Hundert Jahre sind vergangen, seit die Sonnengöttin Amaterasu in Gestalt der weißen Wölfin Shiranui den achtköpfigen Dämon Orochi bezwang und dabei ihr Leben ließ. Nun ist Orochi wiederauferstanden – bereit eine neue Schreckensherrschaft über Nippon zu bringen. Glücklicherweise wird auch Amaterasu wiedergeboren, die sich ihm – bar ihrer Macht, aber unterstützt vom großmäuligen Waldgeist Issun – erneut entgegenstellt. Doch ihr Kampf gegen Orochi markiert erst den Beginn einer langen Reise, denn in der Finsternis lauern noch weit gefährlichere Feinde…
Hätte man nur einen einzigen Satz, um Okami zu beschreiben, so müsste er meiner Meinung nach lauten: Okami ist ein Kunstwerk.
Durch seine spezielle Graphik, die an alte japanische Tuschezeichnungen erinnert, ist das ganze Spiel eine wahre Augenweide. (Dabei bin ich normalerweise für diesen urtümlichen Stil überhaupt nicht zu haben.) Egal, ob es sich um die Umgebung, die Figuren oder die Monster handelt – alles verströmt diesen besonderen Charme, als wären wirklich Pinselstriche am Werk gewesen, wodurch der Eindruck eines riesigen interaktiven Gemäldes entsteht.
Dazu kommt ein Hang zu z. T. verrückten Details, der sich explizit beim Design der Charaktere zeigt (diverse Kopfbedeckungen sprechen eine eindeutige Sprache). Dass die Leute wie in Wind Waker im Gegensatz zu den Beinen einen viel zu langen Oberkörper haben, fällt dabei kaum ins Gewicht, sondern fügt sich ohne Weiteres ins Gesamtbild ein.
Eine weitere Stärke von Okami ist die überaus intuitive Steuerung, die – abgesehen von Kleinigkeiten – sowohl im Kampf als auch bei anderen Tätigkeiten (Erkunden, Sidequests…) flüssig von der Hand geht. Speziell bei der Version für die PS2 verdient die Steuerung des Göttlichen Pinsels Extrapunkte, da sie fast immer Fehler durchgehen lässt und nicht allzu penibel auf unsaubere Linien reagiert. (Ich hatte vor Jahren mal die Wii-Variante angetestet und bin kläglich am Training mit Susano gescheitert, weil meine horizontalen Striche scheinbar partout nicht gerade genug waren.)
Musikalisch hat das Spiel ebenfalls einiges zu bieten, wobei meine erklärten Highlights die Stücke sind, die gespielt werden, wenn man die Wächtersprösslinge regeneriert hat und sich die Natur über die verfluchten Zonen ausbreitet (beste Version: Great Divine Intervention ). Gänsehaut pur, aber macht mit dazugehörigen Szene-Schnipseln natürlich noch viel mehr Spaß!![]()
Ansonsten finde ich die folgenden Themes nicht übel (ohne Reihenfolge): Issun’s Theme , The Curse (diese creepy Mönchsgesänge…), Tama’s Theme , Ida Race , Digging Deeper, Bow-Wow , Ezofuji Wawku Shrine , Battle With The Twin Demons Lechku & Nechku und Reset .
Was ich besonders an Okami mag, sind die vielen Mythen und Legenden, die in Form von bestimmten Charakteren, Monstern, Orten und Begebenheiten ihren Weg ins Spiel gefunden haben. Seien es der Drachenpalast, Urashima, Neunschwanz, Tengus, die Pinselgötter aka der östliche (chinesische) Tierkreis, Kaguya… - dieses Sammelsurium an traditioneller Folklore finde ich absolut fantastisch! Vor allen Dingen wird damit noch stärker unterstrichen, dass die ganze Geschichte im alten Japan spielt.
Neben allen bisher aufgeführten Punkten darf keineswegs vergessen werden, dass man in Okami unglaublich viel zu tun hat! Die zu bereisende Welt ist riesig und wartet sowohl im Rahmen der Handlung als auch abseits davon mit einem wahren Füllhorn an Aufgaben auf: im Großen und Ganzen natürlich Glück an jeder Ecke sammeln zum Steigern der Attribute, Minispiele (Angeln, Wettrennen, Graben…), Monsterlisten abarbeiten, Erlernen neuer Techniken, Tiere füttern…
Unterstützt wird das Ganze noch vom guten alten Zelda-Feeling, da man oft mit neuen Pinseltechniken oder Ausrüstungsgegenständen im Gepäck das Geschehen erst einmal links liegen lassen und sich um vorher unerreichbare Orte oder anderen Kram kümmern kann.
Dass das Spiel nicht über eine Sprachausgabe verfügt und die Personen nur Pseudo-Gesabbel von sich geben, stört mich absolut nicht. Ehrlich gesagt finde ich es sogar ziemlich niedlich.
Anders verhält es sich dagegen mit der deutschen Übersetzung: Der Grundton der Gespräche wird meiner Meinung nach trotz stellenweise neumodischer Wortwahl (Waka, Issun) recht gut getroffen. Was mich allerdings nervt, sind die zahlreichen Rechtschreib- und Grammatikfehler, die sich durchs komplette Spiel ziehen, wobei die kontinuierliche Kleinschreibung des Wortes ‚Menge’ und diverse nicht vorhandene Deklinationen die gröbsten Schnitzer sind. Beim nächsten Durchgang sollte ich wirklich mal auf Englisch spielen, um zu gucken, ob da auch so rumgeschludert wurde.
Der Humor ist in den meisten Fällen tatsächlich lustig – speziell bei den Pinselgöttern könnte ich mich jedes Mal wegschmeißen, da eigentlich jeder von ihnen irgendeinen Spleen hat.
Issuns Kommentare bezüglich Frauen finde ich hier und da nicht ganz so toll. Besonders bei Rao nimmt sein Macho-Gehabe überhand und reduziert sie selbst in der Anrede auf zwei gewisse körperliche Attribute. (Und ja, ich weiß, dass ihr Design und ihre Hintergrundmusik genau das implizieren. Aber Sprüche wie „Ich kann die beiden nicht mehr weinen sehen.“, wenn Rao direkt vor ihm steht, sind schon extrem… triebgesteuert.)
Wie bereits erwähnt, liebe ich Okami trotz kleinerer Fehler abgöttisch und es hat seit Jahren einen festen Platz in meinem persönlichen Olymp der Spiele. Das Einzige, was mich wurmt, ist, dass es nie einen Nachfolger gab, der den Namen auch verdient hätte. Okamiden ist ganz niedlich, aber für mich ist es nur ein Spin-Off und somit Meilen von einem würdigen Sequel entfernt. Dabei hätten mich Amaterasus Abenteuer auf der Göttlichen Ebene brennend interessiert und ich bin mir sicher, dass man diese ebenso umfangreich hätte gestalten können wie das, was man in Okami von Nippon gesehen hat. (Und vielleicht hätte es eine Erklärung dafür gegeben, warum vom ‚verhassten Mond-Volk’ gesprochen wurde…) Schade drum…
BTW: Hat der Geist Raiden, der in Sei-an nachts neben einem Baum schwebt, eigentlich irgendeine Daseinsberechtigung? (Abgesehen von der Tatsache, dass er bei der Jagd auf Hayazo möglicherweise als Blitzquelle dienen könnte?)
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Und wie versprochen läuft Okami außerhalb der Challenge. Aber es war wieder soooo herrlich...![]()