Der junge Alex träumt davon seinem Vorbild Dyne, dem letzten ‚Dragonmaster’ nachzueifern, was bedeuten würde die vier großen Drachen zu treffen und im Namen der Göttin Althena für den Schutz der Welt zu sorgen. Als er zusammen mit seinen Freunden Luna, Ramus und Nall überraschend dem weißen Drachen Quark begegnet und dieser ihn in seinem Vorhaben ermutigt, brechen die vier zu einer Reise auf, die – auf die ein oder andere Weise – ihrer aller Leben verändern wird...


Lunar Silver Star Story war einer der ersten Titel, über die ich gestolpert bin, als ich herausfand, dass in den USA Spiele herausgebracht worden waren, die es nie in europäische Gefilde geschafft hatten. Damals gelang es mir irgendwie im Internet die Animesequenzen ausfindig zu machen und sie mir anzugucken – im festen Glauben, dass ich das eigentliche Spiel ja sowieso nicht zu Gesicht bekommen würde. Aus heutiger Sicht war das eine denkbar blöde Idee gewesen, da ich LSSS durch reinen Zufall DOCH aufgetrieben habe und mich leider noch ziemlich gut daran erinnern konnte, was in den meisten Szenen passierte. Der Überraschungseffekt der Handlung und die damit verbundenen Enthüllungen waren daher an mir im Großen und Ganzen verschwendet. Dumm gelaufen… (Wobei ich behaupten möchte, dass auch ohne Vorkenntnisse manche davon nicht soooo unerwartet kommen. Stichwort Obermacker.)
Aber da die Story ja nur einen Teil des Gesamtpakets ausmacht und selber spielen in der Regel eh mehr Spaß macht als bloßes Zugucken, kam ich schließlich nicht umhin mir LSSS komplett vorzuknöpfen.

Das Spiel fühlt sich durchweg Old School an, was schlicht und ergreifend daran liegt, dass es vor seinem Release auf der Playstation bereits auf anderen Konsolen erschienen ist und im Grunde nur sowohl aufpolierte Texte als auch eine verbesserte Graphik spendiert bekommen hat. Was keinesfalls negativ zu verstehen ist!

In Sachen Aussehen kann LSSS definitiv mit einer detailverliebten, farbenfrohen Optik punkten, die die verschiedenen Personen, Gegner und Hintergründe gleichermaßen ansprechend zur Geltung bringt. Ebenfalls positiv sind die bereits erwähnten Animeszenen zu nennen, die anfangs meist dafür eingesetzt werden, um neue Charaktere vorzustellen und im späteren Verlauf hauptsächlich Höhepunkte der Handlung markieren.
Einzig die markanten Computergrapiken in den Sequenzen gefielen mir nur bedingt, da mir der Bruch zwischen diesen und den quasi ‚handgezeichneten’ Figuren und Landschaften zu groß war.
(Und über das extrem knappe Outfit der Dunklen Göttin decken wir mal lieber den Mantel des Schweigens. )

Das rundenbasierte Kampfsystem ist ziemlich klassisch aufgebaut, sieht man einmal von der Tatsache ab, dass die Charaktere bei einer normalen Attacke zum Gegner rennen und dort bis zur nächsten Aktion verharren. Diese Positionsänderung bringt je nach Situation sogar Vor- oder Nachteile. Außerdem kann es vorkommen, dass die Entfernung zu groß ist und der ein oder andere tapfere Recke ohne Angriff auf halber Strecke stehenbleibt. Bei Alex, Kyle und Jessica erhöht sich glücklicherweise mit steigendem Level die Häufigkeit, wie oft sie pro Runde agieren dürfen (je nach Person zwei bis vier Mal), so dass sich die Leerläufe bei ihnen später in Grenzen halten.

Einen weiteren ‚Retro-Faktor’ stellt – wie sollte es auch anders sein - das begrenzte Inventar dar: Jeder Charakter hat neben seiner Ausrüstung nur fünf Plätze für Items zur Verfügung und selbst Nall, der zu Beginn als eine Art Schwarzes Loch aka Zwischenlager für allen möglichen Kram zu fungieren scheint, kommt dummerweise irgendwann an seine räumlichen Grenzen. Spätestens von da an rotiert man bei neuen Kisten oder Gegnerhinterlassenschaften unablässig, schiebt Zeugs von einem Chara zum nächsten und muss sich mehr als einmal mit der Frage auseinandersetzen, was man bedenkenlos über Bord werfen kann und was nicht.

Musikalisch liefert LSSS durchweg solide Kost, wobei mir persönlich das Theme ‚Goddess of Darkness’ (Spoiler!) mit am Besten gefällt, weil dieser Ein-Silben-Gesang wahnsinnig unheimlich und düster klingt! Ansonsten mag ich folgende Stücke: Thieves’ Bazaar , Have a big dream , Tamur , Stand up to destiny und Steel Movement .

Was die Sprecher angeht, so muss man leider sagen, dass nicht alle von ihnen ideal besetzt sind. Besonders Nalls und Phacias hohe Stimmen haben eine ähnlich elektrisierende Wirkung wie Fingernägel auf einer Schultafel.
In diesem Zusammenhang möchte ich (mal wieder) den mangelnden Einsatz von Untertiteln beklagen. Denn auch wenn ich den Inhalt der Szenen schon kannte (und damals war mein Englisch bedeutend schlechter als heute), konnte ich nach wie vor manche Passagen nicht verstehen und musste sie mir aus dem Kontext herleiten. Da war es obendrein nicht gerade hilfreich, dass es zusätzlich zu den Animefilmchen vereinzelt Spielszenen mit reiner Sprache und ohne Textbalken gab.

Der Humor in LSSS ist relativ durchwachsen. Es gibt durchaus Stellen, an denen man sich ein Lachen oder zumindest ein Schmunzeln nur schwer verkneifen kann, weil die Situationen oder die NPCs, mit denen man gerade spricht, herrlich absurd sind (z. B. die Bewohner von Meryod, die alle einen an der Klatsche zu haben scheinen oder der Dieb in Reza, der schlussendlich seine Beute an die Gruppe zurückgeben muss und ihnen beleidigt ein sinngemäßes „Nur damit ihr’s wisst: Ich hasse euch!“ an den Kopf pfeffert).
Und dann wieder folgen hier und da Kommentare, die unpassend und zum Teil regelrecht pubertär wirken (u.a. als Quark Alex und Co. mitteilen will, aus was der Drachenkristall wirklich besteht oder der Punkt, dass das an anderer Stelle künstlich gezüchtete Gemüse wie Kyles Unterhosen schmecken soll).

Weitere Gedankengänge:

- Nalls automatische Wiederbelebung gefallener Charaktere am Ende eines Kampfes (und manchmal auch mittendrin) ist eine feine Sache, weil so garantiert wird, dass wirklich jeder von ihnen EXP erhält.

- Die Dungeons sind oftmals gar nicht so lang an sich, aber dadurch dass man sich nur schwer an den meisten Gegnern vorbeischmuggeln kann und somit immerzu in Kämpfe verstrickt wird, verbringt man eindeutig mehr Zeit dort als einem lieb ist. So gesehen grenzt es schon geradezu an Sadismus, dass vor den Bossen keine Speicherpunkte platziert wurden, denn obwohl man überall speichern kann, schützt einen das natürlich nicht davor seine Heilitems bereits auf dem Weg zum hiesigen Obermacker verbraucht zu haben.

- Kleinere Spielereien wie die Sprungfedern im Feld von Iluk hätten ruhig noch öfter im Spiel auftauchen können. Das hat Spaß gemacht!

- Wenn ich im Spiel schon Pin-Up-Bildchen einzelner Charaktere sammeln kann, warum kriege ich dann nur pseudo-erotische Abzüge der holden Weiblichkeit? Nicht dass die Herren der Schöpfung jetzt so die attraktiven Schmacht- und Sabberobjekte darstellen, aber Gleichberechtigung sieht definitiv anders aus...

- Die roten Kisten, die man erst mit dem ‚Thieves’ Crest’ öffnen kann, sind eine nette Zusatzaufgabe. Aber es wäre definitiv motivierender gewesen, wenn man nicht nur rückwirkend diese Schätze abgreifen würde, sondern in kommenden Orten ebenfalls noch welche hätte finden können.

- Wo wir gerade dabei sind: Wie ist es möglich die rote Truhe im ‚Vane Magic Test’ zu knacken, wenn man zu diesem Zeitpunkt noch nicht den passenden Schlüssel dafür besitzt? Später landet man beim Betreten des Magiekreises doch immer gleich in Vane.


Insgesamt betrachtet fand ich Lunar Silver Star Story ganz passabel, wobei man dem Spiel natürlich nicht vorhalten darf, dass ich mich im Vorfeld bereits selbst gespoilert hatte. Mein persönliches Highlight war die knallige und süße Graphik, doch auch sie konnte nicht verhindern, dass ich von meinen unfreiwillig langen Dungeonaufenthalten mitunter ziemlich genervt war. Trotzdem bin ich froh, dass ich LSSS jetzt komplett und nicht nur als Stückwerk kenne – insofern hat sich das Spielen schon für mich gelohnt.


Fun Fact:
Nachdem Alex zum ‚Dragonmaster’ geworden ist, trägt er in den Animeszenen einen Helm, aber keinen Umhang. Als spielbarer Charakter fehlt ihm jedoch seltsamerweise die Kopfbedeckung, dafür bedeckt ein fescher roter Umhang seinen Rücken.

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Stand:

min. 8 Spiele 10/8
min. 4 (J)RPGs 7/4
Paper Mario: Sticker Star beenden 1/1

Abseits der Challenge 1/??? (Die Reise ins All)