Eine finstere unbekannte Macht giert nach dem Heiligen Silberkristall. Aus diesem Grund erweckt sie Beryl, die vier Generäle und diverse Youma wieder zum Leben, um sie nach Gutdünken zu manipulieren und auf die Sailorkriegerinnen zu hetzen. Nephrite, der einst in Narus Armen starb und Sailor Moons wahre Identität kennt, gelingt es sich aus dem Bann zu befreien und flüchtet in die Welt der Menschen, um Bunny und ihre Freundinnen zu warnen. Wohl wissend, dass ihm die anderen drei dicht auf den Fersen sind und dass ein Sieg Sailor Moons ihn und alle anderen erneut zum Tode verurteilen würde...
Bishoujo Senshi Sailor Moon aka Pretty Soldier Sailor Moon (ja, das Ding hat keinen feschen Spezialtitel, sondern heißt schlicht wie die Serie) ist eine Visual Novel aus dem Jahre 1994 für den / die / das PC Engine Super CD-ROM². Erzählt wird eine eigens für das Spiel geschriebene Story, die an den Anime anknüpft und zeitlich nach den Ereignissen mit Anne und Ail sowie vor dem Auftauchen der Familie des Schwarzen Mondes einsetzt. (Mit Anime meine ich natürlich die ursprünglichen fünf Staffeln. An Crystal war zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht zu denken.)
Die Übersetzer haben zwei verschiedene Versionen herausgebracht: In einer wurden gängige Begriffe wie Silberkristall und Sailorkriegerinnen sowie Hintergrundschriftzüge ins Englische übersetzt und auf Namenssuffixe verzichtet, während die andere Variante auf das japanische Gesamtflair setzt. (Kurioserweise wurden Bezeichnungen wie Youma auch in die erste Option integriert.)
Der Spieler kann zu Beginn aus fünf verschiedenen Handlungssträngen wählen (Bunny und die Inner Senshi), die sich gerade in der Anfangsphase an manchen Stellen deutlich von den anderen unterscheiden, dann aber bei allen auf den finalen Kampf hinsteuern. Dabei wird in der linken unteren Ecke immer das Porträt des Mädchens angezeigt, das man gerade spielt – selbst dann, wenn z. B. Rückblenden aus der Sicht anderer Personen ablaufen. Jeder Pfad dauert grob über den Daumen gepeilt anderthalb bis zwei Stunden und kann ohne Vorbedingungen in freier Reihenfolge gewählt werden.
Während Bunnys Route im Großen und Ganzen der Haupthandlung folgt, haben die anderen vier noch meiner Meinung nach unwichtige und vernachlässigbare Nebenhandlungen verpasst bekommen: Ami muss sich vor einem Stalker / Verehrer in Acht nehmen, Rei hat eine selbsternannte Rivalin an der Schule, Makoto trifft eine jüngere Schülerin, die sie erst vor Rowdys und einen Tag später vor einem Youma retten muss und Minako freundet sich mit einem kleinen Mädchen an, mit dem sie Zeit in einem Vergnügungspark verbringt. Ehrlich gesagt fand ich diese Abschnitte total uninteressant, obwohl ich bei Makoto schon ein wenig lachen musste, weil die Schülerin sich prompt in sie verknallt.
Wie bei einer Visual Novel üblich, stolpert man alle naselang über jeweils drei Auswahlmöglichkeiten, die das aktuelle Geschehen (Gespräch, Kampf etc.) in eine bestimmte Richtung dirigieren. Dazu ist zu sagen, dass in BSSM keine grundsätzlich falschen Antworten existieren und es somit auch kein Game Over gibt – irgendwie geht’s immer weiter.
Dummerweise klaffen in manchen Passagen - je nachdem, für welche Antwort man sich entscheidet – diverse Logiklücken oder es werden (kleinere) Szenen übersprungen, die fürs Gesamtverständnis eine gewisse Rolle spielen. (Ein- oder zweimal hatte ich auch das Gefühl, dass die zeitliche Abfolge nicht ganz stimmte.)
Beispielsweise ließ ich Bunny auf ihrer Route hinter Naru herschleichen, während die übrigen Charakterstränge darauf bauen, dass sie mit Rei und Minako in die Spielhalle geht. Später taucht sie mit Mamoru und Umino bei Naru auf. Spielt man nun Makotos Pfad, wird selbstverständlich vorausgesetzt, dass das burschikose Mädchen ebenfalls mitkommt – eine Option, die bei Bunny entweder gar nicht auftaucht oder durch meine Entscheidungen verhindert wurde.
Der Visual Novel-Anteil wird an einigen wenigen Stellen von anderen Mechanismen ersetzt. So muss man Ami zweimal durch eine Art Häuserlabyrinth steuern und durchnummerierte Ziele einsammeln, während ihr jemand auf den Fersen ist; Rei soll sich in einer Sportart mit ihrer Konkurrentin messen, was auf stupides Dauerfeuer-Tastendrücken hinausläuft; Makoto bekommt einen klassischen rundenbasierten RPG-Kampf, in dem einfach nur stur der Angriffsbefehl gewählt werden muss und Minako versucht sich in der Spielhalle am Puppen-Kran-Angeln, wofür man ebenfalls nur ganz simpel eine Taste zur richtigen Zeit drücken muss. Waaaahnsinnig spannend, das.
Was ich persönlich sehr schön fand, war die Einhaltung einer gewissen Kontinuität in Bezug auf den Anime, die sich in mehreren kleineren und größeren Szenen offenbarte:
- Als Artemis den Mädchen eine Standpauke hält, weil sie das angesetzte Training geschwänzt haben, will Rei von ihm wissen, wofür sie überhaupt trainieren müssten. Schließlich seien Anne und Ail mit ihrem Baum auf und davon und eine neue Bedrohung augenscheinlich nicht in Sicht.
- In der Szene, in der Bunny die anderen bittet Nephrite zu vertrauen und Ami und Rei sich ihre Meinung gebildet haben, wendet sie sich hoffnungsvoll an Makoto und Minako, woraufhin Mako antwortet, dass sie nicht wirklich mitreden könne, weil sie ihn nie kennengelernt hat.
- Nephrite erwähnt, dass Ami als Sailor Merkur den Schwarzen Kristall eigentlich zerstört hatte.
- Auch ein paar wenige der wiederbelebten Youma bekommt man als Spieler zu Gesicht – darunter u. a. die fünf aus der vorletzten Folge der ersten Staffel sowie die „Warum fallen die Äpfel vom Baum?“-Tusse aus Amis erster Folge. Letztere kann nicht aus ihrer Haut und traktiert Ami und wen auch immer sie zur Unterstützung gerufen hat mit neuen Quizfragen, was in Bunnys Fall zu einem lustigen „Jetzt geht das wieder los!“-Kommentar führt.
- An einer Stelle im Endkampf werden die Inner Senshi dermaßen zornig, dass sie im Affekt ihre Attacken aus der zweiten Hälfte der zweiten Staffel benutzen – auf die sie zu dem Zeitpunkt noch keinen Zugriff haben. Dementsprechend verwundert sind sie über das, was sie gerade getan haben.
Gleichzeitig verwendet BSSM Details, die man nur aus dem Manga kennt und die im Anime entweder gar nicht oder nur andeutungsweise vorkommen. Darunter fällt die Tatsache, dass die vier Generäle früher mal Endymions Leibwächter waren und nach ihrem Ableben zu Kristallen werden . Auch der Punkt, dass Beryls Hass auf Serenity quasi nur darauf fußt, dass sie sich ebenfalls in den Prinzen der Erde verliebt hatte, wird im Spiel aufgenommen.
Die damaligen zarten Bande zwischen den Inner Senshi und den Generälen finden – leider nur in einer Sparversion – ebenfalls Erwähnung. In der abschließenden Endkampf-Szene (die ich als ziemlich genial empfinde) gehen alle (!) mit vereinten Kräften gegen Beryl und den großen Bösen vor, wobei die Männer derjenigen Sailorkriegerin ihre Kraft leihen, mit der sie einst verbandelt waren.
Davon abgesehen wird das Thema nur in Makotos Route zwischen den Zeilen erwähnt: Als sie sich Nephrite als Sailor Jupiter vorstellt, haben beide unabhängig voneinander das Gefühl, dass sie ihr Gegenüber von früher kennen würden. Später gesteht sie ihm, dass er sie an ihre erste Liebe erinnern würde (in Anbetracht dessen, dass Mako im Anime diesen Spruch bei jedem jungen Mann über die Lippen bringt, stellt sich natürlich die Frage, ob sie tatsächlich ihn meint ).
Bei den anderen Generälen und Senshi merkt man davon absolut nichts, auch wenn Zoisite im Kampf gegen Ami irgendwas davon faselt, dass er kühle, kalkulierende Mädchen mögen würde. (Was dann wieder mit seiner Anime-Beziehung zu Kunzite kollidiert…)
Als jemand, der nach all den Jahren immer noch bei der Folge, in der Nephrite stirbt, das Flennen kriegt, war ich natürlich ein wenig gehypt darüber, wie die Begegnung zwischen ihm und Naru ablaufen würde. Ganz ehrlich: Ich bin ein bisschen enttäuscht.
Nach anfänglichem Schock nimmt Naru ihn bei sich auf, um ihn zu pflegen und beide tasten sich quasi erneut zögernd mit Worten aneinander heran. Als er von Kunzite und den anderen beiden verschleppt wird, bricht sie weinend zusammen... und am Ende des Spiels ist sie plötzlich wieder super gut drauf und tut so, als wäre nichts gewesen.
In allen fünf Handlungssträngen läuft es darauf hinaus, dass Nephrite - wie gerade erwähnt – einkassiert und einer Gehirnwäsche unterzogen wird, so dass jede der Sailorkriegerinnen einen Gegenpart hat, den sie bekämpfen muss: Bunny gegen Beryl, Ami gegen Zoisite, Rei gegen Jadeite, Makoto gegen Nephrite und Minako gegen Kunzite. (Welch Überraschung diese Konstellation bietet… )
Wenn Makoto als Jupiter auf Nephrite trifft, mischt sich Naru ein, die verzweifelt versucht ihn zur Besinnung zu bringen, woraufhin sie von ihm angegriffen und von Umino, der ihr nachgeschlichen ist, gerettet wird. Als die beiden Teenager bewusstlos zusammenbrechen, gesteht Nephrite Jupiter, dass er die ganze Zeit nur so getan hat, als wäre er wieder einer von den Bösen. Denn er ist sich der unleugbaren Tatsache bewusst, dass er und alle anderen aus dem Königreich des Dunklen im Grunde genommen wandelnde Leichen sind, die zu existieren aufhören, wenn Bunny aka Sailor Moon den Sieg davonträgt. Aus diesem Grund wollte er Narus Gefühle für ihn mit Macht zerstören, um ihr ein zweites Mal den Schmerz des Verlustes zu ersparen. Außerdem hatte er Uminos Anwesenheit bemerkt und mit Absicht darauf spekuliert, dass dieser ihr helfen und seinen Platz in ihrem Herzen einnehmen würde. (Wenn der Herr meint. Ich bin da anderer Ansicht, aber mich fragt ja keiner…) Sein Verhalten ist eigentlich richtig schön selbstlos, aber gleichzeitig wahnsinnig unbefriedigend.
Ja, ich weiß, dass sich ein anderer Ausgang der Geschichte sowohl mit der Kontinuität des Anime als auch mit dem Fakt, dass laut Manga er und Jupiter zusammengehören beißen würde, aber die olle Romatikerin in mir hatte sich leise Hoffnungen gemacht… *Gnarf!*
Außerdem erklärt das nicht, warum für Naru zum Schluss alles in Butter ist. Selbst wenn sie von seinem Verhalten abgeschreckt worden wäre, hieße das doch nicht automatisch, dass sie ihn aus ihrem Gedächtnis gestrichen hat!
Um diverse (Übersetzungs-)Fehler kommt das Spiel leider nicht herum:
- Ami sinniert an einer Stelle darüber nach, wie sie alle früher im Kristallpalast auf dem Mond gelebt haben - besagtes Gebäude existiert jedoch erst in der Zukunft auf der Erde. Dieser Kommentar wird in der dem Patch zugehörigen Read me-Datei erwähnt und klar als interner Fehler deklariert, der nicht dem Übersetzer anzulasten ist.
- Zweimal werden die Namen von Jadeite und Zoisite vertauscht.
- Als Jupiter Nephrite fragt „Where is [Bossname]?“, erzählt er ihr etwas über die Motive des Obermackers (er antwortet also quasi auf die Frage „Who is [Bossname]?).
- Was mir partout nicht in den Kopf will: Nephrite erklärt selbst, dass der Schwarze Kristall zerstört wurde. Wo um alles in der Welt hat er ihn dann wieder her? (Ich kann mir nur vorstellen, dass das ein neuer Kristall ist, den der Oberfutzi mitgebracht hat. Laut dem Spiel soll der Schwarze Kristall ja angeblich eine verkleinerte Abbildung der Riesendinger sein, mit denen die Familie des Schwarzen Mondes später hantiert . Wobei mir das auch komisch vorkommt, denn laut Anime hat Nephrite das Teil aus den Tiefen des Alls herbeigerufen. Ich glaub, da ist den Schreiberlingen ein größerer Fehler passiert...)
BSSM überrascht – bedenkt man das Alter des Spiels und für welches System es herausgebracht wurde - mit zwei eigens dafür geschriebenen Liedern (Opening und Ending) und einer japanischen Sprachausgabe, die zwar nicht in allen, aber in sehr vielen Szenen zu hören ist. (Wobei die Verwendung englischer Begriffe wie Prince, Princess, Queen und Dark Kingdom ungewollt komisch rüberkommt – von den Namen der Attacken erst gar nicht zu reden.) Leider werden die Stimmen oft von der Musik und den Soundeffekten überlagert, die nicht nur deutlich lauter als diese sind, sondern auch des Öfteren ein wenig schrammeln und knarzen.
Graphisch liefert das Spiel einen deutlichen Stilmix, was manchmal an den unterschiedlichen Perspektiven liegt (Ganzkörperbilder sind logischerweise pixliger als Porträts) und dann wieder daran, ob es eine selbst ablaufende ‚Filmszene’ oder ‚nur’ eine Spielszene zum Weiterklicken ist. Zudem macht es den Eindruck, als ob - wie im Anime - Leute mit unterschiedlichen ‚Zeichenstilen’ beteiligt waren. Letzteres drängt sich u. a. auf, weil bei einigen Bildern die Augen schwarze Umrisslinien haben und bei anderen nicht.
Da ich dieses Mal eine Menge Bilder mitgenommen habe, die mir problemlos den Beitrag sprengen würden, gibt’s die ausnahmsweise separat hinter Spoilerkästen. Und falls sich jemand fragen sollte, ob ich Jadeite bewusst vernachlässigt habe: Nee, es gibt absolut kein gescheites Bild von ihm ohne Maske. (Abgesehen von der coolen ‚Alle gegen den Obermacker’-Szene, die ich nicht ordentlich abgreifen konnte.)
Als kleines Schmankerl haben die Übersetzer bzw. der Hacker sämtlichen Kram, der nicht im eigentlichen Spiel verwendet wurde und über den sie bei ihrer Arbeit gestolpert sind, als Bonus integriert. Drückt man bei der Charakterwahl einen simplen Code, kann man sich das Zeug angucken und anhören. Das Ganze ist gar nicht mal so uninteressant und bei manchen Graphiken und Animationen fragt man sich schon, warum zum Kuckuck sie außen vor gelassen wurden.
Randnotizen zum Schluss:
- Szenen, die man bereits kennt, lassen sich dummerweise nicht wirklich abkürzen, was besonders daran liegt, dass die gesprochenen Passagen nicht abgebrochen werden, sondern bis zum Ende durchlaufen. Man kann dies umgehen, indem man im Startbildschirm einen kurzen Code eingibt.
- Stellenweise dauert es mehrere Sekunden, bis das nächste Bild bzw. die nächste Szene geladen wird. Ich hab mehr als einmal gedacht, dass sich das Spiel aufgehangen hat.
- Wenn ich ehrlich bin, kam mir der Schluss viel zu schnell. Zum einen wird nicht wirklich erklärt, wer der Obermacker denn nun wirklich ist (es fallen anderthalb Namen, bei denen man einen Aha-Moment hat, aber schlauer ist man deswegen trotzdem nicht). Und zum anderen wünscht sich Bunny vom Silberkristall, dass Beryl und die vier Generäle ein weiteres Mal wiedergeboren werden, um ein friedliches Leben führen zu können . Irgendwas in der Richtung hätte ich gerne gesehen...
Da ich Sailor Moon eigentlich immer noch mag (wenn auch nicht mehr in dem Ausmaß wie früher) und die Aussicht auf eine völlig neue Handlung überaus verlockend war, wollte ich dieses Spiel unbedingt ausprobieren. Als störend empfand ich die mangelnde Tonqualität und die ewig gleichen Szenen, die man – bis auf die erwähnte Endkampf-Szene (von der krieg ich nicht genug ) – spätestens beim fünften Durchgang echt nicht mehr sehen kann. Von der Handlung war ich im Großen und Ganzen hin und weg und ich könnte mir das Ganze auch – mit kleinen Schönheitskorrekturen - als Film vorstellen.
Wer milde an dem Spiel interessiert ist, aber keinen Bock darauf hat sich durch alle Routen zu klicken (was ich anhand der ständigen Wiederholungen absolut verstehen kann), dem empfehle ich Bunnys, Makotos (definitiv!) und zur Ergänzung vielleicht noch Amis Pfad. Minako und Rei kann man durchaus wegfallen lassen, da dort kaum Neues preisgegeben wird.
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