Die kleine, abgeschottete Welt Eden – Heimat von Alchemisten und Manageistern – wird urplötzlich Opfer mehrerer Erdbeben. Als die Lage sich beruhigt, müssen die Bewohner entsetzt feststellen, dass die heiligen Stätten der Manageister verschwunden sind. Gleichzeitig gelingt es dem jungen Felt – nach vielen früheren erfolglosen Versuchen – ein mysteriöses Schwert namens Azure Azoth aus seiner Halterung zu lösen und quasi dadurch das Tor zu einer anderen Welt zu öffnen. Da die Ereignisse scheinbar irgendwie zusammenhängen, macht sich Felt auf in die fremde Welt Belkhyde, um dort einen Weg zu suchen, Eden wiederherzustellen. Seine Ziehschwester Viese - eine begnadete Alchemistin – unterstützt ihn dabei aus der Ferne und lässt ihm dank magischer Ringe Items und ähnlich nützliche Dinge zukommen.
In Belkhyde selbst wird Felt recht schnell in einen Krieg verwickelt, wobei sich herausstellt, dass einer der feindlichen Generäle Träger eines Schwertes mit dem klangvollen Namen Crimson Azoth ist...


The Azoth of Destiny ist der zweite Teil der Atelier Iris-Reihe, spielt aber eine unbestimmte Zeit vor Eternal Mana.
Anders als dort ist die Handlung in 22 Episoden aufgeteilt, in denen man abwechselnd Felt in Belkhyde oder Viese in Eden steuert – allerdings kann man den Hauptcharakter in den meisten Fällen jederzeit an Speicherpunkten wechseln. In einer der letzten Episoden gelangt Viese ebenfalls nach Belkhyde und vervollständigt dann als sechstes Mitglied die Heldentruppe.

Die Charaktere wissen im Großen und Ganzen zu gefallen, auch wenn der Feenjunge Poe, der sich für die schärfste Socke weit und breit hält, manchmal hart an der Grenze zu ‚nervtötend’ kratzt. (Dafür hab ich Tränen gelacht, als ein Katzenmädel einen von ihm ausgesprochenen Heiratsantrag – der gar nicht ihr galt – für bare Münze genommen hat und Poe später von der gesamten Party genötigt wurde den Bund der Ehe einzugehen. Herrlich! )
Meine persönlichen Favoriten waren der Drachentöter Gray, der für seine Taten mit dem Aussehen eines Drachen gestraft wurde, und das sprechende Schwert Azure Azoth. Letzteres hatte des Öfteren einen Hang zum Zynismus, was es / ihn glatt sympathisch machte.

In Sachen Humor kann sich The Azoth of Destiny nicht ganz mit seinem Vorgänger messen. Zwar gibt es immer noch diverse lustige Szenen (siehe oben), Musikstücke und Geräusche, aber einige kleinere Feinheiten wurden komplett wegrationalisiert. Dazu zählen u. a. die witzigen Tutorials von Eternal Mana, die einem 0815-Menü gewichen sind und die skurrilen Lautäußerungen der Monster. Gerade letztere peppten die Kämpfe enorm auf.

Das Kampfsystem wurde im Vergleich zum ersten Teil aufgemotzt: So weist eine Leiste am linken oberen Bildschirmrand darauf hin, wann welcher Kampfteilnehmer an der Reihe ist (ähnlich wie in Grandia). Schafft man es durch bestimmte Angriffe einzelne Gegner in den hinteren Bereich dieser Leiste zu katapultieren, sind sie für eine Weile betäubt und erleiden größeren Schaden - zudem erhält man (wenn sie dort der finale Schlag trifft) ein wenig mehr EXP und SP. (Letztere benötigt man zum Erlernen von Fähigkeiten.)
MP gibt es nicht mehr, dafür kosten Zauber und Spezialfertigkeiten ein bis drei Abschnitte einer zweiten Leiste. Diese füllt sich bei empfangenen Schaden oder bei normalen Attacken.
Da sich die Angriffsarten zum Füllen der beiden Leisten quasi gegenseitig ausschließen, muss man manchmal abwägen, welche Aktion einem im aktuellen Kampf sinnvoller erscheint. Das klingt jedoch schlimmer als es in Wahrheit ist – ich persönlich bin mit dem Kampfsystem wunderbar zurecht gekommen.
Eine Besonderheit ist der automatische Austausch bei Charaktertoden: Sobald einer der Helden zu Boden geht, springt sofort ein Mitglied der Ersatzbank in die Bresche, wodurch man den Kampf wie gehabt mit drei Leuten weiterführen und trotzdem den Toten wiederbeleben kann. Hat man also gegen Ende des Spiels seine vollständige Sechserparty, kann man im wirklich unwahrscheinlichen Fall, dass die aktive Gruppe komplett ausgelöscht wird, auf die Reserve vertrauen, die das Blatt noch herumreißt.
Im Übrigen ist es im Grunde genommen völlig egal, mit wem man die Gefechte bestreitet, da ausnahmslos alle (!) Charaktere – selbst diejenigen, die nicht ein einziges Mal zum Zuge gekommen sind – die gleiche Anzahl an EXP und SP erhalten. (Plus 10 % mehr EXP für den Streiter, der den letzten Schlag geführt hat.) So muss das sein!

Eine tolle Idee ist meiner Meinung nach auch die farbige Encounter-Leiste, die in den verschiedenen Gebieten die Wahrscheinlichkeit und die ungefähre Anzahl der zu erwartenden Kämpfe anzeigt. Zum einen sieht man anhand der Farbe (Wechsel von blau zu rot und zurück), ob man die nächsten Schritte ohne Feindkontakt hinter sich bringt. Zum anderen kann man anhand des ‚Füllstandes’ abschätzen, wie viele Kämpfe man ungefähr bestreiten muss, ehe die Leiste leer ist. In vielen (frühen) Arealen kann man sich das zunutze machen, indem man einfach eine Weile am Anfang des Ortes herumrennt, alle Kämpfe mitnimmt und anschließend, sobald die Leiste am tiefsten Punkt verbleibt, ohne Gefechte die Gegend erkundet. Praktisch! (Später klappt das nicht mehr so gut, weil man eine ganze Weile kämpfen muss, bis kein Nachschub mehr kommt.)

An der Alchemie bzw. Synthese wurde ebenfalls ein wenig herumgeschraubt:

- Das Synthetisieren in den Läden ist komplett weggefallen, was ich ehrlich gesagt ziemlich schade fand.

- Mittels gefundener Rezepte liegt es zuerst einmal an Viese für neuen Kram in der Heldentasche zu sorgen. Hat sie ein Exemplar eines Items aus den verschiedensten Zutaten und mit der Hilfe bestimmter Mana-Geister hergestellt, kann auch Felt dank Mana-Ressourcen wie Wasser, Holz, Feuer etc. diese Items reproduzieren. Dabei wurde das Item-Limit im Vergleich zum ersten Teil drastisch erhöht: Statt läppischen 9 Stück kann man jetzt 99 (!) Exemplare eines Items mit sich herumtragen! (Diese können nun auch von allen Partymitgliedern benutzt werden und nicht nur von den beiden Alchemisten.)
Die Synthese von Ausrüstungsgegenständen bleibt jedoch einzig und allein Viese vorbehalten und ist an Materialien gebunden, die man kaufen oder in der freien Natur suchen muss.

- Waffen werden nicht mehr in Geschäften verkauft, da Felt später die jeweiligen Anfangswaffen zu neuen umschmieden kann. Auch hier spielen Items und Mana-Geister eine Rolle.

Musikalisch hat The Azoth of Destiny leider ein wenig nachgelassen. So sehen die Gebiete, die man als Spieler bereits aus dem ersten Teil kennt (Forest of Ocean Mist, Cleft of Nelvia…) nicht nur z. T. anders aus, sie haben auch jeweils eine neue Hintergrundmusik verpasst bekommen. Kein Vergleich mehr zu meinem heißgeliebten ‚Crack in the Earth’.
Gefallen haben mir folgende Stücke (ohne Reihenfolge): Eternal Story , That Kid’s Shop is Thriving , Exploration at the Beach , Dumb Request at an Embarassing Time , Mysterious Friend , Truth und Decisive Battle in the Blue Sky . (Die beiden letzten mag ich hauptsächlich deswegen, weil sie das Opening von Eternal Mana aufgreifen.)
Dummerweise ist das Spiel meiner Meinung nach vor ein paar Totalausfällen nicht gefeit. Wie dem Theme der Drachenhöhle ( Mandible of the Abyss ), bei dem ich am Anfang ständig „Ooooh Manno, warum?“ verstehe. Ganz ehrlich: Das frag ich mich auch!

Positiv hervorheben muss man auf alle Fälle die Abwechslung der Tätigkeiten (Kämpfen und Alchemisieren halten sich gut die Waage) und dass – im Gegensatz zum ersten Teil – eigentlich keine der kleinen Nebenaufträge und Storyhäppchen rund um die NPCs verpasst werden können. Zudem gibt es zwar keine Spezialfähigkeiten der Mana-Geister mehr, aber Items wie unterschiedlich starke Bomben, Greifhaken, verschiedene Pflanzendünger, Hämmer zum Gesteinsabbau u. ä. sorgen dennoch für dieses wohlige „Ein neues Item! Was kann ich damit alles machen?“-Gefühl.


Zusammenfassend mochte ich The Azoth of Destiny in manchen Punkten mehr, in anderen weniger als Eternal Mana, aber im Großen und Ganzen hat mich das Spiel wieder bestens unterhalten. Es ist hübsch anzusehen, es hat keinen abartig hohen Schwierigkeitsgrad und es geht beständig flott voran. Genau das Richtige für zwischendurch!


Fun Fact:
Max, einer der wichtigeren NPCs im Spiel, kann sich aus irgendeinem Grund partout nicht merken, wie Felt heißt. Aus diesem Grund betitelt er ihn bei jeder neuen Begegnung mit einem anderen Namen, der mit dem Buchstaben ‚F’ beginnt (Frank, Fernando, Feivel…). In einer Szene jedoch nennt er ihn aus heiterem Himmel gleich zweimal ‚Klein’ (= Name des Haupthelden aus Atelier Iris – Eternal Mana). Da war aber jemand seiner Zeit weit voraus.

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Stand:

- 10 von 8 Spielen durchgespielt
- 7 (J)RPGs durchgespielt
- 2 Teile der Atelier-Reihe durchgespielt
- 2 Titel meiner "Kaum hohe Erwartungen"-Liste durchgespielt
- 1 ROM aus meinem Fundus durchgespielt
- Ace Attorney - Spirit of Justice beendet
- Professor Layton und das Vermächtnis von Aslant durchgespielt