Nach dem Tod seiner Eltern herrscht der bei seinen Untertanen äußerst beliebte Prinz Snowe allein über ein Königreich, das im Grunde genommen einzig aus der auf einer kleinen Insel gelegenen Stadt Sabine besteht. Als ihm im Traum ein gruseliges, vogelscheuchenähnliches Wesen erscheint, das behauptet seine Eltern hätten zu Lebzeiten ein junges Mädchen in einen Turm gesperrt, setzt Snowe es sich in den Kopf dieses aus seiner Gefangenschaft zu befreien. Zum Entsetzen seines Beraters macht er sich allein auf den Weg, was ihm kurz darauf zum Verhängnis wird, als ein monströser Vogel ihn angreift und lebensgefährlich verletzt. Snowe wird von dem Dämonen Erio, einem der beiden Beschützer der ‚Gefangenen’ Astra, gefunden und geheilt, doch durch seine Nahtoderfahrung wurden die Zauber deaktiviert, mit denen seine Eltern ihn ohne sein Wissen belegt hatten, wodurch sein Königreich dem Ende entgegenzusteuern droht.
Bei seinem Versuch alles wieder ins Lot zu bringen, wird er mit mehr als nur einer unangenehmen Frage konfrontiert: Was führten seine Eltern im Schilde? Welche Rolle spielt(e) der ursprüngliche Herrscher der Insel? Wie passt das Wesen aus seinem Alptraum ins Bild? Und ist er selbst in der Lage, das Unmögliche zu schaffen und für seine Untertanen die Sterne vom Himmel zu stehlen?


Star Stealing Prince ist ein Spiel, das mit dem RPG Maker VX erstellt wurde und durch eine mysteriöse und zunehmend düstere Handlung besticht, die in sieben Kapiteln plus Prolog erzählt wird. Laut Angabe des Entwicklers erstreckt sich die Spielzeit auf insgesamt rund zehn Stunden – ich selbst habe ungefähr vierzehn gebraucht.
Ein Sequel namens Ephemeral Prince, das die Story nach den Credits weiterführt, liegt in Form einer Web Novel vor und soll allem Anschein nach nicht in ein Spiel umgewandelt werden.

Charmant finde ich, dass für die Porträts der wichtigen und Nebencharaktere keine vorgefertigten Face Sets, sondern eigens für Star Stealing Prince erstellte Illustrationen verwendet wurden. Außerdem gibt es im Spiel zur Unterstreichung der Handlung ein paar spärliche Szenen, die ebenfalls mit komplett selbst gezeichneten Bildern dargestellt werden, wobei die Figuren mit ihren schlaksigen Gliedmaßen ein wenig an die Optik der ersten Digimon-Staffeln erinnern.
Für das derzeit im Entstehen begriffene Remake Star Stealing Prince Definite, von dem bisher nur der Prolog und das erste Kapitel als Demo vorliegen, wurden sämtliche Graphiken überarbeitet. Mir persönlich gefällt der alte, wenngleich nicht fehlerfreie Stil bedeutend besser. ¯\_(ツ)_/¯

Die zu spielenden Charaktere waren mir weitgehend sympathisch:
Snowe selbst kann einem im Großen und Ganzen ziemlich leidtun, denn er hat durchweg an vielem zu knabbern, von dem er anfangs keine Ahnung hatte und das nun mit Wucht auf ihn hereinstürzt. Allerdings verfällt er hier und da in einen extremen ‚Ich-schaff-das-allein’-Modus, der ihn teilweise wie ein bockiges Kind wirken lässt, wodurch es dem Spieler wieder schwerer gemacht wird ihn zu mögen.
Astra, die ‚Sternenprinzessin’, weiß sich im Leben zu behaupten, obwohl sie viele Jahre abgeschieden in einem Turm aufgewachsen ist. Sie und auch die Schreinwächterin Relenia, die als letztes Mitglied zur Gruppe stößt, sind in vielerlei Hinsicht bedeutend taffer und patenter als der oft verzagte Snowe.
Hiante, der Skelettkrieger und zweite Beschützer Astras, ist – trotz seines untoten Zustandes – eine Seele von Mensch und oft der erste, der sich um beruhigende und zuversichtliche Worte bemüht.
Der Dämon Erio macht keinen Hehl daraus, dass er in Snowe und dem, was dieser zu tun versucht, eine Gefahr für seinen Schützling sieht, was des Öfteren für Spannungen sorgt. Ironischerweise ist er kein fester Bestandteil der Kampfgruppe und in den zwei Passagen im Spiel, in denen er tatsächlich aktiv eingreift, muss er aufgrund äußerer Umstände ausgerechnet mit Snowe ein Team bilden.

Star Stealing Prince verfügt über ein gutes und ein schlechtes Ende, wobei letzteres an einem bestimmten Punkt zum Ende des Spiels hin einfach durch den Kampf gegen den letzten Boss eingeläutet wird. Für das gute Ende muss man erst noch ein bestimmtes - Astra betreffendes - Item genauer untersuchen, einen (unheimlichen) finalen Dungeon abarbeiten und einen zusätzlichen Gegner besiegen – was übrigens den zweiten Auftritt der Erio-Snowe-Kombo darstellt.

Der Schwierigkeitsgrad des Spiels zieht im Laufe der Zeit stetig an und speziell in den Bosskämpfen ist man teilweise mehr mit dem Belegen bzw. Aufheben von positiven respektive negativen Statusveränderungen beschäftigt als mit dem eigentlichen Angreifen an sich. Zu diesem Zweck sollte man nach Möglichkeit in der Anfangsphase zwei bestimmte Geschenke von den Stadtbewohnern abgreifen (man kann sie auch später noch finden, aber je eher man sie hat, umso besser) – namentlich ‚Scary Mask’ und ‚Child’s Cornet’. Diese Items werden im Idealfall in nahezu jedem größeren Gefecht zum Einsatz kommen, da sie diverse Werte der Gegner für zwei bis drei Runden reduzieren, was man natürlich dauernd wiederholen muss.
Doch auch die normalen Kämpfe werden zunehmend schwieriger, da sich nicht nur die Frequenz der Gruppen- und / oder Statusattacken allgemein deutlich erhöht, sondern sich zusätzlich dazu immer mal wieder verschiedene Feinde quasi ergänzen: So ist es nicht gerade motivierend in einem Dungeon, der erst spät über eine Heilmöglichkeit verfügt, sowohl auf Gegner zu treffen, die gegen physische Angriffe immun sind, als auch auf solche, die einem MP abziehen und dadurch die Nutzung von Magie begrenzen. Als Kombination in ein- und derselben Schlacht wohlgemerkt!
Zu allem Übel sind die (sichtbaren) Monster ziemlich aufdringlich und lassen sich in der Regel nicht abschütteln, wodurch man den Kämpfen kaum entgehen kann. Dafür funktioniert der Fluchtbefehl so gut wie jedes Mal und man hat ein paar kostbare Sekunden gewonnen, ehe die Gegner neu erscheinen und ein zweites Mal Jagd auf einen machen. (Als ich bei allen das Maximallevel von 35 erreicht hatte, hatte ich keinen Bock mehr auf Konfrontationen und bin aus allen Auseinandersetzungen getürmt. )

Neben den Zaubern, die man nur mit ausreichend MP nutzen kann, verfügt jeder Charakter über eine separate Leiste, die durch feindliche Attacken aufgeladen wird und - je nach Füllstand – Spezialattacken ermöglicht. Diese sind an die aktuelle Ausrüstung gekoppelt und können nicht mehr genutzt werden, wenn man Snowe und Konsorten neu einkleidet.
Unnötig zu sagen, dass die finalen Fähigkeiten, die aus den besten Ausrüstungsgegenständen und besonderen Items gespeist werden, zum einen extrem viel kosten (nämlich die komplette Leiste) als auch im Gegenzug ordentlich reinhauen bzw. eine Gruppen-HP-Heilung nebst Statusverbesserungen nach sich ziehen können.

Star Stealing Prince wartet in den Dungeons mit unterschiedlichen Rätseln auf, die von leicht lösbar bis herausfordernd die ganze Palette abklappern. (Mein persönlicher Favorit war die Zuordnung der Namen von fünfzehn Statuen, die in einem großen Raum verteilt waren und mit Hinweisen wie „XYZ kann es nicht ertragen, wenn keine Blumen in ihrer Nähe stehen.“ oder „ABC steht genau zwischen 123 und 456 und muss sich immer das Gequatsche der beiden anhören.“ um sich warfen.) Muss ich eigentlich extra erwähnen, dass ich für einige davon eine Lösung brauchte? *hust*

Was versteckte Items angeht, zeigt sich das Spiel stellenweise extrem großzügig – sofern man sie denn findet. Im Grunde genommen muss man jeden Bildschirm akribisch absuchen, denn manche Gegenstände lugen gerade mal einen oder zwei Pixel hinter Bäumen oder Schutthaufen hervor, so dass die Wahrscheinlichkeit sie zu verpassen mitunter recht hoch ausfallen kann. Dafür umfassen die zu findenden Items jedoch ein breites Spektrum: Potions aller Art, Magiebücher, mit denen die Charaktere neue Zauber erlernen, Waffen und andere Ausrüstung sowie gegen Ende des Spiels vier spezielle Objekte, die zu ‚Erinnerungen’ der aktiven Kämpfer werden (ausgenommen Erio). Diese müssen im Menü separat angeschaut werden, um auf die Hauptfiguren zugeschnittene Szenen und ihre stärksten Spezialattacken freizuschalten. (Während ich Astras Erinnerung relativ nichtssagend fand, sind die übrigen drei psychisch gesehen nicht ohne und speziell bei der von Relenia war ich von der Kaltschnäuzigkeit des Königspaares ziemlich schockiert: Als sich Relenia nach dem Tod ihrer Eltern und ihres Ehemannes weigerte ihren Pflichten nachzukommen, weil sie sich um ihre Tochter kümmern wollte, manipulierten Snowes Eltern kurzerhand die Erinnerungen aller Stadtbewohner, so dass ihre Tochter andere Menschen für ihre Eltern hielt und sich nicht mehr an ihre wahre Mutter erinnerte. Dies kommentierten sie zu allem Überfluss auch noch mit einem Kommentar Marke „Sie braucht dich jetzt nicht mehr, weil sie ihre alte Familie nicht mehr kennt. Du kannst dich also wieder um deine eigentlichen, von uns aufgetragenen Aufgaben kümmern.“ )

Davon abgesehen gibt es ein paar nette Gimmicks und interessante Details:

- Hat man ein Gebiet auf der Weltkarte (beispielsweise den Wald im ersten Kapitel) einmal komplett durchquert, ist es möglich dieses zu überspringen oder von hinten zu betreten.

- Wenn man alle zwölf im Spiel verstreuten Schneemänner findet und anspricht (was von diesen zum Teil sehr lustig kommentiert wird), kann man einen bestimmten Ausrüstungsgegenstand für Snowe abgreifen.

- Man trifft in nahezu jedem Dungeon auf eine tote Seele, der man Hinterlassenschaften der Gegner wie Zähne, Klauen, Stofffetzen und ähnliches verkaufen kann.

- Die Magieassistenten und Soldaten im Schloss sind im Grunde genommen Golems, die bei ihrem Ableben zu Lehmklumpen werden – und so ganz nebenbei mal eine intelligente Erklärung dafür abliefern, warum sich diverse NPCs frappierend ähnlich sehen.

- Im finalen Kampf wird man, sobald dem Endboss bestimmte HP-Werte abgezogen werden, dreimal von Außenstehenden durch Heilung, Statusverbesserungen und einem kleinen Angriff unterstützt.

- Vermutlich ist das nicht gewollt und fällt eher unter die Bezeichnung ‚Graphikfehler’, aber sobald man außerhalb der Stadt im Schnee unterwegs ist, scheinen Snowes Fußstapfen ein Eigenleben zu führen und willkürlich aufzutauchen – fast, als ob man von einem Unsichtbaren begleitet werden würde...


Obwohl ich anfangs nicht wusste, wohin mich die Reise führen wird und ich des Öfteren Fragezeichen in den Augen hatte, weil ich erst mal die einzelnen Puzzleteile zu einem großen Ganzen zusammensetzen musste, hat mich Star Stealing Prince insgesamt betrachtet doch recht gut unterhalten. (Auch wenn ich noch mal betonen muss, dass mir persönlich die Kämpfe eine Spur zu haarig ausfielen.)
Es ist ein Spiel, das seinen Protagonisten nicht gerade mit Samthandschuhen anfasst und dessen Handlung eine stark psychische Komponente aufweist. Gerade dadurch distanziert sich Star Stealing Prince allerdings vom gängigen Fantasy-Einheitsbrei und nimmt auf der Skala der Maker-Rollenspiele einen Platz im oberen Mittelfeld mit steigender Tendenz ein.

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Stand:

min. 8 Spiele 2/8
min. 4 (J)RPGs 2/4
min. 2 ROMs 1/2
min. 1 Tales of... 0/1
min. 1 RPG-Maker-Spiel 1/1
min. 1 Handheld 0/1
Wild Arms 2 beenden 0/1

Abseits der Challenge 0/???