer wieder einzelne Untote, zwischen den Stellungen hindurchzuschlüpfen, und zielstrebig weiter auf das Forschungszentrumzuzuhalten. Einer nach dem anderen pflückten die Scharfschützen der Skypeople sie zielsicher von den Füßen - hier würde kein Angreifer durchschlüpfen!

    Auf der anderen Seite des Forschungszentrums dagegen...

    Sie hatten sich rings um das zerfallende Gebäude postiert, und notdürftig hinter Schrott und Ruinen verborgen, und dann... nichts. Aus der Ferne wehten Schreie und untotes Stöhnen herüber, immer wieder übertönt vom Donnern des Panzers und des Mörsers, und den peitschenden Salven des MGs. Rings um das Forschungszentrum dagegen herrschte beinahe atemlose Stille.

    Als die Zeit verstrich, ohne dass etwas geschah - nun gut, jemand turnte auf dem Dach herum, aber dass musste einer von ihnen sein -, warfen sich die Zivilisten von Shengs Hope aus ihren Verstecken heraus erst fragende, dann vorsichtig erleichterte Blicke zu. Sollte es am Ende doch so einfach sein?

    Dann brach einer der Skypeople-Späher aus dem Gebüsch nördlich der Anlage hervor, stolperte alle Heimlichkeit vergessend in Panik auf die Versteckten zu, eine Hand an seinen Hals gedrückt. Er strauchelte, fing sich, strauchelte wieder, und ein dicker roter Strom quoll zwischen seinen Fingern hervor, als er mitten im "Minenfeld" zusammenbrach. Und dann sahen sie sie - hinter ihm, aus dem Unterholz, preschten dutzende Gestalten heran: Kultisten, keine Untoten, waren es, die jetzt schreiend und waffenschwingend auf das Forschungszentrum zugerannt kamen, schnurstracks Richtung Süden eilend, um zum Eingang und zum Tank zu gelangen. Eine erste Schrecksekunde verstrich - gute Vorsätze waren eines, aber so plötzlich wieder mit ihren robentragenden Peinigern konfrontiert zu sein, doch etwas ganz anderes. Dann aber, als sie erkannten dass die Kultisten sie nicht bemerkt hatten, und einfach stumpf an ihren Verstecken vorbeirannten, grinsten die Überlebenden von Shengs Hope einander an, erhoben sich, und fielen dem Dreckspack mit geballter Feuerkraft in den Rücken. Ehrenhaft? Scheiß auf Ehre - das war die Rache für Shengs Hope!

    ~~~~



    An allen Enden des Schlachtfeld blitzten jetzt die Flaggen der Späher auf, und die Sanitäter wetzten los, so schnell ihre Beine sie trugen. Zumeist ging es nach vorn, direkt ins Herz der Schlacht zu den sich durch die Horde schnetzelnden Vultures, die sich erst dann verarzten ließen, wenn sie schwer verletzt hinter ihren weiten weiterkämpfenden Stammesgenossen zurückgeblieben waren - und sich auch dann nur soweit wieder zusammenflicken ließen, bis sie im Stande waren sich wieder zurück in die Schlacht zu stürzen. Aufgeben und ausruhen, den Stamm im Stich lassen? Niemals! ... ein Umstand, den einer der Skypeople-Sanitäter schmerzhaft lernte, als er einen Krieger auf seine Trage zu lotsen versuchte, der sich ungeduldig einen großen Riss am Bauch hatte klammern lassen - wohlgemerkt, nachdem der Sanitäter den noch darin feststeckenden, angefaulten Fingernagel entfernen musste. Nur der Tatsache dass sie gerade Verbündete waren, hatte er es zu verdanken, dass der Krieger ihn angesichts des beleidigenden Rückzugsangebots nur eine Kopfnuss verpasste.

    Ein paar ähnliche Zwischenfälle später, und Agent Snow spürte die Moral nun deutlich einknicken. Kopfschüttelnd bahnte er sich einen Weg nach draußen, vor den ehemaligen Gebäudeeingang, wo wie durch ein Wunder ein Fahnenmast den Wandel der Zeit überlebt hatte. Hastig zog er aus seinem Rucksack die "Geheimwaffe" hervor, die ihm die RedWitch noch kurz vor der Schlacht zugesteckt hatte, und machte sich ans Werk. Wenn mir damals, bevor ich mitten in der Scheiße wieder aus Russland hierher zurück geflohen bin, jemand erzählt hätte dass ich mal über diesen Anblick freue.... Gut, damals hätte ich auch nicht gedacht, wieder ausgerechnet bei der NSA zu landen. Er riß einmal, zweimal, dreimal kräftig an der Leine am Mast, und sah dann zu wie sich über ihm die amerikanische Flagge entfaltete und anfing, im Wind zu knattern.

    So klein diese Geste, dieses einfache Stück Stoff jedem anderen auch erscheinen mochte, bei seinen Leuten verfehlte sie ihre Wirkung nicht. Mit neuem Elan warfen sie sich in ihre Aufgaben, konzentrierten sich nun darauf, nach vorne wo die Schlacht am schlimmsten tobte, einfach nur möglichst viele Verbände und Schmerzmittel zu liefern - keine Tragen, die die Vultures eh verschmähten.

    Auch die Versorgung des weiter westlich, am Forschungszentrum gelegenen Truppen aus Shengs Hope verlief nun wesentlich glatter: unermüdlich unterstützten die Skypeople die Zivilisten, versorgten ihre Verwundeten (die sich hier sogar tatsächlich abtransportieren ließen, wenn sie nicht mehr stehen konnten!), und lieferten Wasser, Medikamente und Aufputschmittel an diejenigen, die weiter die Stellung um das Zentrum hielten.

    Es würde noch ein verdammt langer und verdammt schwerer Tag werden - doch Snow blickte hinauf zu den über allem flatternden Stars and Stripes und schöpfte Zuversicht.

    Geändert von Shinshrii (22.11.2015 um 18:22 Uhr)

  7. #7

    "Sag Gute Nacht, Schwester."
    "..."
    "...Gute Nacht, Schwester."

    Mit einem gurgelnden Geräusch schnappte Georgina nach Luft, Blut lief aus ihrem Mund, der immer noch in ein hasserfülltes Grinsen verzogen war. Haile öffnete die Augen und sah, wie sich Georginas eigener Dolch durch ihre Brust bohrte.

    "...!"

    Georgina fing an wild zu kichern, wie ein kleines Mädchen.

    "...Denkst du wirklich, dass es so einfach ist?"

    Mit einer fließenden Bewegungen drehte sich Georgina um und riss mit ihren langen Krallen Raoul um, der plötzlich so nah war. Haile, unfähig sich zu bewegen, blickte verwirrt auf das kämpfende Paar. Georgina war wie eine kreischende Furie, und warum greift sie jetzt Raoul an? Es dauerte einige Sekunden, bis das Mädchen realisierte, was passiert war.

    "..."
    "Fick dich, dann bringe ich eben euch BEIDE um!"

    Oh nein. Das wirst du nicht. Haile sprang auf die Beine und sprintete zu Raoul und Georgina, die sich waffenlos auf dem Boden prügelten. Mit ihren langen Nägeln hatte ihre Schwester einen klaren Vorteil und hatte bereits Raouls Blut an den Händen. Seine Arme wurden von Georgina zerfetzt, seine Narbe im Gesicht blutete stärker als je zuvor. Er wehrte sich allerdings verbissen, hielt sie immer wieder an den Handgelenken fest, bis sie sich losriss und wieder ausholte.

    "...!"

    Mit einem Satz sprang Haile auf Georginas Rücken und trieb ihre Zähne in ihren Hals. Die helle, makellose Haut brach unter der Gewalt und Haile schmeckte das Blut ihrer Schwester. Ein markerschütterndes Kreischen erfüllte den Kampfring, als Georgina vom Schwung des Sprungs umgerissen wurde und sich ihr Opferdolch noch tiefer in den Körper bohrte. Mit einer unglaublichen Kraft schüttelte Georgina Haile ab und warf sie förmlich von sich. Das Kultistenmädchen rollte zur Seite und blieb wenige Meter entfernt von ihrer Schwester liegen, die irre lachend aufgestanden war und sich die Wunde an ihrem Hals hielt.

    "...!"

    Georgina hatte noch nicht aufgegeben, sie stürzte sich mit neuem Hass auf Raoul, der schon bewegungslos am Boden lag. Mit einem Schrei trieb sie ihre Nägel in seinen Körper, noch bevor Haile sie erneut wegtackeln konnte. Der Körper des Mädchens krachte mit aller Kraft gegen Georgina, sodass beide Schwestern auf dem Boden landeten. Schnell erkämpfte sich aber Georgina die Obermacht, und hielt ihre Schwester mit ihren Klauen im Gesicht fest. Ihre Fingernägel trieben sich in Hailes Wange, vier tiefe Kratzer, die fürchterliche Narben hinterlassen würden.

    Hailes Blick flog zur Seite, zu Raoul, der blutüberströmt und regungslos auf dem Boden lag. Seine Augen offen, aber nichts sehend. Nein. Wenn das sein Plan war...sich zu opfern, damit Haile leben konnte...

    Haile rollte herum, sodass sie nun auf Georginas Brust saß und bearbeitete das böse grinsende Gesicht unter ihr mit ihren Fäusten. Voller Wut und Hass schlug sie auf ihre Schwester ein, die sich anscheinend böse lachend ergeben hatte.

    "Oh....Schwester...verraten...einsam...willst du wirklich...dein letztes Fleisch und Blut...?"
    "...!"
    "Schau, dein Geliebter liegt tot hinter dir, und deine Freunde werden bald schon tot sein...Sheng, Evi, Eryn...sie alle werden zu meiner Armee gehören. Alle. Und sie werden dich zerfetzen. Hättest du nur auf deine Familie gehört, kleine Schwester..."
    "Ach, halt doch die Fresse."

    Raoul hatte sich hinter den Schwestern hochgerappelt, blutüberströmt, waffenlos, aber mit dem alten Grinsen im Gesicht.

    "Familie ist so viel mehr als Fleisch und Blut."
    "Wag es nicht!"
    "Die einzige, die hier verraten wurde, bist du."
    "..."
    "...und du wirst mich niemals brechen."

    Mit einem letzten Schrei stürzte sich der Dieb auf Georgina und trieb seine Faust in ihr Gesicht. Knochen krachten, das Blut spritzte auf die Gesichter von Haile und Raoul.

    Haile spürte, wie das Leben aus ihrer Schwester wich. Wie das Licht in ihren Augen erstarb, sich der feste Griff um Hailes Arme lockerte, das bösartige Grinsen verflog. Es war vorbei.

    Langsam erhob Haile sich, hielt sich die Wunde am Arm und blickte ihren Geliebten tonlos an. Er keuchte, holte tief Luft und stemmte die Hände in die Seiten. Dann wandte er seinen Kopf zu Haile um und grinste sie an.



    Das bubenhafte Grinsen war zurückgekehrt, auch wenn sein Anblick ein wenig von all dem Blut auf seinem Gesicht getrübt wurde. Mit wenigen Schritten überwand Raoul die Distanz zu Haile und schloss das verwirrte Mädchen in seine Arme. Er lachte, komplett übermütig und streichelte ihr entschuldigend über den Arm, der von allen Wunden an Hailes Körper noch am wenigsten blutete. Dort, wo seine Machete einen kleinen, feinen Schnitt hinterlassen hatte. Er holte tief Luft und legte seine Hand an ihre Wange, dort, wo Georginas Nägel tiefe Wunden gerissen hatten.

    "Ich liebe dich."
    "..."
    "...Ich wollte es nicht sagen. ich meine, wie scheisse wäre das denn gewesen, sowas zu sagen, und dich dann zu betrügen? Also...so zu tun...du weißt schon."
    "..."
    "...Ich liebe dich, Haile."
    "Ich liebe dich auch."

    Hand in Hand standen sie über der Leiche von Georgina. Sie blickten sich an. Blutige Gesichter, die Arme völlig zerkratzt und mit klaffenden Wunden versehen. Aber lebendig. So unendlich lebendig.

    "T...Tötet sie! Worauf wartet ihr! Sie hat die Großmeisterin..."
    "..."
    "..."

    Der Blick, den Haile und Raoul einer versprengten Kultistin der Familie LaValette zuwarfen, war weniger ängstlich als viel mehr genervt. Was wollte sie machen? Die meisten von Georginas treuen Truppen waren unten in der Schlacht, die Untoten machten keine Anstalten Haile und Raoul anzugreifen und die junge Frau in der schweren schwarzen Robe war im Zweifel auch kein Problem für Haile. Das Paar, immernoch Hand in Hand, drehte sich einfach um und verließ den Ring. Unbehelligt. Siegreich.

    "Ich...wir...WIR WERDEN DEN MESSIAS TROTZDEM FINDEN!"
    "..."
    "WIR WERDEN IHN FINDEN!"

    Die Schreie der LaValette verklangen ungehört.

    Der Weg durch das leere Kultistenlager war einfach. Kurz, bevor Raoul und Haile Kerosa erreicht hatten, die ein wenig abseits der Schlacht am Jeep auf sie wartete, drehte sich das blonde Mädchen noch einmal um.

    "Raoul?"
    "Ja?"
    "Das war ein beschissener Plan."
    "Ich weiß."

  8. #8


    Kerosa hatte das Gaspedal beim Jeep immer wieder ordentlich durchdrehen lassen, damit die Aufmerksamkeit ihrer Feinde immer wunderbar auf ihr gelenkt blieb.
    Denn die Flamerider hatte sich sofort einen Spaß daraus gemacht, die größte Schwäche ihrer Feinde – ihre Behäbigkeit – auszunutzen und mit dem Jeep provozierend langsam die eine oder andere Runde zu fahren, einige Trauben an geifernden Untoten hinter ihr zu sammeln, die sie gierig schnaubend bis hinter sich kommen ließ, um dann entweder mit vollem Karacho zurück zu setzen und die Untoten hart gegen die verstärkte Rückseite des Jeeps krachen zu lassen, oder um einfach nach vorne zu fahren, weiter weg vom Zentrum, den Feldherrenhügel meidend, damit Eryn, Raoul und Haile in ihrem Kampf gegen die Führerin der Kultisten weniger Feinde um sich haben würden.

    Irgendetwas tief in ihr drin ärgerte sich massiv, dass sie es sein musste, die den Jeep fuhr und nicht die Gelegenheit haben würde, ihrer Feindin ins Gesicht zu treten, doch seufzend nahm sie die Herausforderung an, inmitten der tobenden Wellen an Feinden am Leben zu bleiben und zudem die Fluchtwagenfahrerin für einen der größten Coups der neueren Weltgeschichte zu sein – immerhin würde keiner der Kultisten damit rechnen, dass sie einen Frontalangriff auf den Feldherrenhügel durchführen würden, immerhin hatte sie selbst es bis zur letzten Sekunde nicht wirklich geglaubt, sondern angenommen, Haile wollte einfach nur ein bisschen angeben, Stunk machen, die bierernsten Erwachsenen provozieren oder einfach nur Raoul mit Geschichtchen vom Krieg ein bisschen scharf machen.

    Doch dann war sie unversehens und plötzlich mit dem Mädchen, dass ihr Leben gerettet UND bedroht hatte, ihrem jungen, hübschen Stecher und der motorenölglitschiggeilen Irin im Jeep gewesen und die tollsten Kunststücke gefahren.
    Und das war es, was die Plünderin an ihrem Leben so liebte – wenn man in Bewegung war, wenn man als Jüngerin des Motorengottes immer ordentlich Gas gab, dann konnte man nie wissen, wo man in der nächsten Stunde oder morgen schon war, welche Orte man sehen würde oder wen man treffen würde. Denn man ehrte den großen Motor einfach am besten damit, indem man ihn aufjaulen und durchstarten ließ!

    Einmal wurde es eng, als sie einem der Brecher mitten in den Rücken gedonnert war.
    Der Spaß, seine hölzerne Maske richtig weit fliegen – und einen der Familienanführer der Kultisten am Kopf treffen – zu sehen, war es jedoch eindeutig wert gewesen, auch wenn sie dann schnellstens den Rückzug hatte antreten müssen, wobei sie mit Entsetzen feststellte, dass der Jeep nicht mehr ganz so perfekt zog, als würde unten etwas im Radkasten oder an der Unterseite kleben. Zombiegedärm oder so…
    Sie beschloss, dass die Drei nun genug Zeit – und vor allem Spaß – gehabt hatten, für sie wurde es Zeit, die „Bruder und Schwestern von anderen Herstellern“ wieder einzusammeln.

    Und dann kam sie mit quietschenden Reifen neben Haile zu stehen.
    Sie war abseits des Ortes, wo Georgina gestorben war und es waren nur ihre Freundin Haile und Raoul, die einstiegen.
    Ein fragender Blick über die Schulter, gefolgt von einem schmerzvollen Schütteln des Kopfes machte ihr klar, dass Eryn es nicht geschafft hatte.

    „Ach Fuck, ich hoffe, sie reitet nun im Paradies nur die heißesten Öfen und Kolben…“, sagte Kerosa zerknirscht und vollführte eine ehrenvolle Geste des Respektes hinter sich, eine Geste, die alleine Eryn galt.
    „Und, hattet ihr Probleme bei der ••••••••?“
    „Wir haben gerade die Anführerin eines Kultes getötet und du fragst, ob es Probleme gab?“, stammelte Raoul fassungslos und Kerosa zuckte mit den Schultern.
    „Hey, ich sollte eigentlich schon lange tot sein und über die endlosen Weiten düsen, aber dass ihr Beide noch lebt, das haut mir fast das Höschen voll! Trotzdem ist eines kacke! Ich konnte meine kleinen Babies nicht zum Einsatz bringen.“
    Und mit einem irren Grinsen zog sie einen alten Ledersack mit Dynamitstangen hervor.
    „Die haben mich entjungfert!“
    „WAS?“, schrien Haile und Raoul gleichzeitig.
    „Also,… im übertragenen Sinne. Sie gehörten meinem ersten Beifahrer. RedWrath war sein Name, wenn ich so drüber nachdenke, nur Platz 2 hinter Thorn, in so ziemlich allen Belangen. Und Haile hat ihn umgebumst. Naja, jedenfalls ging sein Schrott dann auf mich über. Und während ich heule und stottere wie ein kaputter Motor, weil ich Kampf UND Kerl verloren hatte, fand ich da plötzlich seine alte Lieblingstasche. Voller kleiner, geiler Stangen Dynamit. Und ganz ehrlich: Egal wie viele Freunde man verliert – es gibt nichts, was man mit einer Stange Dynamit nicht wieder seelisch reparieren kann. Zwei Explosionen später war ich…“, erzählte Kerosa im Plauderton ihrer etwas zu schrillen Stimme, die einfach eine Spur zu hell war , um als angenehm empfunden zu werden und Raoul fiel auf, dass sie das Schlachtfeld fast hinter sich gelassen hatten.
    Er wurde nachdenklich, während die beiden Frauen auf den Vordersitzen sich grade lachend und brüllend in Kampfanekdoten zu übertrumpfen versuchten und das wärmte sein Herz.
    Sie waren schon eine verdammt tolle Truppe. Er konnte es einfach nicht erwarten, mit ihnen zusammen jeden Winkel – oder wie Kerosa wahrscheinlich mit übertriebenem Augenzwinkern sagen würde, jede „Ritze“ - der neuen Welt gemeinsam zu erforschen…

    Und es war genau diese Gedankenlosigkeit, dieser Tagtraum, der sein Leben fast beendet hätte.
    Raouls Herz blieb stehen, als er am Ende der Ladefläche des Jeeps, auf der er saß, zwei tiefschwarze, schlanke Hände erkannte, denen schnell ein weiterer, gewandter, unglaublich schlanker Leib folgte.
    Es war eine Kultistin, angetan in einer eng anliegenden schwarzen Robe welches nur die Partie der Augen herum frei ließ. Er erkannte fast nachtschwarz dunkle Haut, braune, boshafte, hasserfüllte Augen und einen unglaublich dünnen Speer, der genau auf ihn zielte.
    Die Attentäterin der Kultistenfamilie der La Valettes musste es unbemerkt unter den Jeep geschafft haben sich während der Fahrt hochgezogen haben. Um Rache für Georgina zu nehmen.
    Raoul schluckte und wusste, dass er nun sterben würde, als der Speer auf ihn zugeschossen kam.
    Der Speer, der sein Leben beenden sollte.

    Ein scharfer Ruck zog sich durch den Leib des Diebes, es drückte ihm schmerzhaft auf die Brust, etwas in seinem Rücken tat höllisch weh, doch nicht so schlimm, nicht so grausam, wie er sich das Sterben vorgestellt hatte.
    Schlimm, doch erträglich.
    Und dann schlug er nach einer weiteren Sekunde, in der er Engel erwartet, doch nur Hailes Kreischen vernommen hatte, die Augen auf und erkannte den Speer neben sich.
    Er hatte ihn verfehlt, sich jedoch neben ihm tief durch den Sitz gebohrt. Hektisch sah er sich um.
    Sie standen! Sie hatten angehalten.
    Er stand auf, er flog förmlich von seinem Sitz und warf sich gegen die Kultistin, so dass sie Beide vom Jeep stürzten.
    Sofort war Haile bei ihm, er kniete auf dem Bauch der Attentäterin und spürte, wie ihre Nase unter seiner Faust brach, noch ehe sein Geist realisiert hatte, dass er nun zuschlagen würde.
    Dann sah er das Gesicht seiner geliebten Haile und Entsetzen kroch in seine Glieder.
    Haile war kalkweiß und Hass und Wut schimmerten tödlich in ihren Augen.
    Er wusste nicht warum, doch er spürte es.
    Wie in Trance stand er auf und ging wie schwebend auf den Jeep zu, während das Mädchen hinter ihm in die Knie ging, ihren Dolch zog und ihn der La Valette an die Kehle setzte.

    „Hey Stecher…“, kam es schwach, so unglaublich schwach und plötzlich gar nicht mehr schrill von Kerosa.
    Als sie so scharf gebremst und damit den tödlichen Stoß des Speeres auf ihn unterbunden hatte, war sie es, die stattdessen von hinten durchbohrt worden war.



    Kerosa war bleich und hatte kalten Schweiß auf der Stirn.
    Vor Anstrengung standen ihre Adern am Hals hervor und sie umklammerte wie eine Irre das Lenkrad, in dessen exakter Mitte nun der Speer steckte und von dort aus wie eine lange Straße aus Metall und Holz bis zu ihrer Körpermitte führte.
    „Kacke, jetzt.. bin ich mal… so richtig…genagelt worden…was?“, hustete sie schwach und versuchte sich an einem Grinsen.
    Raoul legte ihr die Hand auf die Schulter und sein Blick jagte wirr und hilflos umher. „Wir machen dich wieder gesund!“, kam es von ihm trotzig.
    „Lass steck’n…Stecher… ich hab’n Totalschaden… Fette…Massenkarambolage in meinen Gedärmen… ich bin im Arsch, schrottreif…“, hauchte Kerosa, während sie Blut spuckte und ein heller Faden ihres Lebenssaftes sich in ihrem Mundwinkel sammelte.
    „Du…musst was für mich tun…“, sagte sie schwach und Raoul nickte heftig. „Egal was es ist, ich mache es!"
    „Du musst auf Haile..“
    „Ich weiß! Aufpassen! Sie beschützen! Sie lieben!“, stammelte Raoul, der genau das erwartet hatte, obschon es ihm nun fast das Herz brach.
    „Bullshit…du musst es ihr immer…ordentlich besorgen…wollte ich sag’n…“, sagte sie leise und ersterbend. „Aber viel wichtiger… bevor ich sterbe… letzter Wunschtraum… so ein Ding explodieren sehen…“, flüsterte sie und nickte mit dem Kopf in Richtung der Ledertasche, die zwischen ihren Beinen im Fußraum stand und die voller Blut war.
    „Steck eine davon…brennend… in den Tank. Schnell…bevor Haile zurück…kommt… sie soll mich nicht sterben sehen… das macht auf Dauer nur Kummer…“, hustete sie zwischen zwei Fäden von Blut, die aus ihrem Mund ronnen.
    Hektisch griff der junge Dieb nach einer der Dynamitstangen, fischte nach der Lunte und zündete sie an. „Brennt...!“, sagte er leise und klemmte sie zwischen Blech und Öffnung des Tanks ein.

    „Scheisse, das wird geil… einmalig geil…“, sagte sie leise und nur Raoul konnte erkennen, dass sie weinte.
    Ob vor Schmerz oder wegen des Abschieds, er vermochte es nicht zu sagen.

    Und dann kam Haile angestürzt, mit blutenden Händen, weg vom Leichnam der Attentäterin, doch sie war zu spät.
    Denn wie mit Absicht, beschleunigte Kerosa plötzlich den Jeep und raste rückwärts.
    Vorbei an Raoul, vorbei an Haile.
    Und dann sah die Flamerider nur noch, wie die beiden Freunde , ihre besten Freunde, langsam kleiner wurden, während sie hinter sich heftige Erschütterungen spürte, als sie inmitten des Pulks aus Untoten und Brechern raste.
    Es gab abermals eine brutale Erschütterung und sie schrie aus Leibeskräften vor Schmerz, als er Jeep urplötzlich zum Stehen kam. Mit letzter Kraft blickte sie in den Rückspiegel und sah, dass sie inmitten einer Welle von Feinden stand. Sie hatten einen Brecher gerammt, der sich nun blutend und halb zerfetzt auf ihre Ladefläche schob, während von allen Seiten die Untoten heran gestolpert kamen.
    Und dann spürte sie eine Klinge an ihrer Kehle. Das Gesicht eines Mannes mit nachtschwarzer Haut, der höhnisch grinste: „Du wärst mit diesem Ding besser geflohen.“, sagte er mit tiefer Stimme und klopfte auf den Jeep.
    Kerosa grinste mit blutigen Lippen und hielt keuchend eine Dynamitstange hoch. „Und du hättest dich… damit besser gefickt.“

    Und dann spürte sie nichts mehr, als das Dynamit in ihrem Tank explodierte. Das verbliebene Benzin und die Tasche mit den anderen Stangen ließen den Jeep in einem Feuerball aufgehen und der Tod Kerosas, der eine riesige Lücke in das Herz einiger Weniger riss, riss eine umso größere Lücke in die Reihen der Feinde. Kerosa hatte gelebt wie eine echte Flamerider und sie wollte nur Beifahrer sein im nächsten Leben, wenn der Krater, den sie brennend hinterließ, nicht eine verdammt feine Art zu sterben gewesen war.


    Haile und Raoul standen weit entfernt in den Ruinen von San Antonio, nun weit weg von der Schlacht und sie hielten einander liebevoll die Hand , als ihre Freundin von ihnen ging.
    „Sie hat sich selbst geopfert, um mein Leben zu retten…“, sagte Raoul leise und es war klar, dass sie Beide niemals die quirlige, nervige Flamerider vergessen würden. Genau so wenig wie Eryn, die diesen irrsinnigen Angriff nicht überlebt hatte.



    Geändert von Daen vom Clan (22.11.2015 um 23:51 Uhr)

  9. #9

    Gast-Benutzer Gast
    Tatsächlich war der Tag gekommen, der Tag an dem sich entscheiden würde ob es in Zukunft noch Licht oder nur noch Schatten und Dunkelheit geben würde. Die letzten Wochen waren wie im Flug vergangen. Die Geschehnisse hatten noch nicht wirklich richtig begonnen da war er der Sache schon sprichwörtlich hinterher gelaufen - viel mehr gerannt. Auch wenn er die getroffenen Entscheidungen zu Beginn der Reise teilweise doch für sehr fragwürdig hielt, genauso wie ihre Entscheidungsträger war im ziemlich bald bewusst geworden, dass das kleine Grüppchen ohne Hilfe keine Chance haben würde diese Aufgabe zu bestehen. Spätestens als Sie in das zerstörte Shengs Hope zurückkehrten hätte es an sich jedem klar sein müssen. Vermutlich wollten Sie es einfach nicht sehen, Selbstschutz.
    Nachdem der Trupp dann die Verfolgung aufgenommen hatte und keine anstallten machte sich Verstärkung zu organisieren war er zurück zu ihren "Verbündeten" geeilt, den "Wilden". Es war nicht einfach gewesen diese davon zu Überzeugen das er ein Mitglied von den "Hope'ari" war, schließlich hatte er selber keinen engen Kontakt zu ihnen gehabt und nur die Dinge mitbekommen die in ihrem Basislager gesprochen wurden. Letztendlich war es ihm aber dennoch geglückt, nicht zuletzt dank der Hilfe von Prey und die "Vultures" rüsteten sich für ihre letzte Schlacht, zurück blieben lediglich die die zu jung zum kämpfen waren und einige Alte welche den Jungen Schutz gewähren sollten.
    Dann waren Sie der Truppe um Lancaster, ihm war egal wie er sich nun nannte, hinterhergeeilt. Ranger zusammen mit einigen Spähern voraus, den Stamm im Schlepptau.

    Sie hatten es noch rechtzeitig geschafft und nun saßen Sie hier, Ranger und die Anderen, und warteten auf das Signal, dass die alles entscheidende Schlacht beginnen würde. Sie warteten darauf, dass Sie das Kampfgeschrei der Vultures vernehmen würden, wenn diese sich in ihre vermutlich letzte Schlacht stürzen würden.

    Sie mussten nicht lange warten. Nachdem die ersten Schreie ertönt waren und die Vultures sich den Massen der Untoten entgegen warfen war auch für Sie der Zeitpunkt des Aufbruchs gekommen.
    "Also schön, wie besprochen - die mit den Schußwaffen decken die Einsatzteams, und der Rest hält sich bereit um den Eingang zu verteidigen, sobald der Tank drin ist. Los!"
    Salutierend: Es war mir eine Ehre. Gott stehe uns bei und schütze dieses Land

    Ranger konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er kannte Enigma erst einige Stunden und offensichtlich war es diesem nie ganz gelungen seine berufliche Vergangenheit abzulegen, vielleicht lag es aber auch am Druck und Stress der in dieser Situation auf ihnen lag, dass eine solche alte amerikanische Angewohnheit zum Vorschein kam.
    Ranger salutierte ebenfalls, auch wenn nicht ganz so ernsthaft. Grüßt die Zukunft von Uns, sollten wir uns am Ende des Tages nicht wieder sehen. Sheng, verlier deinen Kopf nicht, du musst ab Morgen eine Stadt wieder aufbauen Ranger grinste. Auch ihm war die Nervosität anzumerken, schließlich wusste keiner wie diese Geschichte Enden würde, selbst wenn Sie im Labor keine Probleme haben sollten, könnten Sie immer noch durch die Anzahl der Untoten einfach überrannt werden. Über Shengs Gesicht huschte ein kurzes Grinsen Ich könnte durchaus Hilfe gebrauchen, wenn ihr Morgen Zeit habt meldet euch doch bei mir und ernster Viel Glück.
    Ranger und Enigma lösten sich von der Gruppe und entfernten sich in nordöstliche Richtung. Die anderen würden es ihnen in kurzer Zeit gleich tun. Jeder würde seinen Beitrag leisten, für die Hoffnung einer besseren Zukunft und jeder würde hoffen, dass er ein Teil dieser Zukunft sei.

    Als Sie an der Nordostecke des Gebäudes angekommen waren stellten Sie fest, dass es hier zwar mal eine Servicezugang zum Dach gegeben hatte, dieser nun leider nur noch aus dem oberen Drittel bestand. Der Rest lag in Trümmern und verrostet zu ihren Füßen. Oh Fortuna: Das Glück scheint nicht auf unserer Seite zu sein. Anmerkung: Ich hoffe sie haben auch die Fähigkeiten die ihr Name suggeriert und tragen den Namen nicht nur zur Zierde. Enigma blickte Ranger mit fragendem Gesichtsausdruck an. DAS, Ranger blickte den Agenten mit ernstem Gesicht an, werden wir gleich herausfinden.

    Er setzte seinen Rucksack ab und holte ein schwarzes Nylonseil hervor. Laut Ellen, ich meine deiner Chefin, sollte es sich hierbei um eine Fallschirm-Schnur handeln. Wenn Sie recht hatte, sollte das klettern kein Thema sein, sofern wir es irgendwie dort oben anbringen können. Ranger hatte bereits eine Idee, im fehlte aber noch geeignetes Material dafür. Also begann er im Schrott vor ihnen danach zu suchen. Enigma? Du kannst doch klettern, oder ? Positiv. Das Büro war nicht mein einziger Arbeitsplatz. Das beruhigt mich etwas, dann muss ich sie nicht auf meinem Rücken mit hinaufziehen Ranger hoffte das Enigma nicht alles so ernst nahm wie er wirkte. Er redete ja nur mehr als sonst um die Spannung in ihm etwas zu mildern und sich besser auf die eigentlichen Aufgaben konzentrieren zu können.

    Nachdem Ranger gefühlt Stunden in dem Schrott unter Enigmas Beobachtung gewühlt hatte, tatsächlich waren vielleicht 3 Minuten verstrichen, hob er eine einzelne Metallstange in der Hand empor. Ist die nicht wunderschön Enigmas Blick zeigte deutlich, dass er die Stange nicht unbedingt für Wunderschön hielt. Viel mehr dachte er wohl Wir haben ihn verloren, der Wahnsinn hat ein weiteres Opfer gefunden oder etwas ähnliches in diese Richtung. Ranger war dieser Blick nicht entgangen. Keine Sorge, Alles bestens bei mir. Ich erkläre dir was ich vor habe, Während Ranger sich ans Werk machte erklärte er Enigma seine Idee. Diese Eisenstange benutzen wir als Gewicht um das Seil dort oben am Rest der Leiter zu befestigen. Ich knote das Seil an einem Ende der Stange fest, etwa so, und dann versuchen wir die Stange wie einen Pfeil zwischen die Sprossen der Leiter zu werfen - etwa so. Ranger holte aus und ....

    ....warf deutlich zu tief. Probieren wir es doch gleich nochmal. Uuunnnd HOP. *Dong* Dieses Mal schlug die Stange links von der Leiter gegen das Mauerwerk. Wie soll man sich bei dem ganzen Lärm auch auf solche filigranen Sachen konzentrieren können brummelte Ranger. Andererseits, solange wir das rattern des MGs und die dumpfen Schläge vom Panzer und Mörser hören wissen wir, dass die Anderen noch da sind und wir eigentlich mehr als genug Zeit haben. Enigma, versuchen Sie mal ihr Glück. Zuverischtlich: Bei internen Vergleichswettkämpfen in der Leichtathletik habe ich beim Speerwerfen an sich immer eine gute Leistung gezeigt.Nun nahm Enigma die Stange, überprüfte nochmals den Knoten und warf....

    .... *Ploing* Enigma war zwar ein besserer Werfer, aber auch er hatte zunächst kein Glück. Die Stange schlug quer gegen die Sprossen der Leiter und viel wieder zu Boden. Es dauerte noch 3 weitere Versuche ehe Enigma erfolg hatte. Er schaffte es die Stange zwischen den Sprossen hindurch zu werfen, so dass Sie zwischen Leiter und Gebäudewand wieder zu Boden viel. Ranger löste die kleine Stange und tauschte sie mit einer deutlich größeren Stange aus. Anschließend zogen Sie am anderen Ende des Seils und die große Stange somit hinauf. Diese verkeilte sich direkt beim ersten Versuch an der Leiter so dass Sie das Seil nun zum klettern nutzen konnten.

    Ranger schulterte seinen Rucksack und machte sich als erster an den Aufstieg. Oben angekommen nahm er das Seil, löste die Stange und befestigte das Seil an einem augenscheinlich stabileren Teil auf dem Dach. Während Enigma hinaufkletterte verschaffte sich Ranger einen Überblick. Es durften an die 30 Panels sein, die sich auf dem Dach befanden. Bei vielen war direkt ersichtlich, dass diese unreparabel beschädigt waren. Mit Glück mussten ein paar wenige nur von Dreck, Staub und Sand befreit werden um wieder für Strom zu sorgen. Möglicherweise würde auch das ein oder andere umgestürtze Panel noch funktionieren, dazu müssten Sie diese aber erst wieder aufrichten.

    Ranger drehte seinen Blick. Ob so die Hölle sein würde kam es ihm in den Sinn. Auf der einen Seite ein Meer von Körpern das Welle für Welle gegen die kleinen Dünen ihrer Verteidigung brandet, unaufhörlich immer weiter. Egal wie groß die Löcher auch waren, die Panzer, MG und Mörser hineinrissen, Sie wurden direkt wieder mit neuen Köpern zugespült. Die Vultures kamen einer Steilküste gleich, Welle für Welle stieß gegen diese Felsen und wenn auch augenscheinlich der Felsen sich keinen Zentimeter bewegte so brach doch immer wieder ein Stein aus seiner Wand. Es war nur eine Frage der Zeit bis das Wasser diesen Felsen zum Einsturz bringen würde.
    Der größte Trick den der Teufel je gebracht hat, war die Menschen glauben zu lassen er würde nicht existieren. Bis er sich vor 20 Jahren zu erkennen gab. Enigma war in diesem Moment neben Ranger am Ende der Leiter aufgetaucht. Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist kommen die Toten zurück auf die Erde. Anmerkung: Auch ich habe früher den ein oder anderen Film gesehen.
    Bis jetzt sieht es so aus als könnte der Plan funktionieren. Also machen wir uns an die Arbeit und nutzen wir die Zeit die Sie, Ranger zeigte auf das Schlachtfeld, uns verschaffen. Enigma stimmte nickend zu.

    Enigma und Ranger gingen Reihe für Reihe ab und überprüften die einzelnen Panels. Sie hatten zunächst nicht viel Glück, die ersten Reihen waren entweder so stark beschädigt, dass eine Reparatur nicht möglich war oder Sie schlicht weg nicht die Mittel hatten um diese durchzuführen.

    Was machen wir wenn nachher alle Panels beschädigt sind?
    Ernsthaft: Mit diesen Gedanken sollten wir uns lieber nicht beschäftigen. Ratschlag: Suchen wir lieber weiter.
    Sie haben recht, darüber können wir uns Gedanken machen, wenn es tatsächlich dazu kommen sollte. Haben Sie eigentlich eine Ahnung wie viele von diesen Dingern wir in Gang bringen müssen?
    Schätzend: Ich glaube bei der Einsatzbesprechung sprach die Red Witch von 3-4 Stück. Ich denke 3 sollten ausreichend sein um die Türsteuerung wieder in Gang zu setzen.

    HEY, ENIGMA, es lag ein positiver Klang in der Stimme von Ranger, Ich glaube ich habe hier was gefunden.
    Ranger hatte eine Reihe weiter ein kaum beschädigtes Panel gefunden, dieses sollten Sie mit Leichtigkeit reparieren können.
    Vorsichtig optimistisch: Dann brauchen wir nur noch zwei. Wir sollten die umgestürzten in dieser Reihe aufstellen und ebenfalls überprüfen.

    Gesagt, getan machten sich die beiden Männer daran die umgestürzten Panels aufzustellen und von Dreck und Staub zu befreien. Sie hatten Glück, darunter befanden sich 2 relativ unbeschädigte und ein weiteres bei dem Sie mit etwas Glück einen Teil benutzen konnten. Nun mussten Sie nur noch die Panels untereinander verbinden und in das interne Netz der Forschungsstation einspeisen. Ranger war zwar nicht besonders gut in Physik, war aber davon überzeugt erkannt zu haben, dass die Panels ursprünglich in Reihe geschaltet waren. Sie mussten also einen Weg finden, die funktionierenden Teile zu verbinden und die beschädigten zu überbrücken. Hierzu würden Sie einige zusätzliche Meter Kabel benötigen. Sie gingen zurück zu den ersten Reihen mit komplett beschädigten Panels und begannen hier die Kabel zu entfernen. Glücklicherweise hatten Ranger und die Vultures, bevor Sie die Verfolgung der Gruppe um Adam aufnahmen, die Basis der Mexikaner durchsucht. Ranger hatte hierbei einige alte gute Werkzeuge sowie Klebeband gefunden und eingesteckt. Dies erleichterte es ihnen ungemein die einzelnen Kabelstücke zu lösen und zu größeren zu verbinden.
    Während Ranger die so nun hergestellten Überbrückungskabel zu den funktionierenden Panels brachte um diese miteinander zu verbinden blieb Enigma in der Nähe der Leiter stehen und blickte auf das Schlachtfeld. Die Verteidiger hielten sich weiterhin tapfer, gerieten aber zunehmend unter Druck. Enigma konnte erkennen, dass sich bei dem MG nur eine Person befand, zwei andere saßen regungslos im Sand, einige Meter von dem MG entfernt. Beim LKW mit den Granaten lagen mehrere Körper regungslos im Sand und auf dem Panzer befanden sich zwei Personen die vergebens versuchten die Feinde daran zu hindern den Panzer zu umzingeln. Dazwischen sah er immer wieder einige seiner Freunde der Skypeople die Verwundete von der Front bargen oder diese notdürftig an Ort und stelle versorgten.

    Enigma war völlig eingenommen von den Geschehnissen auf dem Schlachtfeld während Ranger sich völlig auf die Verkabelung konzentrierte. Keiner von beiden bemerkte wie sich vom westlichen Ende der Anlage 3 gestalten in Kutten an Sie heran schlichen. Sie hatten vermutlich zu den Kultisten gehört, die vor hatten ihren Freunden in den Rücken zu fallen und von den Bewohnern aus Shengs Hope abgewehrt wurden. Doch diese drei hatten es offenbar geschafft an dieser Verteidigungslinie vorbei zu kommen.
    Die drei Kultisten schlichen sich an Enigma heran, der völlig ohne Deckung auf dem Dach ein einfaches Ziel abgab. Einige Meter vor der Reihe in der Ranger saß teilten sich die drei auf. Der Kultist, der in der Mitte blieb, zog unter seiner Kutte ein Wurfmesser hervor und visierte Enigma an. Ein gezielter Wurf und Enigma wäre tot bevor er überhaupt verstanden hätte was passiert war.

    Der Kultist holte zum Wurf aus, sein Arm schnellte nach vorne und wurde in diesem Moment von etwas schnellem schwarzen getroffen. Doch es war zu spät, das Messer flog bereits in Richtung Enigma, der immer noch nichts von der drohenden Gefahr merkte. Enigma sah gerade wie Seeker sich auf einen riesigen Brecher stürzte und es danach eine gewaltige Explosion gab. Plötzlich spürte er einen stechenden Schmerz und wie ihm das Blut aus der frischen Wunde spritzte. Enigma drehte sich um und sah einen Kultisten der mit gezogenen Messern auf ihn zu stürmte. Enigma zögerte keine Sekunde, zog seine Glock21, und besorgte dem Kultisten zwei neue Nasenlöcher.
    Im nächsten Moment wurde Enigma durch einen weiteren Kultisten zu Boden gerissen, welcher ihm in die Seite gefallen war. Beim Aufprall auf dem Boden verlor Enigma seine Waffe und musste sich gegen den Kultisten mit bloßen Händen erwehren. Die Waffe war nicht weit geflogen, lag dennoch außer Reichweite der beiden am Boden Kämpfenden. Genau aus dieser Richtung näherte sich nun der Dritte Kultist.

    Ranger war durch die Schüsse aufgeschreckt und in Richtung Enigma geeilt. Dabei hob er eines der Messer des toten Kultisten auf. Mittlerweile hatte der zweite Kultist die Oberhand gewonnen und saß auf Enigma, dieser blutete immer noch stark aus der Wunde an seiner linken Wange, sein Widerstand schwand immer mehr. Dies wurde auch dem Kultisten bewusst und er forcierte seine Angriffe. Auch er zog ein Messer und versuchte damit auf Enigma einzustechen. Ranger ahnte, dass mit Pech Enigma jeden Augenblick einen tödlichen Stich erhalten könnte und ging volles Risiko. Er hatte Glück. Es war eine Chance von Eins zu einer Million, nicht mehr nicht weniger und wie Alle wussten glückten diese in 9 von 10 Fällen. So auch dieses Mal. Das Messer bohrte sich in den Hals des Kultisten und dieser fiel tot von Enigma herab. Sie hatten es gerade nochmal geschafft. Ranger ging grinsend auf Enigma zu, dieser war grade dabei sich aufzurichten als ihm von hinten ein metallischer Gegenstand an den Kopf gepresst wurde. Enigma starte panisch zu Ranger.
    Ranger wusste, dass er eine zweite Chance wie zuvor nicht bekommen würde, selbst wenn, er hatte nichts was er hätte werfen können.

    Man konnte kaum sagen was zuerst geschah, so schnell wie es Ablief. Der Knall der entstand als der Kultist den Abzug betätigte, Ranger der auf den Kultisten zusprang, die zwei Körper die über die Mauerkante stürzten oder Enigma der sich fragte ob er nun tot sei und die Hölle genauso aussah wie die Erde welche er verlassen hatte. Für einige Momente herrschte Stille auf dem Dach der Forschungsanlage.
    Enigma, hey. Heyy. HEEEYYYY ENIGMAAAAA Am Rand des Daches tauchte das Gesicht eines Mannes auf, der sichtlich immer noch verwirrt war und nicht so recht einordnen konnte in welcher Welt er sich nun befand. Bin ich tot? Scheiße, du musst dir ja ordentlich den Kopf angeschlagen haben. Sofern du nicht irgendwo ein Loch in deinem Körper hast würde ich deine Frage mit Nein beantworten. Der Typ der da unten vom Schrott durchbohrt ist, ist tot. Ich übrigens auch bald, wenn du mir nicht hilfst, denn ewig kann ich mich hier nicht an diesem Seil festhalten. Ich hab mir den Arm beim Aufprall an die Hauswand verstaucht also brauche ich deine Hilfe.

    Enigma der langsam realisierte doch nicht gestorben zu sein half Ranger wieder hinauf aufs Dach. Nachdem die beiden sich versichert hatten, dass auch die beiden anderen Kultisten tatsächlich nicht mehr unter ihnen weilten, widmeten Sie sich wieder ihrer eigentlichen Aufgabe. Wenig später vermeldete Ranger So, dass sollte es gewesen sein. Nun müssen wir die Panele nur noch mit diesem Transformator verbinden und wenn wir alles richtig gemacht haben sollte uns das Display zeigen, dass der Strom wieder fliest. Sie verbanden die Kabel und warteten gespannt. Es dauerte einen Moment aber dann tauchten Zahlen auf dem Display auf.

    Sie hatten es geschafft.
    Sie hatten zwar nur einen kleinen Teil reparieren können aber dieser sollte genug Strom für ihre Zwecke liefern. Nachdem Sie sichergestellt hatten, dass keine weiteren Kultisten sich auf dem Dach befanden machten sich die Beiden auf zum Lazarett. Enigmas Wunde musste genäht werden und Ranger mit seinem geprellten Arm konnte dort noch am ehesten Unterstützung leisten.

    Am Himmel über ihnen drehte in einiger Entfernung ein schwarzer Vogel gemütlich seine Runden.

  10. #10
    Sheng und Evi hatten sich nach dem Abschied von Ranger und Enigma ohne weitere Worte von der Truppe, die alles tat, um das Forschungszentrum sicher zu halten, gelöst. Kurz starrten sie schweigend in das unheilvolle Dunkel, das der Eingang der Tiefgarage preisgab und wie ein nasses, stinkendes Maul nur danach zu gieren schien, dass es jemanden verschlucken konnte.
    Sheng seufzte und trat einen Schritt nach vorne, aber Evi legte ihm die Hand auf die Brust. "Warte." Sie kramte kurz in ihren Taschen und zog schließlich ein silbriges Etwas hervor, dass zwischen ihren Fingern glänzte. "Ein Glücksbringer.", erklärte die Taucherin schlicht, als sie die Kette sanft um Shengs Hals legte. "Und nur eine Leihgabe." Sie zwinkerte. "Es gehört Eryn und wir müssen es ihr zurückgeben, wenn das hier vorbei ist. Sie hat mir die Kette gegeben, weil sie daran glaubt, dass wir es schaffen - mehr als dass sie an sich selbst glaubt."
    Sheng betrachtete den Anhänger nachdenklich.
    "Aber ich glaube an sie und daran, dass wir es ihr zurückgeben können. Das machen beste Freunde einfach so. Egal ob sie noch so weit entfernt sind, oder infiziert, oder... sie sich solche Sorgen machen, dass sie wütend werden." Sie hatte nicht genau mitbekommen, was zwischen Wingman und Sheng vorgefallen war, doch sie konnte sich ihren Teil denken. Der Bürgermeister wirkte seitdem teilweise in sich gekehrt, auch wenn er sein Bestes tat, um sich hoffnungsvoll zu geben.
    "Also, komm ja nicht auf die Idee, damit draufzugehen." Evi lachte und in Shengs Blick kehrte kurz die Wärme zurück, mit der er ihr Herz immer noch zum Klopfen brachte. Dann wich sie aber einer ernsten Entschlossenheit, mit der er die Taucherin nun auch ansteckte. Die beiden nickten sich zu und traten zum Eingang der Tiefgarage.



    Der breite und inzwischen leicht überwucherte Weg, der zum Eingang der Tiefgarage führte, fiel schräg ab, - es gab keine Treppen oder ähnliches und Evi erinnerte sich ganz dunkel, dass dies eine Zufahrt gewesen sein musste, nichts für Fußgänger.
    Vorsichtig trat sie an die Stelle, wo das Wasser begann, gegen ihre Schuhe zu tänzeln. Sheng war in die Hocke gegangen, um einen Blick in das Gebäude zu werfen, aber ab einem bestimmten Punkt war nur bedrückende Finsternis zu sehen, und es war nicht mehr zu erkennen als dass ein paar dicke Pfeiler bis an die Decke ragten.
    "Wir müssen uns nur rechts halten, dann können wir den Ausgang gar nicht verfehlen." Er zeigte in die Richtung, in der laut Ellens Karte eine Tür sein musste. "Bleib in meiner Nähe.", sagte Evi und watete ins kühle Nass. Es dauerte nicht lange, bis sie beide bis an die Schultern in grauem, dreckigen Wasser standen und zu schwimmen beginnen mussten. Die Garage war fast vollständig überschwemmt, so dass ihre Köpfe beinahe die Decke streiften. Die vergessenen Autos und anderen Gefährte, die ihr Dasein bis in alle Ewigkeiten am Boden fristen mussten, konnten sie hingegen kaum unter sich erkennen, weil der Abstand recht groß war. An einigen Stellen sahen sie ausgegilbte Schilder an schweren Eisenketten hängen und halb ins Wasser ragen. Sie waren teilweise mit grünen Algen bedeckt und so groß, dass sie durchtauchen mussten, wenn sie später nicht die Orientierung verlieren wollten.
    Als Evi das erste Schild hinter sich gelassen hatte und wieder an die Oberfläche kam, erschlug sie die drohende Dunkelheit beinahe. Nun war kaum mehr etwas zu erkennen, aber schemenhaft sah sie Sheng neben sich auftauchen. "Alles okay?", fragte sie in die Schatten hinein. "Ja.", kam die belustigte Antwort, weil sie nicht einmal ein paar Sekunden unter Wasser verbracht hatten. Aber etwas anderes erweckte Evis Aufmerksamkeit. Ein seltsames Rauschen hatte die Stimme ihres Begleiters untermalt. "Hörst du das auch?" Stille. Da war nichts außer den schwappenden Wellen, die sie selbst durch ihre Bewegungen heraufbeschworen. Sheng schüttelte - vermutlich - den Kopf. "Ich höre nichts." Noch einmal lauschten sie, doch da war nichts Ungewöhnliches. "Okay, dann weiter."

    Nachdem Evi unter dem nächsten Schild durchgetaucht war, umfing sie wirklich nichts als Finsternis. Hinter ihr klimperte etwas. "Bist du an den Ketten angekommen?" "Ja, kann sein." Shengs Stimme war näher, als sie ihn vermutet hätte. Verdammte Dunkelheit. Sie fühlte mit ihrer Hand die rauhe Wand, an der sie sich immer wieder orientierten, um ihr Ziel zu finden. "Es ist bestimmt nicht mehr weit.", sagte die Taucherin beschwichtigend, als sie meinte, ihren Begleiter angestrengt atmen zu hören. Auch wenn es nun wieder weiter weg wirkte, als noch vorhin.
    Als sie unter dem nächsten Schild hindurchtauchte, spürte sie, wie ihre Fingerspitzen am Ende etwas berührten. Vor ihr war nun eine weitere Wand und freudig drehte sie sich in die Richtung, wo sie Sheng vermutete. "Wir sind da!", wisperte sie aufgeregt. "Da unten muss die Tür sein. Komm, bleib dicht bei mir." "Okay." Sie hörte platschen, als der Bürgermeister näher an sie herankam.
    Dann holte Evi tief Luft und ihr war als hörte sie einen dumpfen Laut, gerade als sie ihren Kopf unter das Wasser zog. Aber sie spürte Shengs Körper neben sich, der sich mit ihr gemeinsam an der Wand entlang tastete, während sie immer weiter nach unten glitten. Da - eine Vertiefung. Hier musste die Tür sein, die sich offenbar nach innen öffnen ließ. Es dauerte nicht lange bis die Taucherin eine Klinke fand, was sie ihrem Begleiter mit einem leichten Ziehen an seinem Hemd deutete. Hm, der Stoff fühlte sich merkwürdig schwer an.
    Aber gleich darauf glitt der Körper neben ihr wieder nach oben - wahrscheinlich musste Sheng Luft holen - und sie machte sich vorerst ohne weitere Gedanken alleine an der Tür zu schaffen. Diese war nicht verschlossen, aber ein Widerstand verhinderte, dass sie sich leicht öffnen ließ. Vermutlich hatte sich im Laufe der Jahre durch die Ritzen auch dahinter Wasser gebildet. Aber Evi wusste, wenn dort der Wasserstand nur etwas geringer war, dann brauchte sie nur einen Spalt. Die Tür würde durch den Druck weiter von selbst aufschwingen. Und tatsächlich, sie brauchte nur ein paar beherzte Tritte, bevor der Widerstand nachgab und sie leicht in Richtung der Tür gezogen wurde, die hinter sich nun verschwommen wirkendes, flackerndes Licht preisgab. Das hieß, dass Ranger und Enigma Erfolg gehabt haben mussten. Die Taucherin jubelte innerlich und griff schnell nach Shengs Hand, die sie irgendwo über sich vermutete. Als sie spürte, wie sich Finger um ihre legten, überkam sie ein leichter Schauer. Das fühlte sich so seltsam an.
    Als Evi einen Blick auf den Arm warf, der sich ihr entgegen gestreckt hatte, erkannte sie durch die vage Lichquelle, dass er völlig in schwarz gehüllt war. Die Hand, in einen dunklen Handschuh gehüllt, zog an ihr und riss sie mit einem Ruck wieder nach oben.

    Die Taucherin schnappte kurz nach Luft, als sie an die Oberfläche gezerrt wurde und sich augenblicklich ein starker Arm um ihren Hals legte. Sie blinzelte. Gegenüber von ihr hielt sich ein Kultist an dem letzten Schild, das sie durchtaucht hatten, fest und hatte Sheng auf dieselbe Art gepackt, nur scheinbar noch energischer. "Shn!" Evi wollte zappeln und treten, aber ihr wurde bei jeder kleinen Bewegung mehr die Luft abgeschnürt, so dass ihr nicht nur ihre eigene, sondern vor allem auch Shengs Flucht immer unwahrscheinlicher erschien. Diese in schwarz gehüllte Gestalt, die ihn in seiner Gewalt hatte, wirkte ruhig und völlig unangestrengt - man konnte durch das dämmrige Licht bloß ein schattenhaftes Grinsen auf ihrem Gesicht erkennen.
    Dagegen atmete ihr eigener Gegner verhältnismäßig laut, denn er hatte nichts zum Festhalten außer ihr und seine Beine bewegten sich stetig, um in der schweren Robe nicht unterzugehen.
    "Dummes Mädchen. Hast nicht einmal bemerkt, wie wir leise und heimlich zu euch gestoßen sind.", wurde in Evis Ohr gezischt. Mein Gott, das Rauschen, das Klirren,... diese beiden hatten sich wahrscheinlich jede ihrer Taucheinlagen zu Nutze gemacht, um sich näher an sie heranzuwagen. "Wir waren nicht sicher, ob sich von euch unfähigen Ratten überhaupt jemand hierher wagt, aber natürlich hatte die Herrin recht damit, uns vorsichtshalber zu schicken." "Jaa~", drang es von dem anderen Kultisten herüber, und Evi standen fast die Haare zu Berge. So eine gruselige Stimme hatte sie selten gehört - vor allem war sie so voll gieriger Vorfreude.
    "Wir dachten, wir verpassen den ganzen Spaß, nicht wahr?" "Jaa~"
    "Aber jetzt können wir ja euch töten."
    Augenblicklich wurde Evi unter Wasser gedrückt, ohne dass sich der Arm um ihren Hals auch nur ein bisschen lösen zu schien. Unzählige Luftblasen stahlen sich aus ihrem Mund, weil sie schreien wollte. Aber bevor sie sich darüber ärgern konnte, weil sie so nicht lange durchhalten würde, spürte sie plötzlich wieder Luft an ihren Atemwegen.
    "Was meinst du damit?", hörte sie den Kultisten rufen, der sie nun wieder an der Oberfläche hielt und seinen Griff spürbar gelockert hatte.
    "Sie ist tot." Um die Aussage zu unterstreichen hielt der andere etwas in die Höhe, das aussah wie ein Funkgerät. Der Typ schien Sheng völlig vergessen zu haben, der scheinbar regungslos vor ihm hertrieb. Aber Evi konnte im flackernden Licht gerade noch erkennen, dass seine Augen geöffnet waren und sie ansahen. Nicht wehmütig oder resignierend, sondern fast kämpferisch. Beinahe unmerklich nickte sie ihm zu.
    "Die Großmeisterin kann nicht tot sein...", schnarrte die fassungslose Stimme neben der Taucherin und sie merkte, dass auch sie kaum noch beachtet wurde.



    Und dann hallte ein lautes "Jetzt!" durch die Tiefgarage, und Evi sah noch wie Sheng sich kraftvoll auf seinen Gegner stürzte, bevor sie den Arm ihres eigenen Peinigers von sich riss und sich blitzschnell nach ihm umdrehte. Ihr Ellenbogen landete in seinem Gesicht, und obwohl ihm das Blut augenblicklich aus der Nase schoss, warf er sich mit einem brüllendem Schrei auf sie. Eine Weile lang rangelten sie unter Wasser und die Taucherin musste innerlich grinsen - wenn es nach ihr ging, konnte sie dieses Spielchen ruhig auch ein bisschen länger mitmachen. Der Kerl konnte nicht gewinnen - nicht hier, wo sie in ihrem Element war. Seine Bewegungen waren noch träger als ihre, obwohl das kühle Nass auch sie bremste. Sie konnte ihn nicht einfach schlagen oder treten, zumindest nicht besonders effektiv. Also versuchte sie, ihren Gegner in die Nähe der Wand zu manövrieren, was er erst bemerkte, als er am Rücken plötzlich diesen Widerstand spürte. Und dann hielt sie ihn fest, drückte ihren eigenen Körper so heftig gegen seinen, um ihm nur ja keine Bewegung zu erlauben. Es musste seltsam aussehen, wie sie auf ihm hing, aber es konnte ohnehin niemand sehen.
    Langsam glitten beide nach unten, weil sich nun bis auf das verzweifelte Kopfschütteln des Kultisten nichts mehr bewegte. Ihm ging die Luft aus, und als sie schließlich am Boden ankamen, wo das Licht aus der Tür einen unheimlichen Schein auf sie warf, sah Evi dem Kultisten in die weit aufgerissenen Augen und konnte kaum fassen, was sie hier für einen Schwächling vor sich hatte. Denn ein paar Luftbläschen später war er tot und das musste bedeuten, dass Sheng tatsächlich den härteren Kampf erwischt hatte.

    ~

    Sheng fühlte sich beflügelt - Georgina war tot und die Chancen, dass seine Tochter heil davongekommen war, stiegen ins Unendliche. Angestachelt durch die Hoffnung war er so schnell auf seinen Gegner zugestürzt, dass dieser kaum Zeit hatte zu reagieren. Sein Kopf wurde gepackt und gegen die schwere Kette geschlagen, an der er sich gerade noch festgehalten hatte. Der Bürgermeister wusste, dass er nicht innehalten durfte, denn dieses Manöver war ihm einzig und allein durch den Überraschungsmoment gelungen. Er wollte den Kultisten gar nicht erst wieder zu Sinnen kommen lassen und dasselbe einfach noch einmal versuchen, aber eine blitzschnelle Handbewegung hielt ihn davon ab. Er konnte nun das Gesicht des Feindes, der seinen zweiten Angriff sofort aufgehalten hatte, sehen, und ein dünner, roter Faden Blur rann von seiner Schläfe. Aber er grinste und seine Augen schienen vor Freude zu lodern.
    Blitzschnell schaffte es der Kerl, Shengs ganzen Arm zu packen und hinter den Rücken zu drehen. Nun war er wieder in seiner Gewalt und der Schmerz, der an der Schulter und am Ellenbogen am meisten glühte, war kaum zu ertragen.
    Aus tränenden Augen erkannte er, dass Evi und der andere Kultist unter Wasser verschwunden waren. "Erst wirst du sterben....", sagte die gruselige Gestalt und kicherte. "...und dann sie."
    "Nein.", presste der Bürgermeister knurrend hervor und ließ seinen Kopf nach hinten schnellen. Es gab ein dumpfes Geräusch und Shengs Hinterkopf tat augenblicklich höllisch weh, aber der Griff um seinen Arm lockerte sich merklich. Obwohl dies der beste Moment gewesen wäre, um zu fliehen, kam es ihm nicht auch nur für einen Moment in den Sinn, und so stürzte er sich erneut auf den Kultisten, der sich abermals schnell von seinem Schmerz erholt hätte, wenn er nicht damit beschäftigt gewesen wäre, einen langen, schmucklosen und dünnen Dolch aus seinem Umhang zu ziehen.
    Sheng versuchte verzweifelt und mit aller Macht irgendetwas zu tun, um seinen Gegner endgültig zu übermannen, oder wenigstens die Waffe unschädlich zu machen. Es war ein Tanz aus Angriff und Ausweichen, die beiden Kontrahenden waren mal unter Wasser und dann wieder nicht, wurden vom Schein aus der Tür in grünliches Scheinwerferlicht getaucht und drifteten dann wieder in die Dunkelheit - der Asiate wusste überhaupt nicht mehr wo oben und unten war. Und er spürte überall, wie ihn langsam die Kraft verließ und einfach alles weh tat. Sein Arm, sein Kopf, sein Rücken... nicht zu vergessen die Brust, weil er inzwischen heftig atmen musste und auch immer wieder etwas Wasser geschluckt hatte.
    Und dann durchfuhr ihn plötzlich ein stechender Schmerz, weit größer als all die kleinen Blessuren zuvor. Erst war Sheng nicht klar was passiert war, er fühlte nur das Brennen in seiner Schulter und dass er nicht von der Stelle kam. Er war unter Wasser gedrückt worden, an einen Pickup, der wie die anderen Autos nun in stiller Vergessenheit vom Rost aufgefressen wurde. Aber er konnte sich nicht aufrappeln, weil jede kleinste Bewegung in einem übermannendem Schmerz seiner rechten Seite resultierte. Der Kultist hatte aufgehört zu kämpfen und lächelte ihn einfach nur zufrieden an. Ihre Gesichter waren dicht beieinander.
    Irgendetwas hatte Sheng an der Schulter aufgespießt, das konnte er nun fühlen. Vielleicht ein scharfer, kaputter Teil dieses Gefährts, wahrscheinlicher aber der Dolch, den der Gegner durch seinen Körper in das Blech gerammt hatte - auf jeden Fall etwas, das ihn nicht mehr freilassen wollte. Er fühlte, dass er zu wenig Kraft übrig hatte, um irgendetwas zu tun. Die Klinge aus seinem Körper zu ziehen, und dann mit dieser Qual weiter zu kämpfen und zu schwimmen kam ihm wie ein unüberwindbarer Kraftakt vor. Und sein Feind spürte es auch. Mit einem breiten Grinsen legte er seine Hand auf den Kopf des Bürgermeisters und tätschelte ihn mit einem süffisanten Grinsen. Er verspottete ihn.
    Und plötzlich sah Sheng wieder Georgina vor sich, die ihr ganzes Leben lang nichts anderes gemacht hatte - mit allen. Jeder einzelne Bürger von Shengs Hope hatte dafür bezahlt. Solche Menschen durfte es in der neuen Welt nicht geben. Dieser Mann hier war nicht Georgina selbst, aber er war genau vom selben Schlag. Und Haile, seine tapfere Tochter, hatte sich dem Kampf mit ihrer Schwester gestellt und es offenbar geschafft... jetzt musste er es schaffen.

    Als die siegessichere Gestalt sich vom Boden abstoßen wollte, um zur Wasseroberfläche zu gelangen und Sheng zurückzulassen, griff dieser entschlossen nach dem schwarz behandschuhten Handgelenk. Er legte alles, was er noch hatte, in diese Bewegung. Seine gesamten Hoffnungen, Träume, Erinnerungen und Wünsche lagen in diesem Griff - der Kultist zappelte, schlug und trat nach ihm, aber seine Hand rührte sich keinen Millimeter. Was immer geschah, er durfte nicht loslassen. Wenn er schon hier sterben würde, dann nicht alleine.

    "Ich komme aus dieser Sache nur mit dir gemeinsam wieder raus... oder gar nicht."
    Es tut mir leid.

    ~

    Nachdem Evi ihren Gegner besiegt hatte, stieß sie sich vom Boden ab, um schneller an die Oberfläche zu kommen - am besten in Richtung des Schildes, wo Sheng und der andere Kultist kämpften. Hoffentlich war alles okay, vielleicht war schon alles vorbei und gut ausgegangen, und wenn nicht, dann konnte sie jetzt wenigstens hin und-
    Das was sie sah, als ihr Kopf aus dem Wasser tauchte, unterbrach ihre eigenen Überlegungen abrupt. Da war nichts. Als wäre sie die einzige Menschenseele in dieser nassen, dunklen Halle.
    "Sheng?", rief die Taucherin und die Stille, in der niemand antwortete, raubte ihr beinahe den Atem.
    Unter Wasser. Er musste irgendwo unter Wasser sein - wenn sie ihn nur schnell genug finden würde....
    Ohne einen weiteren Gedanken tauchte sie an der Stelle, wo der Feind ihn vorhin festgehalten hatte und sah sofort, dass es dort nichts zu finden gab. Nicht einmal abgestellte Gefährte aus längst vergangenen Tagen waren in diesem Abschnitt - hier war einfach nur grauer, moosiger Boden, auf dem die weiß aufgemalten Streifen durch das flackernde Licht aus der Tür grünlich schimmerten. Panisch drehte Evi sich im Kreis, ließ den Kopf immer energischer in alle Richtungen schweifen. Die Tiefgarage erschien ihr nun plötzlich riesig, und die schiere Größe mit den Pfeilern, den Autos und sonstigen Relikten aus der alten Welt führte dazu, dass es trotz des hilfreichen Lichtstreifens unendlich viele Bereiche gab, die die Dunkelheit völlig verschluckt hatte.
    Hektisch tauchte Evi in irgendeine Richtung, die ihr am naheliegensten vorkam, aber je weiter sie von der Tür wegkam, desto weniger konnte sie sehen.



    Verzweiflung brach über sie herein und alles in ihr wollte schreien. Sie musste auftauchen und brüllte noch einmal, einfach weil sie nicht mehr wusste, was sie sonst tun sollte. "SHENG!!" Sie konnte ihn nicht finden, sie würde ihn auch nicht finden - nicht schnell genug. Tränen rannen ihr nun über die Wangen und ihr kam vor, ihr lautes Schluchzen würde in der ganzen Garage widerhallen, weshalb die Einsamkeit und Verzweiflung noch heftiger über sie hereinbrachen.
    "Sheng...."

    "Wenn ich nur einen Wunsch frei habe, dann wünsche ich mir.... dass du lebst."

    Etwas weiter links von sich fiel der Taucherin plötzlich etwas Seltsames im Wasser auf. Als würde etwas... blinken. Oder nein, funkeln. Es war nur ganz klein, aber hin und wieder reflektierte etwas das flackernde Licht. Vielleicht nur eine Scherbe, oder ein Glassplitter. Vielleicht aber auch...
    Sie tauchte unter und schoss auf das Glitzern zu.
    Vielleicht aber auch... Eryns Amulett.

    In wenigen Sekunden sah Evi, wie aus dem Funkeln wirklich ein Anhänger wurde, der sanft auf einem Stück Stoff verharrte, das immer mehr Form annahm und schließlich zu einem Körper wurde. Seinem Körper.
    Sie nahm gar nicht richtig wahr, dass darüber noch ein anderer, schwarz gewandeter Mann hing - tot und trotzdem noch im Griff einer Hand, die das einzige zu sein schien, das an dieser Szenerie noch Leben in sich trug.
    Sie sah nur Sheng, dessen Kopf gerade an seine Brust sank und das Amulett, das ihr direkt darunter nun wie ein Strahl der Hoffnung entgegen zu leuchten schien.
    Unwirsch riss Evi den Dolch aus seiner Schulter und ohne auch nur einen weiteren Blick zurück packte sie den Mann, den sie liebte. Ungeahnte Kräfte setzten sich in ihr frei, als sie sich an dem Pickup abstieß, und es kam ihr fast vor als würde sie fliegen, so schnell sah sie den rettenden Ausgang auf sie beide zukommen. Noch nie in ihrem Leben war sie so schnell geschwommen.

    Sie schnellte durch die Tür, konnte Widerstand spüren und hatte plötzlich wieder festen Boden unter den Füßen. Eine Treppe führte von der Tiefgarage, vorbei an überschwemmten Kellerräumen, eine Etage weiter nach oben in das Kontrollzentrum, und beinahe stürzte sie, weil sie Sheng so schnell hinaufschleppen wollte.
    Sobald ihre Köpfe wieder an der Luft waren, begann dieser wild zu husten und besprenkelte die Wände mit Spritzern von Wasser, das in seine Kehle gelangt war. Evi half ihm, sich zu setzen, während er weiter keuchte und wirkte, als würde er sich gleich übergeben müssen.
    Nach einer Weile hatte er sich beruhigt und lehnte sich mit geschlossenen Augen an die Wand.
    "Bist du... ich meine geht es dir...also..." Sheng atmete einmal tief ein, dann lächelte er schwach und antwortete mit immer noch geschlossenen Augen: "Ja." Es war kaum mehr als ein Hauchen, aber Evi wusste, dass es wahr war. Mehr noch - sie wusste, dass es damit geschafft war. Jetzt würde sie nichts mehr daran hindern, diese Türen zu öffnen und dann würde sie nichts mehr daran hindern...

    Überschwenglich fiel die Taucherin Sheng um den Hals und bedeckte sein Gesicht mit Küssen, nur um ihm anschließend wieder fest in die Arme zu schließen. Der Bürgermeister setzte zu einem zufriedenen Grinsen an, verzog stattdessen aber das Gesicht. "Au, hey, nicht so fest, bitte." Er öffnete die Augen, und obwohl er unendlich müde aussah, lag ein stolzer Glanz darin. "Du hast mich wieder gerettet." Evi, die sich nun damit begnügte, über seine Wange zu streichen, weil diese ihm wenigstens nicht weh zu tun schien, schüttelte den Kopf. "Ich hätte das alleine nicht geschafft. Eryn hat mich zu dir geführt." Sie deutete auf die Kette, und auf Shengs fragenden Blick hin lächelte sie sanft. "Später." Sie würden noch alle Zeit der Welt zusammen haben.
    "Denkst du, du kannst aufstehen?" Evi stand selbst auf und streckt dem Bürgermeister eine Hand entgegen. "Wenn es zu anstrengend ist, dann macht das nichts, Hauptsache du hältst durch. Aber es wäre schön, wenn wir die Türsteuerung gemeinsam betätigen würden. Du weißt schon, zusammen die Tore für die Zukunft öffnen..."
    Sie grinste den Mann vor sich an, aber dahinter lag ein Blick voller Liebe und der innigen Gewissheit, dass sie ihn nun immer an seiner Seite haben würde. Nichts konnte sie mehr aufhalten. Das war der erste Schritt ihres restlichen Lebens.
    In Shengs Augen konnte sie sehen, wie sich ihre Gedanken in ihnen spiegelten, denn nun kehrte abermals ein noch größerer Funken als zuvor in sie zurück. Er nickte, als wäre er niemals so bereit gewesen wie in diesem Moment und griff nach Evis Hand.

    Heute heilen wir die Wunden dieser Welt... für den Rest haben wir noch ein ganzes Leben.

    Und so konnten sich die Tore für die Zukunft öffnen.

  11. #11
    "Also schön, wie besprochen - die mit den Schußwaffen decken die Einsatzteams, und der Rest hält sich bereit um den Eingang zu verteidigen, sobald der Tank drin ist. Los!"

    Dem Appell von Jackman folgend machten sich auch Lisa und Morris auf den Weg zu ihrer Einsatzstation. Die beiden waren eingeteilt worden, die Hunde am Pförtnerhaus abzulenken. ‚Na, das kann ja was werden‘ dachte sich die junge Halbdeutsche, als sie von Jackman dafür eingeteilt worden war. Sie hatte zwar in ihrem Leben mit dem einen oder anderen Tier Bekanntschaft gemacht - hauptsächlich wenn sie Sara bei den Hühnern geholfen hatte – aber der große Hundefreund war sie irgendwie nie gewesen. Sie hoffte, dass ihr das nun nicht zum Verhängnis werden würde. Sie sah hinüber zu Morris. Auf seiner Yacht hatte sie ebenfalls noch nie Hunde gesehen, aber wer weiß, wozu der Lebemann so alles imstande war?

    ***



    Etwa eine Stunde zuvor:
    „Ich erinnere mich an eine Geschichte, die meine Mum mir früher erzählt hat. In ihrer Kindheit war sie oft bei ihren Großeltern zu Besuch, dessen Nachbarn einen Hund hatten. Und diesen konnte man wunderbar mit einer Sache ködern: mit Wurst!“ Morris lächelte die 19-jährige an. „Wissen Sie, Miss Schiller, ich denke mit einem guten Stück Fleisch lässt sich so gut wie jedes Lebewesen locken. Was würde ich jetzt für ein gutes Steak tun? Und dazu ein köstlicher Rotwein aus Napa Valley. Kennen Sie die kalifornischen Weine?“ Lisa schüttelte den Kopf. „Oh, das müssen wir unbedingt nachholen. Wenn die Welt wieder ist wie sie einst war, dann feiern wir. Und zwar ausgiebig. Mit Steaks und Wein im Überfluss.“ Bei dieser Vorstellung musste die junge Brünette lachen. Dieser Mann neben ihr war einfach unverbesserlich. „Und vielleicht schafft es ihre liebe Mutter ja dieses Mal uns Gesellschaft zu leisten?“ fügte er mir einem Seitenblick auf Juliane hinzu, die sich ein paar Meter weiter gerade bereit machte sich zusammen mit den Skypeople und den anderen nicht kampffähigen Bewohnern aus Sheng‘s Hope in Sicherheit zu bringen. Neben ihr konnten sie den kleinen Thomas, Franks Sohn, erkennen. Hoffentlich würde er nicht zum Waisen werden, jetzt wo Silvia sich ebenfalls zum Einsatz gemeldet hatte. Lisa nickte. „Ja, ich glaube diese Erfahrung hier hat sie ein wenig aufgerüttelt. Es scheint ihr gut zu tun wieder unter Menschen zu sein, auch wenn sie selbst das noch nicht wahrhaben möchte.“ Sie hielt kurz inne und lächelte. „Ach, und noch eine Sache: Bitte nenn‘ mich Lisa.“ „In Ordnung, Lisa.“ Er stand auf, klopfte sich – mehr symbolisch, als dass es wirklich etwas brachte – den Dreck von der Hose und hielt ihr seine rechte Hand hin um ihr ebenfalls aufzuhelfen. „Dann wollen wir uns mal um die werten Wauzis kümmern.“

    ***

    Wurst hatten sie leider keine auftreiben können, allerdings war auf ihrem Vorratswagen immer noch eine beträchtliche Anzahl an Konservendosen vorhanden. Diese Nudeln in Fleischsoße wollten einfach nicht ausgehen; eine wahre Goldgrube die Lancaster da für sie aus dem Bauch der Ahladita geborgen hatte. Und was ihnen schmeckte, konnte doch für Hunde ebenfalls nicht schlecht sein. Darüber hinaus war es Morris gelungen noch ein Stück Fleisch vom Lagerfeuer der Vultures abzugreifen. Für Lisas Geschmack war es zwar etwas zu kross geworden, doch es verströmte nach wie vor den verlockenden Duft von gegrilltem Fleisch. Als Köder sollte es daher perfekt geeignet sein.

    Nach einem letzten Nicken zu den anderen Teams – Ranger und Enigma, Evi und Sheng sowie Hugh Jackman, Léo, Blades und Pray Vulture – mit dem sie sich gegenseitig noch einmal viel Erfolg wünschten, schlichen die beiden nun also vorsichtig in Richtung des Pförtnerhäuschens. In Lisas Leinenbeutel klapperten die Konservendosen mit ihrem Kochgeschirr aneinander. Dass dieses einmal so wichtig wurde, dass es eine Daseinsberechtigung über die simple Essenszubereitung für sie selbst hinaus erhielt… Hätte man ihr das bei dem Aufbruch aus Sheng’s Hope gesagt, sie hätte denjenigen für verrückt erklärt. Aber nun galt es ein „Festmahl“ anzurichten für diejenigen, die sie zu diesem Zeitpunkt noch daran hinderten Adam zu seinem letzten Bestimmungsort zu bringen: die Hundehorde, welche schon seit Jahren vor dem Pförtnerhaus herumstromerte und den Haupteingang bewachte. ‚Wie sie wohl all die Jahre überlebt haben mochten?‘ Sie wollte an die Antwort auf diese unausgesprochene Frage lieber nicht denken. In jeden Fall mussten sie reichlich ausgehungert sein.

    Sie schlichen sich von der Seite an das Pförtnerhaus an und gingen neben der Wand hockend in Deckung. Lisa deutete Morris mit dem Zeigefinger an leise zu sein, damit sie nicht zu früh die Aufmerksamkeit der Tiere auf sich zogen. Den Atem anhaltend holte sie nun also Topf, Pfanne und Teller aus ihrer Tasche und drapierte diese so geräuschlos wie möglich vor sich auf dem Boden. Es folgten die Konservendosen und mit ihrem Messer stemmte sie die Ravioli-Dosen vorsichtig auf, eine Verletzung aufgrund des scharfkantigen Randes der Dose und des Deckels wollte sie nun nicht riskieren. Der Duft nach Tomatensoße stieg ihr in die Nase als sie die erste Dose öffnete und diese mithilfe von ihrem Löffel in dem alten Kochtopf entleerte, welcher nun als Futternapf herhalten musste. Geübt öffnete sie gleich darauf die zweite Dose, dessen Inhalt seinen Weg in den zweiten Napf, die Pfanne, fand. „So Jungs, es ist angerichtet“ flüsterte sie und wagte einen Blick um die Ecke des Gebäudes. Und da waren sie, nur wenige von ihnen Meter entfernt: 4 große Hunde mit dunklem Fell. Lisa konnte nicht sagen, um welche Rasse es sich handelte, aber sie wirkten nicht unbedingt wie liebe flauschige Kuschelhunde. Zwei von ihnen saßen mit aufmerksamen Blicken Richtung Haupteingang gewandt und knurrten gelegentlich leise vor sich hin, die anderen beiden liefen hinter ihnen her, immer im Wechsel, von links nach rechts und von rechts nach links. Auch sie wirkten so, als ob ihnen nichts entgehen würde, sobald sich etwas in ihre Nähe begab.
    „Los, das Fleisch“ zischte sie zu ihrem Partner hinüber und Morris reichte ihr die Reste der Vulture-Grillparty. In geduckter Haltung, das Steak in der rechten Hand in Bodennähe haltend, ging sie nun langsam auf die Hunde zu. „Hallo ihr, Hundis!“ rief sie ihnen mit sanfter Stimme entgegen. „Schaut mal, was ich leckeres für euch habe!“



    Von einer Sekunde auf die andere hatten Lisa den Blick von 4… was waren es, Dobermänner? Rottweiler? Oder etwas ganz anderes? In jedem Fall nicht gerade ungefährliche Hunde… auf sich vereint. „Guck guck.“ Sie wedelte mit dem Fleischstück in ihrer ausgestreckten Hand. WUFF! WUFF! Einer der vier gab ein lautes Bellen von sich, dann jedoch kamen sie neugierig schnüffelnd auf das Mädchen zu und der erste, der bei ihr ankam beleckte hungrig das Fleisch. „Ja, das ist lecker, nicht wahr?“ köderte sie Lisa weiter. „Kommt mit, ich habe noch mehr“. Langsam immer weiter zurück gehend schaffte sie es so die Hunde um die Ecke hinter die Seitenwand des Pförtnerhäuschens zu locken, von welcher aus der Haupteingang nicht mehr frei einsehbar war. „Schaut mal, was ich hier habe…“ Sie lotste die Hunde mit Hilfe des Fleisches zu den beiden zuvor vorbereiteten „Futternäpfen“ mit den Ravioli. Das Fleisch legte sie auf den Teller daneben. „Und nun lasst es euch schmecken.“

    Ihr Plan schien aufzugehen. Der erste der vier, der auch zuvor schon an dem Fleisch geschnuppert hatte, widmete sich sogleich dem Teller, während die anderen drei sich Topf und Pfanne zuwendeten. Die Ravioli schienen ihnen zu schmecken und Lisa atmete kurz erleichtert aus. Lächelnd drehte sie sich zu Morris um: „Ich hoffe nur, die Zeit reicht für die anderen um ohne Gefahr ins Gebäude rein zu kommen.“ „Das hoffe ich auch“ entgegnete ihr dieser mit einem Lächeln, welches jedoch kurz darauf erstarb und Panik sich auf seinem Gesicht breit machte. Ruckartig drehte die 19jährige sich um und sah auch direkt das Problem, welches sie nicht bedacht hatte: insgesamt vier große Hunde auf nur drei verhältnismäßig kleine Futterstellen war weniger optimal. Dies hatte zur Folge, dass einer leer ausging und dieser kam nun knurrend und Zähne fletschend auf die beiden Siedler zu. „Nun tu schon was!“

    ***

    „Mum ist wohl früher auch immer mit dem Nachbarshund um die Wette gelaufen“ führte Lisa ihre Erzählung aus Julianes Kindheit fort, als die beiden auf dem Weg vom Golfplatz zu ihrem Einsatzort vor dem Forschungszentrum waren. „Und manchmal hat sie auch nur so getan. Der Hund war wohl ziemlich dämlich und so einfach hereinzulegen. Sie sagte immer „Komm, wir laufen um die Wette“ und brauchte nur zwei Schritte in eine Richtung machen und schon lief der Hund durch den halben Garten.“ Bei dem Gedanken daran musste sie laut lachen. „Sie hatte immer einen Heidenspaß dabei, und anscheinend gefiel es dem Hund auch, obwohl sie ihn so oft veräppelte.“ Auch Morris fiel in ihr Lachen mit ein. „Das klingt nach einer tollen Kindheit, die deine Mutter hatte. Lisa, ich wünsche dir sehr, dass deine Kinder auch wieder in einer solchen unbeschwerten Zeit aufwachsen dürfen, in der Wettläufe rein aus Spaß stattfinden und nicht um sein Leben zu retten.“ „Ich werde alles dafür tun was nötig ist.“

    ***

    Die junge Brünette drückte sich angsterfüllt mit dem Rücken an die Wand und sah den ehemaligen Banker hilfesuchend an. Nun war es also an ihm seinen Teil dazu beizutragen, dass seine geliebte alte Welt auch die neue Welt wurde. „Hey, Lust auf einen kleinen Wettlauf?“ sprach er den auf sich zukommenden Rüden an und deutete zwei Schritte nach rechts, weg von Lisa und weg von den anderen drei Hunden, an. Wuff! Wuff! Morris war sich nicht sicher, wie er die Antwort zu deuten hatte, aber das wichtigste war, dass er ihn sowohl von der jungen Lisa als auch vom Haupteingang des Forschungszentrums fern hielt. „Los, komm mit. Wir laufen ein bisschen.“ Er ging weiter und der Hund schien ihm zu folgen. Als er dann zum Laufen ansetzte, legte auch das Tier an Geschwindigkeit zu und war mit nur wenigen Sätzen bereits an ihm vorbei gesprintet. ‚Wunderbar, es funktioniert. Wie früher bei der jungen Juliane Schiller.‘ Ein Grinsen huschte über das Gesicht des Lebemannes. Er würde Lisas Mutter definitiv zum Essen einladen müssen.

    WUFF!

    Anscheinend war der Wachhund hier jedoch nicht so leicht auszutricksen wie damals der kleine Mischling der Nachbarn von Juls Großeltern. Sobald er bemerkt hatte, dass der Mann nicht mitgelaufen war, drehte er sich um und kam knurrend zu ihm zurück. 'Ok, anscheinend wird das doch nicht so einfach. Dann muss ich wohl auf meine alten Tage mich tatsächlich noch einmal sportlich betätigen.' Und als ob sie seine Gedanken lesen konnte, rief ihm Lisa in diesem Moment zu: „Lauf, Morris, lauf!“ So nahm er also seine Beine in die Hand und lief los, der Kläffer hinter ihm her. Zunächst nur auf der kleinen Fläche neben dem Pförtnerhaus im Kreis, da ihn jedoch sein Verfolger immer wieder einholte und weiterhin gefährlich vor sich hin knurrte, beschloss er bald seine Runde auszuweiten.

    Nur darauf bedacht, den Hund irgendwie von allem anderen abzulenken achtete er jedoch nicht wirklich darauf wo er langlief. Und so sah er sie auch nicht: eine große mit einer schwarzen Kutte bekleideten Gestalt, welche es offensichtlich an den Angriffswellen der Vultures sowie ihrer anderen bewaffneten Freunde aus Sheng's Hope vorbei geschafft hatte und seine Waffe auf den Lebemann gerichtet hatte.

    ***



    PENG!

    Lisa hörte den Schuss der Pistole. Um genau zu sein hörte sie schon seit etlicher Zeit jede Menge Schüsse, die meisten jedoch stammten vom Kampffeld, mehrere hundert Meter von ihnen entfernt. Und auf eine gewisse Art und Weise hatte ihr dies immer ein beruhigendes Gefühl gegeben. Denn es bedeutete, dass der Kampf noch in vollem Gange war, dass ihre Freunde und Verbündete noch am leben waren. Die Hoffnung, dass ihr heutiges Vorhaben gelingen würde, dass sie die Welt verändern könnten. Doch dieser eine Schuss war anders. Er kam aus ihrer direkten Nähe. Panisch blickte sie sich um. 'Morris!' Und da war er, ungefähr 10 Meter von ihr entfernt war er stehengeblieben, starrte sie mit großen Augen an und packte sich mit beiden Händen auf seine linke Brust. Der Hund, mit welchem er eben noch um die Wette gelaufen war, war ebenfalls stehen geblieben und blickte ihn nur noch winselnd an. „Morris!“ Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden lief Lisa zu ihm hinüber und als sie ankam, sank dieser vor ihr auf die Knie. „Scheiße, Morris! Los, komm hoch. Wir müssen dich ins Lazarett bringen.“ Doch Morris schüttelte den Kopf, hob die Hände von der Brust und offenbarte seiner jungen Mitstreiterin die große klaffende Wunde, welche die Waffe des Kultisten mitten in sein Herz geschossen hatte. „Nein, Lisa. Ich schaffe es nicht mehr.“ „Aber...“ Die gerade einmal 19 Jahre alte junge Frau wusste nicht, was sie tun sollte. Es hatten sie zwar schon einige Menschen aus ihrem Umfeld verlassen, doch noch nie war sie direkt dabei, wenn einer starb. Die Situation überforderte sie und Tränen liefen an ihren Wangen herunter. „Bitte, lass mich nicht alleine.“ „Lisa, du bist noch jung. Los, bring dich in Sicherheit und sorge für den Fortbestand der Menschheit.“ Lisa schniefte. „Danke für alles.“ verabschiedete sie sich und wollte sich, schweren Herzens, denn wirklich wohl war ihr nicht dabei ihn einfach so hier liegen zu lassen, zum gehen aufmachen, als er noch ein letztes mal nach ihrer Hand griff. „Bitte grüß deine Mutter von mir.“ flüsterte er ihr zu, bevor er für immer seine Augen schloss. Lisa nickte entschlossen. „Ja, das werde ich tun.“

    Und so rannte sie los um ja nichts dazwischen kommen zu lassen ihm diesen letzten Wunsch zu erfüllen.

  12. #12
    Vor ihnen stand der Ort ihrer letzten Schlacht. Die Mother Earth Labs.
    Léo umklammerte den Griff der Waffe, welche Hju ihr gab. Das alte, leicht rostige Gewehr an dessen Spitze das festgetapte Survivalmesser prangte, lag schwer in ihren Händen.
    Das hier war alles was sie wollte. Die letzten 20 Jahren hatten sie hart genug gemacht um diesen Moment zu erleben.
    Die größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte endgültig besiegen. Die Fehler der selbstgerechten und selbstsüchtigen Idiotas gerade biegen... wenn sie es schon nicht schaffte sie für ihre Taten bluten zu lassen.

    Blades und Pray schoben den Sarg gemeinsam vor sich her während Léo die Führung übernahm und Hju der Gruppe den Rücken freihielt. Vor ihnen erstreckte sich ein dunkler Gang, grau in grau und jede Lichtquelle so tot wie das Land um sie herum.
    In der Dunkelheit konnten sie zahlreiche Kabelstränge ausmachen, teils offen liegend doch ohne Stromzufuhr.
    Doch ihnen war klar, dass dies nicht so bleiben würde. Enigma und Ranger würden die Solarpanels wieder reparieren und dann würde der gesamte Komplex wieder Strom haben. Es würde Licht geben, die Computer würden funktionieren... und die offenen Kabel hätten wieder genug Saft jede Berührung sehr schmerzhaft zu machen.

    Zusammen steuerten sie auf einen zusammengestürzten Gang zu. Léo sah sich die Wand genauer an und fand an den Wänden verteilt überall kleine Löcher.
    Schrapnellsplitter aus einer Handgranate. Hunderte Löcher hatten sie sich tief in die Wände gesucht und vermutlich den Gang zum Einsturz gebracht. Hier hatte anscheinend das Sicherheitsteam mit allen Mitteln versucht die Zombies abzuwehren und dann waren diese Penner nicht einmal erfolgreich.

    "Warum... muss... dieses... Ding... so... schwer... sein"
    "Dios mio, hoffentlich beschwert sich dieses Kind nicht alle 5 Minuten"

    Léo lies ihre Gedanken dieses eine Mal unausgesprochen. Es gab keinen Grund so kurz vor der Zielgeraden noch einen Streit zu haben. Denn von denen, hatte sie in den letzten Stunden echt genug gehabt.

    Urplötzlich und ohne Vorwarnung knallte es innerhalb des Ganges mit einem mörderischen Krachen. Die Kabel die vorher noch so ruhig in der Luft hingen zuckten teils durch die Luft und nur wenige Sekunden später, sprangen auch nach und nach die letzten verbliebenen Lampen an.



    Der Komplex wurde in ein steriles, kaltes Licht getaucht. Erst jetzt wurde allen klar wie lange diese Ruine hier schon vor sich hin gammeln musste.
    Alles war von einer dicken, schmutzigen Staubschicht bedeckt. Decken, Böden, sogar die Kabel die aus den Decken hingen waren von einer gräulich-braunen Schicht bedeckt.

    "Heilige Scheiße, so schlimm sah es ja nichtmals unter meinem Sofa aus."
    "So schlimm sieht es nichtmals bei uns im Dorf aus... und wir wohnen in einem Dschungel"

    Pray hustete leicht und fing an den Sarg weiterzuschieben, hinterließ dabei eine deutlich sichtbare Spur am Boden.

    Léos Gedanken rasten bei Prays Bemerkung um das Dorf der Vultures. Um den Dschungel an der Grenze Mexikos. Um die Ansprache von Seeker.
    Sie würde ihr Wort halten. Wenn sie hier lebend rauskam, dann würde sie den Clan anführen und durch die kommenden unruhigen Jahre bringen.

    Ihr Weg führte die Gruppe um eine weitere Biegung an deren Ende ein weiterer eingestürzter Gang lag. Alles war hier einfach nur der Bach runtergegangen.
    Wortlos folgten sie dem einzigen Weg den sie nehmen konnten. Geradeaus und dann um eine weitere Biegung herum.
    Da lag sie vor ihnen. Die Schleuse.

    Eine milchige Glasscheibe hinter denen sich zahlreiche Schatten tummelten. Schon von hier konnten sie mindestens Sieben der Untoten ausmachen, einige davon sehr deutlich andere waren fast kaum zu erkennen.
    Léo war sich für ihren Teil sehr sicher, dass dort noch einige mehr von den wandelnden Toten befinden mussten.
    Doch auch wenn die Situation echt beschissen aussah, so erinnerte sie sich doch an das was ihre Abuela ihr oft sagte.

    "Querer es poder (Wollen ist können)"

    Auf eines konnten sich die verfaulten Ärsche gefasst machen. Léo wollte und würde ihnen den Arsch aufreißen.

    Pray und Blades schoben Adams Sarg die letzten Zentimeter vor die Schleuse während Hju zu ihr aufschloss. Die Pistole ihres Papá. Von einem Mann den sie liebte, zum nächsten.
    Es erfüllte sie mit Stolz, dass eine Art... Erbstück, nun eine Verwendung fand.
    Léos hielt ihre Waffe locker in der Linken. Sie stand direkt neben der Konsole welche die Schleusentüren öffnen würde.
    Mit einem einzigen Knopfdrück würde hier gleich die Hölle losbrechen. Sie konnte nur versuchen zu erahnen wieviele dieser verfluchten hijos de putas hinter den Türen lauerten.

    "Wehe du überlebst das nicht cabrón."
    "Sonst was? Folgst mir in die Hölle und prügelst meinen Arsch persönlich aus den Händen des Teufels?"
    "Nein, aber es wird ganz schön schwer wer deinen Arsch hier überhaupt rauszukriegen wenn du krepierst. Ich will keine Schaufel in die Hand nehmen müssen..."
    "Der Herr wird uns führen. Unter seinen schützenden Händen werden wir sein Werk vollbringen..."

    Blades nickte Pray zustimmend zu. Was war mit den beiden los? Seit wann hatten die beiden eine religiöse Erleuchtungskiste am laufen?
    Was auch immer es war, Léo hatte kein Interesse nachzufragen. Jetzt würden faulige Ärsche verprügelt.

    "Dann gehts jetzt los."

    Mit diesen Worten hämmerte Léo mit ihrer Faust auf den Knopf der Konsole. Ein lautes Zischen strömte den Vieren entgegen und dann öffnete sich die Schleuse.



    Als sich die Schleuse öffnete blickten sie in die Gesichter von 5 Zombies. Allesamt in Schutzausrüstung die an einigen Stellen zerbissen waren.
    Natürlich mussten sie direkt in die Arme des verdammten und nutzlosen Sicherheitspersonals laufen.
    Léo hörte nur seitlich neben sich wie Hju seine Waffe durchlud und sich bereit machte den ersten dieser Bastarde umzunieten. Jetzt musste sie ihm zeigen wer hier die Hosen anhatte. Den Ruhm des ersten Schlages würde sie sich nicht nehmen lassen.

    Sie packte das Gewehr und ging einen weiten Schritt nach vorn. Geschickt ging sie in die Hocke, duckte sich unter den greifenden Armen des ersten Zombies weg und stach mit dem improvisierten Bajonett nach oben.
    Sie konnte genau den Widerstand spüren der schnell nachgab. Ohne größere Probleme schob sich das Kampfmesser durch den Hals des Zombies, weit hinauf in seinen Schädel und nur eine Sekunde später hing ein lebloser Kadaver auf ihrer Waffe.

    Es löste sich der erste Schuss, doch Léo war bereits mit ihrem nächsten Feind beschäftigt. Mit einem kraftvollen Ruck drückte sie sich wieder nach oben. Der leblose Körper hing immer noch aufgespießt auf der selbstgebauten Lanze und sollte nun als zusätzliches Gewicht für einen saftigen Schlag dienen.
    Sie nutzte den Schwung aus ihrer Bewegung und führte die verlängerte Waffe nach rechts. Erwischte gleich den nächsten Untoten mit ordentlich Schmackes.
    Der verrottete Körper knallte mit einem unschönen Schmatzen und Knacken gegen die Wand und glitt daran zu Boden.
    Doch das zusätzliche Gewicht des toten Sicherheitspersonals am Ende ihrer Waffe machte ihr zu schaffen. Nur für einen kurzen Moment ließ sie das Gewehr sinken, hielt den Gewehrkolben allerdings immer noch fest in den Händen. Direkt von links näherte sich bereits die nächste wandelnde Leiche und Léo musste improvisieren.
    Sie ließ den geifernden Zombie immer näher kommen bis sich dieser auf sie stürzen wollte. Erneut tauchte sie unte. Entging den gierigen Armen des Untoten nur um dann den Kolben mit aller Kraft nach oben zu schmettern. Das splitternde Knacken als sie den Schädel wie eine reife Kokosnuss knackte ließ sie erzittern, aber immerhin... einer weniger.

    Währendessen lösten sich neben ihr weitere Kugeln aus dem Lauf der Pistole. Es lief bisher wirklich gut. Pray und Blades konnten ungestört den Sarg nach vorne schieben während sie und Hju ihre Flanken deckten.
    So schoben sie sich Meter für Meter weiter, wie eine Planierraupe die alles was ihr in den Weg kam platt walzte.
    Doch die Anstrengung hatten ihre Preis.



    Léos Muskeln brannten wie Feuer und die Untoten schienen kaum ein Ende zu finden. Egal wie viele sie von ihnen endgültig töteten. Dahinter schienen gleich zwei weitere aufzutauchen, mit gierigen Mäulern nach ihrem Fleisch schnappend.

    Sie stach dem nächsten Ungeheuer das Messer in die Brust als das Unglück passierte.

    Zuerst merkte sie es kaum. Doch als ihre Augen die Informationen verarbeitet hatten war es bereits zu spät.
    Der Lauf des Gewehres gab ein hässliches Knacken von sich als sich der Zombie vor ihr auf die Waffe fallen ließ und mit einem unerwarteten Ruck brach der Gewehrlauf entzwei.
    Instinktiv wanderten ihre Hände zu der Sichel von Seeker die noch immer an ihrem Gürtel hing doch trotz der Eile war sie einfach nicht schnell genug.
    Es reichte dieser eine Moment. Die kurze Unaufmerksamkeit genügten den wartenden, hungrigen Untoten um nach vorn zu stürzen. Zusammen mit dem Gewicht ihres endgültig verstorbenen Kameraden drückten sie sich nach vorn.
    Léo spürte wie sich der tote Körper an sie presste und die Masse an Untoten sie ins Straucheln brachte. Sie fand keinen Halt, nichts zum greifen, nichts zum festhalten. Hinter ihr lagen einfach nur tote Körper die ihren Fall bremsten.



    Sie hörte das Schnappen der Kiefer.
    Sie roch den fauligen Atem.
    Sie spürte den feuchten Speichel.
    Doch vor allem spürte sie das Gewicht von einem halben Dutzend Zombies welche sich über sie schoben und unter sich begruben, die Welt um sie herum verdunkelten... und dann würde des schwarz um Léo.
    Sie hörte nur noch ein dumpfes Rufen. Immer wieder das selbe Wort.

    Sie hatte sich nicht einmal verabschieden können.

    Geändert von Gendrek (03.12.2015 um 22:29 Uhr)

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