Nach dem tragischen Tod seiner Mutter Alice macht der Junge Oliver die Bekanntschaft der männlichen Fee Tröpfchen, die ihm neue Hoffnung schenkt. Tröpfchen stammt nämlich aus einer magischen Parallelwelt, deren Bewohner eine Art Spiegelbild der Leute in Olivers Welt sind und da der Gegenpart seiner Mutter sich zwar aller Wahrscheinlichkeit nach in Gefangenschaft befindet, aber am Leben ist, müsste ihre Befreiung Alice wiederbeleben. Derart ermutigt folgt Oliver seinem quirligen neuen Freund in die für ihn fremde Welt, um sich dort genügend (Zauber-)Kraft anzueignen, die er für den Sieg über den Dunklen Dschinn Shadar benötigt und damit alles wieder ins Lot zu bringen...


Ni no Kuni ist ein Spiel, das vor Charme nur so strotzt.

Die Graphik (Charaktere, Orte und Monster gleichermaßen) ist schlicht und dennoch wunderschön anzusehen – ganz so wie man es vom Studio Ghibli eben kennt und erwartet. Zudem wartet sie hier und da mit vielen kleinen Details auf wie den Fischzeichnungen an den Wänden in Katzbuckel oder den Krügen, die in den ‚Hauptstädten’ passenderweise über ein Katzen-, Kuh- oder Schweinedesign verfügen.

Dieser Hang zu liebevollen Spielereien setzt sich auch an anderer Stelle fort:

Zum einen überzeugt die Aufmachung des ‚Magischen Begleiters’, der tatsächlich wie ein richtiges Nachschlagewerk, in dem man durchaus auch in der Realität herumblättern könnte, wirkt. Die Zeichnungen und Texte haben z. T. einen ‚altertümlichen’ Flair und punkten mit mehr oder weniger verstecktem Hintergrundwissen zum Spiel – so weisen beispielsweise im Monsterkapitel verstreute Gerüchte und Erzählungen bereits auf die Bosse hin, mit denen man sich im Laufe der Handlung herumschlagen muss.

Zum anderen hat man sich bei den Bezeichnungen diverser Orte und Monster wahnsinnig viel Mühe gegeben, um diese stimmig klingen zu lassen. (Natürlich kann ich leider nicht für das japanische Original sprechen, aber irgendwo muss ja die Inspiration für die deutsche und englische Text- und Sprachausgabe herkommen, von daher behaupte ich jetzt mal, dass der Grundstein bereits in der Ursprungsversion gelegt wurde.) Manche Namen finde ich zwar in der deutschen und andere wieder in der englischen Variante besser, aber da ich sowieso eine Vorliebe für gute, kreative Sprachspielereien habe, treffen die folgenden Beispiele genau meinen Nerv :

- Buhutique / Hootique
- Katzalisation
- Al-Kuweid / Al Mamoon
- Hihiti / Teeheeti
- Triefende Tiefen

- Miaujestät / Meowjesty
- Kuhlifin bzw. Muhjestät / Cowlipha
- Al-Khemi

- Schnurrke
- Miaudegen / Puss in Bouts
- Katerkorsar / Puss in Boats
- Määhdrescher / Baatender
- Lammbada / Baarndancer
- Gieraffe / Aye-Aye Sir
- Lackaffe / Aye-Aye Catcher
- Trompetzer
- Blasphemist
- Ei-Derdaus / Humpty Bumpty
- Eigypter / Eggyptian

Was mich zum Thema Humor bringt: Trotz dass die Hauptstory stellenweise ziemlich ernst ausfällt und mitunter ihre traurigen Momente hat (siehe Spielbeginn), bleibt der Humor keinesfalls auf der Strecke, woran vorrangig Tröpfchen seinen Anteil hat. Es vergeht kaum ein Abschnitt im Spiel, in dem nicht wenigstens ein dämlicher Kommentar vom Großfürsten der Feen vom Stapel gelassen wird und das meine ich absolut positiv! Tröpfchen ist ein Charakter, der permanent doofe Sprüche klopft, aber gleichzeitig lockert er damit das Geschehen auf und verhindert so, dass Oliver zu sehr an seine Mutter erinnert wird. Und mal ehrlich, bei DER Mama liegt das dumme Gequatsche doch im Blut! (Ich frag mich ja wirklich, was man geraucht haben muss, um sich so was genial Dusseliges wie die Feenforst-Episode auszudenken. Gott, hab ich gefeiert! )

Musikalisch bewegt sich Ni no Kuni ebenfalls auf einem hohen Niveau. (Eigentlich war der OST auch der ausschlaggebende Grund, weswegen ich das Spiel in die Konsole gelegt habe. Zur Debatte standen ursprünglich ein paar andere Titel, aber als meine Schwester ’ne Weile zugehört hatte, kam irgendwann von ihr: „Das müssen wir als nächstes spielen!“ )
Meine Favoriten (erneut ohne Rangfolge): Ni No Kuni Dominion Of The Dark Djinn - Main Theme, Ni no Kuni Wrath of the White Witch - Main Theme, World Map, Ding Dong Dell - The Cat King's Castle, The Fairyground, Imperial March, Battle II, Kokoro No Kakera (Japanese Version) und Kokoro no Kakera -Pieces of a Broken Heart- (English Version). (Diese Mal ohne Links, weil ich fast nur Cover oder den OST vom zweiten Teil finde.)

Das Kampfsystem braucht eine Zeitlang, bevor man mit ihm warm wird, denn anfangs neigt man dazu - zumindest ging es mir so – unabsichtlich zwischen Oliver und den Vertrauten hin- und herzuwechseln, obwohl man eigentlich nur beim gerade ausgewählten Charakter Angriff, Verteidigung und die Techniken managen will. Später kommt noch das Manövrieren zusätzlicher Hauptcharaktere dazu, was man zwar im Idealfall nach einer Weile draufhat, aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass die Kämpfe dann und wann recht hektisch ausfallen. (Und Esther verballert regelmäßig ihre MP, als gäb’s kein Morgen! )

Für Abwechslung abseits der Story sorgt ein ganzer Schwung an Nebenaufgaben, die sich hauptsächlich in Monsterjagden, Fetch Quests und ‚Herzen heilen’ aufteilen. Letzteres ist eine an und für sich süße Idee, bei der man die Tugenden, die man innerhalb der Handlung freischaltet (Mut, Liebe, Zurückhaltung…) an Leute verteilt, denen diese Werte abhanden gekommen sind und die sich daher entgegen ihrem Naturell verhalten. Nervig wird die ganze Sache nur bei Personen, die man mehrfach ‚verarzten’ muss (Stichwort Ehepaar) und bei denen man unweigerlich denkt, dass Shadar nichts besseres zu tun hat, als immer wieder die selben armen Würste zu attackieren…

Im Zuge dessen stieß mir ein Punkt allerdings erneut sauer auf: Wie ich bereits in einem Thread zum Thema schrieb, ist optionaler Kram für mich solange toll, wie er ins eigentliche Spiel integriert wird. Ni no Kuni ist dummerweise auf den Zug aufgesprungen, der einen Teil davon ins Post-Game verbannt, was ich nach wie vor einfach nur unsinnig finde. Im konkreten Fall heißt das, dass diverse Monster und damit ihre nach dem Kampf hinterlassenen Schätze; Formeln für die stärkste Ausrüstung sowie zusätzliche Monsterjagden und andere Sidequests zu einem Zeitpunkt zur Verfügung gestellt werden, zu dem man den ganzen Krempel partout nicht (mehr) braucht. Und man kann mir nicht erzählen, dass man mit dem Wegweiser und seinem verwirrenden Ende noch einen Storyhappen als Belohnung erhält. (Der allerletzte optionale Boss war zwar von der Art und Weise her interessant, hätte aber – wie alles andere – auch gut ins ‚normale’ Spiel gepasst.)

Abgesehen davon gab es nur wenig, was ich nicht so prickelnd fand:

- Für das Öffnen der grünen Kisten muss man sich exakt (!) an einer ganz bestimmten Stelle befinden. (mehrfacher Kommentar meiner Schwester: „Dürfte man selbst schießen, wäre die schon längst auf.“)

- Das vierte Partymitglied tritt der Gruppe zu einem viel zu späten Zeitpunkt bei und verfügt nicht mal über besondere Fähigkeiten. Nach einigen Probekämpfen versauerte die – mit gut 20 Leveln weniger als der Hauptcast ausgestattete - Person für den Rest des Spiels auf der Ersatzbank (auf der’s nicht mal EXP gab).

- Warum ist der ‚Magische Begleiter’ vollgestopft mit Zaubersprüchen wie Schrumpfen, Werkatze, Werfisch, Doppelgänger (oder so ähnlich)..., wenn man diese nicht anwenden kann? Auch andere Sprüche wie Vergifteter Apfel und Zauberbesen haben genau ein einziges Mal (!) ihre Daseinsberechtigung. Da hätte man echt mehr draus machen können...


Alles in allem ist Ni no Kuni allerdings eine spielerische Wucht und bis jetzt definitiv mein Game of the Year. Im Grunde genommen würde ich mich jetzt tierisch auf den zweiten Teil freuen, aber wenn zig Leute sagen, dass der die hoch angelegte Messlatte seines Vorgängers nur in Ansätzen erreicht, fragt man sich eigentlich, wie es bloß dazu kommen konnte. Irgendwann in den nächsten Jahren gehe ich dem Mysterium mit Sicherheit mal selbst auf den Grund...


Kuriosität am Rande 01:
In Biologie scheint von den Entwicklern keiner aufgepasst zu haben. Wie sonst lässt sich erklären, dass sowohl Tröpfchen als auch Pia in Bezug auf den Story-Strang rund um die Triefenden Tiefen Schlangen als schleimig bzw. glitschig bezeichnen? Schlangen haben in der Regel eine rauhe, schuppige Haut – da schleimt und glitscht nix!

Kuriosität am Rande 02:
So gut wie immer wenn ich im dunklen Bereich vom Pfad der Gräber (wo man beim ersten Besuch die Lichter anzünden muss) in die kleine Höhle ganz links gegangen bin, hingen die dortigen Monster an der Decke rum. Hatte das noch jemand oder war das ein Exklusiv-Bug nur für mich?

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Stand:

- 6 von 8 Spielen durchgespielt
- 5 von mind. 4 (J)RPGs durchgespielt
- mind. 1 Teil der Atelier-Reihe durchgespielt
- mind. 1 Titel meiner "Kaum hohe Erwartungen"-Liste durchgespielt
- mind. 1 ROM aus meinem Fundus durchgespielt
- Ace Attorney - Spirit of Justice beendet